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Wintersport: Wettkampfsaison mit vielen Fragezeichen

Wettkampfsaison mit vielen Fragezeichen

von Barbara Felizetti Sorg

Die Wettkampfsaison hat in den meisten Wintersportarten bereits begonnen. Es ist eine Saison, die wie vieles andere in die Geschichtsbücher eingehen wird. Vor allem aber ist es eine Saison, hinter der viele Fragezeichen stehen. Der Erker hat sich bei den Wipptaler Wintersportlern umgehört, wie sie sich vorbereitet haben und was sie sich erwarten.

Federica Sanfilippo, Biathlon

„Das abrupte Saisonende im März war schon sehr speziell, da ich zu der Zeit gerade in Finnland war, die Situation zu Hause aber doch Tag für Tag mitverfolgte“, erinnert sich Biathletin Federica Sanfilippo. Da sei es überhaupt nicht einfach gewesen, weiterhin konzentriert zu bleiben. „Einmal nach Hause zurückgekommen, hat mich die Realität dann auch ziemlich schnell eingeholt und die Saison war von heute auf morgen beendet – eine Saison, von der ich mir mehr erwartet hätte, vor allem, weil ich im Sommer ein sehr gutes Gefühl hatte. Die Form blieb im Winter dann aber aus unerklärlichen Gründen aus.“ In den Sommermonaten konnte sie ganz normal trainieren. „Es fehlte mir in all den Monaten an nichts“, betont die 30-Jährige aus Ridnaun, die der Polizeisportgruppe „Fiamme Oro“ in Moena angehört und von Alexander Inderst, ebenfalls aus Ridnaun, trainiert wird. „Ich konnte sogar mehr gemeinsam mit Patrick Braunhofer trainieren als die Jahre davor, was für beide doch ein wesentlicher Vorteil war.“ Alles offen ist für Federica Sanfilippo in der neuen Saison. Nach der vergangenen Saison wurde sie aus dem A-Kader geschmissen, nun gehört sie dem Sichtungskader „Osservati“ an. „Das war für mich ein Schock, weil ich mir das nicht erwartet hatte“, sagte sie im Frühjahr nach ihrer Rückstufung. Nun muss sie sich wieder neu für den Weltcup qualifizieren. „Ich habe in dieser Saison keine großen Erwartungen“, gibt sie zu. „Ich schaue von Tag zu Tag und von Rennen zu Rennen. Mein Ziel ist es definitiv, mich bei den Wettkämpfen wieder wohl zu fühlen und nach der Ziellinie mit einem Lächeln im Gesicht ‚Das war gute Arbeit!‘ zu sagen.“ Wie sich Wettkämpfe vor leeren Publikumsrängen wohl anfühlen werden? „Ich habe bereits die letzten zwei Weltcup-Etappen ohne Publikum miterlebt und das war mit Sicherheit nicht schön“, erinnert sie sich. „Vor allem im Biathlon, wo das Publikum so viel ausmacht, ist es schon sehr schade. Aber ich stehe zu 100 Prozent hinter den getroffenen Entscheidungen, die ich sowieso nicht ändern könnte.“ Wo Sanfilippo ihren ersten Wettkampf bestreiten wird, wusste sie Mitte November noch nicht. Anfang Dezember findet die erste Etappe um den Alpencup in Obertilliach in Osttirol statt, bereits Ende November startet der Weltcup im finnischen Kontiolahti. „Wir werden sicherlich interne Wettkämpfe bestreiten, um zu sehen, wer bei welchen Rennen starten wird“, sagte Sanfilippo noch bei Redaktionsschluss. Kurz darauf erhielt sie die Nachricht, dass sie Ende November beim Weltcup-Auftakt in Kontiolahti mit von der Partie sein würde.

Patrick Braunhofer, Biathlon

Vom plötzlichen Saisonende überrascht wurde auch Biathlet Patrick Braunhofer aus Ridnaun, der Im Mai erstmals in die A-Mannschaft einberufen wurde. „Wir waren damals gerade bei der Junioren-Europameisterschaft in Hochfilzen, als nach dem zwei ten Wettkampf alles abgebrochen wurde und wir nach Hause zurückkehren musste“, erinnert er sich – er hatte dort im Einzelbewerb die Bronzemedaille geholt, im Sprint belegte er den 11. Platz. Die Saison hatte eigentlich nicht so gut angefangen, weil er sich im Frühjahr 2019 eine schwere Verletzung zugezogen hatte. „Aufgrund des Bänderrisses habe ich sehr viel Grundlagentraining verloren“, so der 22-Jährige, welcher der Carabinieri-Sportgruppe angehört. „Die Saison fing entsprechend schlecht an. Erst Mitte der Saison habe ich mich wieder erholt und konnte zum Schluss noch ein paar gute Rennen absolvieren.“ In der Vorbereitung gab es coronabedingt einige Änderungen. Das Team hatte weniger Trainingslager im Ausland und hat sich bevorzugt in Südtirol auf die anstehende Saison vorbereitet. „Insgesamt ist die Vorbereitung allerdings sehr gut verlaufen“, so Braunhofer. Etwas wird ihm in dieser Saison abgehen, und das ist das Publikum. „Das wird sicher eine neue Situation, ein Rennen ist ohne Publikum ganz anders – mit ihm fehlt einfach das gewisse Etwas, das für uns Athleten sehr spannend ist.“ Saisonhöhepunkte hat er für sich noch nicht definiert. „Ich hoffe aber sehr, dass ich an ein oder zwei Weltcuprennen teilnehmen darf“, so Braunhofer bei Redaktionsschluss. Wenige Tage später wurde er zum Weltcup-Auftakt in Kontiolahti einberufen. Sein erklärtes Ziel ist es jedoch, so stabil wie möglich durch die Saison zu kommen.

Francesco Gatto, Ski alpin

Für Francesco Gatto aus Pardaun war die vergangene Saison ultrakurz – und das nicht wegen Corona. Bereits Mitte Dezember, als er als Vorläufer beim Abfahrtstraining auf der Saslong in Gröden als Vorläufer an den Start ging, kam er zu Sturz und zog sich schwere Verletzungen zu. Dabei hatte die Saison mit einem zweiten Platz im Super-G beim FIS-Rennen in Gröden sehr verheißungsvoll begonnen. „Da hat mich der coronabedingte Abbruch eigentlich gar nicht mehr gestört. Für mich persönlich war es eher positiv, weil ich so auf meine Konkurrenten nicht allzu viel verloren habe“, so der Speed-Spezialist, der in dieser Saison der Gruppe „Osservati“, also dem Sichtungskader, angehört, im Rückblick, wo er von Patrick Thaler und Martin Karbon trainiert wird. Bei seinem Sturz hatte er sich einen Riss des Kreuzbandes, der Patellasehne und des Seitenmeniskus zugezogen. „Ich musste mich deshalb einer komplexen Operation unterziehen, auf die eine lange Reha-Phase folgte“, so Gatto rückblickend. „Schritt für Schritt ist alles gut geheilt, aber es braucht noch einige Zeit, bis ich wieder schmerzfrei bin.“ Dennoch ist das Sommertraining für ihn gut verlaufen. Er musste zwar mit kleinen Schritten anfangen und auch verstärkt auf sein Knie hören. Einen Einschnitt gab es jedoch aufgrund der Corona-Pandemie, da die Mannschaft nicht mehr in der Kaserne zusammenkommen durfte, um gemeinsam zu trainieren – so musste jeder sein Training alleine absolvieren. „Das war für mich aber völlig in Ordnung, weil ich aufgrund meiner Verletzung ohnehin ein anderes Trainingsprogramm hatte als meine Kollegen“, so der 21-Jährige, welcher der Sportgruppe der Carabinieri angehört. Jetzt allerdings ist er gespannt, wie es weitergeht, sowohl mit dem Training als auch mit den Wettkämpfen. „Es ist gerade eine sehr verwirrende Zeit. Ich hoffe aber sehr, dass alles normal weiterläuft und somit alle Rennen wie geplant ausgetragen werden können“, so Gatto. Ein definitives Programm hatte er Mitte November noch nicht in der Hand. Sein Ziel ist es, sich im Europacup in den Top 30 zu etablieren. „Ich möchte bei jedem Rennen das Beste aus mir herausholen – wenn das klappt, dann werden diese Rennen sehr interessant.“ Dass das Publikum den Wettkämpfen fernbleiben muss, spielt für ihn im Moment keine große Rolle. „Ich bin noch nie vor Publikum gefahren, deshalb fällt mir das wahrscheinlich gar nicht auf. Das Gefühl kenne ich gar nicht“, so Gatto. „Ich kann mir aber vorstellen, dass es Athleten gibt, die unter den Augen des Publikums besser das eigene Potential aus sich herausholen können.“

Eishockey Vielversprechender Saisonbeginn der Broncos

Die Wildpferde drehten gegen Italienmeister Asiago einen 0:2-Rückstand. Von den Importstürmern wusste bisher nur Trevor Gooch restlos zu überzeugen, Valentini und Hannoun können sich noch steigern.

Die Wildpferde trotzen den Widrigkeiten der Corona-Pandemie so gut es geht und sind furios in die Saison gestartet. Dank großer Vorsicht, rigoroser Beachtung der Vorschriften und einem Quäntchen Glück konnte sowohl im Jugendbereich als auch im Seniorteam die Entstehung eines Infektionsclusters bisher vermieden werden. Die weitere Entwicklung der Pandemie treibt den Verantwortlichen jedoch tiefe Sorgenfalten auf die Stirn.

Aus sportlicher Sicht ist der Saisonstart der Broncos geglückt. Die Meisterschaft begann mit der sogenannten Return-to-Play-Phase, in der die 16 Teams der Alps Hockey League in vier Vierergruppen aufgeteilt wurden und in jeweils einem Hin- und Rückspiel gegen die drei Gruppengegner antraten. Der Gesamtsieger wurde aus dem addierten Ergebnis der beiden Matches ermittelt, und hier holten sich die Wildpferde mit zwei Siegen gegen die Rittner Buam und die Red Bull Juniors sowie einer Niederlage nach Verlängerung gegen die Pusterer Wölfe insgesamt sieben Punkte. Das erste Match der Regular Season hätte am 24. Oktober in der Weihenstephan Arena stattfinden sollen, aber der Gegner Cortina musste wegen mehrerer Covid-Infektionsfälle um eine Spielverschiebung anfragen. So starteten die Wildpferde eine Woche später mit dem Heimspiel gegen Asiago in die Regular Season und holten gegen den amtierenden Italienmeister einen großartigen 3:2-Sieg, bei dem sie in den letzten Spielminuten noch einen 0:2-Rückstand drehten. Die Meisterschaftspause Anfang November bekam den Jungs von Headcoach Dustin Whitecotton hingegen nicht besonders gut, denn im ersten Spiel nach der Pause setzte es zuhause eine vermeidbare Niederlage gegen den EHC Lustenau. Daniel Soraruf hatte die Wildpferde in Führung gebracht, doch die Gäste glichen mit Beginn des zweiten Drittels aus und erzielten 55 Sekunden vor Schluss den Siegtreffer. Im folgenden Auswärtsspiel gegen Ljubljana waren die Topfavoriten auf den AHL-Meistertitel ein zu starker Gegner, wenngleich das Endresultat von 5:1 für die grünen Drachen insgesamt zu hoch ausfiel. In diesem schwierigen Saisonstart kann man den Wildpferden ein sehr positives Zeugnis ausstellen, wenngleich es natürlich noch einige Baustellen mit Luft nach oben gibt. Das Torhüterduo Rabanser/ Reinhart hat sich erwartungsgemäß als sehr sicherer Rückhalt bewiesen, auf den man sich auch im weiteren Saisonverlauf verlassen können wird. Matthias Mantinger war mit acht Toren aus neun Spielen zu Redaktionsschluss der absolute Goalgetter im Team und führte mit insgesamt elf Punkten auch die teaminterne Scorerwertung an, dicht gefolgt von Markus Gander (2 Tore, 8 Vorlagen und 10 Punkte). Verbesserungspotential gibt es bei der Offensivproduktion der Importstürmer und im Überzahlspiel, wobei ersteres sehr eng mit Letzterem zusammenhängt. Große Sorgen bereitet den Vereinsverantwortlichen die weitere Entwicklung der Corona-Pandemie. Abgesehen von dem schier unmenschlichen Organisationsaufwand, der auf den Vereinsverantwortlichen lastet, wurden die Einschränkungen wie überall Schritt für Schritt verschärft. Der Jugendbereich steht seit Anfang November komplett still, und die Spiele der ersten Mannschaft müssen seit Ende Oktober ohne Publikum ausgetragen werden. Dies ist ein großes Problem, denn die Einnahmen aus dem Ticketverkauf und bei den Gastronomieständen sind eine wichtige Position im Budget der Wildpferde. Den Besitzern des Broncos-Abonnements wird für die Dauer der Zuschauerbeschränkung ein Gratis-Zugang zum Live-Videostream der Heimspiele angeboten, doch auf lange Sicht ist diese Situation nicht tragbar. Es bleibt zu hoffen, dass sich dies so bald wie möglich ändert und das Publikum möglichst bald wieder gemeinsam in der Weihenstephan Arena die Spiele dieser so vielversprechenden Mannschaft genießen kann. Stefan Troyer

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