24/7 - Dein Tag in Berlin

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FOTO: AP/DAPD/VIRGINIA MAYO

24/7

Euro-Krise: Streit der EU-Finanzminister spaltet Europa Seite 2

FOTO: DPA

DEIN TAG IN BERLIN

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Wegwerf-Republik: Bund startet Kampagne gegen Lebensmittelverschwendung Seite 4/5

Leader gesucht: Christian Lell und Andreas Ottl verkörpern Herthas Krise Seite 7

FOTO: DPA/SAMI BELLOUMI

Mittwoch, 14. März 2012

50 Cent

Facebook.com/24sevenBerlin

Daten eines Lebens: Mathematiker Stephen Wolfram analysiert sich selbst

Tötung auf Verlangen: Müssen Komapatienten weiterleben? Seite 3


Mittwoch, 14.03.2012

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POLITIK

Säbelrasseln am Hindukusch Nach dem GI-Massaker eines US-Soldaten an 16 afghanischen Zivilisten am Sonntag, drohte TalibanSprecher Sabihullah Mudschahid mit der Enthauptung von US Soldaten. Derweil eskalierte die Stimmung. Bei anhaltenden Ausschreitungen wurde ein afghanischer Soldat bei der Begehung des Tatorts von Sonntag von der aufgebrachten Bevölkerung erschossen. ISRAEL

Waffenruhe mit Palästinensern Nach tagelanger Gewalt haben sich Israel und Palästinenser auf eine „umfassende und gegenseitige“ Waffenruhe geeinigt, wie ein ägyptischer Regierungsvertreter in der Nacht zu Dienstag mitteilte. Die Übereinkunft sei bereits um 1 Uhr in Kraft getreten. Ägypten bemüht sich seit Tagen um Vermittlung in dem Konflikt. BUNDESBANK

Überschuss geschrumpft Der Überschuss der Deutschen Bundesbank ist wegen der Euro-Staatsschuldenkrise auf 643 Millionen Euro geschrumpft. Grund war die deutlich gestiegene Risikovorsorge im vergangenen Jahr, wie die Notenbank gestern in Frankfurt mitteilte. 2010 hatte der Jahresüberschuss noch 2,2 Milliarden Euro betragen. Der Überschuss wird an den Bund abgeführt. RECHTEXTREMISMUS

Schlag gegen Neonazis Bei einer groß angelegten Razzia in gleich drei Bundesländern hat die Polizei 24 Personen mit rechtsradikalem Hintergrund festgenommen. Bei den Durchsuchungen in Rheinland-Pfalz, NordrheinWestfalen und Thüringen wurden auch Mitglieder der rechtsextremen NPD verhaftet. Den Beschuldigten wird Verfassungsfeindlichkeit sowie Körperverletzungen oder Landesfriedensbruch vorgeworfen.

KOMMENTAR STEFAN MAIR

Börsenabgabe und spanisches Defizit sorgen für Konflikt Gut für den

Wahlkampf

STEFAN MAIR

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ie EU-Finanzminister haben sich erstmals mit der Einführung einer Steuer auf Finanzmärkte beschäftigt. Großbritannien und Schweden führen die Gegner an, insgesamt zehn Länder. Frankreich und Deutschland sprechen für die insgesamt neun Befürworter. „Für uns ist eine Finanztransaktionssteuer schwer zu akzeptieren“, bekräftigte Schwedens Finanzminister Anders Borg in Brüssel seinen Widerstand. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble entgegnete, es sei nicht gerecht, den Umsatz von Gütern und Dienstleistungen mit der Mehrwertsteuer zu belegen, nicht jedoch den Umsatz mit Finanzprodukten und Finanzdienstleistungen. Bereits Ende September des vergangenen Jahres legte die Europäische Kommission einen Entwurf für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer vor. Diese Steuer versteht sich als Umsatzsteuer auf Aktien, Derivate und andere Finanzprodukte. Mit der Transaktionssteuer soll eine gerechte Beteiligung des Finanzsektors an den Kosten der Finanzkrise garantiert werden. Die Befürworter zeigen sich überzeugt, dass durch die Einführung der Steuer ein gutes Regulierungsinstrument für die europäischen Finanzmärkte zur Verfügung steht. Gesprächsthema des Treffens sind auch die Sorgen um das hohe spanische Defizit. Euro-Gruppenchef Jean-Claude Juncker hat die spanische Regierung aufgerufen, ihre für das

FOTO: REUTERS/ YVES HERMAN

AFGHANISTAN

Steuer spaltet EU

Spaniens Wirtschaftsminister de Guindos (l.) und Juncker

nächste Jahr gesetzten Haushaltsziele einzuhalten. „Wir gehen davon aus, dass Spanien sein Haushaltsziel für 2013 erreichen wird und erreichen will.“ Ministerpräsident Manuel Rajoy und Wirtschaftsminister Luis de Guindos räumten unlängst ein, dass die Neuverschuldung ihres Landes 2012 bei

5,8 Prozent liegen werde. Zuvor hatten sich die EU und Spanien auf 4,4 Prozent geeinigt. Spanien gilt als Wackelkandidat in der Schuldenkrise. Dazu ist jeder vierte Spanier arbeitslos. Die EU drängt nun darauf, dass Spanien kommendes Jahr die EU-Defizitgrenze von drei Prozent einhält.

Es gibt keine andere Steuer auf der Welt, mit deren Einführung man im Wahlkampf Stimmen gewinnen kann. Von der Besteuerung von Finanzmarktprodukten versprechen sich Politiker genau das. Die Branche, die an den Turbulenzen der Finanzkrise 2008 Schuld ist, soll jetzt zahlen. Das finden viele gerecht. Doch eine Einführung rückt in der EU in weite Ferne. Beinahe gleich groß sind die Gruppen von Befürwortern und Gegnern. Vor allem Schwedens Widerspruch ist verständlich: In den 80er Jahren führte das Land eine Börsenumsatzsteuer ein und prompt wanderten große Teile des Aktienund Anleihhandels aus dem Land ab. Auch Hauptgegner Großbritannien führt als schwerstes Argument ins Feld, dass eine Einführung England substanziell treffen könnte. Schließlich spielt der Finanzsektor dort eine weitaus bedeutendere Rolle als in anderen EU-Ländern. Vor allem Frankreichs Präsident Sarkozy scheint entschlossen mit einer Umsetzung der Finanzmarktsteuer in den Wahlkampf zu gehen. Vor kurzem kündige er an, ab August eine Steuer von 0,1 Prozent auf Aktienkäufe und den Handel von Kreditausfallversicherungen einzuführen. Das soll eine Milliarde Euro bringen. Keine Summe, die den Staatshaushalt rettet, aber genügend Wählerstimmen bringt.

Wowereit räumt weiteren Rohstoff-Streit zwischen Flug im Privatjet ein USA und China Berlins regierender sei und fügte an: Bürgermeister Klaus „Heute würde ich das Wowereit räumt Fehnicht mehr machen.“ ler ein und macht reiFür die Opposition nen Tisch. ist das Thema jedoch Nachdem bekannt noch nicht geklärt. wurde, dass der SPDRamona Pop, FraktiPolitiker bereits 2002 Klaus onschefin der Grümit Ex-Bahnchef Wowereit nen, zu 24/7: „Es sind neue Fragen aufgeHeinz Dürr in dessen Privatjet nach London geflo- taucht, denen sich Wowereit gen war, räumte Wowereit in der nächsten Plenumssitgestern auch einen zweiten zung stellen muss.“ Schon AnFlug 2003 ein. Beide Flüge zu- fang der Woche geriet der Posammen hatten einen Wert litiker in Zusammenhang mit von über 10 000 Euro. Gleich- einem Gratisurlaub bei dem Manfred zeitig beteuerte er, dass er bei- Event-Manager de Reisen privat angetreten Schmidt in die Schlagzeilen. FOTO: DPA/ MAURIZIO GAMBARINI

NACHRICHTEN

Im Konflikt um „Seltene Erden“ haben die USA unterstützt von EU und Japan eine Klage gegen China bei der Welthandelsorganisation (WTO) eingereicht. China besitzt weltweit 97 Prozent der seltenen Stoffe. Sie werden für den Bau von Handys, Hybridautos und Raketen benötigt. Das Problem: Der „Rote Riese“ sitzt zunehmend protektionistisch auf den kostbaren Gütern. Die Preise haben sich in den letzten vier Jahren verzehnfacht. Nach WTO-Regeln muss China nun innerhalb von 60 Tagen Gespräche

mit den Klägern aufnehmen. Da erwartet wird, dass diese Gespräche scheitern, könnte es zu einem Gerichtsverfahren kommen. Ein Verfahren kann sich über Jahre hinziehen. In der Vergangenheit konnten so aber bereits verschiedene Streitpunkte wie Hühner- oder Autoreifenhandel beigelegt werden. Auch Exportbeschränkungen für Stoffe wie Zink oder Magnesium müsste China laut einem WTO-Urteil aufheben. Das wurde kürzlich trotz Berufung bestätigt. Ob sich China dem beugt, ist aber ungewiss.


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FEUILLETON NACHRICHTEN HOLLYWOOD

FOTO: DPA/WERNER KRÜPER

James Franco kommt nach Berlin

Der Tod als Erlösung: Komapatienten in Deutschland warten manchmal Jahrzehnte darauf

Im Land der lebenden Toten

BERLIN

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napp eine Stunde lang lag der niederländische Prinz Friso unter dem Schneebrett, das ihn von der Skipiste gerissen hatte. Friso überlebte und liegt seitdem im Koma. Sollte er jemals wieder daraus erwachen, wird er schwere mentale Schäden davontragen – zu lange hatte sein Gehirn kein Sauerstoff unter der Lawine. Ginge es nach holländischen Ärzten, so wäre der Prinz schon längst tot. „Gerade einmal 30 solcher Patienten gibt es dort, 30 000 sind es in Deutschland“, sagt Wolfgang Putz, Rechtsexperte und Medizinethiker. Jenseits der Grenzen herrschen andere Ansichten über Leben und Tod: In der Schweiz hat diesen Montag der sterbenskranke Ex-Fußballer Timo Konietzka sein Leben mit einem Giftcocktail beendet. Dort ganz normal, hier ein Skandal. Warum ist das so? Putz ist der Ansicht, dass das Thema in Deutschland tabuisiert werde. Ein dringend zu lösendes Problem sieht er in einer deutschen Ei-

genart für Patienten, die nicht mehr in der Lage sind, ihren Willen zu äußern: Der sogenannte mutmaßliche Patientenwille. Grundlage dafür ist die Überzeugung, dass jeder Mensch über das eigene Leben bestimmen können soll. Hat ein Komapatient seinen Willen in irgendeiner Form vorher geäußert, dann muss jeder Arzt danach handeln. Er muss die Maschinen abschalten, wenn der Patient sterben möchte. „Lebensverlängernde Maßnahmen sind in diesem Fall Körperverletzung“, sagt Putz. Richtige Probleme entstehen aber dann, wenn niemand weiß, was der Patient eigent-

lich wollte. Normalerweise versuchen die Angehörigen dann den Willen des Patienten zu vermuten - eine extrem belastende Situation für Angehörige, die plötzlich über Leben und Tod ihres Verwandten entscheiden müssen. „Die Leute zerfleischen sich bei diesen Gedanken“, sagt Putz. „Um das zu vermeiden, sollten sich die Menschen in Deutschland möglichst früh diesem Dilemma annehmen und den eigenen Willen für den Notfall äußern.“ Noch schwieriger wird es bei Komapatienten ohne Angehörige und ohne Patientenverfügung. „Die werden am Leben erhalten und sterben

STERBEHILFE IN EUROPA Eine direkte Sterbehilfe mit einer Giftspritze ist nur in Beneluxländern erlaubt. 2011 ließen sich den Niederlanden 3136 schwerstkranke Menschen von einem Arzt töten fast 20 Prozent mehr als im Jahr davor. In Deutschland sind nur eine indirekte aktive (Einnahme von Medikamenten,

die das Leben verkürzen), sowie eine passive Sterbehilfe (Beendung der künstlichen Ernährung) zugelassen. Wer schnell und bewusst sterben will, reist aus. Die Schweizer Sterbehilfeorganisation Exit, die auch T. Konietzka in den Tod begleitete, betreute im vergangenen Jahr 305 Menschen.

irgendwann den Alterstod.“ In Deutschland gebe es einige solcher Patienten – manche seien schon seit 30 Jahren nicht mehr bei Bewusstsein und würden über eine Magensonde ernährt. Bis zu 17 000 Euro kostet die Behandlung eines solchen Patienten im Monat. Putz findet diesen Zustand untragbar. Man könne nicht einfach annehmen, dass jeder Mensch im Zweifelsfall leben möchte. „Wenn ich meinen Studenten diese Frage stelle, dann sagen 98 Prozent, dass sie für den Fall dauernder Bewusstlosigkeit nicht mehr leben wollen.“ Das sei ein Zeichen dafür, dass die Gesellschaft umdenken müsse. Eine schwierige Diskussion, vorbelastet durch das Gräuel der Euthanasie im Dritten Reich. Dennoch sei die Schlussfolgerung aus dem historischen Schicksal falsch, so Putz. „Der Rechtsstaat darf keine Bewertung des Lebens vornehmen.“ Angesichts der zunehmenden Überalterung müsse sich die Gesellschaft dieser Diskussion früher oder später aber sowieso stellen. „Spätestens im Jahre 2030, wenn die Alterspyramide Kopf steht.“

KOMMENTAR LENA KAPPEI

Das Recht auf Würde Sterbehilfe – ja oder nein? Aktuelle Fälle wie die des Prinzen Friso und Timo Konietzka werden kurzzeitig die heikle Debatte um Tötung auf Verlangen anheizen. Genau da liegt das Problem. Das Thema wird immer heikel bleiben, wenn es ein Tabuthema bleibt. Viele Menschen fürch-

ten sich davor, sich mit dem eigenen Tod oder dem eines nahestehenden Angehörigen auseinanderzusetzen, wenn es keinen konkreten Anlass dazu gibt. Das ist nachvollziehbar, doch ein gesellschaftlich offenerer Umgang, der mehr Informationen und eine bessere Betreuung bietet, könnte die-

se Angst verringern. Unabhängig von Alter und Gesundheitszustand muss ein Thema wie die Patientenverfügung sowohl innerhalb der Familie als auch gesellschaftlich mehr in den Fokus gerückt werden. Die Würde des Menschen ist unantastbar, auch im Tod. Der Wille des Betroffenen sollte

das Orientierung gebende Maß sein, was lebenserhaltende Maßnahmen anbelangt und in jedem Fall müssen die Angehörigen größtmöglich entlastet werden. Eine bessere Aufklärungs- und Informationspolitik zur Patientenverfügung ist ein erster Schritt in die richtige Richtung.

Küsse aus Karlshorst Auf den Abreißzetteln steht keine Telefonnummer, sondern die ISBNNummer des Buches: So wirbt die Berlinerin Patrycja Spychalski für ihren neuen Jugendroman „Ich würde Dich so gerne küssen“. Er spielt in ihrem

FOTO: VIKTORIA DÜMER

Heikles Thema: Der Lebenswille bei Komapatienten LUCAS NEGRONI, INGA PYLYPCHUK

Schauspieler, bildender Künstler, Regisseur, Drehbuchautor und Filmproduzent in einer Person: Für James Franco (33) ist das aber noch nicht genug. Jetzt stellt sich das Multitalent mit seinem literarischen Debüt „Palo Alto“, benannt nach seiner kalifornischen Heimatstadt, auch in Deutschland vor. Die Kurzgeschichten handeln von Jugendlichen mit Alkohol- und Drogenproblemen, die emotionslos durch ihr Leben taumeln.

Kiez, in Karlshorst. „Viele bekannte Plätze kommen darin vor. Die S-BahnBrücke zum Beispiel, wo man sitzen und in der Ferne den Fernsehturm sehen kann“, so die Autorin. LITERATUR

Buchmesse in Leipzig Vom 15. bis zum 18. März findet die Leipziger Buchmesse statt. 100.000 Bücher, davon 20.000 Neuerscheinungen stehen im Mittelpunkt. Den Besuchern soll ein Einblick in die Welt des Internet gegeben werden, Digitalisierung bleibt ein Thema. Erstmals registriert die Leipziger Buchmesse Teilnehmer aus 44 Ländern, so viele wie nie zuvor.


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THEMA

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Von wegen wegwerfen Regierung startet Aktion gegen Lebensmittelverschwendung VIKTORIA DÜMER, ANJA RICHTER

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lf Millionen Tonnen Essen landen in Deutschland jährlich im Müll. Damit soll jetzt Schluss sein. Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner möchte diese Wegwerfmentalität aus den Köpfen der Menschen verbannen. „Wir müssen auf allen Ebenen vorgehen“, sagt die CSUPolitikerin. Sie fordert eine intensive Aufklärung der Verbraucher über Lebensmittelkonsum und die Vernetzung der Nahrungsmittelbranche untereinander. Laut einer aktuellen Studie der Universität Stuttgart sind acht Millionen Tonnen des jährlichen Lebensmittelmülls überflüssig. Ingesamt landen so Waren im Wert von fast 21,6 Milliarden Euro in der Tonne. Der Einzelhandel produziert nur fünf Prozent aller Essensabfälle, 17 Prozent stammen aus Gaststätten, Schulen, Kantinen und Industrie. Privathaushalte tragen mit 61 Prozent zum Gesamtaufkommen bei. Das Problem ist also der Verbraucher. Jeder ist verantwortlich

Jeder Einzelne wirft pro Jahr knapp 82 Kilogramm Essen weg, obwohl es noch genießbar wäre. Was alles in der Mülltonne landet, ist erschreckend: Joghurt, der

eigentlich noch haltbar ist, eine Banane mit brauner Schale, das Stück Geburtstagskuchen von gestern. „Lebensmittel sind ein hohes Gut. Für mich ist es unerträglich, wenn sie weggeworfen werden“, sagt Aigner. „Das Bewusstsein der Menschen für den Wert des Essens muss sich schärfen.“ Am 27. März holt die Ministerin alle Akteure an einen Tisch: Experten aus Industrie, Handel, Gastronomie und Landwirtschaft, Verbraucherschützer, Vertreter von Kirchen und nichtstaatlichen Organisationen (NGOs) sollen Wege zur Verringerung der Lebensmittelabfälle finden. Die Reaktionen auf Aigners Pläne sind bisher positiv. „Wir werden nach gemeinsamen Lösungen suchen“, erklärt Stefan Hertel vom Deutschen Einzelhandelsverband. Mariola Maxelon, Leiterin einer Berliner Tafel, erhofft sich mehr Kooperation mit Restaurants und Supermärkten: „Hoffentlich bekommen wir nun mehr und bessere Lebensmittelspenden.“ Zu gut für die Tonne

Schon ab kommendem Montag startet die Aktion „Zu gut für die Tonne“. Auf einer Webseite können sich Interessierte über einen bewussten Einkauf sowie die richtige Lagerung und Verarbeitung von Lebensmitteln informieren (siehe S. 5, Info-Kasten). Der Verband des Deutschen Lebensmittelhandels beteiligt sich mit vier Millionen Broschüren

ebenfalls an dem Projekt. Kunden in 30 000 deutschen Supermärkten sollen so erfahren, dass Käse, Knackwürstchen und Co. auch nach Ablauf der angegebenen Haltbarkeit genießbar sein können. „Nicht alles gehört sofort in den Müll“, erklärt Aigner. „Das Mindesthaltbarkeitsdatum ist nur eine Richtlinie.“ Gröschtel à la Aigner

Die Gründe für das Wegwerfverhalten sind vielschichtig: Fehlkäufe, falsche Aufbewahrung, fehlender Überblick über Vorräte. „Wir kennen das doch alle - zu viele Kartoffeln gekocht, Fleisch vom Vortag übrig. Ich empfehle da ein köstliches Gröschtel.“ Bitte was? Die Ministerin meint Resteküche. Konkret ein Pfannengericht aus Kartoffeln, Rind und Eiern. Große Mengen, kleine Preise

Massenproduktion und die Preisschlachten der Discounter haben die Verbrauchen den Wert von Lebensmitteln vergessen lassen. Schweineschaschlik zum Schleuderpreis, zwei Kilo Äpfel für 1,30 Euro, Gurken für 29 Cents. Kleinere Mengen sind oft teurer als große. Lieber die XXL-Vorteilspackung kaufen und den Rest wegschmeißen. eine weit verbreitete Einkaufsstrategie. Und ein großer Irrtum. Denn mit wenigen Zutaten wird aus dem vermeintlichen Müll ein leckeres Mittagsessen. Das schmeckt nicht nur Ilse Aigner.


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Vernünftig einkaufen Mit diesen elf Tipps verschwenden Sie kein Essen mehr 1. Schreiben Sie sich einen Einkaufszettel und halten Sie sich an die Liste. So kaufen Sie keine unnötigen Produkte, die später im Müll landen müssen. 2. Gehen Sie nie hungrig einkaufen!

Kochinternetseiten wie www.chefkoch.de, oder des Kochbuchs „1x Kochen, 2x Essen“ von Kay-Henner Menge und Ira König. Zudem fördert Kochen mit Resten die Kreativität. 7. Wenn Sie zu viel gekocht haben: Laden Sie Ihren Nachbarn zum Essen ein.

Einkaufen

Lagerung

3. Achten Sie auf die Menge! Lassen Sie sich nicht von Großpackungen verführen. 4. Kaufen Sie Lebensmittel in kleinen Verpackungen oder lose so kaufen Sie nur so viel, wie Sie tatsächlich verbrauchen. 5. Achten Sie immer auf das Mindesthaltbarkeitsdatum!

8. Drehen Sie die Heizung in der Küche herunter. So halten sich alle Produkte, die dort gelagert werden, länger. 9. Kaufen Sie sich einen Brottopf aus Ton. So schmeckt das Brot auch am zweiten Tag frisch. 10. Das Brot in Scheiben schneiden und einfrieren. Einzelne gefrorene Scheibchen können in den Toaster geworfen werden. Der Unterschied zwischen gefrorenem und frischen Brot ist kaum zu merken.

Planung

Kochen

6. Sie können aus den Resten am Folgetag eine neue Speise zaubern. Bedienen Sie sich dabei der

Containern/Freeganer werden

11. Wenn Sie sich nicht vor Äpfeln mit Dellen scheuen, können Sie an diesen Stellen in Berlin Obst und Gemüse, die sonst im Abfall landen, sehr billig oder sogar umsonst von den Verkäufern bekommen: Neukölln: Am Maybachufer, Dienstag und Freitag, Abbau des Markts zwischen 18:00 und 18:30. Händler fragen. (Pünktlich sein!) Schöneberg, Mannsteinstraße, Mi, 16 Uhr (um 15.30 da sein); Sa, 17:00. Auf diesem Markt kann man auch "Gammelkisten" kaufen (ca. fünf Kilogram Obst/Gemüse für einen Euro). Moabit: Großmarkt Westhafen/ Beusselstraße (keine öffentlichen Verkehrsmittel, Auto erforderlich)

KOMMENTAR JAN VOLLMER

Schlimmer als Müll

„Ich schmeiße fast nichts weg“ Ein Interview mit Raphael Schneider von der Welthungerhilfe 24/7: Wieso gibt es überhaupt Hunger? Lebensmittel werden ja im Überfluss produziert. RAPHAEL SCHNEIDER: Wer Geld hat, kann sich überall Essen kaufen. Es ist kein Problem der Verteilung der Lebensmittel, sondern des unterschiedlichen Einkommens. Trotz der Überproduktion ist die Zahl der

Hungertoten in Afrika nicht weniger geworden! Profitiert überhaupt jemand von der Überproduktion der westlichen Länder? Die Kette der Produzenten, Verkäufer und Wiederverkäufer profitiert davon. Und natürlich der europäische Verbraucher, der eine größere Auswahl im Regal stehen hat.

85 Während Sie diese Doppelseite in den vergangenen fünf Minuten gelesen haben, sind weltweit 85 Menschen verhungert.

Laut Ilse Aigners Studie werden elf Millionen Tonnen Lebensmittel pro Jahr weggeworfen. Für den Verbraucher und die Lebensmittelhändler klingt die Zahl realistisch. Sie ist nur schwer zu begreifen. Elf Millionen Tonnen sind so viel wie die gesamte deutsche Kartoffelernte in einem Jahr. Oder, auch wenn der Vergleich makaber ist, zehn Mal das Gewicht der Costa Concordia. Haben Sie an Aigners Studie nichts auszusetzen? Etwas Entscheidendes fehlt: Der Teil, der in der Produktion und in der Industrie verloren geht. Geschätzte neun Millionen Tonnen Lebensmittel werden schon aussortiert und weggeschmissen, bevor sie überhaupt im Laden ankommen. Lebensmittel, die den Normen nicht entsprechen, wie zu krumme Gurken oder zu gerade Bananen. Der komplette Verlust von der Ernte bis zum ersten Händler fehlt in der Studie. Das hätte man ebenfalls erheben müssen.

Was schmeißen Sie in die Tonne? Durch meinen Job bin ich da empfindlich und beobachte die Biotonne sehr genau. Meine Familie weiß das und schmeißt fast nichts weg. Nur ungenießbare Dinge, wie zum Beispiel Schalen. Haben Sie bestimmte Tricks beim Einkaufen? Nein, wir kaufen in ganz normalen Discountern, Bioläden oder auf Wochenmärkten ein. Meine Frau und ich versuchen möglichst viele regionale und saisonale Produkte einzukaufen. Im Winter essen wir lieber Kohl aus Deutschland als Weintrauben aus Südamerika. Was kann denn der Verbraucher gegen die Überproduktion tun? Der Verbraucher sollte beim Einkaufen aufpassen und die herabgesetzten Produkte nehmen. Vielleicht nicht immer die Milch mit dem längsten Mindesthaltbarkeitsdatum kaufen, sondern eine, die schon zwei Tage im Laden steht.

„Zu viele Lebensmittel landen im Müll“ ist das Fazit einer Studie, die Verbraucherministerin Ilse Aigner am Dienstag in Berlin vorgestellt hat. Und zwei Drittel davon sind laut dem Papier vermeidbar. „Von dem, was der Westen wegschmeißt, könnte man die Welt drei Mal ernähren,“ behauptet Valentin Thrun, der mit seinem Film „Taste the Waste“ die Wegschmeißdebatte erst ins Rollen brachte. Aber geht das so einfach? Wir schmeißen kein Brot mehr weg und Afrika muss nicht mehr hungern? Leider nein. Hunger ist nämlich kein Problem der Verteilung der Lebensmittel, sondern der Verteilung der Kaufkraft. Viel schwerer als die Lebensmittel, die wir wegschmeißen, wiegen daher die Lebensmittel, die wir produzieren - und exportieren: Jedes Kilogramm Schweinefleisch wird in der EU mit 31 Cent bezuschusst. Mit 55 Milliarden subventioniert die EU jährlich die europäische Landwirtschaft. Das ist der größte Einzel-Etat, der Brüssel zur Verfügung steht. Nur so können europäische Nahrungsmittelexporte mit Kleinbauern in der ganzen Welt konkurrieren. So absurd es klingt, aber billiges europäisches Schweinefleisch verdirbt afrikanischen Viehzüchtern das Geschäft. Und zwei Drittel der hungernden sind Kleinbauern. Natürlich hat Aigner Recht, wenn sie findet, dass zu viele Lebensmittel im Müll landen. Tatsächlich ist aber wichtiger, wie viele Steuergelder in Agrarsubventionen entsorgt werden.


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INTERNET

Ein Leben aus Daten

IDEENKLAU

Yahoo! verklagt Facebook

KOMMENTAR MATTHIAS BANNERT

Mehr Daten generieren!

Mathematiker Wolfram analysiert sein Verhalten

MUSIKSTREAM

Spotify startet ohne GEMA-Vertrag Der Onlinemusikdienst Spotify hat sein deutsches Angebot ohne Zustimmung der Musik-Verwertungsgesellschaft GEMA gestartet. Bislang konnte man sich nicht auf einen Vertrag einigen. GEMAVorsitzender Harald Heker sei aber durchaus optimistisch, dass sie zusammenkommen. Nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz sei die Verwertungsgesellschaft verpflichtet, auch bei Spotify den derzeit geltenden StreamingTarif von 0,006 Euro anzusetzen. UNBRAUCHBAR

Fridgebook statt Facebook

FOTO: MEGAGETGETS.DE

Jetzt können FacebookJunkies ihre Profile, Status-Updates und Pinnwandeinträge an den Kühl-

schrank pinnen. Mit einem abwaschbarem Stift kann man auf den Magneten seine Nachrichten schreiben und anschließend an den Kühlschrank „posten“. So bleiben Mitbewohner immer auf dem neuesten Stand. Auch ein „Like“ oder „Dislike“ kann per Magnet vergeben werden und Fotos lassen sich anpinnen. Ein Set (12 Magnete) kostet bei MegaGadgets.de 14,95 Euro.

STEFANIE ENGE

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n der heutigen Zeit beginnen viele Menschen persönliche Daten über sich ins Internet zu stellen und zu speichern. Einer, der diese Vision schon in den 1980er-Jahren hatte, ist Stephen Wolfram. Der Begründer der „Mathematica“-Software und Geschäftsführer von „Wolfram Research“ hat nun seine gesammelten persönlichen Daten der vergangenen 20 Jahre in seinem Blog veröffentlicht. Für die Analyse hat er das gerade erschienene kostenpflichtige Programm von „Wolfram Alpha Pro“ verwendet. Der Physiker und Mathematiker bezeichnet sich selbst als „Nachteule“. Das hat seine Auswertung im Bezug auf sein Mail-Verhalten nun bestätigt. Seine gesendeten E-Mails (Grafik: „outgoing emails“) haben in den Durchschnittswerten ab Mitternacht ihren Hochpunkt. Allerdings geht aus der Grafik auch hervor, dass sein Schlafverhalten regelmäßig ist. Zwischen drei und elf Uhr schreibe Stephen Wolfram nur Mails, wenn er aufwacht und nicht mehr einschlafen kann.

300 000 E-Mails in 23 Jahren

Auf seinem Blog beschreibt er weiterhin, dass er seit 1989 etwa 300 000 E-Mails versendet hat. Zusätzlich zu den Nachrichten zeichnete er auch seine Tastaturanschläge auf. Die Werte der „Keystrokes“ decken sich annähernd mit denen der gesendeten E-Mails. Seinen Computer nutzt er demnach fast ausschließlich für das Bearbeiten der elektronischen Nachrichten. Eine Andere Auswertung der Daten durch die Software hat erge-

GRAFIK: STEPHEN WOLFRAM, WOLFRAM ALPHA PRO

Der frühere Web-Gigant Yahoo wirft dem sozialen Netzwerk Facebook vor, Ideen geklaut und Patente verletzt zu haben. „Viele der Technologien, auf denen Facebook fußt, wurden zuerst von Yahoo entwickelt“, schrieben die Anwälte von Yahoo. Facebook reagierte überrascht. Man sei enttäuscht, dass der langjährige Partner zu solchen Mitteln greife, wo Yahoo doch selbst von Facebooks Aufstieg profitiert habe.

Stephen Wolframs durchschnittlicher Tagesablauf

ben, dass sich Stephen häufig verschreibt. Mit sieben Prozent war seine meistgenutzt Taste die Löschen-Taste „Backspace“. Treffen und Ereignisse wurden anhand von Kalendereinträgen aufgezeichnet. Hier sind ebenfalls Regelmäßigkeiten auffällig. Meistens fanden Meetings in Form von Geschäftszeiten zum Mittag- oder Abendessen statt. Die Telefonanrufe („calls“) siedeln sich vor allem zu halben oder vollen Stunden an. Dies sei darin begründet,

dass Wolfram seine Telefontermine auf feste Zeiten abgestimmt hat. Den einzigen Gegenpol bilden seine Schritte, die „steps“. Er legte in den letzten Jahren nahezu jeden Tag die selbe Anzahl an Schritten zurück. Die meisten während seines Trainings gegen zwölf Uhr mittags. Wolfram notiert im Blogbeitrag, dass in Zukunft jeder diese Art Datenanalyse für sein Leben betreiben wird, da die Menschen ihre Nützlichkeit erkennen würden.

Stephen Wolfram, der Gründer der wissenschaftlichen Suchmaschine „Wolfram Alpha“ hat sein E-Mail-Verhalten, seine Tastenanschläge und seine Schritte analysiert. Das Ergebnis: Morgens läuft er, abends mailt er. Das ist für ihn selbst wahrscheinlich nicht sonderlich überraschend. Solche Analysen sensibilisieren die Bürger der Industrieländer dafür, welche Daten sie überall hinterlassen. Würde jemand meinen EMail-Verkehr analysieren, mein Facebook-Profil studieren und all meine Tweets lesen, würde er herausfinden, wo ich arbeite, wo ich lebe, dass ich wenig schlafe und dass ich Madonna mag. Na und? Das würde mich nicht beeindrucken und schon gar nicht beängstigen. Ich hab’s schließlich selbst ins Netz gestellt. Dass wir Datenspuren hinterlassen, ist heute völlig normal. Deswegen in Paranoia zu verfallen, ist Quatsch. Wer sorgsam ist, dessen Daten sind auch sicher. Und schließlich lassen sich damit ganz wunderbare Dinge machen – so wie bei Stephen Wolfram.

FOTO: STEPHEN FAUST

NACHRICHTEN

Gründer Stephen Wolfram WEBSUCHE Die wissenschaftliche Suchmaschine Wolfram Alpha löst sogar Gleichungen im Internet. bit.ly/9883bq

Software-Testen in der Wolke Das Startup Cloudnumbers.com lässt Programme im Browser laufen Auf dem Schreibtisch von Christian Pichmann, direkt neben einem Schwarz-WeißFoto, steht ein Glas Honig. „Ein Löffel davon ist gut für die Stimme“, erklärt er. Das hat ihm das Mädchen auf dem Foto gesagt, seine Verlobte. „Viel Wasser, wenig Kaffee“, sagt sie immer zu ihm. Pichmann redet viel. Der 42-Jährige telefoniert nämlich für den Vertrieb des Berliner Startup-

Unternehmens Cloudnumbers.com. Die junge Firma kann Computerprogramme im InternetBrowser in einer simulierten Windows-Umgebung laufen lassen. Die Sparte „AppSelling“ ist für Softwareanbieter interessant, deren Kunden nicht mehr Demo-Versionen installieren müssen, sondern online – sozusagen „in der Cloud“ – gleich alles auspro-

bieren können. Dienste in der „Datenwolke“ sind der große Trend auf dem Online-Markt. Inzwischen nutzen viele APPSELLING Auf dieser Plattform können SoftwareHersteller ihre Programme im Browser ausführen lassen. bit.ly/zcHj46

Unternehmen die SoftwarePräsentation via „AppSelling“, darunter der Hersteller der Praxisverwaltungssoftware „EasyVET“. Das Abspielen von Software funktioniert auf jedem der wichtigsten Browser. „So kann auf dem iPad sogar Windows-Software abgespielt werden“, sagt TechnikChef Erik Muttersbach. Dafür tüfteln sie nun sogar an einer mban eigenen Tablet-App.


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Krisengesichter

NACHRICHTEN FUSSBALL

Konietzka setzt Krebsleiden Ende

Hertha sucht Führungsspieler

FOTO: PA/ AUGENKLICK/ RAUCHENSTEINER

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hristian Lell und Andreas Ottl standen bei Hertha BSC einmal für Erfolg. Unter Markus Babbel als Trainer waren beide als Führungsspieler gesetzt. Lell trug auf dem Platz die Kapitänsbinde, Ottl sortierte das Spiel. Seit dem Amtsantritt von Otto Rehhagel ist beiden ihre Rolle abhanden gekommen. So will keine rechte Freude aufkommen, vor dem Spiel am Samstag gegen den FC Bayern, wo Lell und Ottl ihre Jugend verbrachten und zu Profis wurden. Dass sie in Berlin das Gesicht der Mannschaft prägen, würden die Blondschöpfe lieber verheimlichen. Denn in ihren Gesichtern spiegelt sich die Krise ihres Klubs. Ottl musste in den vergangenen vier Spielen zuschauen – dreimal rot-gesperrt aber zuletzt, weil der Trainer auf ihn verzichtete. „Es ist nachvollziehbar, dass der Trainer die Mannschaft nach einem Sieg nicht umstellt“, sagt Ottl über seine Reservistenrolle in Folge des 1:0 gegen Bremen. Nach der 0:1-Niederlage in Köln am vergangenen Samstag

sieht er die Zeit für einen Wechsel sehr wohl wieder gekommen: „Ich weiß, dass ich der Mannschaft mit meiner Art Fußball zu spielen weiterhelfen kann.“ Es wäre aber keine Überraschung, wenn Rehhagel Peter Niemeyer für den Platz neben Fanol Perdedaj bevorzugt. Startelf hin oder her – Ottls Standing in der Mannschaft ist innerhalb weniger Wochen auf Mitläufer-Niveau geschrumpft. Und mit einem ähnlichen Problem hadert auch Christian Lell. Bis zu einem Muskelbündelriss Ende Januar vertrat er Andre Mijatovic als Kapitän. Doch als er beim bislang einzigen RehhagelSieg gegen Bremen nach fünf Wochen Pause sein Comeback gab, durfte Levan Kobiashvili die Kapitänsbinde behalten. Lell hätte das Amt gerne wieder übernommen. Das Team hat im Kampf um den Klassenerhalt nun das Problem, aus stark gebeutelten Spielern zu bestehen. Rehhagel macht sich zur alleinigen Autorität. Doch viele Pleiten darf auch er sich nicht mehr erlauben. Sonst wird auch sein Konterfei zu einem Gesicht der Krise.

Ex-Fußballer Friedhelm „Timo“ Konietzka ist tot. Begleitet von einer professionellen Sterbehilfe setzte der 73-Jährige am Montagabend seinem Krebsleiden mit einem Todes-Cocktail ein Ende. Als Schütze des ersten Tores der neugegründeten Bundesliga schrieb Koniezka vor 49 Jahren Fußballgeschichte. In seiner eigenen Todesanzeige schreibt er: „Ich bin erlöst von meinen Qualen und hoffe um Verständnis.“ FUSSBALL

Illgner bald Kölner Sportdirektor?

Es läuft nicht für Christian Lell (l.) und Andreas Ottl

FOTO: PA/ PRESSEFOTO ULMER/ CLAUS CREMER

MORITZ LEIHKAMM

„Wen interessiert der zweite Platz?“ Heiko Schaffartzik über die Revanche gegen Würzburg und Albas Titeltraum

24/7: Was haben Sie sich für das Spiel vorgenommen?

HEIKO SCHAFFARTZIK: Ganz klar: Wir wollen das Spiel gewinnen. Das wird sehr schwer werden.

aggressiv verteidigt. Das liegt uns nicht, das hat man im Hinspiel gesehen.

Ricky Harris und Jason Boone haben Alba im Hinspiel Warum? Weil Würzburg einen sehr gu- fast im Alleingang besiegt. ten Basketball spielt und sehr Gibt es für die beiden eine Sonderbewachung? Harris hat im Hinspiel einfach unglaubliche Würfe reingemacht. Zehn Punkte innerhalb von zwei Minuten! Dagegen kannst du eh nichts machen, wenn einer so einen Lauf hat. Gegen Boone müssen wir uns Albas Heiko Schaffartzik will heute was einfallen lassen, gegen Würzburg punkten den hatten wir nicht FOTO: DPA/MATHIAS RENNER

Für Alba Berlin geht es in die heiße Phase vor den Play-offs in der Basketball-Bundesliga. Die Qualifikation für die Endrunde der besten Acht ist Alba sieben Spieltage vor Ende der Hauptserie kaum zu nehmen. Doch gegen Würzburg heute (20 Uhr) haben die Hauptstädter eine Rechnung offen: Im Hinspiel setzte es eine 65:84-Niederlage, trotz der 22 Punkte von TopScorer Heiko Schaffartzik. Mit Alexandra Grauvogl spricht der Berliner über die Schwächen von Alba und das Ziel im Hinblick auf die Playoffs..

im Griff. Nach ein, zwei Dunks ist der förmlich explodiert. Ist das die größte Schwäche von Alba? Schwächen haben wir ein paar. Im letzten Spiel war das vor allem die Ausführung der Angriffssysteme. Da kam es zu oft zu Ballverlusten. Wie sieht Ihr weiterer Plan für den Einzug in die Playoffs aus? Wir versuchen Zweiter zu werden oder mindestens Dritter zu bleiben. Dann stoßen wir frühestens im Finale auf Bamberg. Aber wir wollen ja gewinnen, also ist es eigentlich egal. Wen interessiert der zweite Platz?

Ex-Nationaltorwart Bodo Illgner ist am kürzlich frei gewordenen Amt im Management des 1. FC Köln interessiert. „Ich habe im Dezember in Madrid meinen Manager-Schein gemacht. Es gab noch keine Gespräche mit dem FC, aber wenn es eine Möglichkeit gibt, ist das natürlich interessant“, sagte der Weltmeister von 1990 dem Kölner Stadt-Anzeiger. SKI ALPIN

Höfl-Riesch Zehnte beim Training Zum Auftakt des WeltcupFinales in Schladming gehen in der Abfahrt zwei deutsche Läuferinnen an den Start: Maria HöflRiesch und Viktoria Rebensburg. Mehr als ein Top-Ergebnis im Einzelrennen ist für die Zehnte des Trainings, Höfl-Riesch, allerdings nicht mehr drin. Rebensburg kann am Sonntag erneut die kleine Kristallkugel im Riesenslalom gewinnen. BIATHLON

Berger litt an Hautkrebs Bei der Biathlon-Weltmeisterschaft in Ruhpolding erkämpfte Tora Berger drei Goldmedaillen, 2010 wurde sie Olympiasiegerin. Doch ihren wichtigsten Sieg feierte die Norwegerin vor drei Jahren und völlig unbemerkt. Im norwegischen Fernsehen verriet Berger, dass sie 2009 an Hautkrebs erkrankt war.


Mittwoch, 14.03.2012

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LIFESTYLE

KÖNIGSHAUS

Prinzessin Viktoria im Mutterglück Zum ersten Mal nach der Geburt ihrer Tochter spricht Schwedens Kronprinzessin Viktoria über das Leben mit Baby Estelle. Die neue Rolle als Mutter sei zwar „eine große Umstellung“, aber auch „ein herrliches Gefühl.“ Hilfe bekommt die frisch gebackene Mama von ihrem eigenen ehemaligen Kindermädchen. AUSZEICHNUNGEN

Grimme-Preisträger stehen fest In Düsseldorf wurden gestern die Preisträger des 48. Grimme-Preises bekannt gegeben. Von den insgesamt zwölf Auszeichnungen gingen sieben an die ARD, vier an das ZDF und eine an den Privatsender Tele5. Die undotierten Grimme-Preise werden am 23. März in Marl verliehen. FERNSEHEN

Sylvie will eigene Model-Show

FOTO: PICTURE ALLIANCE

Fußballgattin und Moderatorin Sylvie van der Vaart stellt sich neuen Herausforderungen. In Zukunft will sie nicht mehr nur in Bohlens Jury sitzen, sondern in eigener Regie casten. Und zwar männliche Models. "Wir brauchen in Deutschland eine Show für junge Männer, die sich im Modelbusiness etablieren wollen." In ihrem Heimatland Holland setzt sie diesen Plan schon im Format „The Face“ um. GETWITTER

Miley Cyrus lästert über Männer Nachdem die Sängerin und Schauspielerin Miley Cyrus gezwungen wurde, eine Herrentoilette zu benutzen, da die der Damen geschlossen war, beschwerte sie sich im Internet über die Männerwelt. Sie twitterte: „Ich musste gerade die Herrentoilette benutzen. Wow, Leute. Ihr seid widerwärtige Kreaturen.“

Ein Kotelett zum Kuscheln In dieser Fleischerei kommen auch Vegetarier auf ihre Kosten ANJA RICHTER

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roße, schwere Salami hängen in Wurstnetzen von der Decke. Saftige Schinken präsentieren sich appetitlich in der prall gefüllten Ladentheke. Herzhafte Leber- und Bockwürste lassen jedem Fleischliebhaber beim Anblick das Wasser im Mund zusammenlaufen. Doch etwas ist anders in dieser Metzgerei: Der Geruch von frischen Fleisch- und Wurstwaren fehlt. Und auch beim zweiten Blick auf die Ware gerät der Fleischfreund ins Zweifeln. Zu recht! Denn in diesem Laden kommen selbst Vegetarier auf ihre Kosten. Die Würste von Silvia Wald schmecken nämlich nach: gar nichts, sind aus Stoff und laden zum Kuscheln und nicht zum Essen ein. In ihrem Atelier „Aufschnitt“ in der Boxhagener Straße näht die Designerin Nackenrollen in Fleischwurst-Form (29,90 Euro), Schinken-Sitzsäcke (320 Euro) oder CurrywurstKissen (29,90 Euro). Das funktioniert fast wie bei den „echten“ Metzgern: Anstatt Naturdarm mit Brät zu füllen, stopft Silvia Wald Füllwatte in Lycra-, Microfaser- oder

Nikistoffhüllen. Auch an die modebewussten Fleischesser (oder Vegetarier?) hat sie gedacht: Einer der Verkaufsschlager ist das Ansteckwürstchen (7,50 Euro), eine Brosche aus weichem Velours. Die Idee des Koteletts zum Kuscheln kam mit dem Schritt in die Selbstständigkeit. Auf der Suche nach einem Namen jonglierte Wald im Jahr 2008 mit Verben, die ihre Tätigkeit als studierte Bekleidungs- und Schnitttechnikerin beschreiben. Und welcher Begriff machte das Rennen? „Aufschnitt“! „Der Name steht dafür, dass ich als Vegetarierin Fleischartikel nähe“, sagt die 31-Jährige. Die Tätigkeit von Silvia Wald wird in der Kunst als so genannte „Konzept-Kunst“ bezeichnet. Die Idee, alltägliche Gegenstände in den Materialien Gummi, Papier, Plastik oder Stoff, auf eine neue Art und (Sicht-) Weise zu erschaffen, stammt von dem schwedischen Künstler Claes Oldenburg, ein Vertreter der Pop Art. Vorne im Geschäft ist eine Theke aufgebaut, die problemlos auch in einer Metzgerei stehen könnte- echter Fleischwolf, Fleischerhaken,

FOTO: KAI LA QUATRA

NACHRICHTEN

Nicht fleischig: Dieses Kotelett ist ein Kissen

Waage. Auf dem großen Holztisch nebenan liegen Nadeln und Garn, Scheren und Schnittmuster. „Der Fantasie sind bei diesem Thema keine Grenzen gesetzt“, sagt Wald und rückt ihre quadratförmige Brille zurecht. Mit viel Fingerspitzengefühl schiebt sie vorsichtig Zentimeter um Zentimeter des weichen Stoffes unter die schnelle Nadel der Nähmaschine. Gerade liegt die Vorderseite einer Blutwurst darunter. Ein runder, auberginefarbener Kreis mit weißen Faser-Quadraten, so groß wie ein Fingernagel:

Den Filz hat die Künstlerin zum Fett umfunktioniert. Und was sagen die Kunden zu der kalorienarmen Variante des Geschmacksverstärkers? „Gibt es für so etwas überhaupt Käufer?“, fragt René Krause, der am Geschäft vorbeikommt, „das ist doch ekelig“. Die grundsätzliche Idee des Bratwurstrings als Nackenstütze findet er allerdings verblüffend. „Aufschnitt“, Boxhagener Straße 32, Di-Fr 12-20 Uhr, Sa14-20 Uhr, So14-18 Uhr geöffnet.

Diese Hosen sind der Knaller Bunte Jeans machen Lust auf Frühling Der Frühling steht vor der Tür. Zeit, die tristen Winterklamotten auf dem Dachboden zu verstauen. Denn wer diesen Sommer auf dunkle Farben setzt, liegt modisch völlig daneben! Passend zu den sonnigen Tagen sind knallig-leuchtende Röhrenjeans DER Trend des Jahres. Egal ob türkis, pink oder gelb: Hauptsache bunt. Auch wenn die Sonne noch ein paar Tage auf sich warten lässt, mit diesen Jeans können Sie sich jetzt schon auf den Frühling einstimmen. 24/7 zeigt Ihnen, wo Sie die Jeans in Bonbon-Farben bekommen.

„Joe’s 1“, Joes Jeans, 199,95 Euro

„Carola“, Only, 29,95 Euro

„Phoebe“, School Rag, 94,95 Euro

„Cobald“, Awear, 37,95 Euro


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