ARTMAPP #27, Sommer 2021

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166 D ie S t a at l ic he n K u n st s a m m lu n g e n D r e s de n i m Umbr uc h

Träume von Bedeutung Die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) sind ein Verbund aus 15 Museen und vier Institutionen von Weltrang. Nach jahrzehntelangem Wiederaufbau hat Generaldirektorin Marion Ackermann seit ihrem Amtsantritt im Jahr 2016 eine neue Mission für das Universalmuseum entwickelt, dessen riesige Sammlungen seit der Kunstkammer der sächsischen Kurfürsten über fünf Jahrhunderte gewachsen sind. Nicht mehr nur die sächsische Identität soll sich in Gemäldegalerie oder Grünem Gewölbe spiegeln – jetzt gehen die Dresdner Kunstsammlungen auch dorthin, wo es weltpolitisch gerade wehtut. Zuletzt nach Moskau, wo ausgerechnet auf dem Höhe­punkt der Nawalny-Proteste im April eine vom Alberti­ num und der Moskauer Tretjakow-Galerie gemeinsam organisierte opulente Schau über russische und deutsche ­Romantik eröffnet wurde. Carsten Probst sprach mit Marion Ackermann über Museen als Partner der Außenpolitik – und über kühne Pläne für weitere Initiativen. ARTMAPP: Frau Ackermann, am Tag vor der offi­ ziellen Ausstellungseröffnung in der Staatlichen Tretjakow-Galerie zogen Tausende für die Frei­ lassung Alexej Nawalnys durch russische Städte, die Moskauer Innenstadt war abgeriegelt, es gab zahllose Verhaftungen. Zugleich hielt Präsident Putin eine Rede, in der er Drohungen gen Westen richtete und Russlands neueste Waffensysteme pries. Eigentlich nicht die besten Bedingungen für eine Ausstellung über deutsch-russische Romantik, könnte man meinen ... Marion Ackermann: Die Kompliziertheit dieses Vorhabens war mir und meinen russischen Kolleginnen und Kollegen immer bewusst. Ich habe es fast als Wunder empfunden, dass es überhaupt stattfinden konnte. Schon in den drei Jahren der Vorbereitung gab es immer wieder Hindernisse – nach dieser langen Zeit wollte ich unbedingt daran festhalten. Die Vorbe­ reitung war von Anfang an auf Augenhöhe, gleichberechtigt, mit hohem persönlichem Einsatz gerade der russischen Kolle­ ginnen und Kollegen. Die Resonanz in den russischen Medien zeigt auch, dass das produktiv war, das Publikum kommt zahlreich und versteht, dass schon der Ausstellungstitel „Träume von Freiheit“ einen politischen Beiklang hat. Aber wir müssen die Situation immer wieder neu bewerten, das russische Verbot von drei deutschen NGOs Ende April zum Beispiel ist natürlich problematisch.


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