Karosserie Journal 03. 2019

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Foto: Adam Opel GmbH

03.2019 KAROSSERIE JOURNAL DER KAROSSERIEBAUTECHNIKER ÖSTERREICHS www.karosseriebautechnik.at

P.b.b. Abs. Bundesinnung der Fahrzeugtechnik, Berufsgruppe Karosseriebautechniker, Karosserielackierer und der Wagner, Schaumburgergasse 20/4, AT-1040 Wien, www.karosseriebautechnik.at

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EDITORIAL

INHALT 03

Erik Paul Papinski Bundesinnungsmeister

GEMEINSAM PROBLEME LÖSEN Beim jüngsten AIRC-Treffen in Zagreb hat man gesehen, dass in allen Ländern gleiche Themen vorherrschen: Versicherungs- und Schadenssteuerung, Fachkräftemangel und Ausbildung. Der Erfahrungsaustausch machte deutlich, dass man von jedem Land lernen kann, wie das eine oder andere Problem besser zu lösen ist. Die Exkursionen in drei kroatische Fachbetriebe verschiedener Größe zeigten, dass trotz kaum vorhandener Ausstattung die Mitarbeiter mit Improvisation und Hausverstand respektable Ergebnisse erzielen können. Der Trend zur Diagnose ist nicht mehr aufzuhalten – heute erfordert beinahe jedes elektronische „Helferlein“ im Auto ein eigenes Tool. Deshalb wäre es sinnvoll anzuregen, dass Ausrüsterfirmen ein Leihsystem für unsere Mitgliedsbetriebe anbieten, um zumindest zu Beginn die Kosten in übersichtlichen Grenzen zu halten. Vor vielen Jahren gab es bereits ein Leihsystem für Richtwinkelsätze von Celette, so ähnlich könnten wir uns die Lösung für Diagnose- und Kalibrierungsgeräte vorstellen. Der AIRC bemüht sich um eine Mitgliedschaft bei AFCAR (Alliance for the Freedom of the CAR Repair), um neueste und exklusive Informationen und Datenzugänge für unsere Länder zu erhalten. Denn gerade das Thema Fahrzeugdaten ist eine der größten Herausforderungen für unsere Branche. Wir sind sehr bestrebt, hier optimale Lösungen für unsere Mitgliedsbetriebe zu finden.

Ihr Erik Paul Papinski

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AKTUELLES Handwerk hat goldenen Boden KAROSSERIEREPARATUR Opel und Citroën mit gleichem Karosseriebau LACKIERUNG Digitalisierung in der Lackierwerkstatt SPLITTER Berichte: AIRC-Tagung, 5-Länder-Treffen

IMPRESSUM / OFFENLEGUNG

HERAUSGEBER: Bundesinnung der Fahrzeugtechnik BG Karosseriebautechniker, Karosserielackierer und der Wagner Schaumburgergasse 20/4, AT-1040 Wien Tel.: 01 505 69 50-129, Fax: 01 253 30 33 93 20 E-Mail: karosseriefachbetrieb@bigr2.at VERANTWORTLICH FÜR DEN INHALT: Bundesinnung der Fahrzeugtechnik Berufsgruppe Karosseriebautechniker, Karosserielackierer und der Wagner Redaktionelle Mitarbeiter: Jürgen Klasing, Mag. Irina Podshibyakina Grafik: Blaugrau Media GmbH Druck: Druckerei Odysseus, Haideäckerstraße 1, A-2325 Himberg

MIT FREUNDLICHER UNTERSTÜTZUNG

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UNSER HANDWERK HAT ZUKUNFT Der Facharbeitermangel ist eine der größten Herausforderungen für die Lack- und Karosseriebranche. „Dieses Problem wird uns in Zukunft noch mehr beschäftigen“, sagt Bundesinnungsmeister Erik Paul Papinski. „Unsere Aufgabe ist es, Jugendliche und ihre Eltern zu erreichen und zu überzeugen, dass ein Handwerksberuf Zukunft hat.“

Foto: Facebook-Seite „Lehre zum Karosseriebautechniker“

Über 560 Likes für die Facebook-Seite „Lehre zum Karosseriebautechniker“, wo man auch den aktuellen Stand der Vorbereitungen auf Kazan 2019 verfolgen kann.

HIGHLIGHT WORLDSKILLS

Foto: Porsche Inter Auto GmbH & CO KG

Dominik Eidler wird die Karosseriebranche bei den WorldSkills 2019 in Kazan (Russland) vertreten.

Das alte Sprichwort „Handwerk hat goldenen Boden“ ist wieder aktuell. Die jüngste Arbeitslosenstatistik zeigt deutlich, dass ein Lehrabschluss heute mehr Chancen für einen Job bietet, als akademische Ausbildung. So ist die Zahl der arbeitslosen Akademiker im März 2019 im Vergleich zum Vorjahr um 4,1 Prozent gestiegen. Die Zahl der Arbeitslosen mit einem Lehrabschluss ist hingegen um 10,2 Prozent gesunken (Quelle: AMS).

DIE GANZE FAMILIE ANSPRECHEN Um das Image der Lehre zu heben, gibt es viele Möglichkeiten, wie Öffentlichkeitsarbeit, Social Media oder Einladungen von Schülern in Karosseriefachbetriebe. Es geht darum, nicht nur die Jugendlichen, sondern auch ihre Eltern davon zu überzeugen, dass unser modernes Handwerk viele Chancen für die Zukunft bietet. Auf der Facebook-Seite „Lehre zum Karosseriebautechniker“, die bereits über 560 Likes erreicht hat, werden aktuelle News aus der Branche veröffentlicht. Alle Karosseriefachbetriebe sind eingeladen, aus Ihrem Betrieb oder von Ihren Lehrlingen zu berichten. Nutzen Sie diese Möglichkeit.

Die Teilnehmer der WorldSkills repräsentieren ihren Beruf in der breiten Öffentlichkeit. Über soziale Medien kommunizieren die jungen Helden mit ihren Fans und diese tragen die Botschaften weiter. Die Vorbereitungen unseres Kandidaten Dominik Eidler von Porsche Wr. Neustadt kann man auf auf den Facebook-Seiten „Lehre zum Karosseriebautechniker“ und „Lehre bei Porsche“ sowie auf der Instagram-Seite „Lehre bei Porsche“ verfolgen. Der Niederösterreicher bereitet sich bereits eifrig auf Kazan 2019 vor. „Ich erwarte mir von den WorldSkills viele neue Erfahrungen und die Weiterentwicklung meiner bisher erlernten Fähigkeiten“, so der junge Karosseriebautechniker, der sein Land würdig und bestmöglich vertreten möchte. Wilfried Mennel, Geschäftsführer der Karosserie Akademie, unterstützt ihn im Training als Experte. „Wir greifen bei den VorbereitunDominik Eidler begen auf die Erfahrungen aus Abu Dhabi richtet auf Instagram in einem „Logzurück, um eine gute Performance abbuch“ über seine zuliefern“, erzählt er. Als nächstes wird Trainingseinheiten Dominik an einer gebrauchten Karosserie für die WorldSkills verschiedene Arbeitsabläufe üben.

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129 Tage* bis Kazan Foto: worldskills2019.com

*Gerechnet ab dem Erscheinungsdatum der aktuellen Ausgabe (15. April 2019).

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OPEL UND CITROËN MIT GLEICHEM KAROSSERIEBAU Das erste gemeinsam entwickelte Fahrzeug für das B-Segment, ein Crossover-Modell, stellten Opel und PSA 2017 vor: den Crossland X und den Citroën C3 Aircross. Detaillierten Einblick in den Karosseriebau ermöglichten die Aachener Karosserietage.

Foto: Jürgen Klasing

Die Rohbaukarosserie des Crossland X gab interessante Details zur Blechteilgeometrie und Fügetechnik preis.

ENTWICKLUNG Mit der gemeinsamen Entwicklung eines Fahrzeugmodells wollen die beteiligten Hersteller zunächst ihre Prozesskosten reduzieren, wobei im Ergebnis zwei Fahrzeugmodelle entstehen sollen, die sich markenspezifisch deutlich voneinander abgrenzen und dennoch möglichst viele Gleichteile aufweisen. Wie dieser Prozess beim Crossover-Modell gelang, zeigt die detaillierte Betrachtung des Karosseriebaus. Im Dezember 2012 gab Opel bekannt, dass der Nachfolger des Meriva B in Zusammenarbeit mit dem PSA-Konzern entwickelt werden soll und der Crossland X das erste Fahrzeug dieser Kooperation sein wird. Beim PSA-Konzern sollte das Pendant den ersten Peugeot 2008 und die zweite Generation des Citroën C3 Aircross ablösen. Die Aachener Karosserietage 2018 boten die Gelegenheit, den Karosseriebau des Crossover-Modells und die beiden Komplettfahrzeuge zu vergleichen. Aus dem MPV (Multi Purpose Vehicle), einem Mehrzweckfahrzeug,

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und dem SUV (Sport Utility Vehicle), einem Geländewagen, leiteten die Hersteller ein CUV (Crossover Utility Vehicle) ab, ein Crossover im SUV-Design. Es zeichnet sich durch erhöhte Karosserie, hohe Sitzposition, große Räder und Kotflügelverbreiterungen sowie eine gute Ladekapazität aus. Gemeinschaftsmodell wird auf der Pkw-Plattform (BVH1) aufgebaut und ist mit seinem Frontantrieb nur für den leichten Geländeeinsatz konzipiert.

AUSSENANSICHTEN Der Opel Crossland X und der Citroën C3 Aircross bauen auf einem gemeinsamen Karosseriebau und unterscheiden sich dennoch deutlich: > Beim Crossland X laufen in den beiden Türen seitlich zwei deutlich erkennbare Sicken von vorne nach hinten aus. Der C3 hat dagegen nur eine relativ kurze, quer verlaufende Designkante im unteren Türbereich. > Das kleine Fenster zwischen der C-Säule und der D-Säule ist beim


Foto: Jürgen Klasing

Der Blick in den Fußraum zeigt die warmumgeformten Blechteile (dunkel) als Verstärkungen in der A-Säule, Stirnwand und Tunnel.

Crossland X dreieckig und beim C3 viereckig ausgeführt. Opel hat zudem eine kleine Blende für das „schwebende“ Dach angebracht, während PSA eine Komplettblende über diesen Bereich vorzieht. > Die Radhausverkleidungen sind beim Crossland X rund und beim C3 eher eckig geformt. > Auch die Frontansichten unterscheiden sich deutlich: Der Crossland X wirkt eher ruhig und gediegen, der C3 dagegen eher bullig mit seinen großen Lufteinlassöffnungen und den geteilten Scheinwerfern bzw. Lichteinheiten. Mittels Motorhaube, Kotflügeln und Frontend lassen sich die markenspezifischen Merkmale leicht umsetzen. Im Vergleich zum Vorgängermodell Meriva B wurde der Crossland X so verändert: Er ist jetzt 4.212 mm lang (–88 mm), ohne Außenspiegel 1.765 mm breit (–47 mm) und 1.605 mm hoch (–10 mm). Der Radstand wurde um 40 mm auf 2.604 mm verkleinert. Im Vergleich zum Citroën C3 Picasso und dem vorherigen C3 Aircross hat der neue Citroën C3 Aircross die folgenden Maße: Er ist 4.155 mm lang (+77 mm), ohne Außenspiegel 1.765 mm breit und 1.597 mm hoch (–42 mm). Der Radstand wurde um +64 mm auf 2.604 mm vergrößert.

KAROSSERIEBAU Auf Basis der modifizierten BVH1-Plattform wurden die beiden markenspezifischen Aufbauten entwickelt. Im Karosserierohbau ist zunächst die Fläche zwischen der C- und der D-Säule im Seitenteil unterschiedlich ausgeformt. Weitere Unterschiede ergeben sich durch geschraubte Anbauteile wie vordere Kotflügel, Motorhaube und Heckklappe. Zudem verwandeln die Front- und die Heckschürze das gemeinsam entwickelte Fahrzeug in markenspezifische Modelle.

Foto: Jürgen Klasing

Über einen Spiegel konnte an der Rohbaukarosserie auch die Bodenstruktur von unten angesehen werden. Links (Front) ist zwischen dem Schweller (oben) und dem Tunnel eine zusätzliche Längsverstärkung in der Bodengruppe zu erkennen.

Die Karosserie besteht aus Stahlwerkstoffen verschiedener Materialgüten und hat ein Rohbaugewicht von 235 Kilogramm ohne Anbauteile. In der Karosseriestruktur werden die Stahlsorten mit folgenden Güten (Anteil in Prozent) eingesetzt: High Strength Steel (HSS) mit 39, Low Strength Steel (LSS) mit 32, Press Hardening Steel (PHS) mit 15, sowie Ultra High Strength Steel (UHSS) und Advanced High Strength Steel (AHSS) mit 14 Prozent. Die PHS-Blechteile befinden sich in der A-Säule innen und außen, als Sitzquerträger vorne und in der B-Säule sowie im Dachrahmen von der A-Säule oben bis zur C-Säule. Die UHSS- und AHSS-Blechteile sind als Verstärkungen in der Bodengruppe, im Schweller und in der B-Säule innen eingebaut. Die HSS-Bauteile werden u. a. im Hinterwagen seitlich und in der Hecköffnung eingesetzt.

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EXTRAS AUS STAHLBLECH Die B-Säule ist durch variable Materialstärken in drei Festigkeitszonen untergliedert, um bei einem Seitenaufprall die Crashenergie optimal aufnehmen und weiterleiten zu können. Der mittlere Teil hat eine dickere Blechstärke, der obere und der untere Bereich sind dünner ausgeführt. Dadurch entstehen dort „Soft Zonen“, die elastisch in der Verformung sind, sodass eine größere Energieaufnahme gewährleistet wird. Im Hinterwagen haben die Konstrukteure speziell im Foto: Jürgen Klasing Bereich der Heckklappenöffnung die Blechstärken optiAn den Aachener Karosserietagen 2018 wurden der Karosseriebau des Crossover-Modells und die beiden markenspezimiert. In bestimmten Zonen fischen Komplettfahrzeuge ausgestellt. haben sie die Karosserie verstärkt, in anderen das Gewicht gesenkt. Im Bereich der Heckklappenöffnung und der DachLASTPFADE rahmen konnten sie das Gewicht um rund 4,3 Kilogramm senken. Beim Frontcrash wird die eindringende Energie zuerst über den vorderen Querträger auf die beiden Längsträger verteilt. Diese münden sie in die seitlichen Fußraumstützen an der Stirnwand, VERBINDEN die sie wiederum zu den Schwellern führen. Zusätzlich nehmen Wie nicht anders zu erwarten, fügen die Fahrzeughersteller das zwei langgezogene Profilträger zwischen Schweller und Tunnel in Ganzstahlfahrzeug überwiegend mit dem Punktschweißverfahder Bodengruppe Energie auf. Ein zweiter Lastpfad leitet die Crashren. Für die Bleche der Rohbaukarosserie brauchen sie insgeenergie über die Kotflügelbank in die A-Säule und weiter auf die samt 540 Schweißpunktoperationen. Zusätzlich müssen 20 kurze seitlichen Querverstrebungen in den Türen nach hinten weiter. MIG-Schweißnähte gesetzt werden. Diese verbinden Blechteile an Gleichzeitig kann Energie über den oberen Stirnwandträger auf die Stellen, die nur von einer Seite aus zugänglich sind, zum Beispiel andere Fahrzeugseite oder den Dachrahmen abgelenkt werden. am Boden im Hinterwagen, an der B-Säule innen oder vorne am Beim Seitenaufprall werden die Kräfte primär über die B-Säule, den Längsträger/Federbeindom. Ein Klebstoffeintrag verstärkt die Schweller und die Sitzquerträgeraufnahmen auf die gegenüberliePunktschweißverbindungen in den Bereichen Türöffnung, Schwelgende Fahrzeugseite abgelenkt. Beim Euro-NCAP-Test wurde das ler, Radhaus hinten und beim seitlichen hinteren Fenster in der Crashverhalten der Modelle Crossland X und Citroën C3 Aircross C-D-Säule. Die vollständige Aushärtung des Klebers erfolgt im mit einer Fünf-Sterne-Bewertung ausgezeichnet. KTL-Prozess.

Foto: Jürgen Klasing

Die unlackierte Fahrzeugkarosserie gibt wichtige Informationen für die Unfallinstandsetzung frei: wie sind die Blechteile geformt und angebunden, hier in der Heckansicht.

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Foto: Jürgen Klasing

Am geöffneten Schnittmodell des Crossland X wurde sichtbar, wie die warmumgeformte B-Säulen-Verstärkung am Dachrahmen durch Punktschweißen angebunden ist (im Vordergrund).


DIE TECHNIK ALS VERTRAUENSVOLLER PARTNER Heutzutage ist fast alles vernetzt. In vielen Lebensbereichen arbeiten wir nahezu ausschließlich digital. Die Digitalisierung oder Vernetzung der Werkstatt ist ein breites Feld, das für manch einen Betriebsinhaber eher als Herausforderung, denn als Chance wahrgenommen wird. Wichtig ist, die digitalen Prozesse als sinnvolles Hilfsmittel zu verstehen und einzusetzen – im Zentrum steht nach wie vor ein gut ausgebildeter Mitarbeiter, der durch diese Tools effizienter und sicherer arbeiten kann. IM FOKUS: DIE DIGITALE FARBTONFINDUNG Die Farbtonfindung stellt für Lackierer eine tägliche Herausforderung dar. Bei weltweit 175 Fahrzeugherstellern mit 350 Produktionsstätten, die ihre Bauteile von verschiedenen Zulieferern lackieren lassen, entstehen viele Abweichungen. Hinzu kommt die Modellvielfalt der Fahrzeuge, die unterschiedliche Lackierprozesse mit sich bringt. Weiters sind unterschiedliche Lacklieferanten jeweils von den verfügbaren Rohstoffen abhängig. Die Folge: Nicht selten gibt es einen Farbton in dreißig verschiedenen Varianten. Zusätzlich kommen durch die Einführung von neuen Fahrzeugen weltweit etwa 1.200 neue Farbtöne auf den Markt. Der konventionelle Farbfächer kann dieses Spektrum niemals vollständig abdecken – der Lackierer stößt im Arbeitsalltag an seine Grenzen, weil er an jedem einzelnen Auto den richtigen Ton treffen muss. Hinzu kommt der Kosten- und Effizienzdruck. Die digitale Farbtonfindung hilft dem Lackierer dabei, schnell und unkompliziert den richtigen Farbton zu finden. Foto: AkzoNobel Coatings GmbH

Armin Dürr, Technical Manager AkzoNobel DACH: „Den größten Mehrwert bringt nur die vollständige Umstellung, nicht der vereinzelte Gebrauch des Farbtonmessgerätes. Nur so können die Abläufe im Betrieb optimiert und Reparaturen schneller durchgeführt werden.“ Foto: AkzoNobel Coatings GmbH

Digitale Farbtonfindung – der standardisierte Prozess 1. Im ersten Schritt werden alle relevanten Fahrzeugdaten, die der Lackierer zur Farbtonbestimmung und -optimierung benötigt, in einer Checkliste erfasst. Dazu gehören u. a. der Automobilhersteller, der Farbtoncode sowie -effekte des Fahrzeugs oder auch die Mischmenge für die Reparatur. 2. Nacheinander können so die Autos bereits bei der Fahrzeugannahme erfasst und die Daten in das System übertragen werden. Diese Daten werden dann mit dem Farbtonmessgerät synchronisiert. 3. Jetzt können die Fahrzeuge nacheinander eingemessen werden. Nach der Messung werden die Daten erneut mit der Software synchronisiert und das digitale FarbtonfindungsTool „Smart Search“ schlägt dem Lackierer auf der Basis der Messung eine Rezeptur vor oder erstellt selbstständig eine angepasste Variante des Farbtons. 4. Ein Spritzmuster wird erstellt und unter der Tageslichtlampe oder im Tageslicht geprüft.

Eine wichtige Voraussetzung für den erfolgreichen Umstieg ist, dass der Lackierer sich auf das Arbeiten mit dem Farbtonmessgerät einlässt.

AUF DIE DIGITALISIERUNG EINLASSEN Vollständig angekommen ist die digitale Farbtonfindung in der Branche trotzdem noch nicht. Armin Dürr, Technical Manager AkzoNobel DACH, kennt die Gründe: „Der Mensch neigt dazu, an dem festzuhalten, was er kennt. Neue Methoden erfordern Vertrauen in die Technik und häufig eine Umstellung der Arbeitsweise. So ist das auch in unserer Branche.“ Da viele Lackierer ein extrem gutes Augenmaß für Farbtöne entwickelt haben, sind sie dem Farbtonmessgerät gegenüber eher skeptisch: Sie bekommen dadurch das Gefühl, den Prozess nicht mehr kontrollieren zu können, weil sie ihre Kompetenz an ein Gerät abgeben. Aus diesem Grund setzen selbst Lackierer, die ein Farbtonmessgerät besitzen, dieses nur dann ein, wenn sie mit dem Farbtonfächer oder den Spritzmustern an ihre Grenzen stoßen. Dazu besteht laut Armin Dürr kein Grund: „Die Technologien samt Geräten und Software sind bereits so hoch entwickelt, dass sie die bisherige Colordokumentation vollständig ablösen können.“

5. Im letzten Schritt erfolgt die Lackierung des Fahrzeugs. 6. Tipp: Nach der Lackierung und der vollen Trocknung sollte das Auto nochmals eingemessen und der Farbton in der eigenen Datenbank gespeichert werden. So baut sich der Lackierer im Laufe der Zeit eine wertvolle eigene Datenbank auf, die auf den tatsächlich lackierten Fahrzeugen beruht. Grafik: AkzoNobel Coatings GmbH

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SPLITTER

und -abrechnung, Fachkräftemangel und Lehrlingsausbildung standen im Mittelpunkt der Tagung. Dipl.-Ing. (FH) Neofitos Arathymos, Geschäftsführer des ZDK (Zentralverband Deutsches Kfz-Gewerbe) präsentierte ein von ihm erarbeitetes Positionspapier für einen fairen Zugang zum vernetzten Fahrzeug sowie Daten, die man verwenden kann. Die Vertreter der 5 Länder bekräftigten ihre Unterstützung für dieses Dokument vorbehaltlos. Das nächste 5-Länder-Treffen soll vom 27. bis 28. April 2020 in Luxemburg stattfinden.

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AIRC GENERALVERSAMMLUNG IN ZAGREB Auf Einladung des kroatischen Karosserieverbandes traf sich Anfang April der internationale Karosserieverband AIRC zur Jahresversammlung – mit dabei waren Vertreter von Österreich, Deutschland, Schweiz, Dänemark, Belgien, Schweden, Island, Luxemburg und Südtirol. Auf der Tagesordnung standen Erfahrungsaustausch, finanzielle Regularien und der Besuch von drei Karosserie-Fachbetrieben. Neu stellte sich der italienische Verband vor, der dem AIRC beitreten möchte. Ivica Ivicek vom kroatischen Verband erläuterte die Situation in seinem Land, wo es noch Nachholbedarf bei Betriebsausstattung und Mitarbeiterqualifikation gibt. Die Schadenabrechnung durch die Versicherungen folgt noch keiner einheitlichen Regelung, deshalb hat Ivicek mit Unterstützung aus Deutschland ein „rule book“ mit technischen und kaufmännischen Regeln für einen Reparaturprozess nach europäischen Standards entworfen. Zwei Fachvorträge rundeten das Programm ab: Mike Richter von AUTEL stellte das unabhängige Kalibrierungssystem vor und Norbert Grimmeisen, Verkaufsleiter Zentral Europa BASF Coatings, wagte einen Blick in die zukünftige Lackreparatur-Abwicklung und erläuterte, welche Farbtöne bei welchen Fahrzeugmodellen bevorzugt werden. Text: Jürgen Klasing

Seit neuestem in repair-pedia: > ZKF-Tipp BMW X2 (F39) – B-Säule ersetzen > Zwei technische Mitteilungen des AZT zu Tesla Model 3 > ZKF-Tipp Volkswagen T6 – Seitenteil ersetzen, in den Varianten „komplett“, „hinten unterhalb“ und „Trennschnitt im Fensterbereich“ > ZKF-Tipp Insignia B – Schweller ersetzen

WIR GRATULIEREN Johann Egger-Richter, Ausschussmitglied der Landesinnung der Fahrzeugtechnik NÖ, Berufsgruppe Karosseriebautechniker, Karosserielackierer und Wagner, zum 60. Geburtstag! Foto: WK NÖ

WIR TRAUERN um KommR Herbert Leibetseder, Karosseriebaumeister i. R., der am 4. Februar 2019 im 79. Lebensjahr von uns gegangen ist. Foto: privat

Foto: Jürgen Klasing

V. l. n. r.: Inhaber von Fachbetrieb Auto Kantoci, die Vertreter Österreichs Herbert Hochenthanner, Ferdinand Jandl, AIRC-Präsident und BIM Erik Paul Papinski, Ivica Ivcek vom Kroatischen Verband

FÜR EINEN FAIREN DATENZUGANG Karosseriebauer aus Österreich, Deutschland, der Schweiz, Südtirol und Luxemburg haben im März 2019 in Friedberg (D) das jährliche 5-Länder-Treffen abgehalten. Themen wie Schadenabwicklung

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