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Schützen wir die Freiheit von morgen!

Wir leben in einer spannenden Zeit. Die Lebenserwartung ist gestiegen, und so existieren wir über einen längeren Zeitraum mit vier oder sogar fünf Generationen zusammen – länger als je zuvor.

Gleichzeitig zeichnet sich ab: Wenn wir einen totalen Kollaps der Ökosysteme verhindern wollen, kommen wir um einen gesellschaftlichen Wandel nicht herum. Trotz technologischem Fortschritt werden wir uns dabei in irgendeiner Weise einschränken müssen. Bisher galt die Maxime: Der nächsten Generation soll es besser gehen! Dieser Anspruch ist nun nicht mehr erfüllbar. Zumindest dann nicht, wenn «besser» gleichgesetzt wird mit «mehr».

Der Wandel wird nicht einfach. Insbesondere dann nicht, wenn die Jüngeren das Gefühl haben, dass er vor allem auf ihre Kosten geht. Das hat die Abstimmung zum CO2-Gesetz gezeigt: Die Jüngeren haben das Gesetz überproportional stark abgelehnt. Und das zeigt sich auch bei der Diskussion um die Altersvorsorge, bei deren Finanzierung sich ein immer grösserer Graben zwischen den Generationen auftut.

Das deutsche Bundesverfassungsgericht formulierte im Frühjahr 2021 interessante Gedanken über Gerechtigkeit und Freiheit; sie werden die Auseinandersetzung künftig prägen. In einem wegweisenden Urteil hat das Gericht festgehalten, Klimaschutz sei ein Grundrecht; der Staat müsse künftige Generationen vor dem Klimawandel schützen. Übermässiger Gebrauch von Ressourcen heute schränke die Freiheit von morgen ein. Ergo gehöre zur Freiheit von heute auch die Verantwortung, massvoll zu leben – so massvoll, dass auch die Freiheit der nach uns Kommenden geschützt sei.

Denkt man diese Argumentation weiter, stellen sich spannende Fragen, nicht nur zu Klima und Altersvorsorge: Wie sollte unsere Gesellschaft künftig die

Ressourcen verteilen? Wie sichern wir alltägliche Dinge wie Wohnen, Arbeiten, Gesundheitsfürsorge? Und wie gestalten wir das Miteinander der Generationen?

Klar ist: Wir werden uns auf politischer und gesellschaftlicher Ebene mit der Frage der Gerechtigkeit auseinandersetzen müssen. Ein intensiver Dialog zwischen den Generationen wird immer wichtiger für den sozialen Zusammenhalt. Je schneller wir diesen Dialog beginnen, desto besser. Wir leben in einer spannenden Zeit.

Laura Grazioli

Landrätin und Präsidentin der Finanzkommission BL, ausserdem Vizepräsidentin der Grünen BL

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