Reisemagazin Bregenzerwald - Winter 2016-17

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Felder und Wälder

Mit Max und Fuchs im Holz Dietmar Kempf betreibt die Holzwirtschaft im Wald seit einiger Zeit wieder mit zwei Noriker-Pferden: Max und Fuchs. Er ist von ihren Fähigkeiten begeistert und froh um das ruhige und waldschonende Arbeiten Das Holzrücken mit Pferden hat vor allem in alpinen Gegenden eine lange Tradition. In den letzten Jahrzehnten geriet es zusehends in Vergessenheit, weil die Arbeit verstärkt mit Seilbahnen, Schleppern und anderem schwerem Gerät bewältigt wird. Im Zuge einer naturnahen und waldschonenden Forstwirtschaft wird der Einsatz von Rückepferden jedoch wieder zunehmend propagiert. Einer, der weiß, wie es geht und zur Wiederbelebung dieser Tradition beiträgt, ist ­Dietmar Kempf aus Andelsbuch.

Birgit Feierl-Giedenbacher schreibt über den ­berühmtesten Autor aus dem Bregenzerwald, Franz Michael Felder.

(Grab-)Stein des Anstoßes Schon als kleiner Bub war Dietmar Kempf fasziniert von den Pferden seines Großvaters. Die Intelligenz, die unterschiedlichen Persönlichkeiten und die enorme Kraft seiner Noriker bewundert er bis heute. Nachdem er als Angestellter eines Forstbetriebes die Arbeiten im Wald über zehn Jahre lang mit Seilbahnen und anderen Maschinen erledigt hatte, reifte in ihm der Gedanke, es mit den Pferden zu versuchen. Vor etwa zwei Jahren waren seine Noriker, ein Hengst und ein Wallach, dann endlich so weit. „Man darf nicht zu jung mit ihnen beginnen. Solange sie noch nicht ausgewachsen sind, kann das schlecht für ihren Körperbau und ihren Bewegungsapparat sein.“ Mittlerweile erledigen Dietmar und seine Pferde Max und Fuchs Holzrückarbeiten für verschiedene Auftraggeber im ganzen Bregenzerwald. Ein Anruf genügt und das Trio ist zur Stelle. Allerdings erst, nachdem der

„Im Sommer des Jahres 1870 hat meine Wander­ lust mich in den Bregenzerwald geführt, wo ich eines Abends im kleinen Gebirgsdorfe ­Schoppernau abrastete.“ – So beginnt ein 1904 publizierter Aufsatz von Peter Rosegger. Der Dichter aus der steirischen Waldheimat war, 1843 geboren, nur wenige Jahre jünger als der Schoppernauer Dichter Franz Michael Felder. Wie Rosegger ein zur Arbeit zu schwächliches Bauern­kind mit beschränkter Schulbildung, hinterließ er der Nachwelt ein beachtliches literarisches Werk. Der Anlass für den Aufsatz ist die Bekannt­ machung der 1904 erschienenen Ausgabe von Felders Autobiografie „Aus meinem Leben“. 1870, als Rosegger den Bregenzerwald erwandert, ist Felder – 29-jährig verstorben – bereits ein Jahr unter der Erde. Über seinen Grabstein war ein heftiger Streit entbrannt. Rosegger berichtet, wie er „im [Schoppernauer] Wirtshause daselbst“ Zeuge eines „aufgeregte[n] Hin- und Herreden[s] zwischen Bauern und einigen Fremden“ wird; und zwar „[u]m einen Grabstein handelte es sich, den Fremde (der Verein der Tiroler und Vorarlberger in Wien mit finanzieller Beteiligung von Felders Leipziger Freunden – Anm.) auf dem Kirchhof daselbst setzen und den die Gemeinde und das Pfarramt nicht annehmen wollten.“ Der „Denkmal-Streit“ spaltet die lokale Dorfbevölkerung, wird bald die Zeitungen des Landes füllen und sogar noch die Behörden in Innsbruck beschäftigen. Doch schließlich, um mit Rosegger zu sprechen, haben „die Freunde jenes Vorarlberger Bauerndichters und Reformators gesiegt“ und das „jüngere Geschlecht verehrt dankbar den Mann, den die Väter verachtet hatten“. Und wie das Felder-Denkmal noch heute – zwar nicht als Grab-, sondern als Gedenkstein an der Kirchen­wand – auf dem Schoppernauer Friedhof zu sehen ist, so bleibt auch Roseggers zusammenfassendes Urteil über Felders Werk gültig: „Will der Deutsche seine Dorfliteratur buchen, die ­Kulturgeschichte seiner Älpler schreiben, die genialen Sonderlinge seines Volkes zählen, so wird er den Vorarlberger Bauerndichter nicht übersehen dürfen.“

Dietmar Kempf bei einer Arbeitspause mit seiner Mutter Elisabeth Kempf reisemagazin bregenzerwald · 27


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