Theatre of Voices | 05.06.2024

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Inherit the

Dance rs The Party

5. JUNI 2024 CHORKONZERTE III SAISON 2023/24

KOMMENDE HIGHLIGHTS SAISON 2023/24

Jonathan Berlin | Sprecher

Lawrence Foster | Dirigent

Vinzenz Praxmarer | Dirigent

Rafael Fingerlos | Bariton

SO 9 JUN 18:00

MITTLERER SAAL

JONATHAN BERLIN LIEST VASLAV NIJINSKY

Der Schauspieler Jonathan Berlin und das Klavierduo Shalamov begeben sich auf die Spuren des legendären Tänzers und Choreografen Vaslav Nijinsky.

DO 20 JUN 19:30

GROSSER SAAL

SO 23 JUN 11:00

GROSSER SAAL

LAWRENCE FOSTER & BRUCKNER ORCHESTER LINZ

Ein Konzert im Zeichen von Richard Strauss’ Don Quixote (das Cellosolo spielt Christoph Heesch), mit Werken von Viktor Ullmann und Jacques Ibert

VINZENZ PRAXMARER & ORCHESTER DIVERTIMENTO VIENNESE

Nur den zweiten Akt eines geplanten Balletts hat Zemlinsky 1904 vollendet. Das Werk, Ein Tanzpoem genannt und erst 1992 uraufgeführt, erlebt nun seine Brucknerhaus-Premiere.

DI 2 JUL 20:00

ARKADENHOF LANDHAUS LINZ

RAFAEL FINGERLOS & CO.

Der junge österreichische Starbariton zeigt anhand der Musik von Schubert und Brahms, dass die Grenzen zwischen Volks­ und Kunstlied fließend sind.

Karten und Infos: +43 (0) 732 77 52 30 | kassa@liva.linz.at | brucknerhaus.at

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The Dancers Inherit the Party

Mittwoch, 5. Juni 2024, 19:30 Uhr

Mittlerer Saal, Brucknerhaus Linz

Theatre of Voices

Else Torp | Sopran

Kate Macoboy | Sopran

Anna Caroline Olesen | Alt

Edward Woodhouse | Tenor

Paul Bentley-Angell | Tenor

William Gaunt | Bass

Paul Hillier | künstlerische Leitung und Einstudierung

Miles Lallemant | Dirigent

Saison 2023/24 – Chorkonzerte III 3. von 3 Konzerten im Abonnement

Brucknerhaus-Debüt

Programm

William Byrd (um 1540–1623)

Fantasia à 6 (II) T 389 (um 1586?)

John Dowland (1563–1626)

Lachrimæ Antiquæ, Nr. 1 aus: Lachrimæ, or Seaven Teares

Figured in Seaven Passionate Pavans (1604)

Anthony Holborne (um 1545–1602)

The Honie-suckle, Nr. 60 aus: Pavans, Galliards, Almains, and other short Æirs (1599)

The teares of the Muses, Nr. 2 aus: Pavans, Galliards, Almains, and other short Æirs (1599)

John Dowland

Lachrimæ Antiquæ Novæ, Nr. 2 aus: Lachrimæ, or Seaven Teares

Figured in Seaven Passionate Pavans (1604)

Lachrimæ Gementes, Nr. 3 aus: Lachrimæ, or Seaven Teares

Figured in Seaven Passionate Pavans (1604)

Anthony Holborne

The night watch, Nr. 55 aus: Pavans, Galliards, Almains, and other short Æirs (1599)

Galliard, Nr. 24 aus: Pavans, Galliards, Almains, and other short Æirs (1599)

– Pause –

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Gabriel Jackson (* 1962)

The Dancers Inherit the Party (2023–24) [Österreichische Erstaufführung]

John Dowland

Lachrimæ Tristes, Nr. 4 aus: Lachrimæ, or Seaven Teares

Figured in Seaven Passionate Pavans (1604)

Lachrimæ Coactæ, Nr. 5 aus: Lachrimæ, or Seaven Teares

Figured in Seaven Passionate Pavans (1604)

Anthony Holborne

Heigh ho holiday, Nr. 65 aus: Pavans, Galliards, Almains, and other short Æirs (1599)

John Dowland

Lachrimæ Amantis, Nr. 6 aus: Lachrimæ, or Seaven Teares

Figured in Seaven Passionate Pavans (1604)

Lachrimæ Veræ, Nr. 7 aus: Lachrimæ, or Seaven Teares

Figured in Seaven Passionate Pavans (1604)

Anthony Holborne

Infernum, Nr. 21 aus: Pavans, Galliards, Almains, and other short Æirs (1599)

The Fairie-round, Nr. 63 aus: Pavans, Galliards, Almains, and other short Æirs (1599)

Konzertende ca. 21:30

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alla breve

Das Programm auf einen Blick

Die erste Hälfte beginnt mit Byrds zweiter Fantasia à 6; die zweite Hälfte beginnt mit einem neuen Werk, The Dancers Inherit the Party, des englischen Komponisten Gabriel Jackson. Das weitere Programm besteht aus John Dowlands sieben ,Lachrimæ-Variationen‘ aus dem Jahr 1604, bei denen es sich allesamt um Pavanen, basierend auf seinem berühmtesten Lied „Flow my tears“ handelt. Ich habe jedes dieser Stücke mit Texten aus dem 17. und 20. Jahrhundert unterlegt. Diese Stücke von Dowland sind mit sieben Tänzen aus Anthony Holbornes Pavans, Galliards, Almains, and other short Æirs aus dem Jahr 1599 durchsetzt. Die Stücke von Holborne werden in der Art der Solmisation aus dieser Zeit gesungen.

Paul Hillier und ich sind beide seit langem Bewunderer des großen schottischen Künstlers, Gärtners und Dichters Ian Hamilton Finlay. In den 1990er-Jahren schrieb ich ein Triptychon von Instrumentalstücken, die auf verschiedene Arten von Gedichten und textbasierten Kunstwerken Finlays abgeleitet sind. Aber Paul und ich wollten schon immer eine Bearbeitung von Ians Gedichten für Gesang machen, daher sind wir dem Cork International Choral Festival, dem Chamber Choir Ireland und New Music Dublin sehr dankbar, die uns das ermöglicht haben. Die Struktur von The Dancers Inherit the Party ist stark in der der Renaissance-Tradition von Lamentations-Vertonungen verhaftet, bei denen die hebräischen Buchstaben, die jedem Vers vorausgehen, zu melismatischer, schmuckvoller Musik gesungen werden, während die Verse selbst – in lateinischer Sprache – in ihrer Form viel syllabischer und direkter sind. Umrahmt wird diese Sequenz oft von einem oratorischen Incipit und einer abschließenden Ermahnung: „Jerusalem, Jerusalem, convertere ad Dominus Deum tuum“.

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Paul Hillier

The Dancers Inherit the Party

In der Regierungszeit der englischen Königin Elisabeth I. von 1558 bis zu ihrem Tod 1603 hatten auch volksnahe Tänze ihren Eingang bei Hofe gefunden. Die Königin freute es. Aber nicht jeder war davon begeistert: Einer zumindest gut erfundenen Geschichte zufolge, die sich als solche längst verselbständigt hat, pflegte Elisabeth I. eine Vorliebe für die Volta, einen der Galliarde und der Courante verwandten Paartanz, der allerdings wegen seiner freimütigen Bewegungen als unpassend, wenn nicht unzüchtig galt. Gründlicher verbürgt und plausibler sind dagegen die Pavanen: Eine Pavane ist ein feierlicher und langsamer Schreittanz, der ehrwürdig wirkt und majestätisch; außerdem ließen sich mit diesem Tanz die prunkvollen höfischen Gewänder zur Schau stellen – eine mögliche Wurzel des Begriffs Pavane liegt im spanischen „pavo real“ (dt. Pfau). Der Komponist John Dowland hat mit seinen auch als Seven Teares bekannten Lachrimæ sieben solcher getragener Pavanen komponiert.

Nach einer Pavane folgte bei Hofe meist eine flottere Galliarde. Davon zeugt auch Anthony Holbornes umfangreiche Sammlung von Tanzsätzen mit dem Titel Pavans, Galliards, Almains, and other short Æirs.

Über Königin Elisabeth I. wurde berichtet, dass sie als Morgengymnastik gerne Galliarden tanzte.

Holbornes Sammlung erschien 1599, Dowlands Lachrimæ folgten 1604, im Jahr nach dem Tod der Königin Elisabeth. Bis auf Gabriel Jacksons The Dancers Inherit the Party aus den Jahren 2023–24 gehören also alle heute zu hörenden Kompositionen direkt in den Kontext des Elisabethanischen Zeitalters, auch die Fantasie à 6 von William Byrd gleich zu Beginn, entstanden vermutlich um 1586.

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The Dancers Inherit the Party

WILLIAM BYRDS FANTASIA À 6

William Byrd wurde wahrscheinlich um das Jahr 1540 herum geboren. So rechnet man, weil er in einem Dokument von 1598 angab, ungefähr 58 Jahre alt zu sein („58 or there abouts“). Die Quellen zu seiner Kindheit sind rar, wie so oft in jener Zeit. Mit gut 20 Jahren, am 25. März 1563, wurde er Organist an der Kathedrale in Lincoln. Dort leitete er auch den Chor. Nach Heirat und Familiengründung ab Ende der 1560er-Jahre gab er in Lincoln Anlass zu Beschwerden: Er solle während des Gottesdienstes mit der Orgel nur an den vereinbarten Stellen einsetzen, hieß es. Seine Karriere ist in den folgenden Jahren von der Gunst der Königin Elisabeth I. geprägt, aufgrund derer Byrd seinen katholischen Glauben relativ ungehindert ausleben konnte. Das war alles andere als selbstverständlich. Denn die damit einhergehende Glaubenspraxis war verboten und wurde dann strikt verfolgt, wenn mit ihr Landesverrat einherging. So wurden mehrere Menschen aus Byrds Umfeld aufgrund ihrer katholischen Neigungen mit dem Tode bestraft. Byrd hingegen, dessen Loyalität wohl nie ernsthaft angezweifelt wurde, erhielt zusammen mit Thomas Tallis im Jahr 1575 das von Elisabeth I. gewährte Monopol, Musik zu drucken und unter anderem liniertes Papier zu verkaufen.

Byrds Fantasia à 6 (II) T 389 ist vermutlich Mitte der 1580er-Jahre entstanden. Sie ist ein formal freies Stück für sechs Stimmen und damit beispielhaft für die damals beliebten Consorts, Ensembles also, die sich variabel zum Beispiel aus Instrumenten der Gambenoder der Flötenfamilie zusammensetzen konnten. Wer ganz genau hinhört, wird sich etwa in der Mitte von Byrds kurzer Fantasie deutlich an den Refrain des Volkslieds Greensleeves erinnert fühlen – der Ursprung der Melodie zu diesem heute noch bekannten Refrain liegt ein Stück weit im Dunkeln, Byrds Fantasie ist eine mögliche Quelle.

„FLOW

MY TEARS“

John Dowland war 17 Jahre alt, als er nach Paris ging, wo er sich mit der französischen Lautentradition auseinandersetzte, was ebenso prägend für seinen weiteren Weg wurde wie seine Konversion zum Katholizismus in jener Zeit. Mitte der 1580er-Jahre kehrte Dowland

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Titelseite der Erstausgabe von John Dowlands Lachrimæ, or Seaven Teares Figured in Seaven Passionate Pavans, 1604

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John Dowlands Lachrimæ Antiquæ in der Erstausgabe. Seite mit Altus- und Tenorstimme sowie der Lautentabulatur in der Mitte. Die Anordnung der Partitur ermöglicht es mehreren Ausführenden, zugleich von verschiedenen Seiten aus einem Notenblatt zu spielen.

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zurück nach England. Dort erlangte er am 8. Juli 1588 seinen Bachelor of Music am Christ Church College in Oxford. Dass seine Bewerbung um eine Stelle als Lautenist am Hof Königin Elisabeths I. 1594 scheiterte, weil er dem katholischen Glauben anhing, hat Dowland zwar selbst so vermutet, nicht unbedingt für seine Einschätzung spricht, dass er trotz seines Glaubens studieren und ins Ausland reisen durfte. Mitte der 1590er erfuhr er, wie er schreibt, in Italien von Umsturzplänen exilierter Katholiken, die sich gegen Elisabeth I. selbst wandten, blieb aber der Königin loyal verbunden. Nach einem weiteren Zwischenstopp in seiner Heimat England, wo er erneut nicht richtig Fuß fassen konnte, wurde er im November 1598 Lautenist am Hof des dänischen Königs Christian IV. Als solcher erscheint der Komponist auch auf dem Titelblatt seiner Lachrimæ, or Seven Teares aus dem Jahr 1604. Das erste Stück aus der Reihe dieser Seven Teares basiert auf Dowlands bekanntem Lied „Flow my tears“, das seinerseits wiederum wohl – so hat es Diana Poulton in ihrer Biografie rekonstruiert – auf eine Version Dowlands für Laute solo zurückgeht. Das Stück erschien in der Lautenversion in einer ganzen Reihe von Sammlungen in England und Kontinentaleuropa. Nicht immer blieb dabei Dowlands Original in allen Details genau gewahrt. Komponisten wie William Byrd, Thomas Morley, Jan Sweelinck und andere arrangierten das Stück außerdem für Cembalo beziehungsweise Tasteninstrument. Auch Dowlands Lied war schon seinerzeit in England oder den Niederlanden sehr erfolgreich. Wie viele weitere Komponisten im Übrigen die einprägsam klagende Folge von vier sekundweise nach unten steigenden Tönen zu Beginn von Dowlands Stück zitiert oder aus eigener Eingebung ebenfalls verwendet haben, lässt sich vollumfänglich gar nicht mehr rekonstruieren.

DIE TRÄNEN DER MUSEN

Eingeschoben zwischen Dowlands getragene Lachrimæ-Tänze hören wir im heutigen Konzert sieben ausgewählte Kompositionen aus Anthony Holbornes Sammlung Pavans, Galliards, Almains, and other short Æirs von 1599. Dabei entsteht mehrfach dann eine Reihe von Tänzen nach Art vorbarocker Suiten, wenn direkt nach einer Pavane Dowlands eine Galliarde Holbornes folgt – beide Tänze folgen zur

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Zeit Elisabeths I. standardmäßig aufeinander. Anthony Holbornes Pavans, Galliards and Almains zeugen davon. Die Sammlung besteht aus insgesamt 65 Tänzen, die ersten 54 bilden Paare von je einer Pavane und einer Galliarde. Theatre of Voices singen Holbornes als Instrumentalstücke überlieferte Tänze auf Tonsilben, wie sie in der Solmisation der damaligen Zeit verwendet wurden: Das betont den Studienaspekt von Holbornes Stücken, die teilweise zunächst in seiner The Cittharn Schoole (1597) erschienen sind – auch heute noch wird ja die Solmisation zur Stimm- und Gehörbildung benutzt, indem Tonhöhen von Tonleitern auf je bestimmte Silben gesungen werden, sodass sich, wer so singt und denkt, im gegebenen Tonraum nach und nach sicher orientieren lernt.

Eine ganze Reihe der Tänze in Holbornes Sammlung tragen übrigens poetisierende Titel wie beispielsweise The Honie-suckle Nr. 60, der sich auf eine Blume bezieht, die für Anmut, Schönheit und treue Liebe steht; die Nr. 60 ist eine Allemande, wie sie spätestens im musikalischen Barock fester Bestandteil von instrumentalen Suiten wurde. The teares of the Muses, Nr. 2, „die Tränen der Musen“ schließen schon im Titel direkt an die Stimmung von Dowlands Lachrimæ an.

Cantus-Stimme von The teares of the Muses in der Erstausgabe von Anthony Holbornes Pavans, Galliards, Almains, and other short Æirs, 1599

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Den Anfang jeder von Dowlands Lachrimæ-Nummern bildet ein motivisch prägnanter Lamentogang: vier Töne, die im Sekundabstand nach unten schreiten, ein Ausdruck der Klage und der Trauer. Jenseits dieses prägnanten Markenzeichens entwickeln sich John Dowlands Instrumentalstücke zu einer kontrapunktisch ungeheuer dicht verarbeiteten Komposition, die durch Imitationen, Umkehrungen, Augmentationen und Diminutionen sowie motivische Abspaltungen etc. den ganzen Baukasten kanonischer und fugierender Kompositionstechniken ausschöpft. Von der Stimmung her dominiert bei Dowland der Topos der Melancholie, die durch den Titel, den erwähnten Lamentogang, die Mollfärbung, aber auch durch die unverkennbaren Seufzergesten musikalisch evoziert, aber auch reflektiert und produktiv gestaltet wird. Besonders auffällig sind immer wieder ungewöhnliche und überraschende harmonische Rückungen – teils verbunden mit plötzlich auftretenden, manchmal unheimlich kraftvollen Dissonanzen –, die beim Hören nebenbei nur undeutlich irritieren, beim aufmerksamen Hören aber ganz faszinierend wirken können: Hier wird der von Dowland komponierte Schmerz für kurze Momente fast körperlich spürbar.

Theatre of Voices singen Dowlands Lachrimæ Nr. 2 und 3 auf Texte von T. S. Eliot und Dylan Thomas: zunächst die Nr. 2 auf einige Zeilen aus Eliots Burnt Norton, gedruckt 1936 in seinen Gesammelten Gedichten 1909–1935. Burnt Norton wurde 1941 erneut einzeln und dann 1943 als erstes Gedicht im Gefüge der Four Quartets veröffentlicht. Der Titel dieses ersten Gedichts bezieht sich auf ein Landhaus in den Cotswold Hills of Gloucestershire, das Eliot im Sommer 1934 besuchte. Das „Do not go gentle into that good night“ von Dylan Thomas auf den Tod seines Vaters wurde im Jahr 1951 erstmals publiziert. Dieses eindrückliche Gedicht ist berühmt geworden, nicht zuletzt durch die Rezeption in der Populärkultur, beispielsweise wird es an mehreren Stellen in Christopher Nolans Film Interstellar aus dem Jahr 2014 rezitiert. In Anthologien moderner Lyrik wurde das Gedicht vielfach abgedruckt. Das lyrische Ich dieses Textes fordert den Vater auf, nicht gelassen in die Nacht zu gehen, sondern – „rage, rage“ – er solle „wüten, wüten“ gegen das Sterben des Lichts.

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„THE MOST FAMOUS ANTHONY HOLBORNE“

Suitenartig folgt auf Dowlands Pavanen das schon vom Titel her wieder sehr gut passende Stück The night watch von Anthony Holborne, eine Allemande, und nachher die Nr. 24, eine Galliard ohne weiteren Titel. Anthony Holbornes Sammlung ist für die damalige Zeit außerordentlich umfangreich, als Zusammenstellung von Tanzsätzen ebenso wie als Kompendium von Musik für Consort. Gespielt werden konnte solche Musik von Streichinstrumenten, aber auch von Flöten, Zinken oder beispielsweise Posaunen. Ohnehin scheint Holborne ein wendiger Instrumentator gewesen zu sein. Laut Ben Maloney, der 2019 eine Ausgabe der Pavans, Galliards, Almains herausgegeben hat, existieren von The night watch Versionen für Gittern, Bandora, Laute und eben Consort in variabler Besetzung. Über Anthony Holbornes Leben ist im Übrigen wenig bekannt. Wir wissen, dass er einer der profilierten Komponisten des Elisabethanischen Zeitalters war, der sich als „gentleman and servant to her most excellent Majestie“ (Elisabeth I.) beschrieb. Verschiedene Indizien in seinen Werken lassen darauf schließen, dass er ein sehr gebildeter Komponist war. Wahrscheinlich pflegte er Kontakte in Hof­ und Regierungskreise, er war wohl auch dort angestellt. Ein weiteres Schlaglicht auf seine damalige Reputation wirft John Dowland, der sein Lied „I saw my Lady weep“ mit der Widmung „To the most famous Anthony Holborne“ versehen hat.

DIE TÄNZER ÜBERNEHMEN DIE PARTY

„Die Struktur von The Dancers Inherit the Party“, so schreibt Komponist Gabriel Jackson, „speist sich in vielerlei Hinsicht aus Lamentosätzen der Renaissance, in denen hebräische Lettern, die jedem Vers vorangehen, zu melismatischer, blumiger Musik gesungen werden, während die Verse sebst – auf Latein – musikalisch vielmehr syllabisch und direkt verarbeitet werden. […] In diesem Stück gehen sieben melismatische 5-stimmige Vertonungen des Gedichts ‚Evening will come‘ jedem von Finlays kurzen, prägnanten ‚Seven Orkney Lyrics‘ voran, die ihrerseits von Vertonungen des Titelgedichts umrahmt sind. […] Die Orkney-Gedichte sind für eine, zwei, drei, vier und dann drei, zwei und eine Stimme(n) komponiert; das Tempo jedes Gedichts wird nach und nach proportional schneller, und die Dauer entsprechend

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Gabriel Jackson, Fotografie von Reinis Hofmanis

The Dancers Inherit the Party

kürzer bis zur Mitte hin, dann kehrt sich der Prozess um […]. Darüber hinaus nutzen diese Vertonungen verschiedene mittelalterliche Techniken – Kanon, Organum, Isorhythmien, eine Art Hoquetus und eine von einem Orgelpunkt begleitete Monodie […].“ Gabriel Jackson wurde im Jahr 1962 auf Bermuda geboren, er war drei Jahre lang Chorsänger an der Canterbury Cathedral und studierte daraufhin Komposition bei Richard Blackford und später bei John Lambert am Royal College of Music. Schon während seines Studiums und auch danach erhielt er für seine Werke mehrere Preise. Seine Kompositionen sind auf mehr als 100 Aufnahmen dokumentiert.

DIE NACHT, DIE HÖLLE UND DER WELTRAUM

Die Lachrimæ Nr. 4 und 5 erklingen heute auf Texte, die noch zu Lebzeiten John Dowlands entstanden sind. Die Nr. 4 Lachrimæ Tristes, singen Theatre of Voices auf zwei Texte von Sir Walter Raleigh, der hoch in der Gunst Elisabeths I. stand und zeitweise sogar die königliche Leibwache befehligte. Er fiel allerdings in Ungnade, weil er heimlich eine der „maids of honour“ der Königin geheiratet hatte. Unter Elisabeths Nachfolger James I. wurde Raleigh am 29. Oktober 1618 hingerichtet. In der Nacht, bevor er starb, soll er noch Verse geschrieben haben, die wir heute hören. Robert Burtons The Anatomy of Melancholy von 1621 war eines der damals erfolgreichsten Bücher, es ist aus einer Überfülle an Zitaten „zusammengeklaubt“, wie Burton schreibt, und diente dem Autor nicht zuletzt dazu, seine eigenen melancholischen Episoden zu überwinden. Die Lachrimae Coactae Nr. 5 erklingen zu Zeilen, in denen Burton die heilsame Kraft der Musik beschreibt. Die Passage ist nicht nur ein Beleg für den weiten medizinischen Kontext, in dem Burtons Buch sich ansiedelt, sondern auch dafür, dass der Topos der Melancholie eine Möglichkeit zu künstlerischer Selbstreflexion bot. Nach Anthony Holbornes Heigh ho holiday, Nr. 65, einer courantartigen Galliard, dem letzten Stück aus seiner Sammlung, folgt dann zu John Dowlands Lachrimæ Amantis, Nr. 6 neuerlich ein Text aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, ein Ausschnitt aus dem Gedicht The Man, das aus George Herberts postum erschienener Gedichtsammlung The Temple stammt: Hier denkt der Sprecher über seine Stellung innerhalb der göttlichen Schöpfung nach

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und über die Rolle, die die Musik spielen kann, wenn die Nacht anbricht. Dowlands Lachrimæ Veræ, Nr. 7 ertönen dann auf einen weiteren Text aus den oben bereits erwähnten Four Quartets von T. S. Eliot. Das Konzert schließt mit zwei Stücken von Anthony Holborne: der Pavane Infernum, Nr. 21 und anschließend der Galliard The Fairieround, Nr. 63; dieses letzte Stück hat es, neben Stücken von Johann Sebastian Bach, dem Kopfsatz aus Beethovens Fünfter sowie Musik aus Japan oder von australischen Aborigines auf die sogenannte Golden Record an Bord der Raumsonden Voyager 1 und 2 geschafft, die seit Jahrzehnten den Weltraum erkunden: Die speziell für die Bedingungen des Weltraums entwickelte Golden Record dient – als Botschaft an mögliche außerirdische Lebewesen – dem Ziel, die Diversität des Lebens und der Kultur auf dem Planeten Erde zu por trätieren.

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Gesangstexte

John Dowland

Lachrimæ Antiquæ

Text: John Dowland | Übersetzung: Anonymus

Flow my tears, fall from your springs, Exil’d for ever let me mourn; Where night’s black bird her sad infamy sings, There let me live forlorn.

Down vain lights, shine you no more!

No nights are dark enough for those That in despair their last fortunes deplore.

Light doth but shame disclose.

Never may my woes be relievèd, Since pity is fled; And tears and sighs and groans my weary days Of all joys have deprivèd.

From the highest spire of contentment

My fortune is thrown; And fear and grief and pain for my deserts

Are my hopes, since hope is gone.

Fließt, meine Tränen, strömt aus euren Quellen, Für immer verbannt: lasst mich trauern.

Wo der schwarze Vogel der Nacht sein düsteres Lied singt, dort lasst mich einsam sein.

Verlöscht, ihr eitlen Lichter, scheint nicht mehr!

Keine Nacht ist dunkel genug für jene, Die verzweifelt ihr verlorenes Glück betrauern, Das Licht enthüllt nur ihre Schmach.

Niemals kann mein Leid gemildert werden Seit jedes Mitleid verschwunden ist, Und Tränen und Seufzen und Klagen haben meine schweren Tage Aller Freude beraubt.

Vom höchsten Gipfel der Zufriedenheit Wurde mein Glück hinabgestürzt

Und Angst und Gram und Schmerz in dieser Einsamkeit sind meine Hoffnungen, weil die Hoffnung vergangen ist

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Hark! ye shadows that in darkness dwell, Learn to contemn light

Happy, happy they that in hell

Feel not the world‘s despite.

Lachrimæ Antiquæ Novæ

Horcht, ihr Schatten, die im Dunkeln wohnen, Lernt das Licht verachten!

Glücklich, glücklich sind jene, die in der Hölle

Die Qualen dieser Welt nicht verspüren!

Text: T. S. Eliot (1888–1965) | Übersetzung: Norbert Hummelt

Time and the bell have buried the day,

The black cloud carries the sun away. Will the sunflower turn to us, will the clematis

Stray down, bend to us; tendril and spray

Clutch and cling?

Chill

Fingers of yew be curled Down on us?

After the kingfisher‘s wing

Has answered light to light, and is silent, [...]

Zeit und Glocke begruben den Tag, Die Sonne zeiht in den Wolkenverschlag.

Wir die Sonnenblume sich uns zeigen, wird die Klematis

Sich niederbeugen, uns neigen, Ranke und Reise

Klettern und klammern?

Kühle

Finger der Eibe sich kräuselnd

Nieder auf uns?

Nachdem des Eisvogels Schwinge

Licht mit Licht vergalt und nun stillhält, [...]

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Gesangstexte

Lachrimæ Gementes

Text: Dylan Thomas (1914–1953) | Übersetzung: Curt Meyer-Clason

Do not go gentle into that good night, Old age should burn and rave at close of day; Rage, rage against the dying of the light.

Tho’ wise men at their end know dark is right,

Because their words had forked no lightning they Do not go gentle into that good night.

Good men, the last wave by, crying how bright

Their frail deeds might have danced in a green bay, Rage, rage against the dying of the light.

Wild men who caught and sang the sun in flight, And learn, too late, they grieved it on its way, Do not go gentle into that good night.

Grave men, near death, who see with blinding sight Blind eyes could blaze like meteors and be gay, Rage, rage against the dying of the light.

And you, my father, there on the sad height, Curse, bless me now with your fierce tears, I pray. Do not go gentle into that good night. Rage, rage against the dying of the light.

Geh nicht gelassen in die gute Nacht, Brenn, Alter, rase, wenn die Dämmerung lauert; Im Sterbelicht sei doppelt zornentfacht.

Weil keinen Funken je ihr Wort erbracht, Weise – gewiss, dass Dunkel rechtens dauert–,

Geh nicht gelassen in die gute Nacht.

Wer seines schwachen Tuns rühmt künftige Pracht

Im Sinken, hätt nur grünes Blühn gedauert, Im Sterbelicht bist doppelt zornentfacht.

Wer jagt und preist der fliehenden Sonne Macht

Und lernt zu spät, dass er nur sie betrauert, Geh nicht gelassen in die gute Nacht.

Wer todesnah erkennt im blinden Schacht, Das Auge blind noch blitzt und froh erschauert, Im Sterbelicht ist doppelt zornentfacht.

Und du, mein Vater, dort auf der Todeswacht, Fluch segne mich, von Tränenwut vermauert.

Geh nicht gelassen in die gute Nacht.

Im Sterbelicht ist doppelt zornentfacht.

20 Gesangstexte

Gabriel Jackson

The Dancers Inherit the Party

Text: Ian Hamilton Finlay (1925–2006) | Übersetzung: Andreas Meier

When I have talked for an hour I feel lousy –

Not so when I have danced for an hour:

The dancers inherit the party

While the talkers wear themselves out and sit in the corner alone, and glower.

Wenn ich eine Stunde lang geredet habe, fühle ich mich lausig –doch nicht, wenn ich eine Stunde lang getanzt habe:

Die Tänzer übernehmen die Party, während die Schwätzer sich verausgaben und alleine und finster in der Ecke sitzen.

Evening will come They will sew the blue sail

PEEDIE MARY CONSIDERS THE SUN

The peedie sun is not so tall

He walks on golden stilts

Across, across, across the water

But I have darker air.

Evening will come

They will sew the blue sail

Der Abend wird

kommen Sie werden das blaue Segel nähen

PEEDIE MARY BETRACHTET DIE SONNE

Die kleine Sonne ist nicht allzu groß sie schreitet auf goldenen Stelzen über, über, über das Wasser doch ich habe dunkleres Haar.

Der Abend wird

kommen Sie werden das blaue Segel nähen

21 Gesangstexte

THE ENGLISH COLONEL EXPLAINS AN ORKNEY BOAT

The boat swims full of air. You see, it has a point at both Ends, sir, somewhat As lemons. I’m explaining The hollowness is amazing. That’s The way a boat Floats.

Evening will come They will sew the blue sail

MANSIE CONSIDERS PEEDIE MARY

Peedie Alice Mary is My cousin, so we cannot kiss.

And yet I love my cousin fair: She wears her seaboots with such an air.

Evening will come

They will sew the blue sail

A BOHEMIAN VISITOR

After three days of stormy seas

The boats, says John Sharkey, have all come out in fleas.

DER ENGLISCHE OBERST BESCHREIBT EIN ORKNEY-BOOT

Das Boot schwimmt mit Luft angefüllt. Sie sehen, es hat einen Punkt an beiden Enden, Sir, ein bisschen wie Zitronen. Ich erläutere, die Hohlheit ist unglaublich. So funktioniert es, dass ein Boot schwimmt.

Der Abend wird kommen

Sie werden das blaue Segel nähen

MANSIE BETRACHTET PEEDIE MARY

Peedie Alice Mary ist meine Cousine, also dürfen wir uns nicht küssen.

Und doch liebe ich meine schöne Cousine: Sie trägt ihre Gummistiefel mit solcher Leichtigkeit.

Der Abend wird kommen

Sie werden das blaue Segel nähen

EIN BÖHMISCHER BESUCHER

Nach drei Tagen voll stürmischer See sind die Boote, sagt John Sharkey, allesamt wie Flöhe herausgekommen.

22 Gesangstexte

Evening will come

They will sew the blue sail

MANSIE CONSIDERS THE SEA IN THE MANNER OF HUGH MACDIARMID

The sea, I think, is lazy. It just obeys the moon – All the same I remember what Engels said: “Freedom is the consciousness of necessity”.

Evening will come

They will sew the blue sail

FOLK SONGS FOR PEEDIE MARY

Peedie Mary

Bought a posh

Big machine

To do her wash.

Peedie Mary

Stands and greets

Where does thoo

Put in the peats?

Der Abend wird

kommen

Sie werden das blaue Segel nähen

MANSIE BETRACHTET DAS MEER IN DER ART VON HUGH MACDIARMID

Das Meer ist, glaube ich, faul. Es gehorcht schlicht dem Mond – dennoch erinnere ich mich daran, was Engels sagte: „Freiheit ist Einsicht in die Notwendigkeit“.

Der Abend wird

kommen

Sie werden das blaue Segel nähen

VOLKSLIEDER FÜR PEEDIE MARY

Peedie Mary kaufte eine teure große Maschine für ihren Abwasch.

Peedie Mary steht und grüßt wo hinein gibst du den Torf?

23 Gesangstexte

Silly Peedie

Mary thoo

Puts the peats

Below, baloo.

Peedie Mary

Greets the more, What did the posh paint Come off for?

Evening will come They will sew the blue sail

JOHN SHARKEY IS PLEASED TO BE IN SOURIN AT EVENING

How beautiful, how beautiful, the mill – Wheel not turning though the waters spill Their single tress. The whole old mill Leans to the West, the breast.

THE DANCERS INHERIT THE PARTY

When I have talked for an hour I feel lousy –Not so when I have danced for an hour:

The dancers inherit the party

While the talkers wear themselves out and sit in the corner alone, and glower.

Alberne Peedie

Mary, du, gibst den Torf, darunter, ei!

Peedie Mary grüßt nicht mehr warum musste die teure Farbe herunterkommen?

Der Abend wird kommen Sie werden das blaue Segel nähen

JOHN SHARKEY FREUT SICH, ABENDS IN SOURIN ZU SEIN

Wie herrlich, wie herrlich, die Mühle – das Rad dreht sich nicht, obwohl das Wasser als einzelne Locke hinunterstürzt. Die ganze alte Mühle, lehnt gen Westen ihre Brust.

DIE TÄNZER ÜBERNEHMEN DIE PARTY

Wenn ich eine Stunde lang geredet habe, fühle ich mich lausig –doch nicht, wenn ich eine Stunde lang getanzt habe:

Die Tänzer übernehmen die Party, während die Schwätzer sich verausgaben und alleine und finster in der Ecke sitzen.

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Gesangstexte

Lachrimæ Tristes

Text: Walter Raleigh (1552–1618) | Übersetzung: Andreas Meier

Ev’n such is time, which takes in trust

Our youth, our joys, our all we have, And pays us but with age and dust: Who in the dark and silent grave When we have wandered all our ways

Shuts up the story of our days. And from which earth and grave and dust

The Lord shall raise me up I trust.

What is our life?

a play of passion, Our mirth the music of division, Our mothers’ wombs the tiring houses be, Where we are drest for this short Comedy, Heav’n the judicious sharp spectator is, That sits and marks still who doth act amiss, Our graves that hide us from the searching Sun, Are like drawn curtains when the play is done. Thus march we playing to our latest rest, Only we die in earnest, that’s no jest.

Gerade so ist die Zeit, die unsere Jugend, unsere Freuden und alles, was wir haben, in Verwahrung nimmt und uns dafür mit Alter und Staub bezahlt; die im dunklen und stillen Grab, wenn wir alle unsere Wege gegangen sind, die Geschichte unserer Tage beendet. Doch aus dieser Erde, dem Grab und dem Staub, wird Gott mich auferwecken, das hoffe ich.

Was ist unser Leben?

ein Spiel der Leidenschaften, unsere Heiterkeit die Musik der Trennung, unserer Mütter Schoß das ermüdende Zuhause, wo wir für diese kurze Komödie gekleidet werden, der Himmel ist der umsichtige Betrachter, der sitzt und still vermerkt, wer fehlerhaft sich gibt, unsere Gräber, die uns vor der suchenden Sonne verbergen, sind wie geschlossene Vorhänge, wenn das Stück vorüber ist. So marschieren wir, spielend bis zu unserer letzten Ruh’, nur im Sterben sind wir ernst, das ist kein Witz.

25 Gesangstexte

Lachrimæ Coactæ

Text: Robert Burton (1577–1640) | Übersetzung: Andreas Meier

Many men are melancholy by hearing music, but it is a pleasing melancholy that it causeth; and therefore to such as are discontent, in woe, fear, sorrow, or dejected, it is a most present remedy; it expels cares, alters their grievèd minds, and easeth in an instant.

Viele Menschen werden melancholisch, wenn sie Musik hören, aber es ist eine angenehme Melancholie; und daher für solche, die unzufrieden, voll Kummer, Trauer, Leid oder bedrückt sind, ein sehr nützliches Heilmittel; sie vertreibt Sorgen, ändert ihren betrübten Geist und verschafft sofortige Linderung.

Lachrimæ Amantis

Text: George Herbert (1593–1633) | Übersetzung: Andreas Meier

That none doth build a stately habitation,

But he that means to dwell therein.

What house more stately hath there been Or can be, then is Man? to whose creation

All things are in decay.

For Man is ev’ry thing

And more: He is a tree, yet bears no fruit; A beast, yet is, or should be, more:

Reason and speech we only bring.

Parrots may thank us, if they are not mute, They go upon the score.

Dass niemand eine stattliche Behausung baut, als der, der plant, darin zu wohnen. Welches stattlichere Haus gab es je oder wird es je geben, als den Menschen? angesichts dessen Schöpfung alles dem Verfall verschrieben ist.

Denn der Mensch ist alles und mehr: Er ist ein Baum, doch trägt keine Früchte; ein Tier, doch ist er mehr, oder sollte es sein:

Vernunft und Sprache haben nur wir. Papageien dürfen uns danken, wenn sie nicht stumm sind, gewinnen sie an Ansehen.

26 Gesangstexte

The stars have us to bed; Night draws the curtain, which the sun withdraws; Music and light attend our head. All things unto our flesh are kind

In their descent and being; to our mind

In their ascent and cause.

Die Sterne legen uns zu Bett; die Nacht zieht den Vorhang zu, der die Sonne abhält; Musik und Licht dringen in unseren Kopf. Alle Dinge sind unserem Fleische wohl in ihrer Abstammung und ihrem Sein; unserem Geist in ihrem Fortschritt und ihrem Ursprung.

Lachrimæ Veræ

Text: T. S. Eliot | Übersetzung: Norbert Hummelt

The dove descending breaks the air

With flame of incandescent terror

Of which the tongues declare

The one discharge from sin and error.

The only hope, or else despair

Lies in the choice of pyre or pyre, To be redeemed from fire by fire.

Who then devised the torment? Love.

Love is the unfamiliar Name

Behind the hands that wove

The intolerable shirt of flame Which human power cannot remove.

We only live, only suspire, Consumed by either fire or fire.

Die tauchende Taube durchbricht die Luft

Mit flammendem Schrecken weißer Glut Deren Zungen wollen uns zeigen

Die eine Lösung von Irren und Schuld.

Ob wir hoffen oder verzagen

Liegt in der Wahl des Scheiterhaufens, Vom Feuer vertilgt, vom Feuer erneuert.

Wer hat die Qual erdacht? Die Liebe.

Der Name Liebe klingt uns fremd

Doch ihre Hände legten an

Das unerträgliche Flammenhemd

Das Menschenmacht nicht ausziehen kann.

Wir lechzen und wir leben nur

Verzehrt von einem der beiden Feuer.

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Theatre of Voices

Theatre of Voices wurde 1990 von der britischen Alte-Musik-Ikone Paul Hillier in London gegründet und zählt zu den besten Vokalensembles der Welt. Nach zwölf Jahren in den USA kehrte Paul Hillier 2003 nach Europa zurück, seitdem ist Theatre of Voices in Kopenhagen ansäßig. 2010 wurde das Ensemble für seine Aufnahme von David Langs The Little Match Girl Passion mit einem Grammy ausgezeichnet. Sein Schwerpunkt liegt auf Neuer Musik, oft verwoben mit verschiedenen Arten der Alten Musik. Es hat mit Komponist:innen wie Steve Reich, Arvo Pärt, John Cage, Terry Riley, John Adams, David Lang, Michael Gordon, Karlheinz Stockhausen, Heiner Goebbels und Kaija Saariaho zusammengearbeitet. Eine enge künstlerische Verbindung besteht mit Concerto Copenhagen, Meta4 String Quartet, Kronos Quartet, London Sinfonietta und den Ensembles Fretwork und Phantasm. Theatre of Voices tritt bei Festivals in Berlin, Bergen, Edinburgh, Prag,

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Biografie

Ravenna und Hong Kong sowie in Konzertsälen wie der Carnegie Hall in New York, dem Barbican Center und Kings Place in London, der Elbphilharmonie in Hamburg und der Royal Opera Kopenhagen auf. In der aktuellen Saison sind, neben zahlreichen Projekten in Dänemark, Konzerte beim Heinrich Schütz Musikfest Dresden, im Flagey Brüssel, in der Estonia Concert Hall Tallinn sowie beim Festival International de Musiques Sacrées de Fribourg geplant.

Miles Lallemant war Musikdirektor an St. Matthew’s Kensington Olympia in London und gründete dort das Kensington Olympia Festival of Music and the Arts, wo er eine Vielzahl von Produktionen leitete. Er arbeitet mit Paul Hillier zusammen und hat in dieser Zeit als Mitglied des Chamber Choir Ireland, der Ars Nova Kopenhagen und des Theatre of Voices eine große Bandbreite an Musik aufgeführt und aufgenommen. Derzeit ist er Chorleiter bei Ars Nova und lebt in Kopenhagen.

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Biografie

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**ausgenommen Gastveranstaltungen, Kinder- und Jugendveranstaltungen, Kooperationen, Veranstaltungen mit Catering, Konzerte der Reihe ShowTime sowie von der Geschäftsführung ausgewählte Konzerte

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Highlights

DI, 10 SEP, 19:30 GROSSER SAAL

PHILIPPE HERREWEGHE & ORCHESTRE DES CHAMPS-ÉLYSÉES

Übersteigern – Bruckners 8. Sinfonie

DI, 17 SEP, 19:30

GROSSER SAAL

MARC MINKOWSKI & LES MUSICIENS DU LOUVRE

Entgrenzen – Bruckners 6. Sinfonie

SO, 22 SEP, 18:00 STIFTSBASILIKA ST. FLORIAN THOMAS HENGELBROCK & MÜNCHNER PHILHARMONIKER

Bruckners f­Moll­Messe

SO, 6 OKT, 18:00

GROSSER SAAL

Befreien – Bruckners 7. Sinfonie

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Karten
77 52 30 | kassa@liva.linz.at
Jérémie Rhorer
VOM 4. SEPTEMBER BIS 11. OKTOBER 2024
und Infos: +43 (0) 732
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JÉRÉMIE RHORER
& LE CERCLE DE L’HARMONIE
Thomas Hengelbrock Marc Minkowski Philippe Herreweghe

Unsere Konzerte im Abonnement

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Vox

Chorus Viennensis & Sonat Vox

Anniversarium MMXXIV

Samstag, 5. Oktober 2024, 19:30 Uhr

Mittlerer Saal, Brucknerhaus Linz

Werke von Anton Bruckner, Bedřich Smetana, Peter Cornelius

Chorus Viennensis

Sonat Vox

Michael Schneider, Justus Merkel | Leitung

Karten und Info: +43 (0) 732 77 52 30 | kassa@liva.linz.at | brucknerhaus.at

Herausgeberin: Linzer Veranstaltungsgesellschaft mbH, Brucknerhaus Linz, Untere Donaulände 7, 4010 Linz CEO: René Esterbauer, BA MBA, Kaufmännischer Geschäftsführer LIVA

Redaktion: Andreas Meier | Texte: Michael Preis, Paul Hillier (S. 5), Gabriel Jackson (S. 5)

Biografie & Lektorat: Romana Gillesberger, Mag. Claudia Werner | Gestaltung: Anett Lysann Kraml, Lukas Eckerstorfer Leiter Programmplanung, Dramaturgie und szenische Projekte: Mag. Jan David Schmitz

Abbildungen: P. Bünning (S. 2 [1. v. o.]), M. Ginot (S. 2 [2. v. o.]), J. Wesely (S. 2 [3. v. o.]), T. Pewal (S. 2 [4. v. o.]), privat (S. 9, 10 & 12), Reinis Hofmanis (S. 15), R. Wilting (S. 28–29), M. Hendryckx (S. 32 [1. v. o.]), B. Chelly (S. 32 [2. v. o.]), F. Grandidier (S. 32 [3. v. o.]), C. Doutre (S. 32 [4. v. o.]), Foxografie (S. 34)

Programm-, Termin- und Besetzungsänderungen vorbehalten

LIVA – Ein Mitglied der Unternehmensgruppe Stadt Linz

VORSCHAU : Internationales Brucknerfest Linz 2024
Sonat

Mit unserer eigenen Hammerkopfproduktion entfesseln wir das volle tonliche Spektrum unserer Flügel und Klaviere –eine Kunst, die Leidenschaft, Erfahrung und Disziplin erfordert. www.bechstein-linz.de

HAMMERKOPF
HAPPY DIAMONDS

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