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Arbeitslager Jüdischer Hilfsorganisationen

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Zur Geschichte

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gelangt, was zusammen mit der deutschen Niederlage den Antisemitismus beförderte. Man knüpfte hier an einen Gedanken aus den 1880er Jahren an, »Quarantänelager für Ostjuden« zu schaffen, um sie über die Häfen abzuschieben. So wurden ab 1921 Internierungslager für unerwünschte Ausländer eingerichtet – in Brandenburg z.B. in Cottbus-Sielow in einem ehemaligen Barackenlager des Ersten Weltkrieges für kriegsgefangene Russen.16 Eigentlich hatten zunächst freiwillige Barackenarbeitslager eingerichtet werden sollen, auch in Kooperation mit jüdischen Hilfsorganisationen.17 In diesem Zusammenhang wurde 1920 interessanterweise auch ein Lager in Zossen genutzt, bei dem es sich entweder um das Halbmond- oder das Weinberglager gehandelt haben muss, denn beide standen schon seit 1915 zur Verfügung. Bezeichnenderweise wird hier auch schon die Bezeichnung »Konzentrationslager« verwendet, wenn auch nur vom »Völkischen Beobachter«.18 Das Lager als Ort des Ausschlusses »Gemeinschaftsfremder« war jedenfalls bereits in der Weimarer Republik politische Praxis.

Arbeitslager Jüdischer Hilfsorganisationen

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Freiwillige Arbeitslager Jüdischer Hilfsorganisationen gab es wie oben erwähnt schon seit den 1920er Jahren. Zur Vorbereitung auf ein Leben in Palästina gab es nicht nur im Umkreis von Berlin eine ganze Reihe sogenannter Hachschara(hebräisch Vorbereitungs-) Stätten, an denen Gartenbau und Landwirtschaft gelehrt wurde. Ein nicht-archäologischer Dachbodenfund von Archivalien aus Belzig gibt hier schlaglichtartig Einblicke.19 Hier konnten dann praktischerweise die überall auf dem Reichsgebiet entstehenden ersten Zwangsarbeitslager für Jüd*innen anknüpfen. Sie unterschieden sich dabei erheblich von den späteren Lagern in den besetzten Gebieten. Aber bereits vor Beginn des Zweiten Weltkrieges wurden jüdische Männer in Deutschland unter der Regie der Reichsarbeitsverwaltung zur Zwangsarbeit herangezogen und in Lagern untergebracht.20 Diese meist kleinen und oft nur wenige Monate bestehenden Lager wurden entweder von kommunalen Einrichtungen oder von Privatunternehmen getragen, im »geschlossenen Arbeitseinsatz« und von anderen Belegschaften abgesondert.21 Den Hintergrund für diese Maßnahmen bildete die antisemitische Politik der Entrechtung der jüdischen Bevölkerung, die – vor allem im Zuge des steigenden Bedarfs an Arbeitskräften – verbunden war mit dem Ziel, die Arbeitskraft der jüdischen Bevölkerung maximal auszubeuten. Durch den seit 1938 von den Nationalsozialisten vorangetriebenen Ausschluss aus dem Wirtschaftsleben wurden immer mehr jüdische Menschen in Erwerbslosigkeit und Armut gedrängt. Auf dem Gebiet des Deutschen Reiches mussten Jüd*innen ab Herbst 1940 unter anderem auch in der Rüstungsindustrie arbeiten. Nach Kriegsbeginn wurden auch die von jüdischen Vereinen zur Auswanderungsvorbereitung und später von der Reichsvereinigung der Jüd*innen in Deutschland getragenen Umschulungslager zunehmend in das System der Zwangsarbeit integriert und von den Nazis entsprechend reorganisiert. Die Funktion der im Reichsgebiet für Jüd*innen eingerichteten Lager verschob sich ab 1941 von reinen Arbeits- hin zu Wohn- und Arbeitslagern, in denen Frauen, Männer und Kinder im Zuge der Deportationsvorbereitungen »konzentriert« wurden. Im Zuge der Deportation der jüdischen Bevölkerung in das besetzte Polen ab 1942 wurden die Arbeitslager im Reichsgebiet schließlich bis auf wenige Ausnahmen bis Mitte 1943 aufgelöst. In Brandenburg sind als Standorte von Arbeitseinsatzlagern für Jüd*innen außer Neuendorf im Sande z.B. auch das Gut Garzau im Havelland bekannt.22 Dass es auch so etwas gab wie ein »Jüdisches Forsteinsatzlager« bei Kersdorf/Briesen, wo es heute noch einen »Judenwald« geben soll, kann man im Internet der sogenannten Grauen Literatur entnehmen.23 Archäologische Untersuchungen fehlen bis heute.

Dennoch gab es am Ende Lager wie Brieskow-Finkenheerd, wo jüdische Arbeitskräfte zunächst für den Autobahnbau,24 dann für das Recycling von Flugzeugschrott noch einmal ins Reich zurückgeholt wurden. Das sollte zu dem Zeitpunkt doch eigentlich schon »judenfrei« sein, eine zentrale ideologische Forderung, dasselbe ist auch bei der Untertageverlagerung der Jagdflugzeugproduktion zu beobachten.25 Diese Rückbewegung hing am Ende des Krieges auch mit der Auflösung von KZs im Westen und Osten zusammen.26

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