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Einleitung

Einleitung

Der freie Personen- und Güterverkehr gehört zu den fundamentalen Freiheitsrechten der Europäischen Union und des gemeinsamen Marktes. So steht unter dem ersten Kapitel „Our Vision“ der „Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität“, die die Europäischen Kommission am 9. Dezember 2020 vorgelegt hat. Schon im nächsten Satz wird die Dimension dieser Erkenntnis geschmälert, indem die EU-Kommission den Transportsektor mit zehn Millionen Beschäftigten und fünf Prozent Beitrag zum europäischen Bruttoinlandsprodukt nur als einen wichtigen Wirtschaftssektor ansieht. Das ist viel zu kurz gesprungen.

Der Transportsektor ist in erster Linie „Enabler“ für wirtschaftlichen Wohlstand, für den Erhalt und die Ansiedlung von Industriestandorten an allen Orten der Europäischen Union und damit unverzichtbar beim Ausgleich regionaler Disparitäten sowie dem tagtäglichen Betrieb des europäischen Binnenmarktes. Es muss also darum gehen, die Leistungsfähigkeit der europäischen Transportwirtschaft trotz des Ziels der Klimaneutralität weiter auszubauen, wenn das Gesellschaftsmodell der sozialen Marktwirtschaft noch weitergetragen werden soll. Transportwirtschaft verbindet Menschen und Güter und bildet so Beziehungsgeflechte und Wertschöpfungsketten, die Grundlage unserer arbeitsteiligen Wirtschaftsordnung mit ihren freiheitlichen Grundwerten ist.

Einer verlässlichen Infrastruktur und einem leistungsfähigen Transportsektor ist es zu verdanken, dass Industriestandorte in ganz Europa wettbewerbsfähig sind und sich eben nicht nur einzelne Cluster herausbilden, während andere Regionen wirtschaftlich im Abseits bleiben. Im Gegenteil: Jedem Beitrittsland der europäischen Union wurde ein höheres Maß an wirtschaftlicher Teilhabe am gemeinsamen Markt ermöglicht und damit Wohlstand und Stabilität für die Bevölkerung geschaffen. Der Transportsektor ist das Bindeglied zwischen 27 Volkswirtschaften mit 450 Millionen Menschen, die tagtäglich Güter konsumieren und unterschiedlichste Wertschöpfungsbeiträge leisten.

Dank enormer technologischer Entwicklungen sind die Emissionen pro Tonnenkilometer oder Personenkilometer in den letzten 20 bis 30 Jahren deutlich gesunken – dies gilt für alle Verkehrsträger gleichermaßen. Aufgrund der stetig wachsenden Vernetzung der Wirtschaftsstandorte und der Teilhabe immer größerer Bevölkerungsteile am Wohlstand sind in Summe die Emissionen gestiegen. Die eigentliche Herausforderung besteht darin, die wirtschaftliche, soziale und ökologische Stabilität im Sinne eines wirklichen Nachhaltigkeitsansatzes zu erhalten und auszubauen, während gleichzeitig Logistik- und Lieferketten effizienter, umweltfreundlicher und im Idealfall klimaneutral werden.

Dass sich die EU-Kommission diesen Herausforderungen mit ehrgeizigen Etappenzielen nähern will, ist nachvollziehbar. Diese wirken aber insgesamt völlig losgelöst von gesamtgesellschaftlichen Zielen, die möglicherweise in einen fundamentalen Interessenskonflikt münden. Beispielsweise dann, wenn „grüner Stahl“ kostengünstiger in sonnenreichen Regionen hergestellt wird, in denen auch noch Eisenerz abgebaut wird, oder aufgrund steigender Transportkosten Standorte in abgelegenen Regionen unrentabel werden. Die zentrale Herausforderung für unsere Gesellschaft besteht darin, Klimaschutzziele mit ökonomischen und sozialen Interessen zu vereinen. Daher stellt die EU-Kommission zu Recht fest, dass Mobilität für alle bezahlbar und verfügbar sein muss.

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