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te, oder wie auch immer man sie nennen will, haben einen starken Einfluss auf den Mainstream und somit wieder auf den Markt. Ich mache mir überhaupt keine Sorgen um jene Filmemacher und die Filme, die in Originalität herausstechen, weil sie anders sind.“ Und so ist es: Festivals sind, neben allen anderen Faktoren, so etwas wie die künstlerische/politische/gesellschaftliche Speerspitze des Filmbusiness. Das waren sie immer, und das werden sie immer sein. Nicht von ungefähr entbrannten die heftigsten politischen Diskussionen des Jahres 1968 beim Festival in Cannes, sodass dieses abgebrochen werden musste. Nicht von ungefähr gibt es die saftigsten Filmskandale, von denen das Business nun einmal lebt, bei Festivals – oder bei Preisverleihungen, wie etwa Marlon Brandos Nicht-Abholung seines Oscars oder Michael Moores George-W.-Bush-Bashing. Nicht von ungefähr drängelt sich selbst die HollywoodTop-Prominenz auf dem Roten Teppich in Cannes beziehungsweise, mit Abstrichen, auch in Berlin und Venedig. Nicht von ungefähr sind die heutigen wahren Regiestars deshalb so groß geworden, weil sie Festivals gewonnen (oder auch grandios verloren) haben: Kennen Sie Gore Verbinski? Natürlich hat er als Regisseur maßgeblichen Anteil am Erfolg der Pirates-of-the-Caribbean-Serie. Schön für ihn. Aber wenn Leute wie Wong Kar-wai, Lars von Trier, David Cronenberg, Zhang Yimou, Abbas Kiarostami, Alejandro González Iñarritú oder Pedro Almodóvar, um nur einige wenige zu nennen, ihre neuen Filme präsentieren, dann hält die Filmwelt (samt Brad Pitt und Angelina Jolie) den Atem an. Oder Ulrich Seidl. Oder Michael Haneke. Womit wir wieder beim Anfang sind: Wären Filmfestivals Olympia, würden Österreichs Filmemacherinnen und Filmemacher wohl einen Spitzenplatz in der Medaillenwertung belegen.

Amour

Der Umbruch, der die Musikindustrie schon vor Jahren erfasst hat und für den völligen Einbruch des Tonträgermarktes gesorgt hat, hat auch die Film- und Kinobranche erfasst. Wie der Popmusik-Markt heute vor allem von Downloads und Livekonzerten lebt, so dramatisch wird sich auch der Filmmarkt ändern, wenngleich die Kinobesuchszahlen noch einigermaßen stabil sind. Das wird aber nicht immer so bleiben, auch nicht auf der Insel der Seligen, und deshalb ist es selbstverständlich gut, dass österreichische Filme sich in der (Festival-)Welt herumtreiben und auch auf einem genialen Streaming-Channel wie Mubi präsent sind. Die Frage, wo und wie ein Film gesehen wird, wird immer unwichtiger werden – entscheidend ist doch, dass er gesehen wird, und wenn die letzten Dinosaurier der Filmindustrie es irgendwann schaffen, die Konsumenten davon zu überzeugen, dass man dafür einen vernünftigen Betrag zu zahlen habe, um die Leistungen der Urheber des Films zu vergüten, dann wird das eine gute Sache sein. Die Doktrin, dass man ins Kino zu gehen und dort horrendes Geld für Eintritt (für eine vierköpfige Familie ca. 80 Euro, mit Popcorn, Parkgebühren und allem Drum und Dran) zu zahlen habe, um einen Film zu sehen, wird sich – jedenfalls für das heiß begehrte junge Publikum und für Familien – nicht mehr lang aufrecht erhalten lassen. Diese Doktrin wird fallen, obwohl es keiner so recht glaubt, so wie auch niemand recht geglaubt hat, dass die Berliner Mauer je fallen könnte. Noch einmal Martin Schweighofer: „Festivals haben ja auch die Aufgabe, nicht nur das bereits Etablierte zu bestätigen, sondern sie sind auch ständig gefordert, etwas Neues zu entdecken und zu bringen, andere Stimmen hörbar und Visionen sichtbar zu machen. Diese abgehobenen Produk-

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ray Special – 25 Jahre Austrian Film Commission


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