Blaulicht 4/6 2016

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Von der Einzelent­ wicklung zum Produkt

Hochrisikofahrten müssen geübt werden

Mit der jetzt erreichten technischen Weiterentwicklung zeichnet sich eine Wende ab. Soeben hat das Zentrum für medizinische Bildung des Kantons Bern (Medi Bern) für die Ausbildung der Rettungssanitäter den neuesten Simulator angeschafft – zu einem Preis von 167‘000 Franken plus 68‘000 Franken für ein Eye-Tracking-System. Die Anschaffung war also fast um den Faktor zehn günstiger als vor zehn Jahren.

Den Schritt in die Ausbildungswelt, die das jüngste Simulator-Modell der Rheinmetall Swiss Simtec ermöglicht, machen künftig die rund 150 Studierenden der Rettungssanität an der Medi Bern. Gabriella Guex, die Leiterin des Bildungsgangs, betont, dass der Lehrplan eine entsprechende Ausbildung vorschreibe. Jeder Rettungssanitäter habe neben den medizinisch-technischen, einsatztaktischen und kommunikativen Kompetenzen auch die Fähigkeit nachzuweisen, «Einsatzfahrzeuge zu führen und unter allen Gegebenheiten zu beherrschen».

Walther erklärt, bei Rheinmetall Swiss Simtec selbst habe man angefangen umzudenken. Das Know-how im Konzern, Gespräche mit potenziellen Kunden und seine Erfahrungen als langjähriger Fahrer bei der Feuerwehr und als Ausbilder auf Simulationsanlagen der Schweizer Armee haben dazu beigetragen. Hätten bisher kundenspezifische Einzelentwicklungen die Strategie bestimmt, sei man nun einen Schritt weitergegangen und habe die Produktentwicklung fokussiert. Das Ziel sei gewesen, so Walther weiter, «ein kostengünstiges und qualitativ hochstehendes System zu entwickeln». Möglich sei das geworden, weil bestehende Software zum Einsatz kam und weiterentwickelt wurde. Verwendet würde heute weiterhin HighendSoftware mit allen notwendigen Funktionen. So komme unter anderem die Simulation des realitätsnahen, computergesteuerten Verkehrs mit abwechslungsreicher Landschaft und Fahrumgebung zum Einsatz, Umwelt- und Wetterbedingungen lassen sich selektieren, man fahre mit einem intelligenten Lenkrad oder nutze ein integriertes Sitzbewegungssystem. So ermögliche die Software-Weiterentwicklung heute sehr realitätsnahe Trainings des korrekten Verhaltens auf Einsatzfahrten, man könne unter Einbezug der Umwelt üben, in Stresssituation richtig zu reagieren und Entscheide rasch und korrekt zu fällen. Die Eigenschaften des Fahrzeuges werden dabei genauso abgebildet wie die fahrzeugspezifische Bedienung. Niemand brauche für den Rückgriff auf den Simulator mehr eine spezielle Infrastruktur, wobei er ohne externe Hilfe einfach an individuelle Ausbildungsbedürfnisse angepasst werden könne, wie er nachschiebt.

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Künftig werde nun jeder Student mindestens zweimal im Jahr einen halben Tag am Simulator trainieren. Je nach Auslastung stehe der Fahrsimulator aber auch anderen Rettungsdiensten zur Verfügung. Allerdings sei noch nicht geklärt, wie oft das möglich sei und in welcher Form das geschehen werde.

Die Gründe für die Anschaffung liegen für sie auf der Hand: «Fahrten mit Sondersignal sind Hochrisikofahrten. Wir sehen uns verpflichtet, diesen Bereich auch in die Ausbildung aufzunehmen und die Studierenden damit optimal auf den rettungsdienstlichen Berufsalltag vorzubereiten.» Es sei klar, dass sich Fahrten mit Sondersignal nicht einfach im Strassenverkehr üben liessen. Und selbst wenn der Fahrsimulator Fahrtrainings ausserhalb des regulären Strassenverkehrs nicht ersetzt, «ist er jedoch eine optimale Ergänzung», fügt Guex an. Mit dem Fahrsimulator habe Medi Bern nun die Möglichkeit, das vorausschauende Fahren zu simulieren oder Risikosituationen im Strassenverkehr zu analysieren. Auch das Verhalten und das Reagieren der anderen Verkehrsteilnehmer auf eine Ambulanz mit Blaulicht und Sirene liessen sich üben.


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