Brixner 258 - Juli 2011

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PORTRAIT

Raus aus dem Elfenbeinturm HEINZ MADER, Maler, Filmemacher, Konzeptkünstler und vieles mehr, steht dem Hype um den Kunstbetrieb gelassen gegenüber.

E

r ist groß, schlank, besticht durch seine unbeschwerte Fröhlichkeit und sieht unverschämt jung aus. Dass er schon 58 Lenze zählt, wissen wohl nur wenige Eingeweihte, ehemalige Mitschüler im Kloster Neustift vielleicht oder junge Erwachsene, denen er als Kunstlehrer im Gedächtnis geblieben ist. Man erkennt ihn wieder, auch nach Jahren der Abwesenheit. Er hat sich kaum verändert.

Sein Familienhintergrund. Die

äußere Erscheinung und den Hang zum Subversiven oder Anderssein müssen wohl in seinen Genen stecken. Seine Mutter Marianna von Lutz, fesche Tochter vom Kalten Keller in Waidbruck, übernahm nach dem Krieg die Goldene Rose unter den Großen Lauben. Sie wurde in den 1960er Jahren wegen ihres öffentlichen Bekennens zum Kommunismus „Die rote Maderin“ genannt, und auf Empfehlung der Geistlichkeit war der Umgang mit der Streitbaren tunlichst zu unterlassen. „Welch eine Ironie ist es da, dass Sohn Hans aus erster Ehe mit Zeno Giacomuzzi ein besonders gutes Händchen für gewinnbringende Geschäfte hatte und die Society-Lady Renate Hirsch geheiratet hat“, lacht Heinz Mader. Aufgrund der zweiten Ehe seiner Mutter mit dem Sterzinger Paul Mader bekamen die Kinder aus erster Ehe – Zeno (den Namen erhalten die Erstgeborenen seit Generationen), Hans und Lia – noch drei Halbgeschwister: Christina, Martina und eben ihn, Heinz. Martina starb früh, Christina Mader Magagna ist nach parteipolitischem Engagement heute Präsidentin vom Kulturverein Brixen, und Heinz Mader schlug die künstlerische Laufbahn ein. Den Besuch der Kunstschule erlaubte die besorgte Mutter nur widerstrebend, denn so sehr sie

die Begabung des Sohnes unterstützte, so suspekt war ihr das chaotisch-aufwieglerische Milieu an der Cademia in Gröden.

Vielfältiges künstlerisches Schaffen - und Lehrer als Brotberuf. Auf der Kunstakademie in

Urbino studiert der junge Mader Malerei bei Concetto Pozzati, einem bedeutenden Vertreter der abstrakten Kunst in Italien, dessen ironisch-witziger Zugang in manchen Werkserien den angehenden Künstler maßgeblich beeinflusst hat. 1978 beginnt seine Ausstellungstätigkeit im In- und Ausland. Er erhält Arbeitsstipendien für Wien und New York, beteiligt sich an Publikationen und Projekten mit Marion Piffer und Benno Barth. An zwei der Letzteren werden sich einige noch erinnern: einmal

Trotz vielfältigen künstlerischen Engagements baut Mader doch vorsichtshalber auf ein gesichertes Einkommen: „Bis auf meine Auslandsaufenthalte habe ich sporadisch und nunmehr kontinuierlich an Mittel- und Oberschulen unterrichtet“, gibt der Künstler zu, „ich trage schließlich die Verantwortung für meine kleine Familie“.

Die Sehnsucht nach dem Leben in einer Metropole. Seine Familie besteht aus der Filmemacherin Greta Mentzel, die er 2002 geheiratet hat, nur fünf Monate nach der ersten Begegnung, und dem sechsjährigen Sohn Henri. Mit den beiden lebt er heute in Lana, wo es dem reiselustigen Stadtmenschen manchmal doch zu eng wird. Dann sehnt sich der Kino-Freak nach einem riesigen

„Ich liebe es, neue Verbindungen zu knüpfen und interessante Gespräche zu führen“_ Heinz Mader an die Performance „Lachraum“ mit Monika Trettel beim Altstadtfest 2002 und an „Fiat Mensa“ mit Greta Mentzel in Klausen – beide koordiniert von der Künstlergruppe „gokart“. 2009 beteiligte sich Mader an der Landesausstellung „Labyrinth::Freiheit“, und er bespielte die Galerie Prisma mit seinen Witzbildern, die mit klugem Scharfsinn sein eigenes Tun selbstironisch hinterfragen. Im Museion in Bozen präsentiert der Brixner zurzeit 100 ComicZeichnungen aus der GrafikSammlung „Arsenale“. Weitere Ausstellungen in der Hofburg und in Regensburg sind in Planung.

anonymen Lichtspielsaal einer Großstadt, wo er seiner Filmleidenschaft frönen kann und das pulsierende Leben der Metropole fühlt – eine permanente Inspirationsquelle, aus der man nach Bedarf schöpfen kann. In Brixen sieht man den Künstler selten, wenn ihn nicht gerade ein Projekt in seine Heimatstadt lockt – wie soeben die Ausstellung in der Stadtgalerie Brixen, die er als Kurator gemeinsam mit seinen Freunden Christian Schwienbacher und Damir Jellici betreute. Wichtig war ihm dabei – wie bei jedem seiner Konzepte – die soziale Komponente, die Kommunikation:

Er will Menschen zusammenbringen, mit Menschen arbeiten und für sie. „Ich halte nicht viel vom einsamen Künstler als leidendes Wesen in seinem Elfenbeinturm“, stellt Mader klar, „ich bin gern unter Leuten. Ich liebe es, neue Verbindungen zu knüpfen, interessante Gespräche zu führen und am daraus resultierenden Ideenreichtum teilzuhaben“.

irene.dejaco@brixner.info Leserbrief an: echo@brixner.info

Steckbrief

Heinz Mader ist 1953 in Brixen geboren, als jüngster Sprössling vom Sterzinger-Hof-Sohn Paul Mader und der Kalten-KellerTochter Marianna von Lutz. Neben seinen Schwestern Martina Mader (verstorben) und Christina Mader Magagna gibt es noch die Halbgeschwister Zeno und Hans Giacomuzzi sowie Lia Bracchi. Nach dem Besuch der Kunstschule in Gröden und der „Accademia di Belle Arti“ in Urbino lebte und arbeitete Hans Mader zeitweilig in London, New York und Wien. Seit 2006 wohnt er mit Greta Mentzel und Sohn Henri in Lana, lehrt Kunsterziehung in Blumau und ist mit seinem breitgefächerten künstlerischen Œvre seit vielen Jahren an mehreren Projekten im In- und Ausland präsent. 13


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