Bregenzerwald Spektrum IX

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„Ich bin nur das Werkzeug“ Das sagt Anton Fink aus Langen bei Bregenz. Manche nennen ihn ­Wunderheiler, andere Warzamännle oder Blutstiller Text: Irmgard Kramer

Es war einmal ein Bauer, sein Hof schwer zu bestellen. Er litt an Asthma, konnte aber andere heilen. Als er 42 war, kam sein erstes Kind Anton zur Welt. In der Schule wurde Anton „Hexerkind“ gerufen, worauf er eine lei­ denschaftliche Abneigung gegen die Gabe seines Vaters entwickelte. Revierkämpfe auf dem Hof folgten. Anton übernahm die Landwirt­ schaft mit zwanzig und kämpfte um Anerkennung. Er baute einen neuen Stall, schaffte Maschinen an, hatte drei Unfälle hintereinander. Dann verschlechterte sich der Gesundheitszustand des Vaters. Anton wachte drei Tage und Nächte am Totenbett, bis seine Schwester meinte, der Vater könne nicht sterben, weil er seine Kraft nicht wei­ tergegeben habe. „Du spinnst ja“, war Antons Kommentar. Als der Vater einen besonders heftigen Krampf bekam, wollte Anton irgend­ wie helfen und dachte sich: „Wenn es das wirklich ist, dann mache es halt in Gottes Namen ich selbst.“ Der Vater stieß den letzten Atemzug aus. Als sein Herz stehen blieb, glaubte Anton, in einen Stromkreis geraten zu sein. „Es hat mich geschüttelt und gebeutelt.“ Eine Woche nach der Beerdigung kam ein Patient auf den Hof und fragte verzweifelt: „Wer macht jetzt weiter? Zum Doktor geh ich nicht, da sterbe ich lieber.“ Er zeigte seine schwarzen Füße. Anton bat ihn, niemandem davon zu erzählen und legte ihm die Hände auf. Kurz darauf bekam der Mann schier unerträgliche Schmerzen – das Blut zirkulierte wieder. Esoterisches Geschwafel? Anton Fink ist bodenständig und sprüht vor positiver Energie, die einen glauben lässt, man könne mit ihm zusammen die Kanisfluh versetzen. Heuer wird er sechzig, ist Vater und Opa. Die Landwirtschaft aufzugeben war eine schwere Entschei­ dung. Wovon sollte er leben? Für seine Heilertätigkeit verlangt er nichts. Erst als ein Freund sagte: „Melken kann jeder, heilen nicht“, baute er den Kuhstall in eine Gaststube um, die er und seine Frau bewirten. In „Toni’s Kuhstall“ treffen sich Volksmusikanten zu Singnachmit­ tagen und Konzerten. Anton Fink hat selber jahrelang im Chor und in einer Oper gesungen. Neben dem Kuhstall ist der Behandlungs­ raum. „Sprechstunden Di–Fr 14–19 Uhr.“ Die Patienten kommen ohne Anmeldung, ziehen eine Nummer und warten geduldig, bis Anton für sie da ist. Müde macht ihn das nicht. „Wenn ein Hand­ werker den ganzen Tag lang Nägel in die Wand schlägt, ist er müde, nicht der Hammer.“ Er sieht sich als Werkzeug, hat das Talent, göttliche Lebensenergie zu übertragen und Selbstheilungskräfte zu mobilisieren. Für ihn nichts Besonderes. Für Menschen mit Schuppenflechte, Krebs, Beziehungs­ problemen und Rückenschmerzen schon.

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