"Die Mauer war doch richtig!" (Leseprobe)

Page 21

»Es trieb mich dazu, das mit Bangen Erwartete und doch nicht für möglich Gehaltene mitzuerleben, die Wandlung des Albtraums in Realität mit eigenen Augen zu sehen.« Günter de Bruyn, Vierzig Jahre, 1996

Der Tag danach Berlin am 13. August 1961 »Ein Aufstand ist nicht real« DER SED-STAAT IN DER OFFENSIVE Die große Unbekannte war das Volk. Während die SED-Führung die Absperrung der Sektorengrenze für den 13. August 1961 generalstabsmäßig vorbereitete1, blieb unklar, wie die Menschen, insbesondere die Ost-Berliner, reagieren würden. Als der sowjetische Regierungschef Nikita Chruschtschow Walter Ulbricht während eines Telefonats am 1. August 1961 mit Erkenntnissen westlicher Geheimdienste konfrontierte, wonach »in der DDR die Bedingungen für einen Aufstand herangereift« seien, entgegnete der SED-Chef, ihm wiederum lägen »Informationen vor, dass die Bonner Regierung durch Abwerbung und Organisierung von Widerstand Schritt für Schritt die Bedingungen für einen Aufstand vorbereitet, der im Herbst 1961 stattfinden soll«. Er zählte zunächst einige Belege für die »Methoden des Gegners« wie »Sabotageakte« auf, um dann zu fragen: »Ist das alles real?« Die Frage war rein rhetorisch. Ohne eine Antwort Chruschtschows abzuwarten, konstatierte Ulbricht: »Ein Aufstand ist nicht real.« Allerdings schloss er nicht aus, dass es zu einzelnen »Aktionen« kommen werde. Dabei verwies er exemplarisch auf die von »feindlich gesinnte[n] Ingenieure[n]« organisierte Unterschriftensammlung in einem Betrieb bei Berlin, mit der unter anderem »freie Wahlen« gefordert wurden. Hausdurchsuchungen »bei diesen Leuten« hätten ergeben, dass die Initiative »auf das Wirken amerikanischer Agenten« »Ein Aufstand ist nicht real«

Rauh_Mauer.indd 21

21

23.06.21 14:02


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.
"Die Mauer war doch richtig!" (Leseprobe) by BeBra Verlag - Issuu