7 minute read

FAMILIENLEBEN

In einem Townhouse in San Francisco hat es sich eine Großfamilie gemütlich gemacht. Und mit „gemütlich“ meint sie Anleihen an andere Epochen und Stile, die im Zusammenspiel mit modernen Elementen einen eigenen, unverwechselbaren Stil ergeben.

Fotos: Trevor Tondro/OTTO

Schon klar, auch wir mussten erstmal tief durchatmen als wir diesen Farb- und Stilmix gesehen haben. Doch warten Sie ab, der Style von Familie Bonham zieht einen unweigerlich hinein in ihr buntes Familienparadies.

Die kleine Vorhalle zum Treppenhaus kommt freundlich rüber und könnte so ohne Weiteres auch in Südfrankreich stehen.

ie Familie Bonham, bestehend aus Clare, Gerald, Lilly und Patrick, hat sich mit diesem direkt in der Stadt von San Francisco gelegenen Objekt und einer ganz eigenen Art der Einrichtung einen lang gehegten Traum erfüllt, der sich auf alle Bereiche ihres

Lebens bezieht. Clare erzählt gerne ein bisschen über die Vorgeschichte. Nach einigen Jahren als moderne Nomaden, Geralds Job führte die Familie in den gesamten USA herum, in gemieteten Immobilien, die den Stil bereits vorgaben, hatten sie den Wunsch, sich an einem sonnigen Ort niederzulassen und endlich in eigenen, selbst gewählten Möbeln zu leben. San Francisco ist so etwas wie der Traum vom Leben im Freien, unter der Sonne, am Strand, eine Stadt voller Kontraste und Leben. Das war es, was die Bonhams wollten. Um aber nicht im manchmal doch recht bunten, grellen Stil „San Frans“ unterzugehen, bzw. um diesem etwas entgegenzusetzen, hat das Paar bewusst auf die guten alten Zeiten gesetzt. „Wenn man bei uns hereinspaziert, tritt man eine Zeitreise an. Unsere Besucher lieben das. Gerade noch bewegten sie sich in der Hektik der lauten, unruhigen Stadt – dann herrscht plötzlich Ruhe. Unser Haus ist eine Hommage an eine Epoche, in der man sich für alles viel Zeit genommen hat.“

Leben in der Bude: Lilly, Patrick, Oscar und der kleine Henry nutzen jeden Zentimeter des Hauses zum Spielen aus. Das da dann schon mal die Schuhe bunt gewürfelt unter der antiken Standuhr lümmeln versteht sich von selbst.

Mit dabei: Designer Miles Redd Die Suche nach einem als „Home“ geeigneten Objekt, das also Geschichte atmet, kein Neubau ist, sondern ein Haus, das schon viel erlebt und gesehen hat, war der erste Schritt. Mit diesem Objekt, einem Haus aus den 1920ern, war de Anfang gemacht. Die Efeuranken bildeten dabei so etwas wie das Symbol dessen, was sich im Inneren abspielen sollte. Clare führt aus, wie sie mit ihrem Mann zusammen das „Hirn stürmen“ ließ. Heraus kam dabei etwas, das nicht gewollt cool und modern ist, sondern zeitlos schön. Moderne Elemente waren aber von Anfang an vorgesehen. So ist das Bild, das den Weg in den ersten Stock weist, ein sehr modernes, das von einer lokalen Künstlerin stammt. „Die Brüche, das war uns klar, machen diese Einrichtung erst zu dem, was wir als unseren Stil bezeichnen würden“, führt Clare aus. Als das Konzept oder vielmehr die Wunschliste stand, wurde der Designer Miles Redd mit ins Boot geholt.“ Das war perfekt, denn aus unseren Stichworten kreierte Miles im Nu reale Bilder. Er stellte uns Bilder und Zeichnungen vor, zu denen wir nur glücklich nicken konnten.“ Clare hält die Wahl diese Designer s für einen Glücksgriff. „Uns wurde nichts aufgezwungen, alles ist genau so, wie wir es wollten.“

Nun, diese Wandgestaltung aus Künstlerhand ist wirklich mal ein Hingucker. Verspielt, romantisch, satt in der Farbe und dekorativ.

Türkis ist ja bekanntlich die Farbe des Meeres. Sofas, Stühle, Decken, Vorhänge, Lampen uns sogar Krüge; alles scheint hier in den Blautopf gefallen zu sein. „Wir haben das Meer sozusagen vor der Haustür, aber es darf gerne auch hier hereinschwappen“, sagt Clare.

Petrol Türkis –Clares Farben der Sehnsucht Dass das Haus für fünf Personen –und zwei Katzen –genug Raum bietet, war den beiden Bonhams wichtig. Aber auch der Aspekt, dass jeder Raum zum Verweilen einlädt, statt nur zur einer kurzzeitigen Nutzung, war den beiden ein Anliegen. Und, gesteht Clare mit einem Grinsen: „Ich wollte mich mit meinen Lieblingsfarben Türkis und Petrol austoben können. Diese Meeresfarben haben es mir nun einmal angetan, so dass ich wie mit einem großen Pinsel das ganze Haus in diesen coolen, aber auch sehr angenehmen Farben „angestrichen“ habe.“ Das Resultat ist offensichtlich. Wo immer man hinsieht, es warten Petrol- und Türkis. Sofas, Stühle, Decken, Vorhänge, Krüge; alles darf in diesen Farben glänzen. Dass sie nicht dominant wirken, war aber auch klar. „Die Farben setzen Akzente, sie sind aber kein sklavisch umzu setzendes Konzept“, so Clare. „Wir haben das Meer sozusagen vor der Haustür, aber es darf gerne auch hier herein schwappen“. Dass der Himmel über dem Bett auch türkis ist, versteht sich von selbst…

Großzügige Räume, die aber gemütlich wirken Die sehr hohen Wände stellten eine gewisse Herausforderung dar, wenn man es auch warm und cozy haben will. Darum hat sich Miles Redd auch für jeden einzelnen Raum Ideen gemacht. Wie sollen die Wände und die Böden für diese Coziness gestaltet werden? „Gerade kahle, hohe Wände wirken schnell allzu kalt bzw. steril. Aber wenn Bilder an die Wände kommen, kann man dem Raum einen Charakter verleihen“, so Clare. Auch die Materialien, Samt, Seide, Chintz und Voile, stehen für den Wunsch nach etwas, das bleibt, aber auch den haptischen Sinn befriedigt. „Es gibt doch nichts Schöneres, als auf einem mit Samt

Für das Bad haben die beiden einen anderen

Ansatz gewählt. Viel Weiß, Steinoptik und sanfte Cremefarben.

bezogenen weichen Stuhl am Esstisch zu sitzen. Fast von selbst sitzen wir länger zusammen und beamen uns in eine Epoche, in der man sich noch Zeit fürs Essen genommen hat. Für unser Familienleben tut das Ambiente also auch etwas Gutes. Handys werden auch nicht mehr gesehen.“ Clare staunt selber, was sich durch das Haus verändert hat.

Great Britan stand Pate Der Wunsch vieler US Amerikaner, sich gen England zu orientieren, wird auch in diesem Haus wieder einmal deutlich. „Manchmal kommt mir England wie das Mutterland der Coziness vor, während wir hier doch einen anderen, flatterhafteren Stil pflegen“, so Gerald. Wir haben also bewusst Great Britain im Kopf gehabt, was sich zum Beispiel in Form der Löwen auf dem Kamin niederschlägt. Aber auch bei den Hussen oder den floralen Tapeten lässt sich das gut beobachten. Wir wollten es so haben, dass wir jederzeit aus der amerikanischen Gegenwart aussteigen können.“ Clare hat wie Gerald einen anstrengenden Job, sie wissen genau, was ihnen guttut. „Am Kamin zu sitzen, auf der Couch ein Buch zu lesen, so geht Entschleunigung!“ Clare liebt diesen Effekt.

Ein Ausnahmeraum: das Bad Damit auch etwas Abwechslung ins Haus kommt, haben die beiden Bonhams für das Bad einen anderen Ansatz gewählt. Es wirkt relativ cool mit weißen Wänden, einem Torso als Dekoration. Weiß ist hier Trumpf, es wird aber auch klar, dass es sich um einen Raum handelt, der eher als Nutzraum angesehen wird. „Da sind wir doch moderne Leute, die nicht ewig Zeit im Bad verbringen. Aber dann, am Ende des Tages vor dem Kamin soll es einfach warm und heimelig sein“, so Clare. Dieses spannende Konzept, ist eine gelungene Umsetzung der Ideen aller Beteiligten, auch der Kinder, die ihr „Herrenhaus“ ebenfalls lieben. Sohn Patrick rutscht gerne das Treppengeländer herunter –um dann mit den Eltern unter dem Kristallleuchter über seine Mathezensuren zu sprechen. Man sieht: Hier lebt eine ganz normale Familie - die eine nostalgische Ader hat. Dem Unruhigen – von Großstädten wie San Francisco – etwas entgegenzusetzen, das war der Wunsch der Bonhams, und der wurde mehr als nur erhört. Beim Abschied fällt der Blick auf die Efeuranken. Wie lange sie wohl schon an dem Haus hoch klettern? Man fängt an, sich mit dem Gestern zu beschäftigen –das ja einen großen Einfluss auf das Heute hat. Der Bogen zwischen den beiden Elementen wird hier auf beeindruckende Weise geschlagen.

Tochter Lilly interessiert sich nicht für die Kunst an den Wänden. Sie liest lieber Mickey Mouse. Bei drei Brüdern ist sowieso immer was los.

This article is from: