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3.2.2 Konzeptionelle Vorschläge

3.30: Lichtbegehung der Anwohnerschaft

3.31: Temporäre Licht-Spielbereiche

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Ebene 1 Ebene 2 Ebene 3

Ebene 3: Aufenthaltsimpulse

Die Zäsur der Bahnbrücke der Rheinischen Straße legt auf ihrer Südseite urbane "Nischen" frei. Sie können durch inszenatorische Impulse der Anwohner zu "Aneignungsorten" werden. Der westliche Bereich – hier als "Taschenpark" bezeichnet – kann die Identif kation der Anwohner mit der Rheinische Straße stärken, indem die Giebelwand in einem bestimmten Zeitrhythmus als Projektionsf äche für anwohnereigene Bildpräsentationen freigegeben wird – E3.1. Das können sein: Bilder stadtteilbedeutsamer Aktionen, eigene Bilder des Quartiers, Bilder der Bewohner selbst oder ggf. Bilder aus anderen Heimatländern. Die weiteren Impulsorte def nieren die Anwohner selbst. Der öffentliche Raum wird so am Abend zum gestalt- und bespielbaren Ort der Anwohnerschaft. 40) "Urbane Spielbereiche" können temporär def niert werden und dienen der selbstbewussten Darstellung, des Treffens und Gesprächs. Für die weitere Entwicklung des Umbaugebiets können selbstbestimmte Licht-Begehungen veranstaltet werden. Das Prinzip ist hierbei weniger, das Quartier zu festivalisieren und Probleme zu überleuchten, als vielmehr mithilfe von Lichtprojektionen auf z. B. baulich anzustrebende Veränderungen hinzuweisen. Die Anwohner können im Rahmen einer Beteiligung vor Ort entscheiden, was sie mit ihrer vorherig ausgearbeiteten Projektion vorschlagen. 41) Dies können mangelnde Sitzmöglichkeiten oder fehlende Orientierungshilfen sein. Kinder können ihre Spielorte markieren oder den öffentlichen Raum für kurze Zeit selbstbestimmt einnehmen und auf ihre Bedarfe hinweisen. Sofern diese Entwürfe im Realmaßstab auf Zuspruch und Möglichkeit zur Umsetzung treffen, können sie stufenweise umgesetzt werden.

40) Siehe beispielhaft Abb. 3.30 – hier: Anwohner/innen inszenieren "ihr Quartier" 41) Siehe beispielhaft Abb. 3.31 – hier: Nachzeichnen von Blumen mit Licht

E1.1

E1.1 E2.4t

E2.1 E2.3t E1.2

12

E2.1 E3.1 E2.1 E2.2

E2.2 E2.1 E1.3

E2.1

Verortung der Bausteine der Lichtkomposition in den Konzeptebenen – Abb. 3.32

➜ ➜ Auch die Rahmenplanung der Lichtkomposition nennt allgemeine Qualitätsgrundsätze und Empfehlungen für die Ausführung, um der Qualität in gestalterischer und technischer Hinsicht zuträglich zu sein. Sie dienen als Checkliste für die Planung und Ausführung ohne konkreten Ortsbezug. In der Ausführung sind die Bedingungen der örtlichen Gegebenheiten einzubeziehen.

Allgemeine Qualitätsgrundsätze und Empfehlungen nach Leitvorstellung

1 Vorsorgender umweltschutz und Reduktion von schadstoffen

Lichtwirkung • Vermeidung von Beleuchtungen über lange Distanzen; d. h.

Leuchten sollten nach Möglichkeit nah am Gebäude anliegen. • Verwendung von UV-Filtern oder Lichtquellen ohne UV-

Lichtspektren. • Leuchtdichten und Beleuchtungsstärken sind auf ein

Mindestmaß zu reduzieren. • Das Licht ist konsequent nur nach unten auszurichten;

Lichtemission über die Horizontale sind auszuschließen. Entwurfskriterien • Sofern Bodeneinbauleuchten oder sog. "Wallwasher" technischökonomisch die einzige Ausführungsmethode darstellen, sollten Leuchten mit Blendschutz und Refektoren eingesetzt werden, die eine Abstrahlung von Licht über das Objekt hinaus ausschließen. • Baumbeleuchtungen mit bodennahen- oder bodenintegrierten

Leuchten sind zu vermeiden. Sofern technisch-ökonomisch nicht anders realisierbar (z. B. mit nach unten ausgerichteter

Stammbeleuchtung oder Beleuchtung der Baumkronen von oben), sollten die Leuchten mit Blendschutzeinrichtungen kombiniert sein und ausschließlich in Jahreszeiten betrieben werden, in denen der Baum Blätter trägt.

2 Kultureller Ressourcenschutz und Entwicklung der stadtteilidentität

Lichtwirkung • Das Grundlicht der Gestaltung sollte mit weißem Licht realisiert werden, wobei warm-weiße Lichtfarben zu bevorzugen sind. • Die Verwendung von farbigem Licht sollte nur reduziert in Akzentuierungen erfolgen, sorgfältig auf das Umfeld abgestimmt werden und nicht ausschließlich von der technischen Möglichkeit (z. B. LED-Leuchten) bestimmt werden.

Lichtkompositionen einer Stadteinheit sollten in ihrer farblichen

Akzentuierung miteinander korrespondieren. • Die Sicht auf Leuchtmittel ist konsequent zu vermeiden und nur bei ausdrücklich gestalterisch-konzeptioneller Zielrichtung und gestalterisch-fachlicher Begutachtung zugelassen werden. Entwurfskriterien • Lichtkompositionen sind stets als ganzheitlicher Prozess anzulegen; d. h. Auseinandersetzung mit Architektur im stadträumlichen Kontext und den gestaltgebenden Merkmalen (Materialität, Kubatur, räumliche Bezüge usw.). • Lichtkompositionen sollten weniger dekorativ angelegt werden, sondern vielmehr auf stadträumliche Inhalte eingehen. • Dynamisch wirkende Installationen sollten eher vermieden werden und nur bei ausdrücklich gestalterisch-konzeptioneller

Zielrichtung und gestalterisch-fachlicher Begutachtung zugelassen werden. • Bei der Bestimmung von Entwürfen ist unter Berücksichtigung von Alternativen und durch Vorlage konzeptioneller

Zielrichtungen der Gestaltungsbeirat der Stadt Dortmund zu konsultieren.

3 Wirtschaftliche Effzienz und Stärkung der Lokalökonomie

Entwurfskriterien • Die Art und Weise der Stromversorgung ist in das Konzept einzubinden. Nach Möglichkeit sollte die Stromversorgung mit

Fotovoltaikanlagen oder ggf. standortgegebenen Energiequellen (z. B. Wasserkraft der Emscher) kombiniert werden. Sofern dies nicht möglich ist, sollten Lichtkompositionen nur über Strom aus erneuerbaren Energien betrieben werden. • Nachleuchtende, refektierende oder holografsche Materialien, die mit dem Umgebungslicht arbeiten, sind als alternative

Gestaltungskomponenten zu nutzen. Betriebsart • Lichtanlagen sollten mit Dämmerungssensoren, Zeitschaltuhren oder Präsenzmeldern ausgestattet sein. • Leuchtzeiten sind in sommerlichen Monaten (Anfang April –

Ende Oktober) bis 22.30 Uhr; Fr. & Sa. + 1 Std. und winterlichen (Anfang November – Ende März) Monaten bis 21.30 Uhr; Fr. &

Sa. + 1 Std. zu halten. Es ist zu prüfen, ob die Leuchtdauer mit solaren Erträgen der Tageslichtzeit gekoppelt werden können. Beleuchtungsanlagen • Leuchtmittel sollten bei geringsten Ausfallraten eine mittlere

Lebensdauer von > 8.000 Betriebsstunden vorweisen. • Beleuchtungsanlagen mit geringen elektrischen

Anschlusswerten und reduzierten Energieverbräuchen sind vorzuziehen. • Bei Lichtpunkten, die einen hohen Austauschaufwand aufgrund schwerer Erreichbarkeit erfordern, sollten wartungsarme Leuchtensysteme bevorzugt werden. Ein höherer

Anschaffungspreis sollte dabei mit dem Wartungsaufwand verglichen werden. • Sonderleuchten sind nur in begründeten Ausnahmefällen zu verwenden. • Vorrangige Verwendung von vandalismusgeschützten, d. h. robusten Anlagen. • Verwendung von Leuchten mit fertigungstechnisch optimierten

Schutzarten (mind. IP54, besser IP65). • Es sollten ausschließlich hochwertige Produkte von etablierten

Herstellern eingesetzt werden, um hohe Betriebskosten oder

Ausfälle zu vermeiden.

Rheinische Straße: Handlungsstrang der Lichtwerbung – Abb. 3.33

3.3 Handlungsstrang der Lichtwerbung

3.3.1 Kooperativer Zugang

Die Gewerbetreibenden sind in einer kooperativen Strategie mit Anreizen zur Beteiligung (öffentlich-private Partnerschaften im Bereich Planungskosten, Investition, Stromversorgung usw.) und in lokaler Überzeugungsarbeit einzubinden. Dass die abendliche Erscheinung der Straße der lokalen Ökonomie zuträglich wird, ist zu kommunizieren. Lichtwerbung effektiv als gestalterischen Faktor zu nutzen, heißt somit vorrangig kooperativ zu agieren und über Beratung, Partnerschaften usw. das zu lenken, was bereits von privater Seite aus gestaltet wurde und im öffentlichen Raum wirkt. Darüber hinaus wirken Kooperationen initiierend und regen private Illuminationen an, die zur Vervollständigung eines öffentlich verhandelten Konzepts beitragen können. Instrumente zur Sicherung stadt- und lebensräumlicher Qualitäten: • Öffentlich-private Partnerschaften • Beratungsangebote, lokale Initiativen und Finanzierungskoordination

3.3.2 Regulativer Zugang

So gestalterische oder umweltbezogene Ziele im Vordergrund stehen, ist die Regulation von privatem Licht (Werbe- und Funktionslicht) innerhalb der Stadtverwaltung querschnittsorientiert durchzuführen, um wirksam auf Dritte einwirken zu können. Ohne allgemein rechtsgültige Instrumente, die sich explizit und verfahrenssicher auf Licht als Gestaltquelle oder umweltwirksamen Faktor beziehen, sind kommunale Bestrebungen – gerade in der Lenkung der Stadtgestaltung – noch Pionierleistungen. Folgende Instrumente und Maßnahmen sind von der Kommunalverwaltung nutz- oder initiierbar, um Beleuchtungen privater Akteure, die den Zielen der Leitplanung entgegenwirken, restriktiv oder kooperativ zu steuern. Instrumente zur Sicherung stadt- und lebensräumlicher Qualitäten: • Kommunale Satzung • "Hinweise zur Messung und Beurteilung von Lichtimmissionen" – LAI 43)

Instrumente zur Sicherung ökologischer Qualitäten: • Bundesimmissionsschutzgesetz • Bundesnaturschutzgesetz • Landesbauordnung • Bauleitplanung Um die Komplexität zu reduzieren, sind hier nur die Kernpunkte der genannten Instrumente zusammengefasst. • Verursachen gewerbliche Lichtanlagen erhebliche Belästigungen der

Allgemeinheit oder der Nachbarschaft, fällt Licht als Immission unter die

Bestimmungen des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG). Die

Möglichkeiten restriktiver Maßnahmen sind jedoch sehr beschränkt. • Die "Hinweise zur Messung und Beurteilung von Lichtimmissionen" bilden eine ausführungsorientierte Richtlinie des BImSchG und ein kommunal nutzbares Regelwerk zur Beurteilung und Vermeidung störender Lichtquellen, die unter das BImSchG fallen. Die öffentliche

Straßenbeleuchtung ist aus dem Anwendungsbereich ausgenommen. • In Landschaftsschutzgebieten sind alle Handlungen verboten, die den

Charakter des Gebiets verändern oder dem Schutzzweck zuwiderlaufen.

Bei Beleuchtungsmaßnahmen ist jedoch der Einzelfall entscheidend. • Über Streulicht von Außenwerbung oder überstrahlende, bauliche

Einrichtungen gibt die Landesbauordnung keine Auskunft. Das

Bauordnungsrecht regelt maßgeblich die materielle Ausführung der

baulichen Anlagen auf dem jeweiligen Grundstück. Kann eine Lichtanlage als "bauliche Anlage" eingeordnet werden, liegt nach Landesbauordnung eine Genehmigungsbedürftigkeit vor. • Über die Integration von Lichtkriterien in Bebauungsplänen liegen aktuell keine umfassenden Informationen oder Erfahrungswerte vor. Es besteht hingegen die Möglichkeit, Vorkehrungen im Rahmen der Bebauungsplanung zu treffen, die Beeinträchtigungen von

Naturbereichen durch Lichtimmissionen entgegen wirken (z. B. Erdwälle,

Anpfanzungen und sonstige Blendschutzeinrichtungen). • Eine umfassende Regelung von Licht ist aufgrund mangelnder, rechtssicherer Kriterien z. Zt. nur eingeschränkt und grob möglich.

Gleichwohl sollten auf kommunaler Ebene Lichtkriterien für Gestaltungs- und Werbesatzungen, die über die bekannten Merkmale (z. B. Lichtfarbe oder Schaltcharakter) hinausgehen, weiter geprüft werden.

3.3.3 Raumgestalterischer Ansatz

Eine gemeinsame Werbestrategie würde sich positiv auf den Raumeindruck der Rheinischen Straße auswirken. Hierfür wird vorgeschlagen, die Werbeanlagen nach Helligkeit, Lage und Größe an die Abfolge der straßenräumlichen Sequenz der Rheinischen Straße, die vom Quartiersrand zum Zentrum führt, anzupassen. Das heißt, dass Werbungen, beginnend mit dem westlichen Anfang, bis zum östlichen Anknüpfungspunkt am Westentor an Größe und relativer Helligkeit zunehmen – sich zum Zentrum verdichten. 44) Zudem verlagert sich ihr Anbringungsort in Fassadenhöhe. Es wird empfohlen, hierzu einen Gestaltungswettbewerb im Bereich Werbung, Schwerpunkt Lichtwerbung auszuloben.

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