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Gösgerstrasse 8, 10, 12 GB Olten Nr. 6565

Fairtrade zur Lebensaufgabe gemacht

IM GESPRÄCH Eveline Schärli-Fluri kämpft seit dem Aufbau des Weltladens von Claro in Hägendorf an vorderster Front für fairen Handel und Ökologie. Diese Themen beschäftigen sie schon seit ihrer Jugend.

CYRILL PÜRRO

Wären da nicht die Schilder mit der dicken, schwarzen Aufschrift «Claro» und dem orangenen Balken links neben dem Wort, würde man die Einfahrt ins «Gässli» in Hägendorf beinahe verpassen. Auf dem Vorplatz des Claro-Weltladens angekommen, fährt Eveline Schärli-Fluri vor. Natürlich mit dem Fahrrad, ganz umweltbewusst. Die Pensionierte verzichtet, soweit es geht, aufs Autofahren – und auch aufs Fliegen. Schärli-Fluri ist bereits zu früher Stunde auf den Beinen und bereitet sich auf den Verkaufstag vor. Zwei Halbtage die Woche steht sie im Weltladen und verkauft Ware aus fairer Produktion. Und das mit Herzblut, denn ihre Arbeit verrichtet die 65-Jährige und die anderen Mitglieder des gemeinnützigen Vereins «Weltladen Hägendorf» ehrenamtlich. «Wir diskutieren immer wieder, ob wir unsere Zeit hier aufschreiben sollen, rein aus Interesse», sagt Schärli-Fluri und lacht, während sie durch den Laden führt. Hier, zwischen fair hergestellten Trinkgläsern, Cashewnüssen und Zartbitterschokoladentafeln, ist sie zuhause. Das Mitbetreiben des Weltladens nimmt einen grossen Teil in ihrem Leben ein. Und das nicht erst seit dem Ruhestand. Die Grossmutter von fünf Enkelkindern ist schon ein halbes Leben lang im Verein tätig, noch bevor es in Hägendorf überhaupt einen Weltladen gab. Damals unterrichtete sie als Religionslehrerin in der evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Olten und war für die Koordination des Religionsunterrichts zuständig. Zuvor hatte sie die Ausbildung zur Krankenschwester absolviert. Etwas gegen die «vorherrschende Ungerechtigkeit in der Welt» tun wollte sie schon zu dieser Zeit. «Das Thema beschäftigt mich schon seit meiner Jugend», erinnert sich Schärli-Fluri und führt die Treppe hinab, in

IM GESPRÄCH

In der Reihe «Im Gespräch» porträtieren wir Personen aus Olten und der Region. Zwischen Fairtrade-Schoggi, Nüssen, Wein und Co: Im Weltladen von Claro in Hägendorf ist Eveline Schärli-Fluri zuhause. Wie sie sagt, sei der Weltladen der einzige 100-Prozent-Fairtradeladen in der Region. (Bild: Cyrill Pürro)

das zweite Stockwerk des Weltladens, vorbei an Werbeplakaten einer der Aktionen der Claro Fair Trade AG: Kaffee, der in gerechten Verhältnissen von Frauen in Uganda angebaut wird. Die Kaffeebohnen werden von der Bukonzo Joint Cooperative Union in Uganda angebaut. Sie wurde von Frauen gegründet und setzt sich für Frauenrechte ein.

Zwischen Zweifel und Bestätigung Kaffee, Essig, Wein: All die Ware aus fairem Handel bezieht der Weltladen von der Claro Faitrade AG mit Sitz in Orpund. Schärli-Fluri hat als Sortimentsleiterin fast immer den Überblick. «Es ist nicht etwa die Schokolade, die zurzeit am meisten gekauft wird, sondern der Essig», erklärt sie und zeigt auf die Flaschen. Es gäbe Kundinnen und Kunden, die gleich drei Flaschen auf einmal kaufen würden. Eine lustige und gleichzeitig spezielle Entwicklung, wie sie findet. Es sind genau diese Momente, die ihre Tage im Weltladen bereichern: beispielsweise Personen, die wie im Rausch in den Laden stürmen, um Essig zu kaufen. Und natürlich auch wenn sie der Kundschaft etwas zu den einzelnen Produkten erzählen und ihnen so Wissen auf den Weg mitgeben kann. «Es gibt viele, die sich für die Herkunft der Produkte interessieren», sagt die Vizepräsidentin der Gemeinde Kappel. Das Wissen erlangt Schärli-Fluri nicht nur durch ihre Tätigkeit im Weltladen. Die Geschäftsführung der Claro Fair Trade AG informiere die Mitglieder des Vereins laufend über die Situation in den Entwicklungsländern,

«Es kann doch nicht sein, dass wir Zwiebeln vom anderen Ende der Welt importieren.»

in denen das Unternehmen tätig ist. So wird beispielsweise deutlich, wie rasant sich die Temperaturen im globalen Süden erwärmen und welche direkten Auswirkungen das auf die Produzenten vor Ort hat. «Diese Berichte zeigen mir erst wirklich, wie prekär die Lage an manchen Orten ist», führt Schärli-Fluri aus. Das spüren die Mitglieder des Vereins beispielsweise am Fairtrade-Kaffee-Angebot aus Nepal. Die Lieferungen würden immer knapper. «Das liegt unter anderem daran, dass die klimatischen Verhältnisse vor Ort immer schlechter werden und es zu Ernteausfällen kommt. Aber auch die politische Lage führt zu dieser Entwicklung», wie Schärli-Fluri erklärt. Sie bedauert dies sehr und betitelt den nepalesischen Kaffee als einen der «besten Kaffees», der seinen Erfolg vor allem dem gesunden Bergklima des Himalajas verdankt. «Das Potenzial der Region für fairen Kaffee wird durch uns Menschen minimiert. Das ist traurig», so die ehemalige Krankenschwester.

Trotz Einblick in solche Berichte bleibt Schärli-Fluri zuversichtlich. Sie ist überzeugt, dass ihr Wirken als Einzelperson oder bei ihrer Arbeit im Weltladen wenigstens einen kleinen Teil dazu beiträgt, dass sich die Situation verbessert. Auch wenn es ihr manchmal schwerfällt, optimistisch zu bleiben. «Ab und zu kommen in mir Zweifel auf, dass unsere Arbeit überhaupt etwas im Verhalten der Menschen ändert», gesteht die Kapplerin. Doch auch diese skeptischen Momente sind schnell überwunden, wenn sie sieht, wie viele Kundinnen und Kunden sich für die Herkunft der gekauften Ware interessieren. Sie fügt an: «Jede kleine Beteiligung hilft, dass die Produzierenden vor Ort ihren Platz im gerechten Handel finden.»

Auf Nachwuchs hoffen Die Resultate ihrer Arbeit wurden Schärli-Fluri und dem restlichen Team des Weltladens am 40-Jahre-Jubiläum von Claro Schweiz präsentiert. Anlässlich dieses Jubiläums besuchten Produzenten aus dem globalen Süden den Anlass und erzählten von ihrer Erfahrung. «Der Reisbauer sagte uns, dass es ihn ohne uns nicht mehr geben würde», schildert die Engagierte. Kontakte wie diese seien für sie Gold wert. So sieht sie, dass ihre Arbeit im Weltladen die Produzentinnen und Produzenten vor Ort unterstützt und etwas zur Verbesserung der Lage im globalen Süden beiträgt.

Ein Schlüsselereignis, welches Schärli-Fluri zu ihrem Einsatz bewegt hat, gab es nicht. Es sind die kleinen Momente, die sie nachdenklich machen. Einmal kaufte sie Zwiebeln im Supermarkt ein und stutzte, als sie zu Hause auf dem Etikett nachsah: produziert und angebaut im australischen Tasmanien. Sie konnte es kaum glauben. «Es kann doch nicht sein, dass wir Zwiebeln vom anderen Ende der Welt importieren», kommentiert sie dazu. Aus diesem Grund achtet Schärli-Fluri beim Einkauf strikt auf regionale und saisonale Produkte. Das könne für Mitmenschen, die sie beim Einkaufen begleiten, manchmal anstrengend sein. Dazu hat sie sogleich eine Anekdote parat: «Eine meiner Töchter sagte mir vor kurzem lachend: ‹Weisst du, mit dir Lebensmittel zu besorgen, ist wirklich schwierig.›»

Schärli-Fluri kann nicht abschliessend sagen, wie lange sie noch beim Weltladen mithilft. «Solange ich noch die Kraft und Energie dazu habe, bleibe ich dem Verein erhalten», so die Pensionierte. Sie hofft sehr auf Nachwuchs, der die ältere Generation im Laden ablöst. Denn für Schärli-Fluri ist klar: «Wir dürfen die Augen auch künftig vor Themen wie Fairtrade nicht verschliessen.»

...UN D AUSSERDEM

Diese Person möchte ich gerne mal treffen

Die Personen hinter Fairafric. Fairafric ist einer der Schokoladenproduzenten, von dem wir faire Schokolade aus Ghana beziehen. Die Geschichte hinter dem Aufbau, der Arbeit und der Frauenförderung ist sehr eindrücklich. Den Film dazu haben wir während des Jubiläumsjahres im Kino Lichtspiele in Olten gezeigt.

So entspanne ich mich am besten

In meinem eigenen Gemüsegarten oder auf dem Fahrrad. Dabei kann ich mit der ganzen Welt plaudern, auch wenn mir gerade niemand zuhört.

Dieses Verhalten ärgert mich

Wenn man nur an sich denkt und die Zukunft ausser acht lässt. Und auch die Arroganz, die in meinen Augen in der heutigen Zeit immer stärker zunimmt und für die ganze globale Mitwelt schädlich ist.

Teilnehmerrekord an der 12. Sousiwanderig in Olten

OLTEN Das Gewitter am frühen Pfingstsamstagmorgen war vorüber, da donnerte es zum zweiten Mal durch die Stadt: Diesmal waren es rund 350 Sousaphonspielerinnen und -spieler, die mit ihren Instrumenten durch Olten zogen und die Stadt zum Beben brachten.

Aus allen Teilen der Schweiz reisten sie mit ihren grossen Instrumenten per Bahn, Car, Mofa und Auto nach Olten: Sousaphonspielerinnen und -spieler. Auch Sousispieler aus Österreich und aus Deutschland waren anlässlich der 12. Sousiwanderig da – und alle waren sich einig: ein absolut gelungener Anlass, top in die Wege geleitet von der lokalen Organisatorin, der Guggenmusig Müüs.

Das Epizentrum der Veranstaltung war die Schützi. Hier wurden die «Sousis», die mit bis zu zwölf Kilogramm doch ein ziemliches Wandergewicht hinzufügten, während der wohlverdienten Pausen zwischen den drei Wanderungen durch Olten parkiert. Das Mittagessen konnte dank des schönen Wetters in- oder ausserhalb der Schützi genossen werden.

Apropos Wandern: Die erste Route führte durch die Leberngasse hoch über die Kirchgasse, und bereits beim Kafi Grogg stand die erste Pause an. Das Bier floss, vereinzelt auch Mineralwasser. Noch war der Tag jung, und man wusste nicht so recht, wie weit die Wanderung noch führen würde, die Kräfte sollten eingeteilt werden. Nach der Mittagsstärkung dann die längste Etappe: Sie führte durch den Engpass Rötzmatttunnel zum Coffeehouse Bloomeell, das die Teilnehmenden auf dem grossen Parkplatz gleich mit vier Bars empfing.

Vor dem Schlusskonzert auf der Treppe der Stadtkirche durften die Sousispieler noch den wunderschönen Garten des Kapuzinerklosters geniessen, in dem das Restaurant Kolping die Bewirtung übernahm. Insbesondere die schattenspendenden Bäume waren sehr gefragt. So konnte das spontane Konzert von vier besonders begabten Musikanten noch mehr genossen werden.

Das Ziel, Olten mit seinen diversen schönen Plätzen zu erwandern, wurde erreicht. Diesen Schluss liessen jedenfalls die Kommentare der Angereisten zu. So wussten viele nicht, dass sich in Olten ein Kloster befindet. Dass es den Leuten gefiel, zeigte auch die Tatsache, dass am späten Abend noch einige unterwegs waren oder sogar hier übernachteten. Auch die Zuschauerinnen und Zuschauer, ob extra dafür in die Stadt gereist oder einfach Passantin, erfreuten sich an dem einmaligen und speziellen Event. Obwohl manchmal auch gefragt wurde, für was denn da demonstriert würde: Für einmal war es keine Demo, sondern ein Anlass, bei dem Freundschaften gepflegt und Informationen zum Musizieren und zu Fasnachtsanlässen ausgetausch wurden. Der Anlass, der vor einigen Jahren mit zwei Wanderern in der Innerschweiz gegründet und bisher immer dort ausgetragen wurde, findet nächstes Jahr rund um Langenthal statt. mgt