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Die wilden 50er!

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 Rätsel-Eck

 Rätsel-Eck

Wir haben versucht, das Lebensgefühl vor 70 Jahren zu erforschen. Wie war der Alltag, die Schule, wer waren die Vorbilder dieser Zeit?

Die »wilden« 50er Jahre waren geprägt vom Wiederaufbau nach dem 2. Weltkrieg, einem neuen Musikstil, flotten Tänzen und von neuartiger Technik, die bald für alle Haushalte leistbar wurde. Viele Trends sind bis heute modern, z.B. in der Wohnkultur und in den Mode-Standards. Gegensätze zwischen den Generationen traten deutlich hervor. Die Jugend war in Aufbruchsstimmung. Der Lebensstil in Amerika war ein großes Vorbild für Europa.

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Die Kindheit

In den Autos gab es weder Sicherheitsgurte noch Airbags, damals waren die Autos auch noch nicht so schnell. Erwachsene rauchten auf der Fahrt in den Urlaub während Kinder bleich auf der Rückbank saßen und sich mit Ratespielen die Zeit vertrieben.

Außerdem gab es damals noch keine Kindersicherungen bei Steckdosen, Putzmitteln oder Medikamenten. Fahrradhelme waren noch kein Thema. Kinder bauten sich damals die Seifenkisten selbst und fuhren damit Wettrennen. Sie spielten auf der Straße, da es kaum Verkehr gab, fuhren mit den Rollschuhen oder schwangen erstmals den Hula Hup-Reifen, der in Mode kam. Sie waren ohne Aufsicht unterwegs. Verabredungen machte man sich persönlich aus oder schrieb einen Brief oder eine Postkarte. Ein Telefon war nur in sehr wenigen Haushalten eingeleitet. Kinder aßen Kekse und Butterbrote und nahmen nicht zu, da sie sich ganz viel im Freien bewegten. Limonade gab es nur zu besonderen Festen. Schokolade und andere Süßigkeiten waren auch etwas Besonderes, da man solche Sachen selten ge-

Die wilden 50er!

schenkt bekam. Fertiggerichte gab es auch noch keine, es wurde alles selbst gekocht. Die Lebensmittel kamen wenn möglich aus dem eigenen Garten. Große Supermärkte, gab es erst viel später. Es war normal, dass die Frau zu Hause blieb und für die Familie kochte. Die Frauen hatten also mehr Zeit zum Kochen. Sie benötigten diese Zeit auch, um die Nahrungsmittel zu verarbeiten und den Haushalt zu machen. Es gab noch keine Waschmaschinen, Geschirrspüler oder andere elektrische Hilfsmittel. Alles wurde noch mit der Hand erledigt.

Schule

Früher hatte man großen Respekt vor den Lehrer*innen. Man musste aufstehen wenn Lehrer herein kamen oder man sich gemeldet hatte und aufgerufen wurde. Die Schüleranzahl in den Klassen war viel höher als heute. Den Hauptschulabschluss erreichte man nach der 8. Klasse und wenn man weitermachen wollte, musste man für Realschule oder das Gymnasium bezahlen.

Zu dieser Zeit war es nichts Besonders, wenn der Pfarrer selbst den Religionsunterricht hielt. Die katholischen Schüler*innen mussten immer mittwochs in der Früh vor der Schule zur Kirche gehen. Wenn man vom Pfarrer dort nicht gesehen wurde musste man im Religionsunterricht zur Strafe in der Ecke stehen. Damals gab es nur ein bis drei Lehrer für alle Fächer. Außerdem hatte der Lehrer damals einen Rohrstock mit dem er auf den Tisch oder auf die Finger schlug. Wenn man die Finger wegzog, schlug er so lange weiter bis er die Finger traf. Kinder, die sich das nicht gefallen ließen, füllten den Stock mit Tinte, sodass das ganze Klassenzimmer voller Tinte war, wenn sie das nächste Mal jemanden damit schlug. Danach musste die ganze Klasse aber zur Strafe das Klassenzimmer putzen. Auch das Winkerlstehen bei »Vergehen« war gebräuchlich. Bei einem Schulausflug musste man immer in Zweierreihen gehen und sang dabei Lieder. Außerdem musste man damals samstags zur Schule gehen. Lehrer sprachen das Machtwort, eine Widerrede war ausgeschlossen, und auch Eltern hatten großen Respekt vor diesen Personen.

Alltag

Auch von den Eltern wurde Gehorsamkeit der Kinder eingefordert und wenn die Kinder frech oder widerwillig waren, gab es oft eine Prügelstrafe. Mit für damals provokanter Mode und der wilden Rock´n´Roll Musik lehnten sich die Jugendlichen gegen den biederen Lebensstil der Erwachsenen auf. Die »Halbstarken« rauften sich gerne auf der Straße. Der Vater war das Familienoberhaupt und er durfte bestimmen. Er war es meist auch, der das Geld verdiente und der Frau ein Haushaltsgeld gab, mit dem sie einkaufen gehen konnte.

Viele Haushalte besaßen ein Röhrenradio, das das elektronische Unterhaltungsmedium schlechthin war. Kaum ein Haushalt hatte einen Fernseher, und wenn doch waren die Bilder in schwarz/weiß. Eine Musiktruhe galt als Luxus und war das Highlight jeder Party, da sie sowohl Röhrenradio als auch Plattenspieler umfasste. Jazz und Rock´n´Roll drang aus den Geräten. Dazu wurde ausgelassen und viel freier als in früheren Zeiten getanzt. Der Rock’n’Roll ist sicherlich die Grundlage für die Weiterentwicklung der Popmusik in den späteren Jahrzehnten.

Fortbewegt hat man sich zu Fuß mit dem Bus oder mit einem Motorroller. Ein eigenes Auto konnten sich nur wenige leisten.

Mode

Nach den Kriegsjahren hatte man nun Lust auf viel Farbe bei der Einrichtung und bei der Mode. Frauen zeigten in den 50ern gern Taille und Dekolleté. Ein weit schwingender Rock, darunter der Petticoat (ein bauschiger, aus versteiften Perlon und NylonStoffen bestehender Unterrock) betonte die weibliche Figur. Typische Muster waren Tupfen und Punkte. Dazu trug Frau Bleistiftabsätze. Hosen waren für Frauen erst in den späten 50ern ein Thema. Junge Frauen wollten vor allem nicht langweilig aussehen. Das galt natürlich auch für die Frisur. Mädchen schnitten ihre Zöpfe ab, trugen breite, farbenfrohe Haarbänder zum toupierten Pferdeschwanz. Offenes Haar wurde ebenso toupiert oder Haarpartien zur typischen 50er-Tolle eingedreht.

Auch Männer trugen jetzt gerne mehr Farbe. Sie trugen farbenfrohe, gemusterte Kra- watten und einen lässigen Hut zum gewohnten Dreiteiler (Männeranzug). Ihr Haar wurde nun zur Haartolle nach oben gestylt. Weiters trugen Männer bunte Perlon- oder Nylonhemden und Jeanshose in der Freizeit. Die Jeans hatte ihren Durchbruch, zusammen getragen mit einem Ledergürtel und spitzen Lederstiefeln.

Beliebte Modedesigner von damals waren und sind bis heute Coco Chanel und Christian Dior.

Nichts spiegelt den Lebensstil so wieder, wie die Musik zu dieser Zeit. Deshalb wollen wir uns die Musik und die Tanzrichtungen noch einmal genauer ansehen.

Musik und Tanz

Rock´n´Roll

Die Rock´n´Roll Geschichte begann in den 20er Jahren in Amerika. Swing und Blues entstanden und traten als neue Musikrichtungen und Tanzarten auf. Beide Musikarten sind auf dem 4/4-Takt aufgebaut, der auch die Grundlage des Boogie-Woogie ist.

Auch wenn vorher schon Schallplatten mit Rock´n´Roll–Musik veröffentlicht wurden, war die Geburtsstunde erst am 12. April 1954 mit der Aufnahme des Titels »Rock around the Clock« von Bill Haley & The Coments. Dieses Lied war der erste internationale Rock´n´Roll–Hit.

Außer Bill Haley gab es noch eine Reihe anderer Rock´n´Roll-Musiker, die sehr beliebt waren, zum Beispiel Fats Domino, Jerry Lee Lewis, Chuck Berry und natürlich Elvis Presley, der King of Rock´n´Roll.

In der Blütezeit der 1950er Jahre war es in, sich mit Röhrenhosen, Ringelsocken, Petticoats, pomadigen Schmalzlocken und einem Pferdeschwanz am Tanzparkett zu präsentieren. In diesen Jahren bedeutete der Rock’n’Roll eine Befreiung von all den

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