umwelt 3/2016 > FLIESSGEWÄSSER
Ein Aspekt der Klimabeobachtung Die vergleichsweise langen Messreihen der Fliessgewässertemperaturen sind denn auch für das globale Klimabeob achtungssystem (GCOS) interessant. Es legt auf weltweiter Ebene die Anforde rungen an eine umfassende Klimabeo bachtung fest, die hierzulande vom Swiss GCOS Office beim Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie MeteoSchweiz koordiniert wird. «Zur zeit zählt die Temperatur der Fliess gewässer nicht zu den essenziellen Klimavariablen», erläutert Fabio Fontana vom Swiss GCOS Office. Der jüngste
GCOS-Statusbericht von 2015 weise aber auf deren zunehmende Bedeutung hin. Vor diesem Hintergrund prüfe man, ob die nationalen Messreihen im Rahmen einer für 2016 geplanten Revision in das Inventar der wichtigsten Schweizer Klimabeobachtungen aufgenommen werden sollen. Das BAFU überarbeitet derzeit das Messkonzept der Gewässer temperaturen. Dabei soll etwa den Seen eine grössere Bedeutung zukommen. Hier steht der vermehrte Einsatz von Satellitenmessungen im Vordergrund. Im Rahmen von GCOS Schweiz wird bereits die Oberflächentemperatur aus
TEMPERATUREN IM RHEIN (IN STUNDEN PRO JAHR) 4500 4000 3500 3000 2500 2000 1500 1000 500 0 1970
1978
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1994
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15–18 °C 18–23 °C 23–25 °C 25–30 °C Im Rhein bei Rekingen (AG) hat die Dauer der für empfindliche Wasserorganismen kritischen Phasen mit Temperaturen über 23 oder sogar 25 Grad seit den 1970er-Jahren zugenommen.
Satellitendaten hergeleitet, und entspre chende Messungen gehören schon heute zur essenziellen Klimavariable «Seen». «Interessant wären aber auch genauere Informationen über vertikale Tempe raturprofile in den Seen», sagt Petra Schmocker-Fackel. Beim Messnetz für die Fliessgewässer stehen zudem gezielte Ergänzungen zur Diskussion. Zum einen sollen die Erhebungen ein möglichst repräsentatives Gesamtbild ergeben. Zum anderen wären vermehrt auch Mes sungen an relativ unberührten Flüssen sinnvoll, um die direkten menschlichen Einflüsse auf die Wassertemperaturen künftig besser von den Effekten des Klimawandels unterscheiden zu können. Nützlich für Gewässerrevitalisierungen Die Schweiz hat sich zum Ziel gesetzt, in den nächsten Jahrzehnten die Lebensräume an den Fliessgewässern auf einer Länge von 4000 Kilometern aufzuwer ten. Dabei sind auch die Wassertempe raturen relevant, denn um der globalen Erwärmung ausweichen zu können, sollten kälteliebende Fische kühlere Le bensräume in höheren Lagen erreichen. Auch die Ausgestaltung der Uferbereiche ist wichtig. «Vor allem bei kleineren Gewässern führt der Schatten von Bäu men zu tieferen Wassertemperaturen», sagt Adrian Jakob. «Mit klugen Massnah men lassen sich die Auswirkungen des Klimawandels auf die Gewässer zwar nicht vermeiden, aber immerhin etwas abfedern.»
Quelle: Hydrologisches Jahrbuch 2014
Global Climate Observing System (GCOS) Das 1992 gegründete GCOS ist eine gemeinsame Initiative der Weltorganisation für Meteorologie (WMO), des Internationalen Wissenschaftsrats (ICSU), des UNO-Umweltprogramms (UNEP) sowie der Ozeanografischen Kommission (IOC) der Unesco. Das System umfasst atmosphärische, terrestrische und ozeanische Klimabeobachtungen, für die eine Auswahl essenzieller Klimavariablen festgelegt wurde. Die systematisch erfassten Informationen werden sämtlichen potenziellen Nutzern zur Verfügung gestellt – so etwa den Vertragsstaaten der UNO-Klimakonvention (UNFCCC). In der Schweiz ist das beim Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie MeteoSchweiz angesiedelte Swiss GCOS Office für die Koordination der Klimabeobachtungen zuständig.
Weiterführende Links zum Artikel: www.bafu.admin.ch/magazin2016-3-14 KONTAKTE Adrian Jakob Sektionschef Hydrologische Grundlagen Oberflächengewässer Abteilung Hydrologie, BAFU 058 464 76 71 adrian.jakob@bafu.admin.ch Fabio Fontana Leiter Swiss GCOS Office Abteilung Internationale Zusammenarbeit MeteoSchweiz 058 460 93 63 fabio.fontana@meteoschweiz.ch
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