Brixner 362 - März 2020

Page 28

Kunst & Kultur

CORONAVIRUS STELLT AUCH DIE KULTUR AB

Totalausfall

Es ist nicht die Pest, aber das Coronavirus ist ausreichend gefährlich, um Betriebe, Unternehmen und Orte der kulturellen Begegnungen bis auf Weiteres lahmzulegen. Auch in Brixen steht derzeit alles still.

D

er staatlich verordnete Notstand trifft die Wohlstandsgesellschaft mitten ins Herz: Unterhaltungen jeglicher Art sind (zunächst) bis 5. April ausgesetzt, die Bewegungsfreiheit auf das Unumgängliche beschränkt. Nicht, dass es den Menschen nicht gut tun würde, sich auf sich selbst zu besinnen, aber Theater und Konzerte, Filme und Kunst sind für Kulturfreunde das Salz in der Suppe. Die Liste der Absagen und Verschiebungen ist endlos: Im Stadttheater Bozen konnte am 13. März die Premiere von Manuela Kerers Oper „Toteis“ nicht gefeiert werden, das soll am 5. September nachgeholt werden. Das Haydnorchester kann die Proben für das Musical „Tribute to Giorgio“ im Mai nicht weiterführen wegen eines Corona-Falls in den eigenen Reihen. Premiere ungewiss. Und auch in unserem kleinen Brixen gibt es schmerzliche Ausfälle. Der Kulturverein Brixen Musik ist mit einem blauen Auge

28

davongekommen; es musste nur die letzte Veranstaltung des Jahresprogramms abgesagt werden. Die Präsidentin Claudia Messner bemüht sich um einen Ersatztermin für den Liederabend mit Ilker Arcayürek und hofft, „dass der Spuk bis zu den Sommerkonzerten mit LJO im Juli und dem Haydnorchester im August vorbei ist“. Stephen Lloyd hat mit seinem Jugendsinfonieorchester Matteo Goffriller Ende Februar zwei Konzerte in Mexiko gegeben und ist deshalb für das Konzert am 26. April im Forum bestens vorbereitet. Angesichts der aktuellen Lage hat Lloyd inzwischen einen neuen Termin am 31. Mai fixiert. Empfindliche Verluste muss auch Anna Heiss von der Dekadenz einfahren. Die Premiere der Eigenproduktion „Tom auf dem Lande“ konnte am 1. März über die Bühne gehen (mit einem kleinen Stromausfall), aber dann wurde es tatsächlich zappenduster im Anreiterkeller. Tom,

alias Philipp Weigand, musste enttäuscht sein Bündel schnüren und zurück nach München fahren. Vier Wochen Probe für einen einzigen Aufführungstag – eine Katastrophe! Die Premiere von „Willkommen“ mit Ingrid M. Lechner am 3. April musste gecancelt werden, weil die Münchner Regisseurin Gabi Rothmüller nicht mehr über den Brenner durfte. Die Jazzer „Three for Silver“ aus den USA haben ihre Europatour gestrichen, weil sie sowieso nirgends auftreten dürfen. Alle anderen Auftritte bleiben im Ungewissen, das hängt wohl von künftigen Regierungsdekreten ab. Reißen die finanziellen Ausfälle ein Loch in den Verein? „Wir zahlen die vereinbarten Gagen“, meint Anna Heiss, „und bemühen uns um Ersatztermine.“

Auch Kulturinstitut betroffen. Peter Silbernagl vom Südtiroler Kulturinstitut musste mit großem Bedauern alle Produkti-

onen bis Mitte April vorerst absagen; in Brixen muss man daher mit Sicherheit auf „Clara“ des Puppentheaters Halle verzichten. Ob „Kunst“ am 23. April gezeigt werden kann, ist noch nicht abzusehen. Auch hier Verluste? „Vertraglich muss bei einer Absage aufgrund höherer Gewalt jeder Vertragspartner die bis zu dem Zeitpunkt entstandenen Kosten selbst tragen“, erklärt der Direktor. Auch Heidi und Thomas Troi müssen die Aufführungen der Werkstätten schweren Herzens canceln, „aber wir arbeiten an einem neuen Aufführungsplan“. Bei der Buchvorstellung ihres Krimis „Die Feuertaufe“ hat Heidi Troi den Spieß umgedreht und die Lesung ohne Publikum als Live-Stream zu den Leuten gebracht. Was James Blunt in der Elbphilharmonie schafft, kann die Heidi eben schon lange! Stefanie Prieth von der Brixner Tourismusgenossenschaft kann bezüglich des „Water Light


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.
Brixner 362 - März 2020 by Brixmedia GmbH - Issuu