Bregenzerwald Spektrum VII

Page 25

Das „Greenpeace der Juppe“ Resi Bals verfolgt mit dem Verein „In-Tracht“ ein besonderes Ziel: die Erhaltung der Juppe – denn deren Schalk etwa ist gefährdet Ein heißer Sonntagnachmittag Ende Mai. Bis auf den lebhaften Ausflugsverkehr ist es still am Hittisauer Dorfplatz. Wir sitzen in Resi Bals’ Wintergarten und schon nach wenigen Minuten ist nichts mehr wie vorher. Der große Tisch ist übersät mit einzelnen Stücken der Bregenzerwälderinnen-Tracht, der Juppe. Da liegt eine Gürtelschnalle, über 150 Jahre alt, gut und gern 1500 Euro teuer. Dann zieht Resi ein Schappele hervor, an die 300 Jahre alt, unfassbar filigran, federleicht. Der Verein „In-Tracht“, in den Resi Bals ihr immenses Wissen um die Juppe einbringt, ist so etwas wie Greenpeace. Mindestens so engagiert, allerdings regional und formal hochspezialisiert. Gemeinsam ist ihnen der unerschrockene Einsatz für vom Aussterben bedrohte Arten. In unserem Fall eben die Juppe. Sie ist der ganz besondere Gegenstand des Vereins. Ihr gilt die einträchtige Aufmerksamkeit der Vereinsmitglieder. Denn das Tragen der Juppe ist lange nicht alles. An Trägerinnen mangelt es kaum. Das Aussterben ist nicht das Problem der Wälderinnen. Wesentlich dramatischer ist die Situation, was die Herstellung der zahlreichen Juppenteile betrifft. Hier geht tatsächlich viel Wissen verloren – wenn nicht gegengesteuert wird.

In jedem Verein gibt es immer einen besonderen Vereinsgegenstand: sei es die Fahne, ein Instrument oder ein Erinnerungsstück. Im Verein „In-Tracht“ ist dieser besondere Vereinsgegenstand die Juppe. Resi Bals erzählt, wie sich der Verein einträchtig um die Erhaltung der Tradition des guten Stücks bemüht. Text: Peter Natter

Keine Sorge: es wird! Und so liegt jetzt ein Schalk quer über dem Tisch. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt! Ein Schalk*? Ja, ein Schalk, glänzend schwarz mit kunstvoller blauer Stickerei. Stellen Sie sich einen Bolero vor. Einen Bolero? Nein, nicht das gleichnamige Musikstück von Maurice Ravel. Vielmehr so ein superknappes Jäcklein, das die Ärmel, die Schultern und ein bisschen was darunter verhüllt. Gefertigt aus Schalkleinen. Das ist ein ganz besonders feines, schwarz gefärbtes, fast schon wie lackiert anmutendes Leinen mit blauer, einmaliger Stickerei. Blau muss es sein, die adelige, noble Farbe, wie beim blauen Band der Juppe. Und natürlich hat dieser Schalk eine Geschichte, eine Biographie möchte man es lieber nennen. 1940 heiratet Resis Mutter Theresia Wilhelm, geboren 1908, in dem guten Stück, dann geht es auf die Tochter über, dann auf die Enkelin und heute wartet die Urenkelin auf den großen Tag. Geheiratet wurde mit Schalk und Schappele. Weil das erste Mal immer auch ein letztes Mal ist und umgekehrt.

*Anmerkung: Schalk oder auch Schelm bedeutet im Deutschen so viel wie lustige Person, aber auch Galgenstrick und Narr

„Geheiratet wurde mit Schalk und Schappele.“ Resi Bals

bregenzerwald spektrum

25


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.
Bregenzerwald Spektrum VII by Bregenzerwald Tourismus GmbH - Issuu