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Trainer der Zukunft

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Im Interview

Im Interview

Was muss ein Trainer zukünftig mitbringen, um online und als Trainer in Präsenz erfolgreich zu sein? Wird es eine Spezialisierung geben, d. h. Trainer, die nur auf Streaming, nur auf das Training mit Robotern und VR-Brillen oder nur auf das klassische Training in Präsenz spezialisiert sind? Noch gibt es darauf keine ganz klaren Antworten. Dennoch zeigt sich die Tendenz, dass sich die Anforderungen an Trainer wandeln und neue Skills gefragt sind.

LIVESTEAMING VERÄNDERT DIE REICHWEITE VON TRAINERN

Konkurrierten Trainer bisher nur regional um die Jobs in Fitnessanlagen, treten sie durch Livestreaming jetzt international gegen die besten Trainer der Welt an. Streamingplattformen wie Wexer oder Fortë streamen live und on demand die Kurse der weltweit besten Trainer aus international angesagten Boutique-Studios. Der Konkurrenzdruck für Trainer wird dadurch zukünftig entsprechend zunehmen. Die Streamingdienste haben sich während der Pandemie mit dem Online-Training zu Hause etabliert. Jetzt bieten sie auch Lösungen für die weitere Digitalisierung in Fitnessstudios.

Die Streamingplattform Wexer mit Sitz in London, die neben Livekursen und Groupfitness on demand auch Cyclingprogramme, Functional und Personal Training digitalisiert, ermöglicht es Studiobetreibern, durch den Einsatz des „Virtual Player“ Streaminginhalte von HIIT über Yoga bis hin zu Cycling auf große Bildschirme in Kursräume zu übertragen; die Kurse können so live in weitere Filialen gezeigt werden. Die aufgezeichneten Videos können von Mitgliedern über einen Touchscreen oder eine App abgerufen und im Kursraum auf einem Großbildschirm abgespielt werden, sofern der Raum gerade nicht genutzt wird. So kann ein einzelner Trainer mit einem Kurs live und on demand sehr viel mehr Kunden erreichen. Wer regional bereits sehr erfolgreich ist, hat es entsprechend leichter, sich als Trainer mit Livestreaming auch überregional oder sogar international einen Namen zu machen. Sehr beliebte und erfolgreiche Trainer können über Videos auf Plattformen ihre Reichweite enorm erhöhen. Und dafür werden sie dann auch besser bezahlt. Das erfordert aber nicht nur, kontinuierlich eine sehr hohe Qualität abzuliefern und aufrechtzuerhalten, sondern auch technisch versiert zu sein. Der humanoide Roboter Pepper wird dank künstlicher Intelligenz zum Personal Trainer

HYBRIDERLEBNISSE LIEFERN

Als zusätzliches Angebot, um das Training für Mitglieder flexibler und individueller zu gestalten, wird das virtuelle Training zu Hause zunehmend eine Rolle spielen, denn Bequemlichkeit und Flexibilität sind für Kunden ein entscheidendes Kriterium für die Auswahl eines Fitnessanbieters – und seit Corona haben sich viele an online verfügbare Angebote gewöhnt. Der Trainingsbetrieb wird nicht in die alten Präsenzstrukturen zurückfinden. Es wird hybrid, d. h., der Trend geht dahin, dass Heim- und Studiotraining zukünftig kombiniert werden. Die Erstellung von digitalen Inhalten wird dementsprechend ein Eckpfeiler des hybriden Erfolgs sein.

Selbst Videos zu produzieren, wird für Trainer fortan immer wichtiger werden. Entsprechend sind neue Fähigkeiten notwendig. Ein Trainer muss wissen, wie er sich sicher vor der Kamera bewegt, welche Hilfsmittel Sinn machen, wenn der Kurs live und on demand verfügbar ist. Selbst die deutliche Aussprache der Kommandos und das Styling spielen eine Rolle. Übergangsweise wird es sicherlich noch selbst hergestellte Videos in guter Qualität geben, was Trainern viel technisches Know-how abverlangt. Es ist möglich, dass sehr erfolgreiche Trainer zukünftig wie bei den heutigen Youtube- oder Instagram-Stars nicht nur vor der Kamera stehen und unterrichten, sondern ein ganzes Team – vom IT-Spezialisten über den Kameramann und Visagisten bis hin zum Experten für Filmschnitt – haben, das sich darum kümmert, perfekte Auftritte zu generieren. Dieses Team muss dann auch gemanagt werden. Das setzt voraus, dass ein Trainer Führungsqualitäten besitzt.

ENTERTAINMENT WIRD IMMER WICHTIGER

Konnten sich Trainer früher noch auf ihre Kunden fokussieren und die IT anderen überlassen, ist es zunehmend wichtig, sich mit digitalen Systemen auszukennen. Trainer sollten in der Lage sein, digitale Hilfsmittel wie Apps, Video- und Tontechnik, Virtual-Reality-Brillen sowie Trackingsysteme zu verstehen und effektiv anzuwenden. Das Problem ist, dass es in dieser Hinsicht noch keine Fortbildungen gibt, die auf die Anforderungen der zunehmenden Digitalisierung zugeschnitten sind. Zurzeit ist Learning by Doing die einzige Möglichkeit.

Wer sich früh selbst mit neuen Technologien auseinandersetzt, kann in Zu-kunft einen Wettbewerbsvorteil haben. Es geht auch darum, einen maximalen Unterhaltungswert zu bieten, denn die Erwartungen der Verbraucher, die über Online-Plattformen mit den besten Trainern der Welt in Kontakt kommen, werden rapide ansteigen. Neben technischem Know-how müssen Trainer individuell auf Kunden eingehen, sie unterhalten und am besten noch DJ sein. Da das Entertainment immer wichtiger wird, werden auch die Musik und die Gamifizierung wichtiger, denn es geht darum, Erlebnisse zu verkaufen. Neue Spiele, gepaart mit In-Ear-Feedback mittel neuer High-End-Kopfhörern, Augmented-Reality- oder Virtual-Reality-Brillen, die Interaktionen und Echtzeit-Feedback ermöglichen, werden das Training zukünftig noch unterhaltsamer machen. Die virtuelle Trainigswelt wird den realen Menschen aber nicht ersetzen können. Der soziale Faktor beim Umgang mit Kunden ist entscheidend für den Erfolg. Dennoch müssen Trainer in naher Zukunft auch über das Training mit Virtual-Reality-Brillen und Co. Bescheid wissen.

Discounter wie PureGym können 24 Stunden an sieben Tagen in der Woche ein umfassendes virtuelles Programm anbieten, ohne dass ein Trainer tatsächlich live vor Ort sein muss AUGMENTED REALITY

Neben „Virtual Reality“ ist ein weiteres Schlagwort „Augmented Reality“. Dabei geht es nicht nur darum, eine virtuelle Welt zu schaffen, in der man spielt und sich bewegt, sondern die reale Welt mit Elementen aus der virtuellen Welt zu verknüpfen. Während man mit Virtual-Reality-Brillen in eine rein virtuelle Trainingswelt eintaucht, bietet Augmented Reality die Möglichkeit, eine virtuelle und die reale Welt miteinander zu verbinden. Augmented Reality ermöglicht es zum Beispiel, virtuelle Hologramme eines Trainers in der realen Umgebung zu sehen. Es gibt Systeme wie ARCore, die über ein Smartphone Gegenstände aus der virtuellen Welt in die reale Welt katapultieren.

Mit der „Giga AR Fitness App“ von Vodafone und der Mixed-Reality-Brille von Nreal kann man sich bereits die virtuelle Personal Trainerin Vanessa Mai in sein Wohnzimmer holen. Vanessa Mai steht dann als animierter 3D-Avatar namens MyNessa in Lebensgröße vor einem und gibt Tipps für die Übungen. Das interaktive Ganzkörpertraining basiert auf Übungen von Gymondo. Kameras erfassen dabei die räumliche Umgebung und lassen ausgewählte Inhalte mit der realen Umwelt verschmelzen. Noch stecken diese Entwicklungen in den Kinderschuhen. Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass die virtuellen Personal Trainer irgendwann zur ernst zu nehmenden Konkurrenz werden. Besonders für Personal Trainer, die ihre Kunden hauptsächlich in deren privatem Umfeld betreuen, kann das zu Umsatzeinbußen führen. Solche Entwicklungen können aber auch gezielt genutzt werden, um das eigene Angebot mit Virtual- oder Augmented-Reality-Systemen zu erweitern und sich als Personal Trainer digital aufzustellen.

AUCH DAS TRAINING AUF DER GERÄTEFLÄCHE VERÄNDERT SICH

Die Digitalisierung bezieht sich nicht nur auf den Bereich Groupfitness. Augmented Reality kann auch auf der Gerätefläche in Fitnessstudios ganz einfach eingesetzt werden. Mittels dieser Technik kann Kunden die Funktion eines Trainingsgerätes erklärt und in Echtzeit Trainingsfeedback gegeben werden. Diese Technik macht es möglich, Personal auf der Gerätefläche einzusparen. Wir sind noch weit davon entfernt, dass ein Augmented-Reality-Avatar in der Hosentasche zum Mainstream wird. Allerdings wird es diese Welt irgendwann geben und als Trainer sollte man wissen, wie sie funktioniert und wie sich dadurch die eigene Berufswelt verändern kann.

Denkbar ist zum Beispiel, dass es zukünftig AR-Avatare sind, die Mitgliedern in Fitnessanlagen über das eigene Smartphone die Bedienung der Trainingsgeräte erklären. Die Avatare übernehmen dann die Standardaufgaben und der Mensch kann sich um die individuelle Betreuung der Kunden kümmern. Wer dann einen Trainer bucht, wird das vielleicht extra zahlen müssen. Entsprechend kann es sein, dass die Arbeit der Trainer auf diese Weise aufgewertet wird. Sie muss dann aber sportwissenschaftlich fundiert und auf qualitativ hohem Niveau erfolgen. Aber nicht nur Augmented Reality verändert die Arbeit von Trainern auf der Gerätefläche, auch künstliche Intelligenz und der Einsatz von humanoiden Robotern werden in Zukunft möglicherweise Auswirkungen haben. Zwar liegt die Idee, dass Roboter das Personal Training übernehmen, noch in weiter Ferne – erste Ansätze gibt es aber bereits.

INDIVIDUELLERE BETREUUNG DURCH KI

Künstliche Intelligenz ermöglicht es Maschinen, aus Erfahrungen zu lernen. Dabei werden unzählige Daten gesammelt, erfasst und verarbeitet, um aus ihnen zu lernen. Daten, die in der Vergangenheit bereits über Fitnesstracker oder Apps gesammelt wurden, können in neue Programme integriert werden und tragen so zu besseren Trainingergebnissen bei. Solche lernenden Systeme gibt es auch im Krafttraining. Neue Entwicklungen sind intelligente, dazulernende Roboter, die vor Überlastungen beim Gerätetraining schützen, indem sie die ausgeübte Kraft zwischen einer Messplatte am Roboter und dem Trainierenden messen. Diese Roboter können sicherstellen, dass keine Überbelastung durch die wirkenden Kräfte erfolgen kann. Durch die Kraftmessung kann die Belastung für den Körper besser abgeschätzt werden. Über Kameras misst der Roboter jede Bewegung des Trainierenden. Sensoren in der Fußplatte helfen, die wirkenden Kräfte zu analysieren. Therapeuten und Trainierende bekommen über einen Bildschirm oder eine Virtual-Reality-Brille eine direkte Rückmeldung auf ihr Training.

Entwickelt wurde der multifunktionalen Roboterarm von Experten der RWTH Aachen, der Deutschen Sporthochschule Köln und der BEC GmbH in dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützten Forschungsprojekt „RoSylerNT“. Da der Roboter ständig dazulernt, kann das Training individueller angepasst werden. Der Trainer auf der Gerätefläche wird dadurch zukünftig nicht überflüssig, sondern ihm obliegen die persönliche Betreunung der Kunden, die Auswertung der Daten und das Erklären von Ergebnissen. Die Betreuung wird zukünftig somit individueller und erfordert aufgrund des Einsatzes von KI auch mehr technisches Know-how.

Die Streamingplattform Wexer ermöglicht durch den Einsatz des „Virtual Player“ Streaminginhalte von HIIT über Yoga bis hin zu Cycling auf Bildschirme in Kursräume zu übertragen.

HUMANOIDER ROBOTER ALS PERSONAL TRAINER

Es gibt sogar erste Ansätze dafür, dass ein Roboter durch persönliche Ansprache motiviert. So erzählt der humanoide Roboter Pepper zum Beispiel Witze, zeigt Sympathie und kann verschiedene Emotionen auszudrücken. Er wurde als Personal Trainer für Läufer entwickelt. Geschult wurde er von einem menschlichen Fitnesstrainer. Er weiß, wann er loben muss, und gibt dem Läufer auf dem Laufband Tipps zur Steigerung der Leistung. Er kann die Herzfrequenz, die Geschwindigkeit, den Persönlichkeitstyp des Läufers und das Trainingslevel einschätzen. Noch sind diese humanoiden Personal Trainer nicht serienreif – sie können einen guten Trainer deshalb definitiv nicht ersetzen. Noch nicht!

TECHNISCHE SKILLS

Reichten bisher trainings- und ernährungswissenschaftliche Kenntnisse, Grundkenntnisse in Betriebswirtschaft und Praxiserfahrungen aus, um Trainer zu werden, sind zukünftig höhere Qualifikationen notwendig. Die Zeiten, in denen Trainer einen PC nur zum Schreiben ihrer Honorarrechnungen nutzten, sind vorbei. Mehr und mehr wird technisches Know-how gefragt sein. Gerade diejenigen, die sich mit Virtual- und Augmented-Reality auskennen, Apps und Wearables geschickt nutzen oder sich auf die Produktion von Videos spezialisieren, haben zukünftig die Nase vorn. Die Art der Arbeit wird sich verändern. „Nur“ Kurse in Präsenz zu geben oder ohne digitale Hilfsmittel lediglich Trainingseinweisungen an Geräten durchzuführen, wird vermutlich in ein paar Jahren nicht mehr ausreichen. Dazu wird das digitale Angebot zu viele Alternativen bieten. Rita Hoogestraat W

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