Die vergessenen Schwestern von Pairdorf Die schulische Tätigkeit der Steyler-Missionsschwestern hat bereits 1948 begonnen, damals noch im Haus Reinegg in der Mahr. Den Winter über wurde ein ländlicher Krankenpflegekurs abgehalten. Dies war eine einmalige Gelegenheit, eine Grundausbildung im Pflegebereich zu erhalten, zumal es zu jener Zeit in Südtirol noch keine Krankenpflegeschule gab. 1963 trat das Land an die Schwestern mit der Bitte heran, einen Haushaltungslehrgang für Mädchen anzubieten, die eine Anstellung in einem Haushalt suchten. Mit diesem Kurs sollte der Unterschied zwischen Bergwelt und Stadtleben überbrückt werden. Viele dieser Mädchen kamen aus Gebieten, die noch nicht mit Strom versorgt waren. Sie erhielten Unterricht in verschiedenen Haushalts- und Gesundheitsfächern und erlernten neben dem Kochen auch den Umgang mit elektrischen Geräten. Schwester Fridebertis unterrichtete und leitete den ersten Kurs alleine. Sie wurde gleichermaßen wegen ihrer Strenge gefürchtet und wegen ihrer Selbstdisziplin bewundert. 1965 kam Schwester Benildis, die bis dahin als Missionsschwester auf den Philippinen tätig gewesen war, und eine weitere Mitschwester als Verstärkung dazu. Die Schwester erinnert sich noch lebhaft an diese Zeit und erzählt, dass für 24 Schülerinnen nur ein Herd zum Kochen zur Verfügung stand.
Bau der „Knödelakademie“ Da in Reinegg kein Baugrund für den Anbau einer dringend benötigten Schulküche zur Verfügung stand, entschloss die Gemeinschaft der Steyler-
Foto: Oskar Zingerle
D
Es ist ruhig geworden im Schulgebäude der Steyler-Missionsschwestern in Pairdorf. Seitdem die letzten Schulklassen ausgezogen sind, herrscht im Gebäude gähnende Leere – eine neue Zweckbestimmung ist bisher noch nicht gefunden worden. Die Schwestern sind enttäuscht vom Desinteresse des Landes und der Gemeinde. darunter sehr gelitten. Ihre Zelle befand sich sogar außerhalb der Klausur, wo sie Tag und Nacht für die Schülerinnen da war. In den Jahren 2003 bis 2004, während der Umbauarbeiten an der Brixner Landesberufsschule für Handel, Handwerk und Industrie „J. Chr. Tschuggmall“, waren zum letzten Mal Schulklassen in Pairdorf untergebracht.
Kein Interesse?
Missionsschwestern, sich nach einem Areal für den Bau einer Schule umzusehen. Nachdem ein geeigneter Standort in Pairdorf – einem Weiler oberhalb von Brixen – gefunden worden war, konnte nach den Plänen des Brixner Architekten Othmar Barth mit dem Bau begonnen werden. 1970 bezogen die Steyler-Missionsschwestern ihr neues Heim in Pairdorf. Von da an gab es einen ordentlichen Aufschwung in der „Knödelakademie“: Aus dem ganzen Land kamen Mädchen und Frauen, um einen Kinderund Säuglingspflegekurs zu besuchen, der bis 1990 angeboten wurde. Die Kursteilnehmerinnen waren im hausinternen Heim untergebracht, wo ein Jahr später auch Schülerinnen der staatlichen Lehranstalt für Frauenberufe aufgenommen wurden.
Die Steyler-Missionsschwestern in Pairdorf bemühten sich bisher vergebens, ihr Haus einer neuen Zweckbestimmung zuzuführen
Die letzten Schulklassen Von 1971 bis 2001 war Pairdorf auch eine Außenstelle der staatlichen Lehranstalt für Kaufmännische Berufe in Brixen, mit Ausbildung zur Familien- und Altenhelferin, Kinderbetreuerin und Kindergruppenleiterin sowie zur Assistentin für soziale Berufe. Auf Grund der rückläufigen Schülerzahl an der Kaufmännischen Lehranstalt in Brixen entschloss man sich im Herbst 2001, die Außenstelle in Pairdorf aufzulösen und die Fachlehranstalt in die heutige Handelsoberschule zu verlegen. Besonders Schwester Rosavita, die sich völlig der Schule widmete, hat
Heute ist nichts mehr zu spüren vom geschäftigen Treiben einer Schule: Seit Anfang 2004 steht der riesige Gebäudekomplex so gut wie leer. Die Schwestern bemühten sich vergebens, das Haus einer neuen Zweckbestimmung zuzuführen. Enttäuscht sind sie vor allen vom anscheinenden Desinteresse des Landes und der Gemeinde, da durch die Schule der Missionsschwestern viel Gutes getan wurde. Es hat sich bis heute auch kein Käufer für das riesige Areal gefunden. Das 3.836 Quadratmeter große Gebäude verfügt über 69 Zimmer mit Duschen und WCs, insgesamt 88 Betten, zwei große Einzimmerwohnungen, neun Klassenzimmer, mehrere Säle und Nebenräume. Zum Gebäude gehören fast 40.000 Quadratmeter Wald, Acker- und Weideland. Zurzeit leben nur mehr neun Klosterfrauen im Haus, den gemeinsamen Unterhalt bestreiten sie einzig von ihren Altersrenten. „Es ist günstiger, im Haus zu leben, als es unbewohnt zu lassen, schon allein wegen der enormen ICI-Kosten für die leer stehenden Gebäude“, erzählen die Klosterfrauen. Aber ein wenig im Stich gelassen fühlen sich schon, die vergessenen Schwestern von Pairdorf. Hildegard Gargitter
39