Schwert der Justiz (Leseprobe)

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Vorwort MANFRED GÖRTEMAKER

Beim traditionellen Neujahrsempfang des Bundesministers der Justiz im Februar 2014 stellte mir der Leiter des Referats Zwangsvollstreckung im BMJ, Ministerialrat Detlef Wasser, den Bundesvorsitzenden des Deutschen Gerichtsvollzieher Bundes e.V., Walter Gietmann, vor. Gemeinsam mit dem Marburger Strafrechtler Christoph Safferling leitete ich damals die »Unabhängige Wissenschaftliche Kommission beim Bundesministerium der Justiz zur Aufarbeitung der NS-Vergangenheit«, wie der offizielle Titel etwas umständlich hieß, – also das »Rosenburg-Projekt«, bei dem es um die Frage ging, wie man in der Bundesrepublik und besonders im Bundesjustizministerium nach 1949 mit dem NS-Erbe umgegangen war. Walter Gietmann, der seine Tätigkeit als Gerichtsvollzieher – seit 1986 als Obergerichtsvollzieher – bis 2018 unter anderem beim Amtsgericht Krefeld ausübte, war vom Rosenburg-Projekt offenbar derart angetan, dass er die Hoffnung äußerte, dass »etwas Ähnliches« auch über den Berufsstand der Gerichtsvollzieher zustande kommen werde. Anknüpfungspunkt für die Verbindung zwischen dem Rosenburg-Projekt und einer möglichen Untersuchung zur Geschichte der Gerichtsvollzieher in Deutschland war natürlich deren Rolle im »Dritten Reich«, insbesondere bei der sogenannten »Arisierung« jüdischen Vermögens beziehungsweise der Enteignung und Ausplünderung von Juden im Zuge des Holocaust. Zwar handeln Gerichtsvollzieher nicht in eigener Machtvollkommenheit, auch wenn sie als Beamte des mittleren oder gehobenen Dienstes einen eigenen Geschäftsbetrieb mit eigenem Geschäftszimmer und Büroangestellten führen. Aber als Organe der Rechtspflege, denen die Aufgabe zukommt, Schriftstücke zuzustellen sowie Urteile und andere Titel zwangsweise zu vollstrecken, üben sie in eigener Verantwortung öffentliche Gewalt aus. Damit können sie sich auch von der Mitverantwortung an Verbrechen, die von dem Staat, dem sie dienen, begangen werden, nicht freisprechen. Nicht zuletzt gilt dies für die Zeit des diktatorischen NS-Regimes. Wie die Verwaltungspraxis des »legalisierten Raubs« im nationalsozialistischen Staat aussah und welche Rolle in diesem Zusammenhang die Finanzverwaltung insbesondere

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