10 minute read

Grumpy aus der Asche

Als Buschfeuer im vergangenen Winter weite Teile Australiens verwüsteten, wurde auch Kangaroo Island hart getroffen – fast die Hälfte der Insel brannte ab. Viele Tiere starben. Wenige haben überlebt. Unterwegs mit den Helfern der Humane Society International.

Advertisement

Wir stehen am Stamm eines Eukalyptusbaumes und schauen in sein Blätterdach. Wäschekörbe aus Plastik zu unseren Füßen. Die Buschfeuer von Anfang des Jahres haben die südaustralische Känguru-Insel verwüstet, zwei Menschen getötet, dutzende von Häusern zerstört und die Tierwelt extrem dezimiert. Mit einer Länge von 150 Kilometern und einer Küstenlinie von mehr als 500 Kilometern ist es eine große Insel – und gut die Hälfte »Es war unheimlich. davon ist verbrannt. Der dortige FlinDie Straßen waren ders Chase National Park, Epizentrum menschenleer, alles der Brände, ist nur noch eine verkohlte brannte, rauchte.« Landschaft aus Asche und Schlamm. Abgesehen vom gelegentlichen RaBilly Dunlop scheln der Blätter ist es ruhig. Ab und zu richten wir Worte der Ermutigung an einen jungen Mann in einem Geschirr, der sich weit oben mit Entschlossenheit an die spindeldürren Äste des Baumes klammert. Er versucht, einen Koala zu erreichen. Der Baum, auf dem der Koala lebt, ist noch gesund, ringsherum aber ist das öde Ergebnis der Feuerwalze zu sehen. Wenn man das Tier sich selbst überlässt, wird ihm irgendwann die Nahrung ausgehen, es wird verhungern. Diese Art der Tierrettung ist zur Normalität geworden, seit die Brände über die Insel gefegt sind. Kangaroo Island galt als ökologisches Wunderland, und die einzigartige Tierwelt – der reichlich vorhandene Koala, das Känguru, das Wallaby, der Wombat, das Opossum, der glänzende schwarze Kakadu, der winzige spitznasige Dunnart, die grüne Zimmermannsbiene und sogar das letzte reinrassige ligurische Bienenvolk der Welt – litt sehr darunter. Viele Tiere starben an Verbrennungen, ebenso viele an Rauchvergiftung. Vor den Bränden waren fast 50.000 Koalas auf der Insel zuhause – schätzungsweise noch 5.000 bis 10.000 sind davon übrig. Achtzig Prozent ihres Lebensraums wurden ausgelöscht. Und jetzt, fast sechs Monate später, sind die Tiere, die überlebt haben, mit einem sehr realen Nahrungsmangel konfrontiert.

Aber Kangaroo Island baut sich langsam wieder auf. Die Zäune werden repariert, das überlebende Vieh versorgt, die zerstörten Häuser aufgeräumt. Geschwärzte Zweige tragen gelegentlich neues Grün, ein Teil des Grases wächst wieder nach. Wir folgen den Helfern, Mitglieder der Humane Society International (HSI). Die Tierschutzorganisation ist seit den Bränden ständig auf der Insel präsent und beteiligt sich an den Rettungsaktionen für Wildtiere, von Anfang an dabei sind Kelly Donithan und Evan Quartermain. Quartermain stammt aus Sydney, Donithan kommt aus Massachusetts/USA. Normalerweise arbeiten die beiden in eher unterentwickelten Ländern, nach Erdbeben etwa oder nach Verwüstungen durch Wirbelstürme. In Australien sind sie das erste Mal im Einsatz – Klimawandel ist in schlimmem Maße egalitär.

Manchmal finden sie erschöpfte Tiere phlegmatisch kauernd am Boden, manchmal müssen sie mit Kletterausrüstung in die Bäume. Alle Helfer haben von den Krallen der Tiere zerkratzte Arme. Schaffen sie es, ein Tier aus einem einzelnen noch lebenden Baum zu holen, kommt es in den Wäschekorb. Ein zweiter umgedreht darüber, fertig ist der behelfsmäßige Käfig. Der Koala aus dem Baum wird ins kleine Städtchen Parndana gebracht. Hier gibt es den Kangaroo Island Wildlife Park, hier warten Tierärzte auf die verletzten traumatisierten Tiere.

Bis vor kurzem war der Wildlife Park hauptsächlich ein touristisches Ziel, mit nur wenigen Gehegen für die Handvoll verletzter Wildtiere, die jedes Jahr hierherkamen. Seit den Bränden ist er zu einem regelrechten Tierkrankenhaus geworden, in dem aktuell mehr als 600 Koalas medizinisch behandelt werden. Schnell wurde eine Reihe neuer Gehege gebaut. Tierpfleger und Tierärzte – viele Freiwillige aus dem ganzen Land – schwirren umher und kümmern sich um die Patienten. Der gerettete Koala ist ein Weibchen. Ein Tierarzt, der eigentlich im Zoo von Adelaide arbeitet, tauft sie auf den Namen Colette. Es ist gängige Praxis, die verletzten Koalas, die hereinkommen, zu benennen. Draußen in den Gehegen finden sie Noisy und Nosey, Chuck Norris und Big Guy, Fat Boy, Smash Face, Feisty und Grumpy. Colette wird auf die üblichen Anzeichen von Verletzungen untersucht, einschließlich verbrannter Pfoten und versengtem Fell. Draußen im Gehege stoße ich auf einen Pfleger, der das Fell eines anderen Koalas sanft kämmt, während dieser

Anzeige

amnesty after work

Schreiben Sie für die Menschenrechte –gegen Verfolgung, Gewalt und Folter

Gemeinsam für die Menschenrechte Sie können helfen: Wir laden Sie herzlich ein, uns montags zu besuchen. Lassen Sie Ihren Tag mit einer guten Tat bei Kaffee, Tee und Gebäck ausklingen, indem Sie sich mit Faxen, Petitionen oder Briefen gegen Menschenrechtsverletzungen in aller Welt einsetzen.

Öffnungszeiten:

Montag 18 bis 19 Uhr after work cafe Dienstag 11 bis 12 Uhr, Donnerstag 18.30 bis 19.30 Uhr

amnesty Bezirksbüro Hannover

Fraunhoferstraße 15 · 30163 Hannover Telefon: 0511 66 72 63 · Fax: 0511 39 29 09 · www.ai-hannover.de

Spenden an:

IBAN: DE23370205000008090100 · BIC: BFSWDE33XXX Verwendungszweck: 1475 weiterhin leise an Gummiblättern knabbert. Angesengtes Fell hindert einen Koala daran, sich selbst zu pflegen, was aber für die Wasserdichtigkeit unerlässlich ist. Bleiben die Tiere ungepflegt, sind sie anfällig für Unterkühlung. »Die Insel fühlte sich Anfang des Jahres wirklich wie ein Kriegsgebiet an«, erinnert sich Parkmanager Billy Dunlop. »Es war unheimlich. Die Straßen waren menschenleer, alles brannte, rauchte ... Die Heftigkeit des Feuers war anders als alles, was ich bisher gesehen hatte. Einheimische brachten Tiere herein, die sie gefunden hatten, Feuerwehrleute und Militärangehörige, die Tiere gefunden hatten, und Menschen, die beim Vorbeifahren Tiere gefunden hatten«, fährt er fort. Bald wurde jedes verfügbare Gebäude und jeder Schuppen mit einer Reihe von Körben besetzt, in denen verletzte Koalas gepflegt wurden. Ein großes Zelt wurde zum ausgewiesenen Triage-Bereich. Und nur ein stetiger Geldspendenstrom hat es ermöglicht, die medizinischen »Wir versuchten Geräte und Medikamente zu beihnen Linderung kommen, die die Versorgung der zu verschaffen, Tiere immer besser machte. Als Evan Quartermain und auch wenn es Kelly Donithan, zwei der AktivisEuthanasie war.« ten von Colettes Rettungsaktion, Kelly Donathan während der Brände auf Kangaroo Island eintrafen, retteten sie hunderte Koalas, die sie entweder unter Einsatz des Lebens aus brennenden Bäumen rupften, oder zum Schutz zusammengekauert auf dem Boden fanden. »Es war die traumatischste Zeit meines Lebens. Man kann sich nicht auf das Ausmaß des Todes vorbereiten, das wir gesehen haben. Wir sahen täglich tausende von toten Tierkörpern. Es war ... überwältigend.« Donithan erinnert sich an einen Tag im Winter, an dem sie schnellen Flammen ausweichen musste, um zu verletzten Tieren zu gelangen. Sie fand ein Opossum, das zusammengekauert am Boden saß. »Sobald ich es hochhob, konnte ich die Hitze auf ihm spüren. Es brannte vor lauter Hitze«, erzählt sie. »Ich versuchte, Wasser über das Opossum zu gießen, aber ich wusste, was das Schicksal dieser Tiere sein würde ... Wir versuchten ihnen Linderung zu verschaffen, auch wenn es Euthanasie war.«

Schon am nächsten Tag werden Colette und Grumpy zur Freilassung freigegeben. Mit Dunlop, Quartermain und Donithan fahren wir zu einer blühenden Plantage voller Koalafutter. Die Stimmung

Foto: Evan Quartermain/HSI/Australia

Verbrannte Eukalyptuswälder auf Kangaroo Island.

Foto: Christina Simons ist fröhlich – die Freilassung eines wiedergefundenen Koalas ist ein Grund zum Feiern. »Wir hatten [im Park] mit einer Überlebensrate von zwölf Prozent gerechnet, und wir haben noch viel besser abgeschnitten; sie liegt bei etwa 30 Prozent«, sagt Dunlop. »Es war am Anfang so traurig, eine Wagenladung mit 30 Koalas zu bekommen und möglicherweise gleich am selben Tag die Hälfte davon zu verlieren. Aber unsere Fähigkeit, sie zu begleiten, hat sich weiterentwickelt, und die Einrichtungen sind jetzt vorhanden, so dass wir diese schwereren Verletzungen behandeln können. Wir haben gesehen, dass die Erfolgsquote steigt.« Dunlop fährt nie alleine zu einer Entlassung los. Er will den Helfern wie Quartermain und Donithan sowie dem Parkpersonal – einige von ihnen haben in den Bränden sogar ihr Zuhause verloren – die Gelegenheit geben, einen wirklich hart verdienten Moment zu genießen.

Behutsam klettern wir über einen Stacheldrahtzaun und steuern auf einen hoch aufragenden Baum zu, wobei wir die Kisten unten am Stamm abstellen. Colette verliert keine Zeit und schießt aus der Kiste heraus den Stamm hinauf. Die Gruppe lächelt. Als nächstes ist Grumpy dran, der Koala mit der vom Feuer vernarbten Nase. Er hat lange gebraucht, um sich zu erholen. Und er wirkte all die Zeit immer ein wenig mürrisch. Daher sein Name. In letzter Zeit habe er Anzeichen von Unruhe gezeigt, wird uns erzählt. Er hat mindestens einen Fluchtversuch aus seinem Gehege unternommen und gelegentlich mit seinen langen Krallen nach den Pflegern geschlagen. Dunlop nennt ihn auch manchmal scherzhaft »wütender Mann«. Glücklicherweise hat er jetzt ein astreines Gesundheitszeugnis erhalten. Ich öffne die Tür der Kiste. Aber Grumpy bleibt sitzen. Wir sitzen und warten. Irgendwann schaut er zu uns hinaus und macht dann zögernd ein paar Schritte. Er setzt sich leise an den Fuß des Baumes und starrt uns an. Wir starren zurück. Ein paar Minuten vergehen. Quartermain fragt sich laut, ob dies ein schlechtes Zeichen ist. Wir warten noch ein wenig. Grumpy wirft schließlich noch einen letzten Blick auf uns und beginnt seinen langsamen Aufstieg auf den Gummibaum. Er findet einen Ast nach seinem Geschmack, nimmt Platz, greift nach einer Handvoll Blätter und beginnt langsam zu mampfen.

Foto: Miro Marsik/shutterstock.com

WO MAN VALBORG FEUERT

Foto: Faktum

Fahren Sie doch mal nach Göteborg in Schweden: Niemand kennt die Straßen der Stadt besser als »Faktum«-Verkäuferin Eija. Hier ihre ganz persönlichen Reise-Tipps. Und vergessen Sie nicht ihre Straßenzeitung zu kaufen, wenn Sie da sind.

Warum ihr Göteborg besuchen solltet?

Göteborg wird das Gesicht Schwedens genannt. Es liegt an der Westküste Schwedens, der besten Küste. Göteborg ist eine Hafenstadt mit vielen kleinen Inseln in der Nähe, die man mit dem Boot erreichen kann. Meer und Kultur: Das ist Göteborg.

Wann besuchen Sie Göteborg?

Die Wärme kommt im Mai. Die Bäume stehen in voller Blüte und die Menschen sitzen vor den Cafés und Bars. Das Meer ist zwar noch nicht warm, die Strände sind trotzdem toll. Der letzte Tag im April ist Valborg. Die Menschen zünden dann große Feuer an, um zu feiern, dass der Winter vollständig vorbei und der Sommer fast da ist. Eine der Universitäten veranstaltet dann eine große Parade, die durch die Stadt zieht. Feststimmung pur.

Was ihr auch nicht verpassen solltet?

Besucht Liseberg. Das ist ein Vergnügungspark, der für jedes Alter geeignet ist. Er liegt mitten in der Stadt und verfügt über extreme Fahrgeschäfte, Karussells, ein Spukhaus und ein sehr schönes Winterwunderland zu Weihnachten. Im Sommer finden dort auch große Konzerte statt. Wenn ihr Blumen und Bäume mögt, müsst ihr den botanischen Garten von Göteborg besuchen. Dort gibt es Pflanzen aus der ganzen Welt, und es ist toll, dort Picknicks zu machen.

Mit kleinem Budget?

Slottsskogen! Es ist ein riesiger offener Park mit Wäldern, grünen Feldern und einem kostenlosen Zoo. Viele Menschen trainieren dort, und es eignet sich hervorragend für große Gruppen, die Frisbee oder Volleyball spielen oder einfach nur entspannen und grillen. Mein Lieblingstier, das ich dort beobachten kann, sind die Elche. Aber da gibt es auch Robben, Pinguine, Rehe und Hirsche, die wild im Parkwald umherstreifen. Jeden Sommer findet eine Woche lang ein riesiges Fest in der Stadt statt.

Geheimnisse, die nur die Einheimischen kennen?

Ihr solltet die Flohmärkte besuchen. In der Sommerzeit gibt es viele davon. Fast jedes Wochenende findet einer auf einem Fußballplatz in Slottsskogen statt. Aber es gibt auch viele überdachte kleinere Flohmärkte und viele Secondhand-Läden. Mit Glück könnt ihr einige gute Schnäppchen machen. Mich selbst findet ihr mit meinem Hund Bamse an meinem Verkaufsplatz in Kållered.

Die beste Aussicht?

Vom Riesenrad im Vergnügungspark. Ist aber echt riesig das Rad. Aber um den allerbesten Aussichtspunkt zu erreichen, müsst ihr euch schon ein bisschen anstrengen. Er heißt Ramberget. Um dorthin zu gelangen, müsst ihr die Straßenbahn nach Hisingen nehmen und dann zu Fuß nach oben gehen. Von dort oben kann man fast die ganze Stadt sehen und bei gutem Wetter bis Vinga, einem berühmten Leuchtturm in den Schären. Auf dem Berg sind Aussichtspunkte markiert, damit ihr wisst, was ihr in welcher Richtung suchen müsst. Courtesy of INSP.ngo/The Big Issue UK

Das muss mal gesagt werden …

Corona-Pandemie, die Welt steht still (oder sollte sie) und alle, bei denen Urlaubsreisen zum jährlichen »Muss« gehören, sind frustriert, dass sie in diesem Jahr nicht wie gewünscht reisen können. Vielleicht, weil ich mir noch niemals einen Urlaub leisten konnte, kann ich das so gar nicht nachvollziehen. Ein Jahr nicht irgendwo hin fliegen zu können, ist das wirklich so schlimm? Leid tun mir überall auf der Welt diejenigen, die auf das Geld dieser Urlauber, vielleicht sogar vorrangig der Deutschen, angewiesen sind, die in Hotels und Restaurants, Souvenirläden und in vielen anderen dienstbaren Bereichen arbeiten. Wie überall sind sie die Verlierer in dieser Corona-Pandemie. Und das ist wirklich bitter. Also hoffe ich, dass 2020 ein einmaliger »Ausrutscher« war und 2021 die Welt wieder in Ordnung ist!

Karin Powser

Karin Powser lebte jahrelang auf der Straße, bevor ihr eine Fotokamera den Weg in ein würdevolleres Leben ermöglichte. Ihre Fotografien sind mittlerweile preisgekrönt. Durch ihre Fotos und mit ihrer Kolumne zeigt sie ihre ganz spezielle Sicht auf diese Welt.

More articles from this publication:
This article is from: