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4.1.4 BAUSTEINE DES MENTALEN TRAININGS NACH STOLL

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ANHANG

ANHANG

Inhaltlich gibt es viele Überschneidungen mit Eberspächers Ansatz, die Kategorisierungen beider Autoren sind jedoch unterschiedlich. Kozuma nimmt stärkere Differenzierungen vor und arbeitet mit kleineren Bausteinen.

4.1.4 Bausteine des Mentalen Trainings nach Stoll

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Stoll, Achter und Jerichow (2010) fassen die relevantesten sportpsychologischen Interventionen anhand von acht Komponenten übersichtlich zusammen:

1. Aktivierungsregulation 2. Aufmerksamkeitsregulation 3. Bewegungsregulation 4. Kognitive Fertigkeiten und Taktiktraining 5. Emotionsregulation/ Konfrontation 6. Motivationsregulation 7. Mannschafts- und Teamentwicklung 8. Unmittelbare Wettkampfvor- und Wettkampfnachbereitung (Stoll et al., 2010: 58ff.)

Die Aktivierungsregulation beinhaltet Entspannungsverfahren sowie Körperwahrnehmungsverfahren, Hypnose/Selbsthypnose, Aktivierungsatmung und Mobilisationsübungen. Das Ziel von Körperwahrnehmungsübungen ist die Vermittlung von Körperwahrnehmung und Bewegungsgefühl, um Körpersignale zu erkennen und zu deuten. Mobilisationsübungen dienen der Entwicklung der geistig-körperlichen Frische und Intensivierung des Wachbewusstseins (vgl. Ebd.: 58f). Nach Auffassung der Autoren können diese Übungen, ausgenommen die Hypnose oder Selbsthypnose, bereits im Alter von sechs Jahren begonnen werden (vgl. ebd.: 58f).

Die Aufmerksamkeitsregulation dient der Aufrechterhaltung der Konzentration und der Verbesserung der Bewegungssicherheit. Darüber hinaus verbessert diese Intervention die Wahrnehmung der augenblicklichen Bewegung.

Als einen Teil der Aufmerksamkeitsregulation heben die Autoren auch Pausenrituale und die Technik der „Drehbücher” hervor. Drehbücher dienen der mentalen Vorbereitung auf wichtige Punkte in der Handlungsausführung. Durch eine symbolhafte Markierung der zu erwartenden Situationen wird die kognitive Aufmerksamkeitsausrichtung optimiert (vgl. ebd.: 60). Die Bewegungsregulation ordnen die Autoren in folgende drei Arten des Trainings ein: Subvokales Training, verdecktes Wahrnehmungstraining und ideomotorisches Training (vgl. ebd.: 61 in Anlehnung an Eberspächer, 1995).

Das aufmerksamkeitsbasierte Wahrnehmungstraining, das mentale Mannschaftstraining und das Entscheidungstraining mit Vorsatzbildung sind wesentliche Elemente des vierten Bereichs „Kognitive Fertigkeiten und Taktiktraining” (vgl. ebd.: 62f).

Zur Emotionsregulation und Konfrontation gehören die systematische Desensibilisierung,

Stressimpfungstraining und Stresstraining. Die systematische Desensibilisierung ist ein verhaltenstherapeutischer Prozess, mit dem in einem schrittweise durchgeführten Verfahren gegen eine psychische Angststörung (Angst und Panikstörung, generalisierte Angststörung und andereGefühlsüberflutungen)vorgegangenwird(vgl.ebd.:63). “Sie ist eine Therapiegrundlage, die im Gegensatz zur Reizüberflutung, dem sogenannten Flooding, steht, bei dem eine sofortige starke Konfrontation mit dem angst- oder panikauslösenden Objekt bzw. mit der entsprechenden Situation vorgenommen wird.” (Ebd.: 63) Das „Stressimpfungstraining” von Meichenbaum ist ein Verfahren zur Bewältigung von Stresssituationen. Will man in leistungsoptimierender Absicht das Verhalten von Klienten beeinflussen, dann muss man psychische Vermittlungsprozesse verändern (vgl. ebd.: 64 in Anlehnung an Meichenbaum, 2003). Damit meint Meichenbaum vor allen Dingen die „innere Sprache“, die unangemessene Verhaltensweisen oft begleitet (vgl. ebd.: 64). Weitgehend irrationale Selbstgespräche (z. B. „das schaffe ich nie“) sollen die Klienten bewusst registrieren und zu verändern lernen, um mit Hilfe eines kontrollierten inneren Dialogs besser mit Lebensproblemen wie Stress, Ängsten usw. fertig zu werden (vgl. ebd.: 64). Im Stresstraining werden situativ die Bedingungen geschaffen, die im Wettkampf zu den stressauslösenden Faktoren zählen, wodurch eine Anpassung, das heißt eine angemessene Reaktion auf diese Faktoren erreicht wird (vgl. ebd.: 64). “Dieses Training dient somit der Steigerung der emotionalen Stabilität sowie einer Optimierung im Umgang mit Störungen. ” (Ebd.: 64)

Die Motivationsregulation beinhaltet Selbstbekräftigungstraining, Willensschulung, Selbstargumentation, Prognosetraining, individuelles Zielsetzungstraining, Kausalattributionstraining sowie Selbstmanagement-Training (vgl. ebd.: 64ff.).

Zur Mannschafts- und Teamentwicklung zählen die Autoren Team-Building, Team-Entwicklung sowie kollektives Zielsetzungstraining. Kollektives Zielsetzungstraining dient der Aufrechterhaltung bzw. der Steigerung der Leistungsmotivation im Team sowie einer Verbesserung der realistischen Selbsteinschätzung des Teams. Es erhöht darüber hinaus die aufgabenbezogene Mannschaftsattraktivität und dient somit der Stabilisation des Mannschaftszusammenhalts (vgl. ebd.: 67).

Auch der unmittelbaren Wettkampfvorbereitung und -nachbereitung kommt eine bedeutsame Funktion zu. Ein Wettkampf ist ein großes Ereignis für Athleten, auf das sie sich lange vorbereiten, wofür sie sich anstrengen und trainieren. Eines der besonders erfolgreichen Verfahren der Wettkampfvorbereitung und -nachbereitung ist das Erstellen eines individuellen Videos (meistens auch mit Musik) zur Motivationssteigerung. Ergänzend kann Musik auch separat für die Motivationssteigerung und eine zentralnervöse Aktivierung eingesetzt werden. Mentale Aufwärmprogramme und Imitationsübungen helfen bei der Entwicklung einer positiven Wettkampfeinstellung und dienen darüber hinaus dem Aufbau von Selbstsicherheit. Gleichzeitig können Störquellen ausgeschaltet werden (vgl. ebd.: 68). Das Selbstimage-Training dient der Steigerung des Selbstwertgefühls. Außerdem gehören Briefing (Kurzeinweisung vor einem wichtigen Ereignis) und Debriefing (Kurzauswertung nach einem wichtigen Ereignis) zur unmittelbaren Wettkampfvor- und Wettkampfnachbereitung (vgl. ebd.: 67f.).

Es ist selbstverständlich, dass verschiedene Sportarten unterschiedliche psychische Anforderungsprofile haben. Das psychische Anforderungsprofil im Synchronschwimmen erfordert ein intensives Arbeiten mit der Bewegungsregulation, die jedoch im Wasserball nur eine geringe Rolle spielt (s. Abb.).

Abb.12 und 13: Bedeutsamkeit spezifischer sportpsychologischer Interventionen für die Sportarten Synchronschwimmen (links) und Wasserball (rechts) (Stoll et al., 2010)

Wie die Betrachtung der oben dargestellten Ansätze führender Sportpsychologen und ihrer unterschiedlichen Kategorisierungen zeigt, ist eine klare Trennung der Methoden, Verfahren und Ziele der jeweiligen Kategorie nicht realistisch, und Überschneidungen sind unvermeidbar. Dieser Aspekt soll in der Systematisierung des Mentalen Trainings für den Einsatz auf dem Gebiet der Musik berücksichtigt werden. Eine Übersicht, die neben den zentralen Kategorien auch die Überschneidungen sichtbar macht, ist erforderlich. Die vorliegende Arbeit orientiert sich vor allem an der Kategorisierung von Stoll und Blazek (2013). Daraus werden vier Komponenten – Aktivierungsregulation, Bewegungsregulation, Emotionsregulation und Motivationsregulation – ausgewählt, da diese Komponenten auch im Blick auf das Mentale Training in der Musik eine zentrale Rolle spielen. Die Inhalte der jeweiligen Regulation werden im nächsten Kapitel erörtert.

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