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Robert Prytz machte den Unterschied

Er kam, sah und siegte… oder anders ausgedrückt: Nach 26 langen Jahren ohne Titelgewinn führte Robert Prytz die Young Boys im Frühsommer 1986 endlich wieder zur Schweizer Meisterschaft. Damit hatte man nicht rechnen dürfen: International war Xamax (mit der halben Nationalmannschaft und Uli Stielike) klar die Nummer 1 im Land, nachdem in den Siebziger- und Achtzigerjahren vor allem GC, Servette und der FCZ tonangebend gewesen waren.

YB aber dümpelte meist im Mittelfeld – immer wieder mit anderen Trainern, eher tiefer werdenden Publikumszahlen und mit unglaublich hohen Vereinsschulden. Dann, am 3. Dezember 1985, nach Abschluss der Vorrunde, vermeldeten Berns Zeitungen den erfolgreichen Abschluss des Transfers des Spielers Robert Klas-Göran Prytz, geboren am 12. Januar 1960, zum BSC Young Boys. Prytz, nur 1,67 m gross, war international kein Unbekannter: Er war schwedischer Nationalspieler (damals schon mit 28 Einsätzen), im besten Fussballeralter und, so sagte Trainer Alexander Mandziara, «ein Akteur, der meine Mannschaft und auch die Spieler Bregy und Lunde noch stärker machen kann.» Sportchef Walter Eichenberger und Präsident Ruedi Baer hatten für Mandziara das Sondierungsgespräch mit Prytz in Göteborg arrangiert. Mit dem Schweden wurde schliesslich ein Vertrag –fremdfinanziert über den damaligen «Palace Club» - über zweieinhalb Jahre Dauer abgeschlossen.

Der Rest der Geschichte ist unvergessen: Mit Prytz lebte YB neu auf. Man war plötzlich organisiert, klar strukturiert erfolgreich eben. Man verabschiedete sich schon bald vom fünften Zwischenrang und arbeitete sich in der Tabelle schrittweise nach vorn: Prytz war der Regisseur, der mit den Nebenspielern Georges Bregy und Urs Bamert im Mittelfeld gut harmonierte, aber auch dank allen anderen Mitspielern, die «Röbu» als Chef voll akzeptierten. Allen voran Lars Lunde, der pfeilschnelle Däne, der neu aufblühte und wie Kollege Dario Zuffi Tor um Tor erzielte. Schliesslich wurde YB eine Runde vor Schluss der Meisterschaft, am 24. Mai 1986 – in Neuenburg gegen Erzrivale Xamax -Schweizermeister. Der 4:1-Sieg auf der Maladière wurde zu einem Schlüsselereignis der Klubgeschichte. Der Kurzfilm über diesen Match war während Jahren ein Highlight im YB-Museum.

Robert Prytz war damals der Chef auf dem Platz. Er spielte öffnende Pässe, er schoss Freistösse und Tore, er war sich aber auch nie zu schade, seinem Team defensive Stabilität zu vermitteln, indem er – je nach Situation – oft auch hinten absicherte. Es ist interessant, was seine ehemaligen Mitspieler, die wir um eine ganz kurze Einschätzung baten, über ihn sagten:

Martin Weber: «Er hatte grossen Anteil an unserem Meistertitel, keine Frage. Er war nicht nur der beste Ausländer in meiner YB-Aktivzeit, er war auch ein guter Kamerad.»

Urs Zurbuchen: «Er war ein Winner-Typ, links- und rechtsfüssig, dank gutem Auge spielte er oft den entscheidenden Pass. Er war auch neben dem Platz ein Supertyp!»

Roland Schönenberger: «Während all den Jahren bei YB habe ich keinen besseren Fussballer erlebt als Robert

Prytz. Er hat den Fussball auf und neben dem Platz in Bern geprägt wie kein anderer vor oder nach seiner Zeit.»

René Sutter: «Dass er ein hervorragender Fussballer war, ist bekannt – aber für mich war er noch mehr: Er war für uns Junge ein echtes Vorbild, von ihm habe ich sehr profitiert. Und er war auch verantwortlich für die gute Stimmung im Team».

Lars Lunde: «Er war einer der besten Fussballer, den ich je als Mitspieler hatte. Er half allen und jedem, war stets für alle da. Ein echter Chef auf und neben dem Platz.»

Eine etwas längere Würdigung gestatteten wir Reto Gertschen. Er schrieb über den Schweden: «Robert Prytz war ein toller Mitspieler und ein Mensch mit einer wunderbaren Persönlichkeit. Er war trotz seinem Status bescheiden und durch seine Leistungen auf dem Platz ein echter Leader. Seine Laufstärke war bemerkenswert, solange wir im Training Fussball gespielt haben und der Ball dabei war…. Als wir wieder einmal auf der Leichtathletikpiste im Turnerstadion waren, hat er aber schon mal gesagt und auch entsprechend demonstrativ gezeigt, dass er kein Langstreckenläufer wie (damals) Said Aouita sei. Ebenso waren die Heimreisen mit Robert Prytz nach den Auswärtsspielen legendär. Er sass ganz hinten im Car mit seiner Musikbox und spielte praktisch immer seine gleichen Lieder ab – immer und immer wieder.»

….und dann auch der Cupsieg

Mit Robert Prytz gewann YB ein Jahr nach der Meisterschaft endlich auch wieder einmal den Cupfinal: Nach dem Sieg 1987 gegen Servette (4:2 nach Verlängerung) war Prytz in Bern allerdings nicht mehr zu halten: Seine «Besitzer» verordneten ihm den 1,6-Millionen-Wechsel in die Bundesliga (Bayer Uerdingen) und alsdann nach Italien (Atalanta Bergamo, Hellas Verona). Im Jahr 1995 kehrte Prytz als 35-Jähriger und 56-facher schwedischer Internationaler nochmals für rund ein Jahr zu YB zurück, bevor er seine Karriere in Schottland bei kleineren Vereinen ausklingen liess.

Auf die Erfolge von 1986 und 1987 und Robert Prytz blickten die Berner Fussballwelt über 30 Jahren lang mit gewisser «Wehmut» zurück. Bis in der Saison 2017/18 eine neue erfolgreiche YB-Zeitrechnung begann.

Robert Prytz ist inzwischen im Pensionsalter. Nach seiner Zeit als Fussball-Profi hatte er nicht immer Glück – er hatte gesundheitliche und private Probleme, die ihn sehr beschäftigten. Er erinnert sich aber sehr gerne an die Zeit mit YB, wie er an der letzten «Berner Klassenzusammenkunft» im Kreis seiner ehemaligen Berner Kameraden bestätigte: «Eine tolle Zeit während meiner turbulenten Profikarriere – und für mich unvergesslich!»

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