Contigo Nr.1 / 2015

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Mitteilungen der evangelischen Werke für die Kirchgemeinden

Nr.1 | 2015

© ACT alliance / Paul Jeffrey

Anders produzieren und essen für Gerechtigkeit im Klimawandel


contigo

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INHALT

contigo Mitteilungen der evangelischen Werke für die Kirchgemeinden Herausgegeben von Brot für alle, HEKS, Mission 21 und den OeME-Fachstellen Erscheint viermal jährlich im März, Juni, September und Dezember ISSN 1660-3788

© ACT alliance/Paul Jeffrey

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Brot für alle Bürenstrasse 12, Postfach 1015, 3000 Bern 23 Tel. 031 380 65 65, Fax 031 380 65 64 Mail: info@bfa-ppp.ch, Web: www.brotfueralle.ch Spendenkonto: 40-984-9

HEKS – Hilfswerk der Evangelischen Kirchen Schweiz Seminarstrasse 28, Postfach, 8042 Zürich Tel. 044 360 88 00, Fax 044 360 88 01 Mail: info@heks.ch, Web: www.heks.ch Spendenkonto: 80-1115-1

DOSSIER

S4 – 9 Die Landwirtschaft darf kein Klimakiller sein Kleinbäuerinnen und Kleinbauern ernähren die Welt. Mit meist nachhaltigen Methoden erarbeiten sie rund drei Viertel der Gesamtproduktion. Zunehmend werden sie von riesigen monotonen Plantagen der Agroindustrie verdrängt, die mit grossem Einsatz von Herbiziden wirtschaften. Der hohe Fleischkonsum verschärft die Entwicklung. Auf dem Bild Chey Pen aus Boeung Pram, einem Dorf in Batambang, Kambodscha mit frisch geerntetem Reis. uw

BROT FÜR ALLE

S10 – Ökumenische Kampagne 2015: Film «Vom Fluch der Soja» S11 – Eine Hühnerzucht, die das Klima schont, ist möglich S13 – Partnerorganisation Silnorf hilft im Kampf gegen Ebola HEKS

S14 – Haiti: Neue Schulhäuser helfen vielen Kindern S16 – Projekt AltuM – Alter und Migration –

Mission 21 – Evangelisches Missionswerk Basel Missionsstrasse 21, 4009 Basel Tel. 061 260 21 20, Fax 061 260 21 22 Mail: info@mission-21.org, Web: www.mission-21.org Spendenkonto: 40-726233-3 OeME-Fachstellen der Kantonalkirchen Web: www.oeme.ch Redaktion Michael Schlickenrieder (ms), Mission 21 Peter Dettwiler (ped), OeME Olivier Schmid (os), HEKS Urs Walter (uw), Brot für alle Redaktionsleitung Urs Walter Tel. 031 380 65 71 Bürenstrasse 12, Postfach 1015, 3000 Bern 23 Mail: walter@bfa-ppp.ch Adressänderungen und Abonnementsverwaltung Administration Brot für alle Bürenstrasse 12, Postfach 1015, 3000 Bern 23 Mail: contigo@bfa-ppp.ch Tel. 031 380 65 65 Fax 031 380 65 64 Layout grafik.trieb, 2560 Biel Druck rubmedia, 3084 Wabern

verbessert Gesundheit und Vorsorge

S17 – Winterhilfe für Flüchtlinge im Nahen Osten MISSION 21

S18 – Perspektiven für den Südsudan S19 – Alphabetisierungsprogramm Alfalit in den Anden Perus S20 – Mission 21 besucht Partnerkirche in Nigeria HINWEISE UND MEDIENTIPPS

S22 – Agenda und Nachrichten S23 – Bücher- und Filmtipp

Titelbild: Ann Sout freut sich über ihre ersten Ferkel. Dank einem Hilfsprojekt der kambodschanischen Organisation Life with Dignity hat sich die Ernährungslage in ihrem kleinen Dorfes verbessert. uw Rückseite: Genügend Essen und die Möglichkeit zum Schulbesuch öffnen den Mädchen aus dem kleinen Dorf bei Medina, Dominikanische Republik, den Weg zu mehr Chancen für ihre Zukunft. uw


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EDITORIAL

Raubbau rächt sich Beat Dietschy, Zentralsekretär Brot für alle

«Raubbau

rächt

sich»,

das Klagegebet der Inselbewohner noch lauter: «Wir

pflegte meine Grossmutter

weinen, Herr, weinen Meere von Tränen, weil unser ge-

zu sagen. Sie meinte die

liebtes Meer ansteigt und uns überschwemmt».

Gesundheit. Ich hatte das Das scheint uns weit weg - was geht es uns an? Und

standen. Es klang so mo-

wie können wir Politiker zum Handeln bewegen? An

ralisch wie «du brauchst

einer Tagung, die Brot für alle 2008 zu den Auswir-

genug Schlaf!». Viel später

kungen des Klimawandels auf den globalen Süden

ging mir auf, wie wahr der

durchführte, meinte der damalige Bundesrat Moritz

Ausspruch ist. Und dass er

Leuenberger: «Die Verantwortung für die Erde als

sich auch auf den Gesund-

Ganzes ist bei den meisten Menschen nur aufgrund

heitszustand unseres Pla-

vernünftiger Überlegungen herbeizuargumentieren».

neten Erde beziehen kann.

Wer moralische Appelle nicht mag: Es ist einfach klug,

Dazu hat der Satz von Su-

vorausschauend zu handeln. Das belegen die Beiträge

san George in der Brot für

im Dossier dieses Heftes. Und mit den Kampagnen

alle-Agenda von 1990 sich mir eingeprägt: «Die Natur

der drei Werke erhalten Sie als Einzelne und als Kirch-

schlägt zurück, mit Zins und Zinseszins».

gemeinden Anregungen, was wir tun können: Projek-

© Brot für alle

damals nicht wirklich ver-

te unterstützen, Klimapetition unterschreiben, einen Schon 1983 riefen die Delegierten aus dem Pazifik-

haushälterischen Lebensstil pflegen.

raum an der 6. Versammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen in Vancouver zur Bewahrung der Schöpfung auf. Gut dreissig Jahre später in Korea 2014 war

Die Leiterin und Leiter der drei Werke Brot für alle, HEKS und Mission 21 sowie der OeME-Fachstellen wechseln sich beim Schreiben des Editorials ab.


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DOSSIER

ETHIK UND KLIMAWANDEL

Am 15. März kommt kein Regen mehr Siegfried Arends *

Pünktlichkeit und Terminplanung gehören nicht zu den hervorstechendsten Eigenschaften, die ich mit den meisten afrikanischen Menschen, die ich kenne, verbinde. Uhr und Kalender haben für viele eher relative Bedeutung.

vergangenen Monate abwäscht. Der Boden nimmt das Nass gierig auf, und nach weiteren Regenschauern in den darauf folgenden Tagen spriesst überall das Grün auf den Äckern. Die Frauen haben vorausschauend gesät und gepflanzt. Für sie war klar: «Am 15. März kommt der Regen.»

© Brot für alle / Lotti und Josef Stöckli

Ungewissheit mit Folgen

Ist das gerecht? Grossindustriell bearbeitete Soja-Monokulturen (Hintergrund) belasten die angrenzenden Felder der Kleinbauern: Adao da Silva steht vor seinen wegen des Sojagiftes abgestorbenen Pfefferpflanzen.

Auf dem Land in Kamerun scheint die gelebte Zeit wichtiger als diejenige, die von Zeitmessern diktiert wird. Meine Skepsis ist denn auch eher gross, als die Menschen in Kamerun mir nach monatelanger Trockenzeit versichern: «Am 15. März kommt der Regen.» Ich will nicht unhöflich sein und widerspreche nicht, aber der Zweifel muss an meinem Gesicht ablesbar sein, denn die Beteuerung lässt jeweils nicht lange auf sich warten: «Wirklich! Am 15. März kommt der Regen.» Meine Verblüffung ist umso grösser, als am 15. März der Himmel sich wie bestellt entlädt und ein erster kräftiger Regenguss den Staub der

So war das Mitte der 90er-Jahre im westafrikanischen Kamerun. Heute, zwanzig Jahre später, klingt es anders. Kaum jemand wagt noch mit Gewissheit vorherzusagen, wann der Regen kommt, ob er überhaupt kommt und ob er nicht genauso schnell wieder geht. Der Klimawandel ist eine Realität in Kamerun wie in vielen Ländern des globalen Südens. Eine bittere Realität, die vor allem die Menschen auf dem Land spüren. Junge Menschen treibt es aufgrund mangelnder Zukunftsperspektiven vom Land in die Städte – oder gleich als Wirtschaftsflüchtlinge ins ferne Europa. Nicht wenige bezahlen die lebensgefährliche Überfahrt über das Mittelmeer in wackligen Booten mit ihrem Leben. Andere, die es mit viel Glück schaffen, fristen ein wenig erquickliches Leben in Europas Asylzentren. Dort gelten für sie wieder Uhrzeit und Kalender, vor allem wenn es um Fristen und Termine geht. Die Zeit drängt, denn der Klimawandel ist längst Realität – das Bewusstsein dafür ist auch in der Politik angekommen. Der Verhandlungspoker an den internationalen Klimakonferenzen läuft auf Hochtouren. Doch Klimagerechtigkeit darf kein Glücksspiel wie Poker sein, bei dem Verhandlungsgeschick, Kaltblütigkeit und Pokerface die ausschlaggebenden Kriterien sind. Welche Massstäbe sollen uns dann leiten, wenn es um Klimagerechtigkeit geht? Wie muss eine christlich motivierte Ethik des Klimawandels aussehen?

Drei ethische Grundfragen Drei Fragen sind dafür zu klären: Die Fragen nach dem Wer, Was, und Wie. Wer sitzt am Verhandlungstisch? Unsere Ethik ist immer noch für den Nahbereich ausgelegt – für die Ich-Du-Beziehung. Christliche Ethik ist für den


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© HEKS / Christian Bobst

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Industrialisierung und Massenkonsum haben zum Klimawandel geführt. Doch die Folgen belasten in grossem Masse die Bäuerinnen und Bauern im Süden: Es braucht mehr Gerechtigkeit im Klimawandel.

Mikrobereich. Eine Ethik des Klimawandels muss sich aber im Makrobereich globaler Zusammenhänge bewähren. Die Ethik muss sich sozusagen globalisieren. Die Ökumenische Kampagne von Brot für alle, Fastenopfer und Partner sein will dafür sensibilisieren: Mein ökologischer Fussabdruck (konkret: mein Konsumverhalten, mein Fleischkonsum) entscheidet mit darüber, ob am 15. März die Regenzeit in Kamerun beginnt oder nicht.

ma bedeutet dies vor allem die Anerkennung der «historischen Schuld» der Industriestaaten. Als die grössten Verursacher müssen diese Länder Vorreiter im Klimaschutz sein. Das ist ein Gebot der Fairness – so lautet der sportliche Name für Gerechtigkeit. Nötig sind ambitioniertere CO2-Reduktionsziele und ein grösseres finanzielles Engagement für den Klimafonds, der dazu dient, die Schäden des Klimawandels aufzufangen. Beide Forderungen sind in der Klimapetition enthalten.

Es geht also um eine Erweiterung unseres Verantwortungsbereichs. Christliche Ethik meint aber nicht, andere zu Objekten unserer karitativen Gefühlsregungen zu machen. Sie sind ebenso Subjekte mit ihrer eigenen legitimen Rolle im Verhandlungsprozess. Bleibt die Frage, wer überhaupt an den Verhandlungen zur Begrenzung des Klimawandels teilnimmt und wessen Stimme wie viel Gewicht hat? Wie werden die Interessen der Bäuerin vertreten und gewahrt, die gesät und gepflanzt hat, und nun am 15. März vergeblich auf den Regen wartet?

Wie ist der Wandel weg vom Klimawandel zu schaffen? Um den Wandel weg vom Klimawandel zu schaffen, braucht es mehr als politische Forderungen allein. Es braucht einen Mentalitätswandel, einen grundsätzlichen Gesinnungswandel. Manche sprechen von der grossen Transformation. Aber auch Transformationen beginnen immer im Kleinen. Was bewegt uns, unser Verhalten tatsächlich zu verändern, nachhaltiger zu leben, anders und weniger zu konsumieren? Nötig ist auch ein spiritueller Impuls: Wer die Schöpfung erlebt als ein uns anvertrautes Geschenk, geht hoffentlich anders mit ihr um, sorgsamer. Wer im Mitmenschen die Züge des Ebenbildes Gottes erkennt, wird achtsamer für seine oder ihre Rechte – und kämpferischer.

Gerechtigkeit, auch Klimagerechtigkeit, ist aus biblischtheologischer Perspektive immer ein Beziehungsbegriff. Es geht um gerechte Beziehungen, um adäquate Teilnahme an der Lebensgestaltung. Es geht um das «Recht, Rechte zu haben» (Hannah Arendt) von denjenigen, die bislang keine Rechte geltend machen konnten. Die von rund 50 Organisationen getragene Klimapetition hat genau das zum Ziel: die Stimme der vom Klimawandel Betroffenen zu verstärken und ihren berechtigten Anliegen mehr Gewicht zu geben (siehe Seite 6). Um was geht es bei den Klimaverhandlungen? Es geht um Gerechtigkeit – einem Grundmotiv der jüdisch-christlichen Tradition! Im Hinblick auf das Klimathe-

Vielleicht liegt hier die grösste Herausforderung, sich wieder zu erinnern an die alte Verheissung: «Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht» (Gen 8, 22). Damit es am 15. März wieder regnet in Kamerun. *Siegfried Arends ist Leiter des Fachbereichs Bildung und Theologie bei Brot für alle.


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ESSEN UND KLIMA

Zu viel Fleisch auf dem Teller heizt Klima auf Tina Goethe *

Industrielle Landwirtschaft ist die Hauptverursacherin des Klimawandels. Das gefährdet die globale Ernährungssicherheit. Setzt die Landwirtschaft vermehrt auf ökologische Anbaumethoden und kleinbäuerliche Betriebe, kann sie Teil der Lösung werden. Was braucht eine Pflanze zum Wachsen? Fruchtbaren Boden, Wasser, Sonne und Wärme – und das alles in der richtigen Menge, im richtigen Verhältnis und zur richtigen Zeit. Genau dieses Gefüge bringt der Klimawandel aber durcheinander. Massiv und langfristig. Es ist zu heiss, es ist zu trocken, dann wieder regnet es zu viel, zu heftig und zum falschen Zeitpunkt. Die Auswirkungen auf den Anbau von Grundnahrungsmitteln wie Reis, Weizen und Mais sind dramatisch. Die globale Ernährungssicherheit ist in Gefahr, und vielen Menschen droht Hunger oder Mangelernährung. Das belegt der Weltklimarat in seinem «vierten Sachstandsbericht1». In einigen afrikanischen Ländern dürfte die grosse Mehrheit der Bäuerinnen und Bauern, die auf Regen

Petition für Klimagerechtigkeit Bäuerliche Betriebe in Entwicklungsländern leiden besonders unter den Folgen des Klimawandels. Sie müssen sich anpassen, doch das kostet viel Geld. In einer Petition an Bundesrätin Doris Leuthard fordert die Klima-Allianz, dass die Schweiz sich an der Finanzierung dieser Anpassung angemessen beteiligt. Sie gehört als Industrieland auch zu den Verursachern der Klimaerwärmung. Gerechtigkeit im Klimawandel lautet die Devise. An der Klimakonferenz Ende November 2015 in Paris soll die Schweiz mit ambitionierten Klimaschutzzielen die Verhandlungen für ein neues globales Klimaabkommen vorantreiben. uw Hinter der Klimaallianz stehen über 50 Organisationen, darunter Brot für alle und HEKS. www.klima-allianz.ch oder www.sehen-und-handeln.ch/petition

als Bewässerung angewiesen ist, im Jahr 2020 nur noch halb so viel ernten können wie heute. 2020 ist in fünf Jahren. Bis ins Jahr 2050 wird bereits der gesamte afrikanische Kontinent unter den Folgen der Klimaerwärmung leiden. In Südasien bedroht er die Reisproduktion und weltweit prognostiziert der Weltklimarat eine nur noch halb so grosse Weizenernte.

Opfer und Täter gleichermassen Kein Zweifel: Die Landwirtschaft ist Opfer des Klimawandels. Doch sie ist auch «Täterin»: Über 30 Prozent der von Menschen erzeugten Treibhausgase gehen auf ihr Konto. Und dies bei weitem nicht nur, weil Kühe so viel Methan rülpsen, wie oft betont wird. Wenn Wälder gerodet und Hochmoore trockengelegt werden, um neues Ackerland zu gewinnen; wenn aus Erdöl produzierter Kunstdünger massenhaft auf die Felder ausgebracht wird; wenn schwere Maschinen den Boden umpflügen und Pflanzengifte aus Flugzeugen versprüht werden, dann ist die Landwirtschaft Klimakiller Nummer eins. Und nach der Ernte folgt noch mehr Klimabelastung: Weitere 10 Prozent der Treibhausgase gehen auf Verarbeitung, Transport, Kühlung, Erhitzung, Zubereitung und Entsorgung von Lebensmitteln zurück. Besonders belasten die Produktion und der Konsum von Rind-, Schweine- und Poulet-Fleisch. Das Fleisch auf unseren Tellern verursacht 80 Prozent der direkten Emissionen aus der Landwirtschaft. Umso schlimmer, dass im Durchschnitt ein Drittel aller Nahrungsmittel im Abfall landet.

Genug Essen trotz Klimawandel Doch Landwirtschaft ist nicht gleich Landwirtschaft. Das Gros der Lebensmittel, etwa 70 Prozent, wird noch immer von Bäuerinnen und Bauern in Handarbeit und mit traditionellem Wissen hergestellt – ohne Agrarchemie, grosse Bewässerungsanlagen oder schwere Maschinen und den Einsatz von viel Erdöl. Aber auch wenn diese meist kleinen Betriebe in der Regel klimafreundlicher produzieren als grossflächige Monokulturen, sind sie den Folgen des Klimawandels oft schutzlos ausgeliefert. In Entwicklungsländern kommt kein Staat für den Verlust der Ernte durch Überschwemmungen auf, und private Versicherungen sind viel zu teuer. Wer


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©Brot für alle / Lotti und Josef Stöckli

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Soja, Soja, Soja – nicht nur im Mato Grosso verdrängen endlose Monokulturen die kleinen Parzellen der lokalen Bevölkerung und die vielfältige Wald- und Savannenlandschaft.

bereits am Rand des Existenzminimums lebt, steht schnell vor dem Nichts. Kleinbauernfamilien brauchen darum dringend Unterstützung, um ihre Betriebe und die Produktion für die eigene Familie und den lokalen Markt zu entwickeln, um Verarbeitung und Vermarktung zu verbessern.

Bewährte Alternativen bestehen Um sich gegen die Risiken des Klimawandels zu wappnen, schöpfen schon jetzt viele Kleinbetriebe aus dem reichen Fundus der ökologischen Landwirtschaft. Sie experimentieren mit lokalen Saatgutsorten, die sie an die veränderten Regenzeiten anpassen. Sie pflanzen Obstbäume, die gleichzeitig Schatten spenden, den Boden vor dem Austrocknen schützen und Vögeln Platz bieten, welche wiederum Schädlinge fressen. Und die dem Boden mit ihren Wurzeln Halt geben, damit er nicht mehr so einfach weggeschwemmt werden kann. Das Hegen und Pflegen des fruchtbaren Bodens ist das A und O einer klimafreundlichen Landwirtschaft. Vielfältige Fruchtfolgen und Gründüngung sind längst bekannte Methoden, ebenso wie die Wiedervereinigung von Ackerbau und Viehzucht in ganzheitlichen Betrieben. All das hilft, um die Landwirtschaft vom Klimaopfer und der Klimasünderin zur Klimaschützerin zu machen. Was so banal und selbstverständlich klingt, ist es leider längst nicht mehr. Denn der Wachstumsdruck fördert eine Landwirtschaft, die so schnell und so viel wie möglich mit möglichst wenig Arbeit produzieren soll. Dafür werden na-

türliche Kreisläufe in Einzelteile zerlegt und einer industriellen Logik unterworfen. Die Handelspolitik der Staaten, die Preispolitik von Lebensmittelkonzernen und die Einkaufspolitik der Supermärkte sowie unser Konsumverhalten verstärken diese Ausrichtung. Nur wenn wir sie ändern, können bäuerliche Betriebe gesunde Lebensmittel herstellen, die Artenvielfalt erhalten, dem Klimawandel entgegenwirken und ein Leben in Würde mit ausreichendem Einkommen führen. Beim täglichen Einkauf und als Bürgerin und Bürger können sich alle für verbesserte Rahmenbedingungen engagieren. In Biel zum Beispiel setzen sich verschiedene Gruppen mit einer Initiative für gesunde Ernährung in den Kantinen von Schulen und Heimen dafür ein, dass regionale und saisonale Lebensmittel auf den Tisch kommen. Parteien wie die Grünen fordern mit der «FairFood»-Volksinitiative, dass auch für importierte Lebensmittel ökologische und soziale Produktionsstandards gelten müssen. Dies sind ermutigende Beispiele für Veränderungen, die über den eigenen Tellerrand Privater hinausgehen und einen wichtigen Beitrag für Klimagerechtigkeit und genug zu essen für alle bedeuten.

*Tina Goethe ist Teamleiterin des Bereichs «Recht auf Nahrung» bei Brot für alle. 1

www.ipcc.ch/publications_and_data/publications_and_data_reports.shtml


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SÜDAFRIKA

In Pella leiden alle unter dem Klimawandel Pascale Schnyder *

mehr findet und Plastik frisst. Doch der Klimawandel betrifft nicht nur die Bauernfamilien und ihre Tiere. «Die Situation hat sich weltweit verschärft», beobachtet Afrika-Kenner Gottfried Horneber.

«Anpassung ist nötig, doch wie vorgehen?», frägt Julia Jawtusch am Klimaworkshop von Brot für alle in Pella (vgl. Kasten). Unter ihrer Anleitung zeichnen die Teilnehmenden die grössten Naturgefahren für ihr Dorf und seine Umgebung auf Karten ein. Auf Kalendern halten sie fest, wie sich das Klima, aber auch soziale Gegebenheiten in den letzten Jahren verändert haben. Und sie benennen die Lebensbereiche, die durch den Klimawandel am meisten betroffen sind. Dabei arbeiten Frauen und Männer getrennt, denn sie sind ganz unterschiedlich betroffen. Die Männer, die ihre Tiere oftmals in Flussnähe weiden lassen, fürchten die Überschwemmungen. Für Frauen, die zu Hause zu Kindern und Garten schauen, sind die Sandstürme schlimmer. Sie betonen zudem soziale Probleme wie hohe Jugendarbeitslosigkeit und der damit verbundene Drogen- und Alkoholmissbrauch. ©Brot für alle / Pascale Schnyder

Eine Ziege stirbt in Südafrika, weil sie kein Gras

Hitze wird unerträglich

«Früher haben sich Regen und Trockenheit hier in Pella abgewechselt», erinnert sich Beukes. «Seit ein paar Jahren ist es nur noch trocken. Es regnet fast nie. Und die Hitze ist viel schlim«Grüne Wiesen und Felder gibt es in Pella heute nicht mehr», sagen Elisabeth und Willem Beukers. Sorgfältig hüten sie mit ihrer Enkelin die Ziegen, damit diese nicht Plastik fressen und daran sterben. mer geworden. Tagsüber ist es draussen oft fast nicht auszuhalten.» Auch die Tiere des Kleinbauern leiden unter der Hitze. Von August bis Weit draussen im kargen Land im Nordwesten von Mitte Oktober wollen sich die Tiere gar nicht mehr bewegen. Südafrika liegt das kleine Dorf Pella. Einfache Häuser, ein Auch wachse wegen der Trockenheit das Gras viel schlechter. paar Unterstände für die Tiere, ein paar eingezäunte GrünZudem beobachtet Beukes: «Überall wächst jetzt das ‹saupflanzen und viel Sand, dazwischen wuseln einige Hühner re Gras›. Das können sogar die Ziegen nicht fressen, und es und Ziegen herum. Sie sind der Stolz von Bauer Willem schneidet ihnen die Füsse auf. Das gibt wüste Entzündungen. Beukes und seiner Frau Elisabeth. Mit Sorge beobachtet der Auch die Schakale und die Paviane finden kein Futter mehr 73-Jährige, wie ihr Leben als Folge des Klimawandels immer und greifen jetzt sogar unsere Ziegen an. Ich habe schon einischwieriger wird. Weniger Essen für das Paar und das ganze ge Tiere auf diese Weise verloren.» Dorf – aber auch für die Tiere.


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Niederschläge werden unberechenbar

©Brot für alle / Pascale Schnyder

«Diese Folgen der Klimaerwärmung betreffen Millionen von Bauern in Afrika, Asien und Lateinamerika», beobachtet Gottfried Horneber. Er ist seit vielen Jahren in Afrika als Berater tätig und führt für Brot für alle und mit lokalen Organisationen Klimaworkshops durch. «Niederschläge sind wesentlich unberechenbarer geworden. Früher konnten die Bäuerinnen und Bauern den Zeitpunkt für die Saat voraussehen und mit einer sicheren Ernte rechnen. In vielen Regionen gibt es auch mehr Starkregen.» Die Berechenbarkeit für die Niederschläge fehle heute, zieht Horneber als Fazit. «Im Durchschnitt hat sich die Lage überall verschärft. Die Regenzeiten sind durcheinandergeraten: Mangobäume blühen entlang des Aequators drei Monate früher als zuvor.»

«Meine Ziegen weiden beim Cousin» Im Gegensatz zu den meisten Jungen in Pella ist Terrence Boysen gerne Bauer. Der 23-Jährige lebt mit der Mutter, zwei Schwestern und dem behinderten Bruder zusammen. Neben dem Haus bauen sie Luzerne, Randen, Zwiebeln und Spinat an. Hühner halten sie vor allem wegen der Eier. Acht Ziegen gehören Boysen, doch nur ein Bock weidet ums Haus. «Die anderen Ziegen sind auf der Farm bei meinem Cousin, dort regnet es mehr und das Gras ist viel besser als in Pella.» Das hat laut Boysen grosse Auswirkungen: «In den letzten Jahren ist es bei uns so trocken geworden, dass es schwierig ist, genügend Futter zu finden für die Tiere. Viele Leute müssen deshalb Futter kaufen oder Land von einer der grossen Farmen pachten. Das ist aber teuer und lohnt sich eigentlich kaum. Wenn es lange trocken ist, müssen viele ihre Tiere verkaufen. Für eine Ziege gibt es zwischen 450 und 500 Rand (rund 40 Franken).» Was Boysen besonders zu schaffen macht, ist die Hitze. «In den letzten Jahren ist es im Sommer hier in Pella so heiss, dass du tagsüber gar nicht mehr draussen arbeiten kannst.»

Ideen gegen ver-rücktes Wetter erarbeiten Weshalb das Klima in ihrem Dorf verrücktspielt, wissen Willem Beukes und Terrence Boysen so wenig wie die anderen Dorfbewohnerinnen und -bewohner. Darum ist es für sie schwierig, dagegen anzukämpfen. Doch auch wenn die Menschen in Pella den Klimawandel nicht verursachen – sie müssen sich anpassen. Dafür arbeiten Frauen und Männer in Pella und in vielen anderen Regionen zusammen. Gemeinsam erarbeiten sie Massnahmen und Anpassungsmöglichkeiten, um die Folgen aufzufangen oder zu mildern. Den Viehzüchtern könnten Weidewechsel und kleinere Herden Entlastung verschaffen. Dank der intensiven Arbeit am Klimaworkshop ist aber auch allen klar, dass es neue Einkommensmöglichkeiten braucht. Der zugezogene Sarel Boshoff und seine Frau Inna aus Pella haben etwas oberhalb des Ufers des Orange River eine Ferienlodge erstellt. «Gleich

Frauen und Männer tragen am Klimaworkshop je getrennt die Auswirkungen der Klimaveränderung auf ihr Leben zusammen – und erarbeiten gemeinsam Gegenmassnahmen. Im Bild Irene Robina aus Pella.

gegenüber liegt Namibia, doch Pella hat bisher vom Tourismus wenig profitiert.» Die Black Water Mine bietet Arbeitsplätze, doch sie verschmutzt wie viele grosse Unternehmen das Wasser. Der Orange River schwemmt oft Edelsteine an. Deren Verkauf bringt willkommenes Bargeld. Eine Frau hat mit Unterstützung der lokalen Hilfsorganisation Olivenbäume angebaut, um Olivenöl herzustellen. «Dieser Klimaworkshop hat uns gezeigt, dass es Hoffnung gibt», fassen die Teilnehmenden am Ende zusammen. Mit der lokalen Partnerorganisation, aber auch mit Behörden und politischen Parteien wollen sie weiterarbeiten. «Jetzt ist es an den jungen Menschen im Dorf anzupacken», ergänzt Beukes.

*Pascale Schnyder leitet bei Brot für alle die Redaktion des Magazins «Perspektiven» und hat im Frühjahr 2014 den Klimaworkshop in Pella begleitet.

Klimaworkshops stärken die Bevölkerung Klimaworkshops sind mehrtägige Veranstaltungen, die Brot für alle seit einigen Jahren mit Partnern wie HEKS, Mission 21 oder lokalen Organisatoren rund um die Welt durchführt. Frauen und Männer tragen dank einem durch Brot für alle verfeinerten Vorgehen detailliert und je für ihre Arbeiten und Lebensbereiche zusammen, wie sie vom Klimawandel betroffen sind. Danach erarbeiten sie gemeinsam, welche Schutzmassnahmen und Anpassungen an die Folgen des Klimawandels ihre Lebensgrundlagen sichern könnten. uw


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zu 100 000 Hektaren. Da verlieren sich die verstreuten Höfe der Bauernfamilien, die im Schnitt 15 Hektaren umfassen. Schwierig war es für Stöcklis, Aussagen für den Film zu erhalten. Viele Bauernfamilien sind auf ihre Löhne als Erntearbeiter auf den Plantagen angewiesen. Sie haben Angst, denn viele Plantagenbesitzer, welche private Sicherheitsleute beschäftigen, drohen und schrecken weder vor Mord- noch Brandanschlägen zurück.

ÖKUMENISCHE KAMPAGNE 15

Vom Fluch der Soja Je mehr Fleisch gegessen wird, desto mehr Land braucht der Anbau von Soja. Dafür wird Regenwald abgeholzt. Viele Kleinbauernfamilien verlieren ihre Lebensgrundlagen. Der Film zur Ökumenischen Kampagne 2015 zeigt die Folgen für Menschen und Klima. Genau hinschauen, das machen Lotti und Josef Stöckli seit sie 1975 in Chile und später in Brasilien lebten. Bald begannen sie Dokumentarfilme über den Alltag der Bevölkerung ihrer Gastländer zu machen. «Film ist immer noch das beste Medium, um Schülerinnen und Schülern fremde Welten nahezubringen», sagt der ehemalige Sekundarlehrer. Oder um die Zusammenhänge zwischen Fleischkonsum und Klimawandel aufzuzeigen. Genau davon handelt der neuste Film des Paares, «Vom Fluch der Soja» *.

Die Monokulturen, die mit viel Gifteinsatz bewirtschaftet werden, beeinträchtigen das Leben der Kleinbauern. Sie verlieren Ernten, Bäume und Früchte verdorren, weil der Wind Chemikalien und Entlaubungsmittel auf ihre Felder trägt. Ein ehemaliger Plantagenarbeiter erzählt im Film, dass er aufgrund seiner Arbeit als «Giftmischer» heute gelähmt sei. Hin und wieder würden Plantagenbesitzer gebüsst, sagen Stöcklis. Doch Justiz, Polizei und Regierung würden mit den Grossgrundbesitzern zusammenhalten. So breiten sich heute die Sojaplantagen aus, wo einst im Mato Grosso der wertvolle Wald der trockenen Savanne Cerrado wuchs. «Einigen bringt das Reichtum», sahen Stöcklis. «Doch wir begegneten vor allem massiven Problemen für Viele». Und sie betonen: «Soziale Programme gegen Hunger oder um Kindern armer Familien das Schulgeld zu bezahlen, bekämpfen bloss Symptome. Kleinbauernfamilien und die indigene Bevölkerung brauchen Land, brauchen Arbeit, damit sie sich selbst ein Einkommen erarbeiten können.»

Soja landet auf unserem Teller

© zvg / Brot für alle

Der Film verdeutlicht an menschlichen Schicksalen den Zusammenhang zwischen hier und dort – zwischen Konsumierenden in der Schweiz und den Bauernfamilien in der Savanne von Mato Grosso. «Das Fleisch auf unserem Tisch, der industrielle, hochgiftige Sojaanbau und die Klimaveränderung hängen zusammen. Nur wenn wir unser Konsumverhalten ändern und die Nachfrage abnimmt, wird sich auch die Produktion von Soja ändern», sagen Stöcklis. uw

Nilfo Wandscheer (Mitte) betreibt mit seiner Frau Milchwirtschaft im Mato Grosso. Mutig

* Lotti und Josef Stöcklis neuster Film «Der Fluch der Soja» wird während der Ökumenischen Kampagne 2015 an vielen Orten gezeigt. Aufführungsorte: www.sehen-und-handeln.ch. DVD bestellen: www.brotfueralle.ch/shop

erhebt der Präsident der örtlichen Gewerkschaft die Stimme gegen Plantagenbesitzer und Gifteinsätze. Das hat Folgen: Bereits viermal wurde er bedroht, einmal mit der Pistole am Kopf. Neben ihm das Filmerpaar Lotti und Josef Stöckli.

Inmitten giftiger Sojaplantagen

Veranstaltungen

In einem Zeitungsartikel las Josef Stöckli zum ersten Mal, wie Soja-, Mais- und Baumwollplantagen die lokalen Kleinbauern in Lucas do Rio Verde im Mato Grosso in Brasilien um ihr Land bringen. Anfang 2014 begannen er und seine Frau zu recherchieren. Demnach verfügt der durchschnittliche Betrieb über 6000 Hektaren, einzelne aber bis

Zur Ökumenischen Kampagne 2015 gehören neben dem Film viele weitere Veranstaltungen: Theater, Gottesdienste, Podiumsgespräch wie z.B. in Appenzell zum Zusammenhang von Kühen, Käse und Klima etc. Alle Angaben auf www.sehen-und-handeln.ch/veranstaltungen


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POULET-AUFZUCHT

Fleisch, das nicht im Hals stecken bleibt © Brot für alle / Alexander Egger

Glückliche Hühner haben Auslauf und fressen Futter, das vor Ort wächst. Dank ihrem eigenen Mist. Auf dem Wendelinhof werden sie auch auf dem Hof geschlachtet. Das Beispiel zeigt, dass sich PouletFleisch für unsere Teller mit Würde mästen lässt. Stark, muskulös, schmackhaft – und wenn der Habicht kommt auch sehr schnell, so werden

Was wir essen, wirkt sich auf das Weltklima aus. «Weniger für uns. Genug für alle.» rät die Ökumenische Kampagne 2015 von Brot für alle und Fastenopfer mit Partner sein. Denn die Fakten zeigen, dass mehr Fleisch, mehr Futtermittel und – für Hochleistungskühe oder Turbohühner, die ganz schnell schlachtreif werden sollen – zusätzliches Kraftfutter und Zusatzstoffe die Umwelt belasten. Die Fleischproduktion beansprucht heute 70 Prozent der weltweiten Agrarflächen. Die Schweiz benötigt neben der eigenen Ackerfläche noch einmal gleich viel Land im Ausland, um ihren Bedarf zu decken.

Wer Fleisch isst, frisst viel Land

© Brot für alle / Alexander Egger

Von der gesamten Umweltbelastung der Schweizer Bevölkerung entfallen über 40 Prozent auf Fleisch und tierische Produkte. Die Tierwirtschaft benötigt viel Land. Dafür werden in grossem Umfang Regenwald und Savanne zerstört: Jedes Jahr verschwindet eine Fläche so gross wie drei Viertel der Schweiz. Dagegen hilft, weniger Fleisch und mehr Getreide zu essen. Ideen und Rezepte für ‹Klimamenüs›, welche dank regionaler und saisonaler Produkte unser Klima wenig belasten, gehören zur Ökumenischen Kampagne 2015.*

Mit Sorgfalt und Respekt halten Esther und Lukas Vock ihre Hühner.

die echten Freilandhühner auf dem Wendelinhof.

So viel Klimabelastung muss nicht sein, das zeigt ein Besuch auf dem Wendelinhof in Niederwil AG. Esther und Lukas Vock arbeiten nach den strengen Richtlinien von Bio und KAG-Freiland. «Die Tiere erhalten ausschliesslich Bio-Futter – im Schnitt ein Viertel davon stammt vom eigenen Betrieb», unterstreicht Lukas Vock. Dies ermögliche das System mit verschiebbaren kleinen Ställen für je 400 bis 500 Tiere. «Erst weiden und picken die Hühner auf der Weide, danach dient ihr Mist den Futterpflanzen. Dieser Kreislauf der Nährstoffe ist wichtig.» Eine Ernte Zuckermais, Weizen oder Kartoffeln unterbinde auch die Entwicklung von Krankheiten. Vocks verzichten strikte auf Antibiotika. «Robuste Rassen, die Standortwechsel und kleine Gruppen vermeiden Krankheit. Notfalls helfen homöopathische Medikamente», erläutern sie.

Zum Schlachten in der Nacht «Qualität bedeutet, dass bei der Aufzucht und der Schlachtung der Respekt gegenüber dem Tier gewahrt wird», umschreibt Esther Vock ihre Haltung. Und Lukas Vock ergänzt: «Viele meinen, es sei ‹nur› ein Huhn. Doch jedes Tier verdient Sorgfalt und Respekt bis am Schluss». Kaum erstaunlich, reagieren die Tiere zutraulich. Nähert sich das Leiterpaar, rennen sie in Scharen auf den Zaun zu. «Dabei müssen sie sich nicht quälen wie die 15 000 und mehr Hühner in den Masthallen, die es vor lauter Fleischansatz nur noch knapp vom Futtertrog zur Tränke schaffen.» Sorgfalt gehört auch zur letzten Nacht im Leben eines Mustica-Huhns, wie Vocks ihr Produkt nennen. Nach 70 Aufzuchttagen ist es so weit. «Noch in der Nacht, ehe sie richtig wach werden, werden sie zur hofeigenen Schlachterei gebracht und von Hand geschlachtet, stressfrei und ohne Lebendaufhängung.» So wird das Poulet im Chörbli nicht nur zum kulinarischen Genuss, sondern auch zum kleinen Beitrag für ein besseres Klima. uw * www.sehen-und-handeln.ch/klimamenü


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PERSPEKTIVEN

Neuer Geschäftsleiter für Brot für alle

Das neue Magazin von Brot für alle und Fastenopfer

Der Stiftungsrat von Brot für alle hat einstimmig Bernard DuPasquier zum neuen Geschäftsleiter gewählt. Der 43-jährige Theologe übernimmt diese Aufgabe per 1. September 2015 von Beat Dietschy, der Ende September 2015 pensioniert wird. Bernard DuPasquier arbeitet seit 2012 bei Brot für alle als Verantwortlicher für den Bereich Kooperationssysteme.

Gemeinsam mit dem ökumenischen Partner Fastenopfer gibt Brot für alle jetzt das Magazin «Perspektiven» heraus. Die erste Ausgabe ist in diesen Tagen erschienen und geht an alle privaten Spenderinnen und Spender.

©Brot für alle

PERSONALIA

Studium in Geschichte und Religionswissenschaften absolviert. Zuletzt arbeitete er als Bildungsbeauftragter im Bereich Jugend und Pfarreien bei der Bethlehem Mission Immensee im RomeroHaus Luzern. uw Kontakt: Stephan Tschirren, Brot für alle, 031 380 65 95, tschirren@bfa-ppp.ch

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Davor war er acht Jahre beim Hilfswerk HEKS tätig, unter anderem als Abteilungsleiter Asien-Europa, und fünf Jahre Zentralsekretär von Cevi Schweiz. Der gebürtige Romand und Vater von drei Töchtern wohnt in Bern. Stiftungsrat, Geschäftsleitung und Team freuen sich sehr auf die Zusammenarbeit mit dem neuen Geschäftsleiter. uw

Bildungsangebot von Brot für alle verstärkt Anfang Februar 2015 hat Stephan Tschirren seine Arbeit als Verantwortlicher Bildung und Katechese bei Brot für alle aufgenommen. Mit der neuen Stelle wird gesamtschweizerisch das theologische Bildungsangebot verstärkt. Tschirren wird auch Anlaufstelle von Brot für alle für die reformierten Kirchgemeinden der italienischsprachigen Schweiz. Stephan Tschirren (35) ist ausgebildeter Lehrer und hat ein

ERFOLG Pensionskasse Raiffeisen investiert nicht mehr in Nahrungsmittel Das Recht auf Nahrung geht vor. Das fordert Brot für alle, nachdem Untersuchungen gezeigt haben, dass Schweizer Pensionskassen und Finanzinstitute immer wieder spekulative Geschäfte mit Agrarrohstoffen tätigen. Spekulation führt zu heftigeren Preisschwankungen für Weizen, Reis, Mais und verteuert damit das tägliche Brot.

Der Mantelteil bringt jeweils Aktuelles aus den Projekten und der entwicklungspolitischen Arbeit der Werke, das Dossier geht auf einen Themenschwerpunkt ein. Das erste Dossier steht im Zeichen der Ökumenischen Kampagne 2015 zum Thema Klima, Landwirtschaft und Fleischkonsum. «Bis 2020 wollen wir die TreibhausgasEmissionen um 20 Prozent reduzieren. Mehr tun können wir im Verkehrsbereich», betont Bundesrätin Doris Leuthard im Exklusivinterview mit «Perspektiven». Vertreterinnen und Vertreter aus Kirchgemeinden können das Magazin ebenfalls kostenlos abonnieren (bitte vollständige Adresse an perspektiven@bfa-ppp.ch). Online finden Sie das Magazin unter www.brotfueralle.ch/magazin.

AGENDA MÄRZ

Klare Regeln für Konzerne Dienstag, 17. März, 20 – 21.30 Uhr,

Jetzt hat die Pensionskasse der Raiffeisen-Gruppe wie schon andere Pensionskassen entschieden, sich aus den Anlagen mit Agrarrohstoffen zurückzuziehen. Bisher hatte sie 5,8 Millionen Franken in Agrarrohstoffe angelegt. uw Auskunft: Yvan Maillard Ardenti, maillard@bfa-ppp.ch, 031 380 65 73 Hintergrund und Studie: www.brotfueralle.ch/spekulation

Kirchgemeindehaus Aeschi b. Spiez

Unternehmen müssen die Menschenrechte und die Rechte der Arbeiterinnen und Arbeiter einhalten, weltweit. Yvan Maillard Ardenti, Fachexperte Land Grabbing und Korruption bei Brot für alle begründet diese Forderung und stellt sich der Diskussion. hrvonah@bluewin.ch, 033 654 18 26


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SIERRA LEONE

Mit Soforthilfe Ebola eindämmen Yvan Maillard*/ Urs Walter

In Genf wird ein Ebola-Patient geheilt, Schweizer Rei©Brot für alle / Silnorf

sende streichen Ferien in Westafrika – so betrifft uns die tödliche Krankheit. In Sierra Leone führt Ebola zu Hunger für viele Menschen, befürchten Vertreter der Partnerorganisation Silnorf. Das Reisfeld in Farama, Region Kunike Barina, überwuchert, weil die Farmarbeiter wegen

©Brot für alle / Silnorf

Schon bald nach dem Ausbruch der tödlichen Krankheit engagierte sich Silnorf, die Partnerorganisation von Brot für alle in Sierra Leone, im Kampf gegen Ebola. Sie hat die Leute in den Dörfern rund um die Zuckerrohrplantagen der Genfer Firma Addax über die Gefahren des Virus aufgeklärt. «Als Soforthilfe gegen die rasche Verbreitung von Ebola wurden Desinfektionsmittel verteilt und der Bevölkerung Seife abgegeben», erläutert Mohammed Conteh, Leiter von Silnorf. «Dank unseres Einsatzes für die Rechte der Landbevölkerung rund um Bergbauprojekte oder die Agrotreibstoffherstellung durch Addax haben wir engen Kontakt zu den Menschen in den Dörfern.»

Als alleinerziehende Mutter leidet Doris Koroma aus Rogbasia besonders unter den Einschränkungen.

Die Unterstützung der Bevölkerung ist wichtig. Viele leiden unter den Einschränkungen für Reisen und im öffentlichen Verkehr, welche die Regierung verordnet hat. Schulen und regionale Märkte sind seit Monaten geschlossen, Bäuerinnen und Bauern wurde der Zugang zu weiter entfernten Feldern und die gemeinsame Landarbeit untersagt. Auf vielen Feldern wuchere das Unkraut oder verdorre Reis und Maniok, beobachtet Conteh. «Hunger bedroht viele Menschen», ist sein

Ebola nicht mehr arbeiten dürfen.

Fazit. Mangels neuer Ernte begännen auch viele, ihr Saatgut zu essen. Das lässt Silnorf für dieses Jahr noch gravierendere Folgen befürchten. Nahrungsmittelhilfe sei schon jetzt nötig. Bauernfamilien könnten gewisse Produkte nicht mehr zu annehmbaren Preisen verkaufen, umgekehrt sei das Grundnahrungsmittel Reis seit Ausbruch der Epidemie rund 30 Prozent teurer geworden. Die Einschränkungen beeinträchtigen die ländliche Wirtschaft. Viele Menschen suchen Arbeit in den Städten oder ziehen als Wanderarbeiter den Ernten nach, um den Lebensunterhalt für sich und ihre Familien zu verdienen. Dazu bringt der Verkauf von etwas Gemüse, Maniok oder einem Nutztier auf dem Markt vielen ihr einziges Bargeld. Die Weltbank schätzt für die drei am stärksten von Ebola betroffenen Länder Guinea, Liberia und Sierra Leone eine wirtschaftliche Einbusse von insgesamt 1,6 Milliarden Dollar oder etwa 12 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung. Silnorf appelliert aufgrund der schwierigen Lage an die internationale Solidarität. Primär sei Nothilfe verlangt. Danach müsse jedoch die Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln wieder verbessert und der Kampf gegen Landraub gestärkt werden. Nur wenn die Bauern über genügend fruchtbares Land verfügen, können sie sich und ihre Familien ernähren, wissen die Vertreter von Silnorf. Der Staat muss aber auch die Steuerpolitik so reformieren, dass er die Mittel für die dringend nötige Verbesserung des Gesundheitssystems einnimmt. Noch immer bedeutet in Sierra Leone, einem der ärmsten Länder Westafrikas, ein zusätzliches Stück Seife oft bereits eine Verbesserung der hygienischen Verhältnisse. * Yvan Maillard Ardenti ist Fachexperte für Landgrabbing und Finanzmärkte bei Brot für alle. Information: www.brotfueralle.ch/ Spenden: PC-Konto 40-984-9, Recht auf Nahrung, Sierra Leone 835.8076


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HAITI

Einmaleins für 4000 Kinder Monika Zwimpfer, HEKS

Deshalb hat die EMH, eine Partnerorganisation von HEKS, seit den 1970er-Jahren in den abgelegenen Gebieten Haitis 29 Schulhäuser gebaut, in denen mehr als 4000 Kinder unterrichtet werden. Im Lauf der Jahre hat das feuchtwarme und bisweilen stürmische Klima den Gebäuden aber arg zugesetzt. Die meisten Schulen haben zudem keine sanitären Einrichtungen und einige platzen aus allen Nähten. In den letzten acht Jahren wurden darum 16 Schulen saniert oder neu gebaut. Fünf weitere sind zurzeit im Bau.

Seit rund 30 Jahren bauen HEKS und die Evangelisch-methodistische Kirche in Haiti (EMH) Schulen und ermöglichen Kindern eine Ausbildung. Viele der Gebäude sind mittlerweile baufällig und nur wenige

© HEKS / Andreas Schwaiger

haben sanitäre Anlagen. Nun werden sie erneuert.

Ein Dach mit Löchern in Natigue Eine der Schulen befindet sich in Natigue. Das Dorf liegt 15 Kilometer oder zwei Autostunden vom Hauptort Jérémie entfernt. Der Rohbau der zwei neuen Gebäude, die zu Beginn des nächsten Schuljahres fertig sein sollen, steht bereits. Da-

Die Schulkinder in Cèdre, im Departement Grand‘Anse in Haiti, sind stolz auf das neue Schulhaus mitten im Dorf.

Dass in Haiti der Schulbesuch gratis ist, nützt den Kindern aus den verstreuten Siedlungen in den Hügeln des Departementes Grand’Anse wenig. Sie leben weit entfernt von den Strassen, die mit Schulbussen befahren werden können. Einige Siedlungen sind nur über schmale Pfade erreichbar, und die Menschen sind mehrheitlich zu Fuss unterwegs.

neben entstehen WC-Anlagen und ein Wassertank. Die neuen Schulbänke werden von Lernenden im Dorf gezimmert. Noch findet der Unterricht im alten Schulhaus statt, das aus einem Raum besteht. An jeder Wand hängen Wandtafeln, davor sind ein paar Schulbänke gruppiert. «Unter diesen Umständen 220 Kinder zu unterrichten, ist eine


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anspruchsvolle Aufgabe», sagt eine Lehrerin. Zudem ist das Dach mit Löchern durchsetzt. «Wenn es regnet, müssen wir halt noch mehr zusammenrücken», erzählt eine Schülerin.

Stattliches Schulhaus in Cèdre In Cèdre, einer Streusiedlung im bergigen Hinterland von Jérémie, haben HEKS und die EMH bereits 2008 ein neues Schulhaus mit sanitären Anlagen gebaut. Die Schule steht am Das feuchtwarme Klima setzt den Schulhäusern arg zu: Nach über 30 Jahren muss das Schulhaus in Natigue renoviert werden. Dorfplatz gleich neben der Kirche. Feihinter sich: «In der ersten Jahreshälfte hat es fast nicht gene Betonwaben lassen das Licht in die Klassenzimmer. Trepregnet», sagt Luc Jean. «Die Bohnen verdorrten, und Arbeit penstufen verhindern, dass der Boden nass wird. Zurzeit gibt gab es auch fast keine, da auch die Bauern in der Umgebung es sechs Klassen und einen Kindergarten. Je zwei SchulklasVerluste hinnehmen mussten und kaum Geld hatten.» sen steht ein Schulzimmer zur Verfügung. Auch in Cèdre bezahlen die Eltern den Schulbesuch ihrer Kinder durch den Verkauf ihrer Produkte aus dem 800 Quadratmeter grossen Gemeinschaftsgarten. Sie pflanzen Kohl, Karotten, Bohnen, Peperoni und Tomaten an. Eine von ihnen ist die 45-jährige Clénidanié. Die Mutter von sieben Kindern zwischen 6 und 13 Jahren arbeitet zwei Tage pro Woche im Gemeinschaftsgarten. «Dass ich mit dieser Arbeit meinen Kindern den Schulbesuch ermöglichen kann, macht mich glücklich», sagt sie.

Kein Regen, keine Arbeit Während Clénidanié mit ihrer Arbeit im Gemeinschaftsgarten ein Einkommen erwirtschaftet, baut sie zuhause auf ihrem 3000 Quadratmeter grossen Grundstück Bananen, Erbsen, Kartoffeln und Mais zur Selbstversorgung an. «Wir haben auch schon Kaffee angebaut, doch dann kamen Kaffeebohrer-Käfer, deren Larven die Kaffeekirschen auffrassen», erklärt sie. Ihr Mann Luc Jean arbeitet als Schreiner und Zimmermann. «Ich habe unser Haus selbst gebaut», erzählt er stolz. Es hat einen offenen und zwei geschlossene Räume. Die Grundmauern bilden gepflasterte Steine, die Wände bestehen aus geflochtenen Ästen, darüber liegt das Dach aus Wellblech. Neben dem Haus befindet sich das Kochhäuschen, bedeckt mit Bananenblättern. Die Familie hat ein hartes Jahr

Die Eltern verwalten die Schule Umso wichtiger sind darum – nebst dem Aufbau von Gemeinschaftsgärten – weitere Massnahmen zur Einkommensförderung. In zehn Schuldörfern haben die Eltern Komitees gebildet, die für die Führung, Verwaltung und den Unterhalt der Schulen verantwortlich sind. Die EMH und das HEKS-Koordinationsbüro in Jérémie unterstützen die Komitees mit viel Herzblut und ihrem Know-how. Bis die Eltern in Natigue und Cèdre vom Erlös der Gartenprodukte und der Schweinemast die Lehrpersonen bezahlen können, braucht es noch etwas Zeit. Doch die Geduld lohnt sich. Die Dorfbevölkerung ist stolz auf das, was sie bereits erreicht hat. Selbstbewusst wirken auch die Kinder in ihren Schuluniformen. Sie scheinen zu wissen, welchen Wert die Schulbildung für ihre Zukunft hat. * Monika Zwimpfer ist Mitarbeiterin in der Abteilung Marketing und Fundraising bei HEKS und hat im November 2014 die HEKS-Projekte in Haiti besucht.

© HEKS / Andreas Schwaiger

Damit die Eltern die Löhne der Lehrpersonen zahlen können, haben sie einen Gemeinschaftsgarten angelegt und drei Schweineställe eingerichtet. Mit den 26 jungen Schweinen wollen sie ein Einkommen erwirtschaften. Ein von HEKS engagierter Agronom berät und begleitet sie bei der Aufzucht der Tiere.


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Infoabende zu Sozialversicherungen

ALTER UND MIGRATION

Gesund und integriert im Rentenalter Sokaina Freij, HEKS*

Viele ältere Menschen mit Migrationshintergrund leben isoliert in ihrem privaten Umfeld und leiden unter finanziellen und gesundheitlichen Problemen. HEKS berät diese Menschen bei altersrelevanten Fragen und fördert ihre soziale Integration.

HEKS hat sich dieser Problematik bereits seit einigen Jahren in verschiedenen Regionen der Schweiz angenommen. Das Programm HEKS AltuM – Alter und Migration richtet sich an Migrantinnen und Migranten ab 55 Jahren. Vor gut einem Jahr ist ein entsprechendes Projekt auch im Kanton Aargau gestartet. In Zusammenarbeit mit Pro Senectute führt HEKS in zwei türkischen Kulturvereinen in Buchs und Döttingen Informationsveranstaltungen zu altersrelevanten Themen durch und vermittelt Wissen über Gesundheitsthemen, das Schweizer Sozialsystem oder die Altersvorsorge. Der 63-jährige Hamid** und seine Frau Beren** beispielsweise hatten Gelegenheit, sich über die Invalidenversicherung zu informieren. Obwohl sie seit 35 Jahren in der Schweiz leben, kannte Beren, die an einer Herzkrankheit leidet, die Leistungen der Versicherung nicht. Da Beren nur schlecht Deutsch spricht, war sie froh, dass interkulturelle Dolmetschende das Gesagte auf Türkisch übersetzten. «Wir haben viel Neues erfahren», erzählen sie. An diesem Abend hörten sie auch zum ersten Mal von Pro Infirmis, wo sie nun weitere Beratung erhalten.

Gymnastikkurse in Kulturvereinen

© HEKS/Walter Imhof

Das Projekt bietet auch Gymnastikkurse für Frauen an. Eine der Teilnehmerinnen ist die 57-jährige Fatma**, die nie in ihrem Leben Sport getrieben hat. «Ich wiege über 90 Kilogramm und hatte alles probiert, um mein Gewicht zu reduzieren, es aber nicht geschafft. Und da ich nicht gut Deutsch spreche, hätte ich mich in eiViele eingewanderte Arbeitskräfte sind geblieben und älter geworden. «Alter und Migration» vermittelt das nötige Wissen über Gesundheit und Altersvorsorge. nem Fitnessklub nicht wohl gefühlt», erzählt sie. Dass der Kurs im Kulturverein stattfindet, den sie ohnehin besucht, hat ihr den ersViele ältere Migrantinnen und Migranten sind vor vielen ten Schritt erleichtert. «Die anderen Frauen kommen auch Jahren als Saisonniers in die Schweiz gekommen. Nie hätten sie aus der Türkei. Wir lachen viel und so machen die Übungen gedacht, dass sie hier ihren Lebensabend verbringen würden. Spass», erzählt Fatma. Darum kümmerten sie sich zwar um Kinder und Beruf, nicht aber um ihre Integration. So bewegen sie sich fast nur inner2015 weitet HEKS AltuM Aargau sein Angebot auf Behalb ihres eigenen soziokulturellen Umfeldes und haben nie völkerungsgruppen aus Ex-Jugoslawien aus. Zudem plant richtig Deutsch gelernt. Auch ihr Wissen über das schweizeridas Projekt monatliche Cafétreffs, wo Menschen aus versche Sozialsystem oder die Alters- und Vorsorgeversicherunschiedenen Kulturkreisen Kontakte knüpfen. gen ist unzureichend. Wegen der körperlich anstrengenden Arbeit leiden zudem viele von ihnen unter gesundheitlichen Beschwerden. Und häufig haben sie nur ein niedriges Einkom*Sokaina Freij ist Programmleiterin von HEKS AltuM Aargau. HEKS AltuM gibt men. Im landesweiten Vergleich leiden sie darum vermehrt es auch in der Region Zürich/Schaffhausen sowie in der Ost- und Westschweiz. **Namen von der Redaktion geändert unter finanziellen Problemen, Isolation und Depressionen.


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Andreas Kressler wird neuer Direktor von HEKS

Winterhilfe für Kriegsflüchtlinge im Nahen Osten

HEKS erhält einen neuen Direktor: Andreas Kressler tritt im August 2015 die Nachfolge von Ueli Locher an, der HEKS nach acht Jahren als Direktor verlässt und sich als Berater in der Organisations- und Strategieentwicklung beruflich neu orientiert.

Anfang Januar 2015 ist der schlimmste Wintersturm seit zwei Jahrzehnten über die Konfliktgebiete des Nahen Ostens hinweggefegt. Er brachte heftige Schnee- und Regenfälle sowie Temperaturen unter dem Gefrierpunkt. Die bereits zuvor arg gebeutelten Flüchtlinge im Libanon und Nordirak sowie die Bevölkerung im Gaza befinden sich in einer lebensbedrohlichen Lage.

Andreas Kressler ist Jurist und bringt breite Erfahrungen im Tätigkeitsgebiet von HEKS mit. Für die Herrnhuter Mission, deren Vorstand er über mehrere Jahre angehörte, war er in Entwicklungsprojekten in Tansania im Einsatz. Er ist Mitglied des Stiftungsrates der «Wegwarte», einer basel-städtischen Einrichtung für stationäre und ambulante Wohnbegleitung, und gehört der Expertenkommission für Entwicklungszusammenarbeit des Kantons Basel-Stadt an.

Um das Überleben der Flüchtlinge zu sichern, hat HEKS im Libanon Heizöfen und Decken an 1100 Familien verteilt. Zudem erhielten 1200 Flüchtlingsfamilien und 400 Gastfamilien Gutscheine, um sich Brennmaterial für ihre Öfen zu kaufen. Auch im Nordirak hat HEKS Wolldecken und mobile Heizöfen an die verfolgten Minderheiten verteilt. Ebenso prekär ist die Situation im Gaza, wo es zu Überschwemmungen kam. 600 Familien erhielten Decken und Plastikplanen, um ihre beschädigten Häuser abzudichten. os Spenden: Für Libanon: PC-Konto 80-1115-1, Vermerk «Syrien» Für Nordirak:PC-Konto 80-1115-1, Vermerk «Nordirak» Für Gaza: PC-Konto 80-1115-1, Vermerk «Nothilfe für Gaza»

10 Jahre nach dem verheerenden Tsunami: HEKS zieht Bilanz

© HEKS

Am 26. Dezember 2004 forderte der durch ein Seebeben ausgelöste Tsunami rund 250 000 Menschenleben und richtete an den Küsten des Indischen Ozeans unbeschreibliche Verwüstungen an. In den darauffolgenden zehn Jahren hat HEKS nebst der Nothilfe auch zahlreiche Wiederaufbauprojekte in den vom Tsunami am schwersten getroffenen Ländern Indonesien, Indien und Sri Lanka mit rund 25 Millionen Franken unterstützt.

Andreas Kressler, ab August 2015 neuer Direktor von HEKS

Andreas Kressler verfügt über eine langjährige Führungserfahrung in einem komplexen Arbeitsumfeld. Aktuell ist er Geschäftsleiter von Immobilien Basel-Stadt, dem Kompetenzzentrum für das kantonale Immobilien-Management. Zuvor war er von 2000 bis 2005 als Generalsekretär des kantonalen Finanzdepartements Basel-Stadt tätig. os

Eine von der Glückskette in Auftrag gegebene Evaluation zur Wirkung der Tsunami-Hilfe kam zum Ergebnis, dass sich die Menschen von der Katastrophe erholt und zukunftsorientierte Lebensperspektiven entwickelt haben. Insbesondere der auch von HEKS massgeblich mitfinanzierte Wiederaufbau der Häuser war mitentscheidend, dass die Betroffenen nach der Katastrophe ihre Ressourcen für die Sicherstellung ihres Lebensunterhaltes einsetzen konnten. os


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Die Arbeit muss weitergehen

Perspektiven für den Südsudan Katrin Pilling

Keine vier Jahre nach der Unabhängigkeit prägen den jüngsten Staat der Welt Chaos, Militärgewalt und Flüchtlingsströme. Die südsudanesische Partnerkirche von Mission 21 bietet den Menschen auch unter enormen Herausforderungen Hilfe und Perspektiven. Im Flüchtlingslager Kakuma, Nordkenia: 20 junge Frauen stehen vor ihren Zelten. Sie sind aus dem kriegsversehrten Südsudan geflohen, wie die meisten der 179 000 Menschen, denen das Lager derzeit Schutz bietet. Etwas unterscheidet sie von vielen Menschen in Kakuma: Sie haben eine Perspektive. In der rund 100 Kilometer entfernten Stadt Lokichoggio werden sie von der «Presbyterian Rural Development Agency» (PRDA) zu Hebammen ausgebildet. Die PRDA ist die unabhängige Nothilfe- und Entwicklungsagentur der Presbyterianischen Kirche des Südsudans (PCOSS), Partnerkirche von Mission 21.

Dieses Beispiel zeigt, wie die südsudanesischen Partner von Mission 21 trotz der katastrophalen Lage weiterarbeiten: «Die Kirche ist da, wo die Menschen sind», so Jochen Kirsch, Leiter der Abteilung Internationale Beziehungen von Mission 21. Bei inzwischen 1,9 Millionen Flüchtlingen und einer weiterhin angespannten Sicherheitslage heisst das: Die Kirche ist mit mobilen Bildungsangeboten und Trauma-Begleitung in Flüchtlingslagern. Und sie baut auch in der als sicher geltenden Hauptstadt Juba wieder eine Präsenz auf.

Rückenwind aus Basel Die PCOSS erhält Unterstützung. Mission 21 hatte die Geographin und Afrikanistin Chantal Wullimann im Herbst 2013 als erste ökumenische Mitarbeiterin in den unabhängigen Südsudan entsendet. Sie musste jedoch kurz darauf nach Kenia evakuiert werden. Seit einigen Monaten sind wieder Kurzaufenthalte in Juba möglich, die sie nutzt, um Workshops zu Projektmanagement und Personalentwicklung durchzuführen.

© Mission 21 / Jochen Kirsch

SÜDSUDAN

Anstatt die Hebammenschule in Leer aufzugeben, verlegte die PRDA sie nach Lokichoggio in Kenia. Die geflohenen Studentinnen wurden bis auf eine gefunden und nach Kenia evakuiert. Hier setzen sie seit April 2014 ihre Ausbildung fort.

«Dieses Wissen ist für unsere Partnerkirche sehr wichtig, da die Krisensituation noch höhere Anforderungen an das Personal stellt», erklärt sie. Wullimann hilft der PCOSS bei der Vernetzung sowie bei der Projektplanung und -umsetzung. Mit ihrer Unterstützung klärt die Kirche ab, wo neue, für alle offene PCOSS-Schulen errichtet werden müssen.

Nicht alle Regionen betroffen

Trotz der verzweifelten Lage gibt es Hoffnung: So blieb zum Beispiel Pochalla im Südwesten des Landes verNach einem Zwischenhalt im Flüchtlingslager Kakuma können die Hebammenschülerinnen ihre Ausbildung in Lokichoggio (Nordkenia) fortsetzen. schont. Hier baut die PRDA seit 2013 ein integriertes Programm zur ländlichen Eine dieser Studentinnen ist Rose Peter Diu. Vor gut eiEntwicklung auf. Es kombiniert Kurse für Bäuerinnen und nem Jahr besuchte sie noch die PRDA-Hebammenschule in Bauern mit dem Bereich Schulbildung und dem Aufbau einer der südsudanesischen Stadt Leer. Sie ist stolz, zu den wenigen Basisgesundheitsversorgung. «Da die Konflikte im Nordosten Frauen im Südsudan zu gehören, denen überhaupt eine Schulfür zusätzliche Engpässe in der Nahrungsmittelversorgung und Berufsausbildung möglich war: «Wir sind so oft geflüchtet, sorgen, ist die Unterstützung der ländlichen Entwicklung jetzt deshalb wurden auch keine Lehrer ausgebildet. Uns allen fehlt wichtiger denn je», betont Jochen Kirsch. Bildung.» Die Zahlen geben ihr Recht: Das Land hat eine Analphabetenrate von 73 Prozent. Mittlerweile liegen die Gebäude der Hebammenschule in Leer in Schutt und Asche. Über Spenden für den Südsudan: PC 40-726233-2, 10 000 Todesopfer hat die Auseinandersetzung zwischen ArIBAN Nr. CH58 0900 0000 4072 6233 2 (Vermerk: «179.1001») meeteilen der Regierung und der Opposition bereits gefordert.


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PROJEKT

Lernen fürs Leben Dorothee Adrian

Armut und Bildung hängen eng miteinander zu-

kaufen», erzählt Juana Mamani Mullisaca. Bei Alfalit habe sie gelernt, dass dieses Getreide einen sehr hohen Nährwert hat. Nun kommt es bei ihrer Familie immer öfter auf den Tisch. «Vieles hat sich bei uns geändert, seitdem meine Frau zu Alfalit geht», sagt ihr Ehemann. Auch die Rollenverteilung werde diskutiert, er übernehme nun einen Teil der Hausarbeit. Und könne sich jetzt besser mit seiner Frau austauschen.

sammen. Das Alphabetisierungsprogramm Alfalit in Peru zeigt: Lernen Frauen Lesen und Schreiben, werden sie selbstsicherer und nehmen ihr Leben selber in die Hand. Es ist eine wunderschöne, aber karge und arme Gegend: die Hochebene der südperuanischen Anden. Viele Frauen hier können weder lesen noch schreiben. In den Weilern Arapa und Chupa, die zum Department Puno gehören, leben sie in selbst gebauten Lehmhäusern. Sie haben ein kleines Stück Land und ein paar Tiere.

© Mission 21/Dorothee Adrian

«Wie gerne hätte ich einen anderen Beruf erlernt!», sagt die indigene Kleinbäuerin Francisca Itusaca de Mullisaca. «Aber dazu gab es keine Möglichkeit.» Ihre sechs Kinder gehen zur Schule. Sie selbst hatte diese Möglichkeit nicht. So ging es in dieser Region fast allen Frauen ihrer Generation. Sie wurden als Arbeitskräfte zuhause und auf dem Feld gebraucht.

Eine Frage des Selbstbewusstseins Weil sie weder lesen noch schreiben und sich auf Spanisch nur schlecht ausdrücken können, fühlen sich viele Frauen minderwertig. Der Evangelische Entwicklungsdienst Alfalit, Partnerorganisation von Mission 21, hat für diese Frauen ein Bildungsprogramm entwickelt: Sie lernen in ihrer Muttersprache Quechua und in Spanisch Lesen und Schreiben, aber auch Fertigkeiten für Haus und Hof. Und sie lernen die Gesetze und ihre Bürgerrechte kennen. «Wir wissen jetzt, dass wir genauso viel wert sind wie die Männer!», sagt Nila Condori stolz. «Durch Alfalit sind wir selbstsicherer geworden.» Die Frauen, die regelmässig zu den Kursen von Alfalit gehen, wirken tatsächlich stolz, froh, in sich ruhend. An Wegrändern und auf Plätzen finden sich auch ganz andere Frauen. Sie kauern am Boden und senken den Blick, wenn man sie als Ausländerin anschaut. «Dank Alfalit haben wir unsere Angst verloren», so María Marlen. Für die 37-jährige Mutter ist es wichtig, den Lernstoff ihrer fünf Kinder mitverfolgen oder ihnen etwas vorlesen zu können.

Quinoa: Kleines Korn, viele Vitamine Auf dem Lehrplan stehen auch Themen wie Umweltschutz, Hygiene, Viehzucht und Ernährung. «Früher verkaufte ich Quinoa, um dann Nudeln für meine Familie zu

«Zu Alfalit zu gehen, ist in jedem Sinne gut für uns», sagt María Marlen.

Die indigene Kultur wertschätzen 16 Lerngruppen gibt es in dieser Region. «Besser leben» ist ein Wunsch vieler Menschen. «Ein Schlüssel dazu ist Bildung», ist Dora Peña überzeugt, die die Lehrmaterialien entwickelt. «Viele Frauen machen enorme Fortschritte und können sich immer besser ausdrücken.» Sie und ihr Kollege Bernabé Quispe sprechen voller Wertschätzung von den Teilnehmerinnen und ihrer indigenen Kultur. «Wenn ich mit den Menschen auf Quechua spreche», erklärt Quispe, Lehrer und Sohn einer Kleinbauernfamilie, «erfahre ich viel darüber, was sie zutiefst bewegt.» «Frauenförderung durch Bildung» ist eines von fünf Hoffnungsprojekten der Kampagne «200 Jahre unverschämt viel Hoffnung» zum Jubiläum der Basler Mission 2015. Informationen: www.mission-21.org/hoffnungsprojekte Kurzfilm zum Beispielprojekt Alfalit: www.mission-21.org/alfalit Projekt: «Kooperationsprogramm Peru & Bolivien», Spenden an PC 40-726233-2, IBAN Nr. CH58 0900 0000 4072 6233 2 (Vermerk: «476.1001») Informationen: seraina.vetterli@mission-21.org, 061 260 23 03


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AKTUELL Mission 21 besucht Partnerkirche in Nigeria

© Mission 21

Im Dezember 2014 waren Claudia Bandixen, Direktorin von Mission 21, und Jochen Kirsch, Leiter Internationale Beziehungen, zu Besuch bei der Kirche der Geschwister in Nigeria (EYN). Dabei hat sich gezeigt: Die Soforthilfe von Mission 21 für Flüchtlinge, Witwen und Waisen kommt an und wird weiterhin dringend benötigt.

te, dem heutigen Ghana, verbunden. Ghana war zugleich das erste Land, in welchem die Basler Mission eine Missionsstation aufbaute und dauerhaft blieb. Mission 21 hat dies zum Anlass genommen, eine Jubiläumsschokolade in Schweizer Produktion herstellen zu lassen. Sie hat 50 Prozent Kakaoanteil, wovon 41 Prozent aus Ghana stammen, und trägt das Max Havelaar-Gütesiegel. Werden Sie mit Ihrer Kirchgemeinde aktiv und verkaufen Sie die fair hergestellte Schokolade auf dem Dorfplatz, am Gemeindefest oder an sonstigen Anlässen. Die Beziehungen zur Presbyterianischen Kirche von Ghana, die aus der Basler Mission hervorging, bestehen nach wie vor, jedoch ohne eine Projektzusammenarbeit im Bereich Landwirtschaft. Deshalb kommt der Verkaufserlös dieser Schokolade dem Landwirtschaftsprogramm von Mission 21 in Bolivien und Peru zugute.

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Christine Christ-von Wedel ist Ende 2014 als Vorstandspräsidentin von Mission 21 zurückgetreten, bleibt dem Werk aber als Ehrenpräsidentin des Vorstandes verbunden.

Zuletzt gingen 40 000 Dollar an die aus der EYN hervorgegangene NGO «Lifeline Compassionate Global Initiatives» (LCGI). Mit dem Geld wird ein interreligiöses Ansiedlungsprojekt von Flüchtlingen in der Region Jos finanziert. Mission 21 plant, bis Ende 2016 1,2 Millionen Franken für die Notversorgung der Flüchtlinge und die Unterstützung von Witwen und Waisen zur Verfügung zu stellen. Weitere Informationen unter www.mission-21.org/soforthilfe-nigeria Spenden: PC 40-726233-2, IBAN Nr. CH58 0900 0000 4072 6233 2 Vermerk: «999.1108» (Soforthilfe für Flüchtlinge) oder «999.1105» (Unterstützung von Witwen und Waisen)

Zum Geburtstag der Basler Mission nur das Beste für Ihre Kirchgemeinde Die Geschichte der Basler Mission ist eng mit der Geschichte der Kakaoproduktion in der früheren Goldküs-

Zeitraum der Aktion: September bis Dezember 2015 Bestellen/Anmelden: April bis Juni 2015 (Voranmeldung bereits jetzt möglich) Weitere Informationen und Bestellung unter www.mission-21.org/schokolade

Mission 21 erhält ZEWO-Siegel Mission 21 ist seit Dezember 2014 berechtigt, das Gütesiegel der Stiftung Zewo (Schweizerische Zertifizierungsstelle für gemeinnützige, Spenden sammelnde Organisationen) zu führen. Zewo prüfte, ob das Missionswerk seine Mittel zielgerichtet und kostenbewusst verwendet, über unabhängige Kontrollmechanismen verfügt und den Spenderwillen vollumfänglich respektiert. Auch die Transparenz der Informationen, die Fairness der Mittelbeschaffung und die Aussagekraft der Rechnungslegung wurden begutachtet.

Johannes Blum-Hasler, stellvertretender Vorstandspräsident von Mission 21, übernimmt die Funktion des Präsidenten bis zur Neubesetzung des Präsidiums an der Missionssynode im Juni 2015.

© Mission 21

interreligiösen Ansiedlungsprojekt bei Jos

© Mission 21

Jochen Kirsch, Markus Gamache, Binta Bakari, Samuel Dali und Claudia Bandixen (v.l.n.r.) bei der Grundsteinlegung zum

Jochen Kirsch ist neuer Leiter für Internationale Beziehungen bei Mission 21. Der Pfarrer und Entwicklungsexperte arbeitet seit zehn Jahren beim Evangelischen Missionswerk Basel.


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AGENDA Veranstaltungsorte:

Wenn nicht anders angegeben, finden die Veranstaltungen bei Mission 21 an der Missionsstrasse 21 in Basel statt. MÄRZ

Info- und Begegnungstag Donnerstag, 19. März, ab 10 Uhr

Dankesanlass für freiwillige Mitarbeitende von Mission 21 in den Kirchgemeinden sowie am Herbstbazar 2014. Themenschwerpunkt: «Missionskinder erzählen».

MAI

«Mission possible?» Ausstellung zur Basler Mission 22. Mai bis 4. Oktober

Montag, 23. März, 9.30–17 Uhr

Mit: Jörg Stolz, Religionssoziologe Universität Lausanne; Dilek UcakEkinci, Islamwissenschaftlerin und Ausländerbeirat Stadt Zürich; Markus A. Weingardt, Friedensforscher in Tübingen; Genia Findeisen, Politikwissenschaftlerin Asienhaus Köln. www.mission-21.org/fachtagung

Musical zum Jubiläum: «Das Grab des weissen Mannes»

Internationale Begegnung für junge Erwachsene (bitte anmelden) www.mission-21.org/young

Museum der Kulturen Basel, Münsterplatz 20, Basel

Buchvernissage

1981 übergab die Basler Mission dem Museum der Kulturen Basel ihre ethnografische Sammlung als Dauerdepositum, rund 12 000 Objekte aus nahezu allen Weltgegenden. Zum Jubiläum der Basler Mission realisiert das Museum dazu eine umfassende Ausstellung.

Freitag, 12. Juni, ab 18 Uhr Zunftsaal Schmiedenhof, Rümelinsplatz 4, Basel

Vorstellung der Publikation «Basler Mission. Menschen, Geschichte, Perspektiven 1815–2015» mit Apéro «Freundschaftstag»

www.mkb.ch

Samstag, 13. Juni, ab 12.30 Uhr

JUNI

judith.gysi@mission-21.org, 061 260 23 37

Fachtagung «Religionen als Ressource für den gesellschaftlichen Frieden»

SPECIAL «come–meet –share» Freitag, 12. Juni, ab 17 Uhr

Mit Mittagessen für Gäste aus dem Inund Ausland, Angebote, Abendessen Grosses Jubiläumsfest «Gemeinsam mit der Welt» Sonntag, 14. Juni, Münsterplatz Basel

Festwoche in Basel «200 Jahre unverschämt viel Hoffnung» 8. bis 14. Juni in Basel

Während der Festwoche tagt auch die internationale Missionssynode, das oberste Entscheidungsgremium von Mission 21, mit Delegierten aus den Partnerkirchen. Die Verhandlungen sind öffentlich:

10 Uhr Festgottesdienst im Münster 11.30–17 Uhr Internationales Jubiläumsfest auf dem Münsterplatz mit Live-Musik, Marktständen, Kulinarischem aus aller Welt und einem familienfreundlichen Programm www.mission-21.org/festwoche

SEPTEMBER

«Horizonte weiten»: Impulstagung für Kirchgemeinden

Mittwoch, 10. Juni, 14–17 Uhr

Samstag, 5. September, 10–16.30 Uhr

Donnerstag, 11. Juni, 9–17 Uhr

Mit Esther Schläpfer, Pfarrerin am Berner Münster. Workshops geben Anregungen aus der weltweiten Kirche für die Praxis in der Kirchgemeinde.

Freitag, 12. Juni, 9–12 Uhr

Premiere: Sonntag, 29. März, 18 Uhr Vorstellungen bis Sonntag, 12. April

Internationale Frauenkonferenz

Oekolampad, Schönenbuchstrasse 9, Basel

Montag, 8. Juni christa.nadler@mission-21.org, 061 260 22 67

Infos, Tickets und Trailer: www.basel-musical.ch

14 Uhr Konferenz des Internationalen Frauen-Netzwerkes 18 Uhr Gemeinsames Essen und Fest Kontinent-Abende

26. September

Internationale Fachleute diskutieren über: Polyzentrische Zugänge zur Missionsgeschichte, Transformation der Mission sowie Missionsgeschichte als Potenzial für die Zukunft der Kirche.

APRIL

young@mission21 Weekend

Donnerstag, 24. bis Samstag,

Samstag, 18. bis Sonntag, 19. April

Dienstag, 9. bis Donnerstag, 11. Juni

Pfadiheim Birchli, Einsiedeln

Jeweils von 17.30–21.30 Uhr

Für junge Erwachsene zwischen 18 und 30 Jahren. Zwei Tage Gespräche über Gott und die Welt, gemeinsames Kochen und Spass im Pfadiheim Einsiedeln.

Programm und Abendessen für Interessierte

barbara.moser@mission-21.org, 061 260 22 39

Internationales Symposium

Afrika-Abend: Dienstag, 9. Juni Asien-Abend: Mittwoch, 10. Juni Lateinamerika-Abend: Donnerstag, 11. Juni

www.mission-21.org/symposium

Weitere Informationen unter www.mission-21.org/agenda


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contigo

Nr.1 | 2015

Weitere Veranstaltungshinweise auf den Seiten der Werke 10 bis 21

MÄRZ Gut leben: Mit Suffizienz gegen Verschwendung Freitag, 27. März, 9-18 Uhr, Theater Basel

Der eco.naturkongress 2015 widmet sich der Suffizienz. Frage: Wie viel ist genug? Rob Hopkins, Béa Johnson, Ralf Fücks, Serge Latouche, Bruno Oberle u.a. geben unterschiedlichste Antworten. Daraus soll eine wirkliche nachhaltige Schweizer Umweltpolitik formuliert werden. www.eco.ch/kongress

Filme für eine nachhaltige Welt

AGENDA

Afrika. Anwesend sind Jean Bofane, (DR Kongo/Belgien), Fiston Mwanza Mujila (DR Kongo/Österreich), Abdourahman Waberi (Djibouti/USA) und andere.

JUNI 200 Jahre unverschämt viel Hoffnung 8. bis 14. Juni in Basel

www.salondulivre.ch

Festwoche zur 200-Jahr-Feier von Mission 21 (Details Seite 21).

Kritisches zu Syngenta

www.mission-21.org/festwoche

Freitag, 24. – Samstag, 25. April

SEPTEMBER

Syngenta gerät immer wieder in die Kritik. Gifte werden in Ländern des Südens verkauft, die bei uns schon lange verboten sind. An der Konferenz von MultiWatch werden Fachleute, darunter Tina Goethe von Brot für alle, das Verhalten des Basler Agrochemie- und Saatgutkonzerns beleuchten. www.multiwatch.ch

Hunger, Wut und Wandel Freitag, 11. September, 9.30-17 Uhr, Bern, Haus der Religionen

Tagung von Brot für alle zu «Hunger, Wut und Wandel» - Empörung als treibende Kraft für gesellschaftliche Veränderung. www.brotfueralle.ch/veranstaltungen

4. bis 26. März, je 17–21.15 Uhr, St. Gallen, Kreuzlingen, Brugg, Basel, Brig, Luzern, Zug, Zürich und Bern

…UND AUSSERDEM: Die Filmtage21 (vormals Filmtage Nord/Süd) stellen neue Filme vor, die sich für den Einsatz in der Bildungsarbeit eignen. Die zwölf empfohlenen Filme behandeln aktuelle Themen aus Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft: Plastikmüll in den Weltmeeren, Chancen und Herausforderungen der multikulturellen Gesellschaft, «Billig. Billiger. Banane» zeigt die Folgen der globalisierten Wirtschaft und Einflussmöglichkeiten durch bewusstes Konsumieren.

Weltweite Wanderungen im Wandel der Zeit

www.education21.ch/de/filmtage

APRIL

Migration gehört zur Geschichte der Menschheit. Einst führten alle Wege

Salon Africain an der Buchmesse

nach Rom, im 19. Jahrhundert für Kunst und Kultur nach Paris. Der deutsche

29. April - 3. Mai 2015

Migrationsbewegungen zwischen 600 v. Chr. und 2012. Er verbindet Geburtsort

Zum Salon du livre von Genf gehört auch der Salon Africain, ein wichtiger anregender Begegnungsort für und mit Literatur und Medien aus

Kunsthistoriker Maximilian Schich (University of Texas, Dallas) verdeutlicht die und letzte Ruhestätte von 120 000 Menschen, die als wichtig betrachtet wurden. Die Darstellung unterstreicht die Bedeutung der Städte. uw http://thecreatorsproject.vice.com/de, dann auf ‹Blog› und nach ‹Migration› suchen


Nr.1 | 2015

BUCHTIPPS Berichte einer Reise von Elend zu Elend und von Lebensmut Die Reportage ist nahe dran. Doch die konkreten Aussagen und Einblicke bleiben nicht journalistisch distanziert; es ist Emmanuele Mbolelas Geschichte. Wer sich in der Demokratischen Republik Kongo gegen Ungerechtigkeit, Unterdrückung und Ausbeutung wehrt, gerät schnell unter Druck. Gefängnis ohne Anklage und Urteil, Gewalt gegen die Person oder ihre Angehörigen sind alltäglich. Wie in vielen anderen Ländern! Das führt zum grossen Strom an Flüchtlingen, die unter riesigen Entbehrungen ein menschenwürdiges Leben suchen. Doch die meisten stranden an den Grenzzäunen zu Europa. Dazwischen liegen tausende Kilometer Reise unter misslichen Umständen, von Elend zu Elend. Angst vor dem entdeckt wer-

HINWEISE & MEDIENTIPPS

Seine Sprache ist einfach, sachlich, trocken. Zum Glück, sonst liesse sich sein Bericht oft kaum ertragen. Und dabei hat er Glück: Seine Familie kann immer wieder Geld senden, um Schlepper zu bezahlen, zu schmieren, zu bestechen - und um zu helfen, denn Mbolela hat Lebensmut und Organisationstalent. So baut er in Marokko die Hilfsorganisation Arcom auf, erst für seine Landsleute und dann alle, die verzweifelt stranden und vom Staat wie der internationalen Gemeinschaft im Stich gelassen werden. Sich wehren, die Stimme erheben, zeigen, wie unmenschlich sich Regierungen gegen die Menschen richten, die eigentlich nur eines wollen: würdig leben und ihre Meinung frei äussern, anständig leben und die Mittel für sich und ihre Familien auf korrekte Art erarbeiten. uw

und Exil», Vorwort von Jean Ziegler, 191 Seiten, Verlag Mandelbaum, Wien, 2014, ISBN 978-3-85476-441-0, 25.- Fr.

Schweizer Religiosität mit der Lupe betrachtet Religionssoziologen haben die Religiosität und Spiritualität der Schweizer Bevölkerung vermessen (Nationales Forschungsprogramm Religionsgemeinschaften, Staat und Gesellschaft, NFP 58). Aus 1229 Interviews und 73 Tiefeninterviews wurden vier «Glaubenstypologien» herausgearbeitet. Diese verdeutlichen, wie die zunehmende Individualisierung die religiöse Landschaft der Schweiz tiefgreifend verändert und zu den grossen Lücken auf den Kirchenbänken am Sonntagmorgen geführt hat. uw den, Misshandlungen, Torturen auf Fahrten, zusammengepfercht und oft ohne Wasser und Essen. Männer leiden, noch viel schlimmer ist es für Frauen. Schlepper, Polizisten, Grenzbeamte und Mitreisende nehmen sie als Freiwild. Fast täglich, berichtet Mbolela.

FILMTIPP Chicken Curry für den Weltmarkt Der weltweite Verzehr von PouletFleisch ist enorm und wächst rasant: Täglich werden mehr als 16 000 Tonnen verzehrt. Der Markt mit Hühnerfleisch ist globalisiert und erbittert umkämpft. Diese Internationalisierung hat zum Teil fatale Folgen für die Ärmsten.

Emmanuel Mbolela: «Mein Weg vom Kongo nach Europa – Zwischen Widerstand, Flucht

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© MAT-Films

contigo

Die Nummer eins auf dem globalen Hühnermarkt: der thailändische Konzern Charoen Pokphand Food

Die Folgen für kleine Hühnerzüchter zeigt der Film «Chicken Curry für den Weltmarkt» anhand eines Beispiels aus Thailand. Die Hühnerzüchter in Senegal und Kamerun kämpfen demgegenüber gegen die mit Subventionen verbilligten Exporte aus Europa. Das gefrorene Importfleisch kostet 30 Prozent weniger als Inlandgeflügel. Das hat verheerende Auswirkungen für die einheimischen Anbieterinnen und Anbieter. Doch es gibt auch Hoffnungsschimmer: Immer mehr Menschen fangen an, sich in Asien und Afrika für die lokalen Betriebe zu wehren. Der Film beleuchtet zudem die auch etwas bessere Situation in der Schweiz, wo immer mehr Hühner tiergerecht aufgezogen werden. Chicken Curry für den Weltmarkt Dokumentarfilm von José Bourgarel und

Religion und Spiritualität in der Ich-

Hubert Dubois, Frankreich/Schweiz 2007,

Gesellschaft. Vier Gestalten des (Un-)

48 Min., ab 14 Jahren

Glaubens, Mallory Schneuwly Purdie,

Auf der DVD «Fair-unfair: Welthandel» erhältlich.

Thomas Englberger, Michael Krüggeler,

Verkauf und Verleih:

Jörg Stolz, Judith Könemann, 281 Seiten,

éducation21, 031 321 00 22,

Verlag TVZ/NZN, Zürich, 2014,

verkauf@education21.ch

ISBN 978-3-290-20078-7, 43.- Fr.

Relimedia, 044 299 33 81


Nr.1 | 2015

© Brot für alle / Urs Walter

contigo

Die schönste Hilfe der Engel sind die guten Einfälle, die sie uns zukommen lassen. Mexikanisches Sprichwort


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