Hartkäse eine bestimmte Reifungszeit benötigt. Ein Hersteller des echten Aceto balsamico tradizionale di Modena weiß, dass nur die jahrelange Reifung in Holzfässern zur wahren Qualität führt. Und ein Schreiner oder Zimmermann ist sich bewusst, dass nur mit langsam getrocknetem Holz, das heißt durch natürliche Lagerung ohne Beschleunigung durch künstliche Trocknung, hochwertige Produkte hergestellt werden können. Die Beispiele könnten beliebig vermehrt werden, denn es handelt sich um ein allgemein gültiges Lebensgesetz. Und was wissen die Hersteller von pflanzlichen Heilmitteln? Die Herstellung von Urtinkturen mit innerer Qualität Das Wissen um die optimale Herstellung von pflanzlichen Urtinkturen ist weitgehend verloren gegangen. Die ursprüngliche Verarbeitung von Heilpflanzen zu Urtinkturen wurde von Samuel Hahnemann, dem Begründer der Homöopathie, vorgegeben. Er hatte die Pflanzen von Hand geschnitten, im Mörser gestampft und verrieben, den Saft ausgepresst und mit Weingeist stabilisiert. Zu seiner Zeit hatte man keine andere Möglichkeit zum Zerkleinern der Pflanzen und Aufschließen der Zellen. Mit dem Aufkommen von Technologien zur Produktionsbeschleunigung wurde – wie bei der Herstellung von Lebens- und Genussmitteln – das traditionelle Handwerk mehr und mehr aufgegeben. So wurde zuerst das mühsame Mörsern durch den Fleischwolf ersetzt. Später wurde das Schneiden von Hand abgelöst durch schnell laufende Schneidemaschinen wie Cutter und Häcksler. Diese Maschinen führen zu einer derart intensiven Bearbeitung und Quetschung der Pflanzen, dass schon seit vielen Jahrzehnten auf den Fleischwolf verzichtet werden kann.
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Einleitung
Schneiden der Pflanzen von Hand
Im Gegensatz zu der Verarbeitung von Lebensmitteln, bei denen es analoge Entwicklungen gab, hat sich bei den Urtinkturen kein traditionelles Handwerk für Qualitätsprodukte erhalten. Bei den Lebens- und Genussmitteln sorgte der Genussaspekt für die Bewahrung von gutem Traditionshandwerk. Die Menschen wollen nicht auf guten Wein, guten Tee, gutes Brot, guten Honig usw. verzichten. Deshalb hat sich das Wissen über deren Herstellung erhalten. Bei den pflanzlichen Heilmitteln geht es jedoch nicht um den Genuss, sondern um die Heilwirkung. Mit der Entdeckung der pflanzlichen Wirkstoffe vergaß man, dass es auch unstoffliche Wirkprinzipien gibt. Man glaubte, die innere Qualität habe keine Bedeutung für die Heilwirkung. Deshalb gab es viele Jahrzehnte lang keine Herstellfirma, die bestrebt war, Urtinkturen von hoher innerer