Sml referenzbuch 01

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Kapfenberg, wir kommen! Richard erzählt: Bei der Besichtigung der Landwirtschaft des Grafen Stubenberg fand mein Vater dort drei Pächter bzw. Nutzer vor: Es waren dies eine Gärtnerei, der bisherige Verwalter und die kinderreiche Familie Resch, die den Grund nördlich der Straße gepachtet hatte und dort vielleicht drei oder vier Kühe hielt. Ausschlaggebend für den Wunsch des Grafen, die Kapfenberger Gründe ganz zu verpachten, war die finanzielle Situation des Betriebes. Die ständig wechselnden Verwalter arbeiteten so schlecht, dass alljährlich immer neue Verluste entstanden. Diese musste der Graf ausgleichen, indem er jeweils viele Festmeter Holz schlägern ließ. Mit der Verpachtung hatte er zumindest gesicherte Einnahmen und brauchte nicht mehr draufzuzahlen. Die Pacht des Verwalters lief 1932 aus, und er übernahm eine kleine Landwirtschaft in Gratkorn. Mit zunehmend trüber Wirtschaftslage ging dann 1935 die Gärtnerei in Konkurs. Der Betrieb war schwer verschuldet und machte kaum noch Geschäft. Überall wucherte das Unkraut. Daraufhin kam ein neuer Gärtner aus Graz, der in Kapfenberg neu durchstarten wollte. Er sondierte die Lage vielleicht acht oder zehn Tage lang und wurde von unserer Mutter gut verpflegt. Anscheinend fühlte er sich von der Aufgabe aber überfordert, denn eines Nachts verschwand er spurlos und kam nie mehr zurück. Also blieben wir ab 1935 als einzige Pächter zurück. Wir hatten damals schon einige Knechte und stolze fünfzig Kühe. Das dürften uns manche geneidet haben, denn 1937 brachte der Obmann der Genossenschaft Landforst eine Kontingentierungsvorschrift durch, die offenbar direkt auf uns zugeschnitten war. Für ein bestimmtes Kontingent bekamen wir 24 Groschen pro Liter Milch, für 33


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