BIORAMA Nº. 51
MILCH
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links: Euterschau bei einer italienischen Agrarmesse. unten: »Milchfabrik« im Film »Das System Milch«.
Milchkuh Emma tritt um halb sieben am Morgen zum Melken an, auf dem Hof der Familie Höck in Lohmar. Bei den rund 100 Rindern dauert das ungefähr zwei Stunden. 2.500 Kilo Milch kommen so täglich zusammen. Kuh Emma gibt zwischen 6.000 und 10.000 Kilo Milch pro Saison. Eine Saison – das ist die Zeitspanne, in der eine Kuh nach dem Kalben Milch gibt und gemolken werden kann. Sie dauert etwa zehn Monate. Zweimal am Tag wird beim Familienbetrieb Höck gemolken. Ein Teil der Milch landet nicht im Tankwagen der Molkerei, sondern in der Milchtankstelle. Die besteht aus einem Automaten, der in einer Gartenhütte nahe der Hofeinfahrt steht. Hier gibt’s für einen Euro einen Liter Rohmilch ab Hof.
SELBSTVERMARKTUNG UND BIO
duzieren, Abfüllen und Vermarkten von Milch mache allerdings nicht für jeden Betrieb Sinn, gibt Antje Hassenpflug zu bedenken: »Was man auf jeden Fall haben muss, ist Freude am Kontakt mit Menschen, weil man in der Direktvermarktung eben an den Endverbraucher vermarktet. Wenn einem das nicht so liegt, dann sollte man nicht in die Direktvermarktung gehen.« Immerhin: Wer als Landwirt die Molkereien aus dem Spiel lässt, kann zum Teil deutlich höhere Preise für seine Milch erzielen. Von den Mitgliedern des Verbands der Milchdirektvermarkter weiß Antje Hassenpflug, dass Literpreise zwischen 1,20 und 1,80 Euro realistisch sind. »Man kann das ja nur machen, wenn es sich lohnt. Wenn kein Euro übrig bleibt, dann muss man es sein las-
Wenn die Milchpreise, die von den Molkereien gezahlt werden, für längere Zeit im Keller sind, dann sehen sich viele Bauern nach alternativen Vertriebswegen um. Das kann Antje Hassenpflug vom deutschen Verband der Milchdirektvermarkter bestätigen: »Das Hauptargument für die Direktvermarktung ist die Unabhängigkeit von den Molkereien im Preis. Wenn der Preis sehr niedrig ist, dann versuchen natürlich mehr Landwirte, in die Direktvermarktung zu gehen.« Ein Rohmilch-Automat, wie er auf dem Hof Höck steht, das ist nur der Einstieg in die Direktvermarktung im kleinen Stil. Wer seine Milch direkt in den Handel bringen will, der muss besondere Hygienestandards erfüllen und zunächst einmal in eine eigene Abfüllanlage investieren, erklärt die Schleswig-Holsteinerin Hassenpflug: »Die Investitionen liegen in aller Regel so zwischen 270.000 und zirka einer Million Euro. Wenn man die Tetra-PakAbfüllung wählt, ist das schon wahnsinnig teuer.« Günstiger ist das Mehrwegsystem. Die Kombination von Pro-
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