1.80 Euro Juli 2011 | 90 Cent für den Verkäufer
bodo Das Straßenmagazin
12 | Wohnen wie Peter Lustig | Ein Besuch auf dem Wagenplatz 28 | Velo-City Ruhrgebiet | Fahrradschnellstraße statt Ruhrschleichweg? 14 | Sexsteuer | Dortmund bittet Schwule zur Kasse 21 | 22 Verlosungen | z.B. Juicy Beats 2011 – Das Open-Air-Festival
1
02 EDITORIAL
Liebe Leserinnen und Leser, herzlich willkommen zu unserem Juli-Heft!
Und auch die neue Zuwanderung nach Dortmund
Während die August-bodo als Themenheft „Wasser“
ist weiterhin Thema: Am Montag, dem 18. Juli
40 Seiten lang Abkühlung bieten wird, ist diese
moderiere ich eine Podiumsdiskussion im sweet-
Juli-Ausgabe erneut ein buntes Heft mit Themen,
sixteen Kino im Depot. Gemeinsam mit Planer-
die von Theater bis Kirmes reichen, von alternativen
laden, Mieterverein, Auslandsgesellschaft und
Wohnformen bis zum ungewollten Leben auf der
weiteren Organisationen zeigen wir den Dokumen-
Straße. Und von Utopien wie einer Fahrradschnell-
tarfilm „Im Ghetto – Die Roma von Stolipinowo“.
straße entlang der A40 bis zu Skandalen wie der
Im Anschluss diskutieren Regisseur Andreas Kraus,
„Vergnügungssteuer“ der Stadt Dortmund.
Orhan Jasarovski vom Landesverband der Sinti und
Sollten Sie zu unseren frühen LeserInnen gehören, möchte ich die Einladung zu unserer dreitägigen
Roma NRW, Tülin Kabis-Staubauch (Planerladen e.V.) und Rainer Stücker (Mieterverein Dortmund). Der Eintritt ist frei.
Kunstveranstaltung im Dortmunder Stadtgarten erneuern: Vom 1. bis zum 3. Juli findet „Unbe-
Wir freuen uns, Sie bei diesen Veranstaltungen
haust – 100 Zelte Kunst“ auf der Wiese am Rat-
und bei unseren Buchständen in Unna, in Bottrop
haus statt. Am Freitag eröffnet Schauspieldirektor
und in Düsseldorf oder in unserem Buchladen zu
Kay Voges um 17 Uhr die Zeltstadt mit 100 von
treffen, wir freuen uns aber auch über Ihre Leser-
Künstlern gestalteten Zelten. Am Freitag Abend
post zu diesen Themen, zu unserer Arbeit und zu
und den gesamten Samstag hindurch spielen
unserem Magazin.
Bands, gibt es eine Lesebühne, Performances, Interviews. Am Sonntag ist jedeR eingeladen, ab 12 Uhr mit uns im Stadtgarten zu brunchen. Ab 14 Uhr versteigern wir die Zeltkunstwerke.
Und ein kurzer Hinweis zum Schluss: Eine Mail oder Postkarte lohnt sich diesmal ganz besonders. Wir verlosen jeden Monat vor allem hochwertige Eintrittskarten und Gutscheine, aber im Juli haben wir
Ein weiterer spannender Termin ist am 7. Juli das
mit der Dortmunder Stadtsilhouette auf Leinwand
Alternative Medienfestival in der Rotunde des alten
der Firma RuhrGepäck etwas Bleibendes für ihre
Bahnhofs in Bochum. Gemeinsam mit der Bochumer
Wohnzimmerwand abzugeben. Machen Sie mit!
Stadt- und Studierendenzeitung bsz, der alternativen Internet-Plattform bo-alternativ, dem Asta der Ruhruni, dem Regionalblog Ruhrbarone und vielen
Viele Grüße von bodo, Bastian Pütter – redaktion@bodoev.de
anderen Organisationen werden wir ab 15 Uhr dabei sein. Um 20 Uhr darf ich mit Anne Roth, Stefan Laurin und Martin Budich zum Thema „Öffentlichkeit selber machen“ aufs Podium. Zwei Tage später, am Samstag den 9. Juli, finden Sie uns in unserer „alten Heimat“ am Springerplatz in Bochum beim Westendfest. Besuchen Sie uns!
IMPRESSUM
2
BODO E.V. – SO ERREICHEN SIE UNS
Herausgeber und Verleger:
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bodo e.V.
Franziska Cress, Volker Dornemann (vd), Pe-
für die August-Ausgabe 10.07.2011
Mallinckrodtstraße 270 | 44147 Dortmund
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03
INHALT
02 Editorial | Impressum 04 Menschen Barbara Kleyboldt, Rüdiger Trappmann von Dr. Birgit Rumpel „Gedichte sind langweilig. Freies Theater ist suspekt. In die Nordstadt trauen wir uns nicht.“ Mit derselben Energie, die sie in ihrer Theaterar-
Unser Titelbild der Juli-Ausgabe:
beit zeigen, kämpfen Kleyboldt und Trappmann gegen diese drei Vor-
Wohnen wie Peter Lustig (siehe S.8).
urteile an. Alles Quatsch – das wissen jedenfalls diejenigen, die einen
Foto: Claudia Siekarski
Dichterabend im Roto-Theater erlebt haben. 06 Neues von bodo 07 Maikes Verkäufertagebuch 08 Straßenleben Wohnen
wie Peter Lustig von Marcus Preis
„Ich kann mir nicht vorstellen, in einer überteuerten Stadtwohnung zu leben, wo ich nur auf graue Wände gucke. Hier öffne ich morgens die Tür und kann direkt draußen in der Natur meinen Kaffee trinken. Das ist schon eine hohe Lebensqualität.“ Sagt Doreen über ihr Leben auf dem Wagenplatz. 11 Verkäufergeschichten Atila von Bastian Pütter
21 Veranstaltungskalender | Verlosungen | CD-Tipps | von Benedikt von Randow
Wie man sich einen Obdachlosen nicht vorstellt: Atila kommt aus Brasilien, hat studiert und von Straßenmusik gelebt, und sein liebster Platz ist immer noch der Lesesaal der Bibliothek. 12 Zum Haare raufen Back
to the Eighties von Nina Mühlmann
kommt was ins Rollen von Wolfgang Kienast
Die Vision einer Fahrradschnellstraße durchs Ruhrgebiet: Breit, kreuzungsKonkurrenz zum „Ruhrschleichweg“. 32 Kreuzworträtsel | Sudoku
durch die Nordstadt von Barbara Underberg
Annette Kritzlers „Borsigplatz-VerFührungen“ laden zur Besichtigung eines Stadtteils ein, der ein einziges Vorurteil zu sein scheint. Und dazu, dieses
33 Eselsohr Samurai von Volker Dornemann 34 Porträt Kirmesarchitektin
Sabine Marek von Marcus Preis
500 Beschicker und tausende Fahrzeuge – Die Planung der Cranger Kirmes
Bild zu korrigieren.
ist ein Puzzlespiel, bei dem es um jeden Zentimeter geht. Sabine Marek
13 Wilde Kräuter Rotklee von Wolfgang Kienast Diesmal über Ehec-Verschörungstheorien, darüber, dass „Bild“ keine Zeitung ist, und mit einem Auflaufrezept mit Rotklee.
löst es auch in diesem Jahr mit Maßband und Computer. 36 Neues von Rosi | von bodo-Verkäuferin Rosi 37 Literatur Ruhrbarone
14 Soziale Reportage Sexsteuer von Franziska Cress
3 – Männerwelten gelesen von Bastian Pütter
Der Dortmunder Straßenstrich und damit die angebliche „Zuwanderung
Von der Krise des Zeitungsjournalismus frustrierte Journalisten wan-
von Zuhältern und Kriminellen“ sind Geschichte. Was fehlt: 80.000 Euro
dern ins Internet aus, etablieren Deutschlands bekanntestes Regional-
Sexsteuer-Einnahmen. Und das bei den eh schon leeren Kassen. Eine neue
blog und kehren mit einem Hochglanzmagazin triumphal zurück in die
Geldquelle: Schwule Szeneeinrichtungen.
Gutenberg-Galaxis.
18 Der Kommentar Blickwechsel
in Dortmund? von Bastian Pütter
38 bodo geht aus Café
zur alten Post besucht von Meike Wieland
Ihre Diplomarbeit schrieb Remona Tingelhoff über „Soziales Leben in Kaf-
18 News | Skotts Seitenhieb 19
28 Reportage Da
frei und allein was die Durchschnittsgeschwindigkeit angeht als echte
Die Achtziger sind zurück. Schon wieder. 12 Kultur Touren
20 Kinotipp Schlafkrankheit im endstation.kino
feehäusern”. Auf die Theorie folgte die Praxis: In ihrem Café in Königsborn
Ein Jahr danach
gibt es neben Frühstück und selbstgebackenen Kuchenkreationen auch
Gedenken an die Opfer der Duisburger Loveparade
Lesungen, Konzerte, Ausstellungen und Flohmärkte.
20 Gebrauchsanweisung Der
28
Mensch als solcher von Peter Erik Hillenbach
14
39 Leserbriefe | Cartoon
11
04
34
3
04 MENSCHEN | von Dr. Birgit Rumpel | Fotos: Claudia Siekarski
Barbara Kleyboldt und Rüdiger Trappmann Theater muss sein
Ein freies Theater wie das Roto-Theater zu betreiben gehört zu den Knochenjobs in der Kreativwirtschaft. Neben viel Engagement, Talent und Durchhaltevermögen braucht man dafür eine weitere Eigenschaft: Besessenheit. Ein geräumiger Hinterhof in der Dortmunder Nordstadt. Knallrote Klapptische und -bänke werden von üppigen Hortensien umrahmt, dezente Lichterketten lassen etwas von der abendlichen Stimmung erahnen, die einen erwartet, wenn das Roto-Theater seine Pforte öffnet. Diese liegt etwas versteckt in der Ecke und trägt noch den schmiedeeisernen Schriftzug des Unternehmens, das hier früher ansässig war. Den aufwändigen Umbau zum Theater mit 80 Plätzen haben die Betreiber Barbara Kleyboldt und Rüdiger Trappmann 2002 in Eigenregie bewerkstelligt. Damit haben sie sich einen Traum erfüllt, der ihr gemeinsames Leben ausmacht: den Traum vom eigenen Theater. „Wir müssen das machen.“ Kennengelernt haben sie sich in der Theaterschule, die Rüdiger Trappmann in Köln leitete. Er war ihr Lehrer, sie die lernbegierige Schauspielschülerin, die schon mit 16 – von den Eltern unbemerkt – Unterricht nahm. „Ich wusste mit sechs Jahren, dass ich Schauspielerin werden wollte, aber meine Eltern bestanden darauf, dass ich eine ,richtige‘ Ausbildung mache.“ Also verließ sie das Gymnasium ohne Abitur und wurde Schreinerin. Ihren eigenen Berufswunsch erfüllte sie sich heimlich, setzte den Schauspielunterricht fort und spielte neben ihrem bodenständigen Beruf abends und an den Wochenenden Theater. Später folgte eine Ausbildung zur Atem-, Sprech- und Stimmlehrerin. 1996 wechselten beide in Trappmanns Heimat Dortmund, wo sie die Theaterschule „La Bouche“ gründeten. Aus den Schülerinnen und Schülern, die hier eine 2,5-jährigen Ausbildung durchliefen, rekrutierten sie das heutige Ensemble des RotoTheaters. „Man muss eine gemeinsame Sprache sprechen, deshalb war es uns so wichtig, unsere Leute selbst ausgebildet zu haben“, erklärt Regisseur und Intendant Trappmann. „Wir arbeiten lieber mit erlebnisfähigen Laienschauspielern als mit Profis, die zwar das Handwerk beherrschen, aber vor lauter Routine die Begeisterung vermissen lassen“, ergänzt Barbara Kleyboldt.
4
05
Die Theaterschule gibt es mittlerweile nicht mehr,
Nicht nur aus Marketinggründen haben Kleyboldt/
Theater ohne finanzielle Unterstützung auskom-
denn das wäre neben dem Theater nicht zu schaf-
Trappmann eine Nische besetzt, mit der sie sich von
men, dann gab es die erste Förderung der Stadt
fen. 150 Aufführungen gibt es pro Jahr, und das ist
anderen Theatern abheben. Die unbedingte Liebe
Dortmund. Seit 2010 gehört das Theater zu den
nur die Spitze des Eisbergs. Alle weiteren Arbeiten,
zur Literatur ließ sie neben Musikabenden und En-
freien Kulturstätten, die das Kulturbüro mit der
die der Theaterbetrieb erfordert, leisten sie selbst.
semblestücken eine umfangreiche Reihe von Dich-
Zentrenförderung unterstützt. Das schafft eine
Von der Buchhaltung bis zur Requisite liegt alles in
terabenden entwickeln. Goethe, Heine, von Droste-
gewisse Erleichterung, führt aber nicht dazu, dass
den Händen des theaterbesessenen Paares. „Dieses
Hülshoff, Tucholsky, Hesse, Rilke – eine Auswahl
das Theaterduo sein Arbeitspensum zurückfährt.
Theater ist unser Leben.“
der Klassiker, die sie auf die Bühne ihres Literatur-
Derzeit sind zwei neue Programme in Vorberei-
Theaters bringen, mit Dichtertexten aus mehreren
tung: Im Oktober startet der Udo Jürgens-Abend,
Hier verwirklichen sie ihre Idee von Theater, nicht
Jahrhunderten und von völlig unterschiedlichen Au-
für Januar 2012 ist mit dem Ensemble die Premi-
nur, was das Programm angeht. „Ich fand es immer
toren, die oft schwer zu lesen, geschweige denn frei
ere der Komödie „Ein ungleiches Paar“ von Neil
schrecklich, wenn es bei Theater- und Opernbesu-
zu sprechen sind. Dass Barbara Kleyboldt auch kom-
Simon geplant.
chen nur teure, wabbelige Häppchen gab. Theater
plizierte Goethetexte beim Joggen oder Fitnesstrai-
macht hungrig, man braucht ja nicht nur geistige
ning verinnerlicht, könnte darüber hinwegtäuschen,
Mit derselben Energie, die sie in ihrer Theaterar-
Nahrung,“ beschreibt Kleyboldt den Grund, warum
dass dies harte Arbeit ist. „Ich muss so unglaublich
beit zeigen, kämpfen Kleyboldt und Trappmann ge-
es im Roto-Theater zur Pause die schon legendäre
fleißig sein, sonst ist das nicht zu schaffen.“ Der
gen drei Vorurteile an: „Gedichte sind langweilig.
Tomatensuppe gibt, frisch zubereitet von Rüdiger
Sport ist nicht nur Ablenkung vom anstrengenden
Freies Theater ist suspekt. In die Nordstadt trauen
Trappmann und begleitet von Fladenbrot aus der
Theateralltag. „Es gehört zu meiner Arbeit, dass ich
wir uns nicht.“ Alles Quatsch – das wissen jeden-
Nordstadt. Auf die persönliche Atmosphäre legen
mich fit halte und in Form bleibe, sonst würde ich
falls diejenigen, die einen Dichterabend im Roto-
beide großen Wert. „Schon wenn die Besucher her-
die zwei Stunden auf der Bühne gar nicht schaffen.
Theater erlebt haben. (biru)
einkommen, muss alles stimmen, das beginnt mit
Und schließlich muss ich ja auch in meine Kostüme
der Freundlichkeit an der Kasse und an der Bar. In
hineinpassen,“ sagt die gertenschlanke, durchtrai-
INFO
unserem Theater wird man wahrgenommen und ist
nierte Schauspielerin.
Roto-Theater
nicht nur eine Nummer“, beschreibt Trappmann die
Gneisenaustraße 30
Atmosphäre, die an einem kleinen Haus natürlich
Ein langer Atem ist in jeder Hinsicht nötig, um ein
44147 Dortmund
eher herzustellen ist.
Theater zu betreiben. Bis 2009 musste das Roto-
www.rototheater.de
5
06
NEUES VON BODO | www.bodoev.de | www.facebook.com/bodoev
Mit einem Abonnement helfen Sie, unsere Arbeit für Menschen in sozialen Notlagen
Alternatives Medienfestival
bodo-Verkäufer werden
Bochum: Öffentlichkeit selber machen! Das ist
Aller Anfang ist schwer. Wir freuen uns, vor allem
das Motto des Alternativen Medienfestivals, das
in Dortmund zur Zeit regelmäßig neue Verkäufer-
am 7. Juli um 15 Uhr in der Rotunde des alten
ausweise ausstellen zu können.
finanziell abzusichern.
BODO-PRAXIS-ABO Ja, ich möchte das bodo Straßenmagazin für meinen Wartebereich abonnieren. Praxis Straße Plz, Ort
Praxis-Förder-Abo Ich überweise 60 Euro jährlich auf das Konto Nr. 1048376, Sparkasse Dortmund, BLZ 44050199. Bitte senden Sie mir eine Spendenbescheinigung.
Praxis-Standard-Abo
Bochumer Bahnhofs beginnt.
Menschen in Not kommen zu uns, weil sie versu-
Die Bochumer Stadt- und Studierendenzeitung bsz,
chen wollen, ihr Leben wieder selbst in die Hand
das Journalistenblog Ruhrbarone, die Internetplatt-
zu nehmen. Ein legaler Zuverdienst, eine Arbeit auf
form bo-alternativ und der Asta der Ruhruni ha-
Augenhöhe, die Vorteile einer Gemeinschaft und der
Ich überweise 28 Euro jährlich auf das
ben ein Festival organisiert, das den Bogen spannt
Zugang zu unseren weiteren Angeboten sind für im-
Konto Nr. 1048376, Sparkasse Dortmund,
„zwischen politischen und kulturellen Initiativen,
mer mehr Menschen auf der Straße ein Grund, bei
BLZ 44050199. Bitte senden Sie mir eine
selbstorganisierten Medienprojekten sowie allen,
uns vorbeizuschauen.
Spendenbescheinigung.
die sich dafür interessieren“.
Ort, Datum Unterschrift
BODO-FÖRDER-ABO
zur Zeit noch anders aus. Trotz unserer wirklich
Pütter mit Anne Roth, Stefan Laurin und Martin
schönen Anlaufstelle mit Verkäufercafé und Klei-
Budich auf dem Podium sitzen. Der Soziologe
derkammer finden viele Menschen, auf die unser
Gottfried Oy wird über Alternativmedien spre-
Angebot passt, noch nicht zu uns. Wir haben uns
chen, es gibt Workshops von Rolf von Raden (Pres-
deshalb entschlossen, aktiver auf die „Menschen
searbeit für politisch Aktive) und David Schraven
am Rand“ zuzugehen.
(Macht und Filz im Ruhrgebiet). Ein umfangrei-
Ja, ich möchte bodo durch ein Förder-Abo in
ches Begleitprogramm mit Info- und Buchständen
Höhe von mindestens 60 Euro jährlich unter-
von Amnesty bis bodo und ein Bühnenprogramm
stützen. Ich erhalte 12 Ausgaben frei Haus
mit Kabarett, Literatur und Musik mit anschlie-
und eine Zuwendungsbescheinigung.
ßender Party runden den Tag ab. Wir freuen uns auf viele Besucher.
Name
Mehr unter: www.medienfestival-bochum.de
Straße Plz, Ort
„Tief im Westen“, in Bochum und Herne sieht es
Um 20 Uhr wird bodo-Redaktionsleiter Bastian
Mit unserem Anteil der Spenden, die der Cellist Thomas Beckmann bei seinem Benefizkonzert für die Bochumer Wohnungslosenhilfe im letzten Jahr erspielte, haben wir einen Flyer erstellt, der dafür wirbt, den Pappbecher gegen einen Verkäuferausweis einzutauschen und den sprichwörtlichen Euro mit dem Verkauf unseres Straßenmagazins zu verdienen.
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Ich bin einverstanden, dass bodo e.V. jährlich
Euro (mindestens 60 Euro) von
meinem Konto abgebucht.
bodo schafft Chancen
Konto Nr. Institut BLZ Ich überweise
Euro (mindestens
60 Euro) jährlich auf das Konto Nr. 10406254, Sparkasse Bochum, BLZ430 50001 Ort, Datum Unterschrift
bodo e.V. Mallinckrodtstraße 270 | 44147 Dortmund
6
Vereinsregister Dortmund: Nr. 4514
Haushaltsauflösungen Transporte und Umzugshilfen transport@bodoev.de | 0231 – 88 22 825
MAIKES VERKÄUFERTAGEBUCH
bodos Bücher
07
Roma: Filme und Diskussionen
Hallo, alle bodo-Freaks!
13. Mai Seit Anfang Mai war der Lebensmittelmarkt in Huckarde zu, wegen Renovierung und Neueinrichtung. Und heute war Neuer-
bodo schafft Arbeitsplätze mit der Annahme,
Am 21. Juni zeigte bodo gemeinsam mit ekamina,
öffnung des Lebensmittelmarkts mit „neuem
Sortierung, Bewertung und dem Verkauf von
der Reihe unseres Redakteurs Wolfgang Kienast,
alten Namen“. Denn der Lebensmittelinhaber
Buchspenden.
und dem Internationalen Frauenfilmfestival den
hat diesen Laden an den neuen Marktinhaber
Dokumentarfilm „Hotel Rai“.
übergeben. Da war ein Andrang!
rend der Öffnungszeiten unseres Buchladens in
„Hotel Paradies“, so die deutsche Übersetzung des
18. Mai Mist, heute kein Zeitungsverkauf,
Dortmund (Mallinckrodtstraße 270, Mo. bis Fr. von
Filmtitels, berichtet über ein bulgarisches Plat-
sondern Arbeitsamt war angesagt. Darum
11 bis 18 Uhr) oder in der Anlaufstelle in Bochum
tenbau-Ghetto für Roma, das dem Stadtteil Stoli-
war ich früh hin, die „Wege“ beim Amt erle-
(Stühmeyerstraße 33, Mo. und Fr. von 14 bis 17 Uhr,
pinowo ähnelt, aus dem ein Teil der Dortmunder
digen und wieder ab nach Hause.
Di. und Do. von 11 bis 18 Uhr) entgegen.
Zuwanderer kommt.
Wir nehmen Ihre aussortierten Bücher gerne wäh-
Damit Ihre Buchspenden effektiv zur Finanzierung der von uns geschaffenen Stellen beitragen können, finden Sie Belletristik, Fach-, Sach- und Kinderbücher in unserem Buchladen und in unserem Amazon-Onlineshop. Seltenes und Antiquarisches bieten wir über Buchportale wie ZVAB und Booklooker an. Doch unsere Bücher sind auch „mobil“: Am 7. Juli sind wir beim Alternativen Medienfestival in der Bochumer Rotunde und am 9. Juli beim Westendfest auf dem Springerplatz. Am 17. Juli finden Sie uns in der Stadt- und Landesbibliothek Bottrop und am 30. und 31. Juli auf der Düsseldorfer Büchermeile.
25. Mai Da es ja langsam zum Ende des
Im restlos gefüllten Keller des Sissikingkong am
Monats zugeht, sind wir, mein Bekannter
Dortmunder Hafen diskutierte im Anschluss Festi-
und ich, zum Ruhrpark hingefahren und ha-
val-Kuratorin Betty Schiel mit Marina Samra, die
ben einen Einkaufsbummel gemacht.
bulgarische Frauen in der Beratungsstelle Westhoffstraße betreut, dem Nordstadt-Vermieter Christian Schmitt und einem engagierten Publikum. Aufgrund der großen Nachfrage werden wir uns um eine weitere Aufführung bemühen. Doch zunächst beteiligen wir uns an einer weiteren Veranstaltung: Am 18. Juli um 18 Uhr zeigt das sweetsixteen Kino im Dortmunder Depot den Film „Im Ghetto – Die Roma von Stolipinowo“. Im Anschluss werden wir unter anderem mit dem Regisseur Andreas Kraus und Roma-Vertretern diskutieren. Die Veranstaltung ist eine Kooperation u.a. mit dem Planerladen e.V.,
31. Mai Schitt Darmerreger! Möchte gerne wieder mal ‘ne Salatgurke oder Tomaten kaufen. Nur: Wenn man sich nicht mit diesem Darmerreger anstecken möchte, dann lässt man es sein mit dem Gemüsekauf.
1. Juni Ach, du Schitte: neuer Monat, neue Zeitungen. Aber erst die Verkäuferversammlung, auf der es oft hoch her geht. Was soll‘s, wenn es Probleme gibt, werden die eben gelöst. Eure Bodoline, Maike
Bezent e.V. und der Alevitischen Gemeinde NRW. ANZEIGEN
Größte Auswahl an ethisch und ökologisch korrekten Klamotten für Männer und Frauen in Dortmund!
7
08 STRASSENLEBEN | von Marcus Preis | Fotos: Claudia Siekarski
Wohnen wie Peter Lustig Ein Besuch auf dem Wagenplatz Neben engagierten Debatten über die Rest-
bisschen einfacher, an Holzbauwagen zu kom-
laufzeiten der Atomkraftwerke und dem lauten
men als heute.“
Aufschrei der Konzerne findet ein öffentlicher Diskurs über unseren Umgang mit Energie
Entlang einer Bahnlinie ist ihr in einem Garten
kaum statt. Gerade unter diesem Aspekt ist es
ein Wagen aufgefallen, der vor sich hin rottete.
spannend, Menschen zu begegnen, die für sich
„Ich hab einfach ganz naiv gefragt, hatte Glück
selbst Alternativen suchen und sich für eine
und habe ihn für 50 D-Mark bekommen. Er war
besondere Lebensform entschieden haben, un-
zwar total grottig und ich musste ihn total neu
abhängig von steigenden Energiepreisen.
aufbauen. Mit einem Trecker haben wir ihn dann auf den Platz gebracht.“ Neugierig dürfen wir
Wir sind unterwegs irgendwo in NRW und wollen
einen Blick in den Wagen werfen: Es gibt einen
Doreen und Lars besuchen. Sie leben in einer
Gasherd, in der Mitte steht einen Ofen, viele
Wagenburg. Das Areal liegt versteckt abseits der
kleine Bilder hängen an der Wand. Das Sonnen-
Straße. Als wir den verwilderten Weg, der dorthin
licht blinzelt durch die Fenster eines kleinen Er-
führt, entlanggehen, ist es, als würden wir
kers, den sie selbst angebaut hat, gerade mal
eine fremde, verbotene Welt betreten.
groß genug für eine kleine Sitzbank. Über dem „Wohnbereich“ gibt es einen Aufbau, in dem sich
Der warme Frühling hat die Vege-
ein Hochbett befindet.
tation ordentlich sprießen lassen, zwischen wild wachsenden
„Ich hab einfach Lust auf eine etwas andere
Büschen und Bäumen inmitten
Wohn- und Lebensform. Ich finde es total an-
kniehoher Gräser finden wir das
genehm, keine Nachbarn zu haben, die kontrol-
Zentrum des Wagenplatzes: Ne-
lieren, ob die Fußmatte gerade liegt oder nicht.
ben einem auffallend großen
Wenn ich über eine Alternative nachdenke, wird
Bauwagen in der Mitte stehen
es auch schon schwierig. Nach 15 Jahren wünsch‘
Bierbänke und andere Sitzgelegen-
ich mir auch mal ein anderes Raumgefühl. Doch
heiten. Doreen und zwei Hunde be-
es ist auch ein Geldfaktor. Ich kann mir nicht vor-
grüßen uns dort. Das Gebell verrät Lars,
stellen, in einer überteuerten Stadtwohnung zu
dass wir da sind, und er kommt dazu. Inmit-
leben, wo ich nur auf graue Wände gucke. Hier
ten der üppigen Flora haben die Bewohner mit
öffne ich morgens die Tür und kann direkt drau-
Hilfe von Holzspänen schmale Wege angelegt,
ßen in der Natur meinen Kaffee trinken. Das ist
über einen dieser Pfade führt uns Doreen zu ih-
schon eine hohe Lebensqualität.“ Mit ihrem Wa-
rem Bereich. Erst jetzt entdecken wir nach und
gen, mit dem sie schon mehrfach „durch die Ge-
nach die anderen bunten Holzwagen. Ein alter
gend gezogen ist“, würde Doreen allerdings nicht
Anhänger ohne Aufbau bildet eine Art Veranda,
nochmal umziehen. Das kann man sich auch kaum
auf der wir Platz nehmen.
vorstellen, über die Jahre ist er total zugewachsen und das Fahrgestell sieht nicht so aus, als ob
Doreen lebt schon über 15 Jahre im Bauwagen.
es noch einen Transport überleben würde. „Wenn
Damals war sie als Umweltaktivistin bundesweit
ich wegziehe, dann werde ich auch nicht mehr in
unterwegs, lernte zum Beispiel in Hamburg ei-
einem Wagen wohnen.“
nige Bauwagenbewohner kennen und war sofort
8
von dieser Lebensform begeistert. „Ich habe
Lars lebt seit zehn Jahren hier. Inspiriert wurde er
dort viele Freunde gefunden, und bald war für
damals auch durch einen längeren Aufenthalt in
mich klar, dass ich auch so leben möchte.“ Dore-
Indien: „In den indischen Dörfern leben die Leute
en erinnert sich: „Ich habe am Wagenplatz un-
größtenteils auf der Straße, man hat nur kleine
weit meines damaligen Wohnorts gefragt, ob ich
Häuser ohne Fenster, in denen zum Schutz Frauen
einziehen könnte, musste mir aber noch einen
und Kinder schlafen, die Männer schlafen draußen
eigenen Wagen suchen. Damals war es noch ein
vor den Hütten.“
09
9
10
Da diese Wagenburg nicht an das öffentliche Strom-
Manche Bewohner haben schmale Beete oder ein
und Wassernetz angeschlossen ist, hat jeder Bewoh-
kleines Gewächshaus angelegt. „Im Gegensatz
ner ein oder mehrere Solarmodule installiert. Lars
zu mir hat Lars ein grünes Händchen.“ Aber es
besitzt sogar ein kleines Windrad. In der Nachbar-
ist nicht ganz einfach, bei dem Wildwuchs ein
schaft gibt es einen Wasserhahn, wo man sich mit
paar Kulturen anzulegen. Erschwert wird die
frischem Trinkwasser versorgen kann. Einmal in der
Hobbybotanik durch zahlreiche Wühlmäuse und
Woche treffen sich alle Bewohner, je nach Witterung
Maulwürfe. „Seit sechs Jahren verpflanze ich
im oder vor dem Gemeinschaftswagen zum Plenum,
ständig meinen Apfelbaum, weil die Tiere immer
um wichtige Dinge zu besprechen. Wenn zum Bei-
wieder das Wurzelwerk angreifen. Ein paar Sa-
spiel jemand neu einziehen möchte, muss er sich
chen gehen aber gut hier und es ist ein netter
zunächst der gesamten Gruppe vorstellen. Sobald
Zeitvertreib.“
aber nur ein Bewohner sein Veto einlegt, ist ihm der Einzug in die Wagenburg verwehrt.
„Man kriegt das Leben und die Jahreszeiten ganz anders mit“, beschreibt Lars seine Motivation,
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Andere Gruppenaktivitäten wie gemeinsames
in der Wagenburg zu leben. Alles ist sehr direkt,
Kochen ergeben sich von alleine. Es gibt auch
auch im Umgang mit den Ressourcen. Selbst wäh-
regelmäßig eine sogenannte Volksküche, wo
rend des trockenen Frühlings hat er Wasser in
dann auch Leute von außen kommen können.
mehreren Regentonnen gesammelt. Eine Auffang-
„Wir sind hier gemeldet, der Briefkasten ist am
tonne am Dach und ein Schlauch fungieren als
Weg, wer gerade da lang läuft, holt die Post.“ Die
Dusche. „Warmwasser gibt es in dem Sinn nicht,
Meinungen innerhalb der Gemeinschaft darüber, ob
im Winter erhitzt man es zum Waschen auf dem
man den Anschluss an das allgemeine Strom- und
Ofen. Das Problem, das die Bundesregierung bei
Wassernetz anstreben sollte, gehen weit auseinan-
den erneuerbaren Energien gerade sieht, dass
der. Der Platz ist zwar städtisches Gelände und man
Wind und Sonne nicht immer da sind, kennen wir
hat einen Pachtvertrag, doch fürchten die Bewoh-
schon länger.“ Ein breites Grinsen durchzieht sein
ner, durch Erregung einer größeren Aufmerksamkeit
Gesicht. „Man teilt sich hier Energie und Wasser
ihr Inseldasein zu gefährden. Dazu kommt die wach-
einfach bewusster ein und muss schauen, wann
sende Angst vor rechtsradikalen Übergriffen, die
und für was man den zur Verfügung stehenden
immer wieder im Plenum thematisiert wird.
Strom nutzt. (mp)
VERKÄUFERPORTRÄT | von Bastian Pütter | Foto: Bastian Pütter
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Atila, Dortmund Seit 15 Jahren gehören das Straßenmagazin und seine Verkäufer zum Straßenbild in Bochum, Dortmund und Umgebung. Viele haben feste Verkaufsplätze und einen eigenen Kundenstamm. Manche sind schon seit Jahren bei uns, andere nur auf der Durchreise. Für alle jedoch ist der Verkauf des Straßenmagazins eine Arbeit, die Halt gibt und Selbstbewusstsein schafft. bodo stellt regelmäßig einen Verkäufer vor.
»Ich bin ein Überlebenskünstler!« Das erste, was derjenige lernt, der mit Menschen
um nicht abgeschlossen, aber seine Lieblingsplätze
Doch Obdachlosigkeit zu idealisieren liegt ihm fern.
auf der Straße zu tun hat, ist, dass es ihn nicht
bleiben die Lesesäle der Bibliotheken. „Wenn man
„Jahrelang habe ich unter der Kanalbrücke in Dorst-
gibt, den Obdachlosen. Das Bild des Berbers mit
lange auf der Straße lebt, muss man aufpassen, dass
feld geschlafen. Das ist hart im Winter. Da kommt
Einkaufswagen und verfilztem Bart hat vielleicht
man nicht verblödet. Ich habe immer versucht, et-
dann nachts die Polizei und guckt, ob du noch lebst.
noch nie gestimmt, weil es allein eine Oberflä-
was zu tun. Heute bin ich bei Mathematik.“
Ich hab Ytong-Steine ins Feuer gelegt, bis sie heiß
che beschreibt und nie den Menschen. Heute gibt
waren und hab sie dann in den Schlafsack gepackt.
es diesen Typ nicht einmal mehr, nur noch sein
Zwischenzeitlich war Atila Verkäufer bei der Ham-
Das muss man wissen. Aber viele trinken Doppelkorn
Klischee. Wir treffen ständig auf Leute, die ein-
burger Straßenzeitung Hinz&Kunzt, aber sein Geld
und sterben.“ Atila grübelt kurz und lacht dann:
zigartig sind, und doch irritiert Atila noch ein
hat er hauptsächlich mit Straßenmusik verdient.
„Ich bin ein Überlebenskünstler!“
bisschen mehr als die anderen.
Auch als wir miteinander reden, greift er hin und wieder zur Gitarre – und spricht von seinen guten
Heute hat er bei der Caritas in Unna ein Dach über
„Habe nun, ach! Philosophie, Juristerei und Medi-
Erfahrungen mit Menschen, die sich immer wieder
dem Kopf und ist viel in der Tagesstätte für Woh-
zin, / Und leider auch Theologie / Durchaus stu-
für ihn eingesetzt haben. „Ich war 20 Jahre auf der
nungslose, in der Christoph Janiak für uns Zeitungen
diert, mit heißem Bemühn. / Da steh ich nun, ich
Straße und hatte keine Angst. Als ich viel Straßen-
an unsere Unnaer Verkäufer ausgibt. Und eine eige-
armer Tor! / Und bin so klug als wie zuvor“, zitiert
musik gemacht habe, saß ich absichtlich mit den
ne Wohnung kann er sich inzwischen auch vorstel-
Atila aus dem „Faust“ und lacht: „Schreib das, und
Rücken zu den Menschen. Ganz ungeschützt. Das
len. Vielleicht in Dortmund: „Dann könnte ich mor-
dass ich ein ewiger Student bin.“
war dann schon ein Markenzeichen. Und nie hat mir
gens an der Uni die bodo verkaufen, in der Mensa
jemand etwas getan.“ Im Gegenteil: „Die Leute ha-
günstig essen und dann bis abends im Lesesaal sein.
ben mir immer geholfen.“
Der ist bis nachts geöffnet.“ (bp)
Atila kommt aus Brasilien. Er erzählt eine lange, spannende Geschichte von der Arbeit bei einer Ölfirma, einer überstürzten Abreise mit dem Schiff nach Genua, verlorenen Traveller-Schecks und einer
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abenteuerlichen Einreise nach Deutschland im Kofferraum eines Autos in der Zeit von Anwerbestopp und Deutschem Herbst. „Es wurden keine Gastarbeiter aufgenommen und so wurde ich Student. Mein Abitur wurde nicht anerkannt, aber ich konnte ans Studienkolleg.“ Atila begann in Kiel ein Ingenieurstudium, schließlich studierte er in Hamburg Philosophie – und lebte auf der Straße. „Es ist verrückt, alle, mit denen ich studiert habe, ob Perser oder Ägypter, wurden abgeschoben, mir haben sie schließlich sogar einen Pass gegeben.“ ,Du willst ja nur deine Freiheit, die kannst du haben‘, hätte man ihm gesagt. Zwar hat er sein Studi-
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ZUM HAARE RAUFEN | von Nina Mühlmann
KULTUR | von Barbara Underberg | Foto: Claudia Siekarski
Selber gucken, wie’s da ist Touren durch die Dortmunder Nordstadt Back to the Eighties
Auch die BVB Tigers, ein Fanclub aus Belgien,
zwischen Hafen, Nordmarkt und Borsigplatz. Ur-
waren schon hier. In der Nordstadt, da wo 1909
sprünglich hatte sie Buchbinderin gelernt, fand
Als ich Mitte Zwanzig war und es hip fand, mich
der Ballspielverein Borussia im „Wildschütz“
nach der Ausbildung keinen Job, war dann am
im Siebziger-Jahre-Look zu kleiden, hatte meine
das Licht der Welt erblickte. Heute ist dort die
Fließband gelandet. Um schnell festzustellen,
Mutter mich schon gewarnt, dass sich ihr Schick-
Pommesbude Rot-Weiß, an der die geschichts-
dass es das nicht gewesen sein kann. So machte
sal wiederholen würde: „Die Zeit kommt und du
und geschichtenträchtige Tour „Weiße Wiese“
sie doch noch Abitur, ging an die Uni und be-
wirst erfahren, wie furchtbar es ist, wenn junge
selbstverständlich vorbeiführt. Auf diesem
schäftigte sich dort mit Industriekultur und Tou-
Leute sich freiwillig so kleiden, wie du als Kind
Rasen haben sie angefangen, damals, direkt
rismus. Schon während des Studiums machte sie
angezogen wurdest!“ Nun ist es also endlich
am Borsigplatz.
Führungen im Schiffshebewerk Henrichenburg. „Da wusste ich dann, das ist meins.“
soweit: Ich bin Mitte Dreißig und der AchtzigerJahre-Look steht im Streetlife ganz oben. In einem Selbstbewusstsein, als würden sie über internationales Modeparkett stolzieren, begegnen mir junge Frauen à la „Girls just wanna have fun“ und zurecht gemachte Computernerds à la Bill Gates täglich auf der Straße. Sie tragen Karottenjeans, Strickkleider mit Schulterpolstern und große, schwarz gerahmte Brillen, durch die sie aufgesetzt dümmlich dreinschauen. Irgendwie fehlt aber noch das Super Special, das es vollends Achtziger macht: selbstklebende Pickel. Das ist es überhaupt, was ich über die Achtziger Jahre sagen kann: Der Pickel am A... der Geschichte. Das einzig Gute war, dass es noch keine Handys gab. Mobiltelefone in der Größe von Tennisschlägern schon, die waren wohlhabenden Geschäftsleuten vorbehalten. Heutzutage ist jeder busy, mobil und ständig telefonisch erreichbar. Via Flat – der Flatulenz unserer Zeit – zerstreuen wir Infos und Tratsch in alle Winde. In den Achtzigern waren piepende Elektrogeräte Ärzten, Pflegepersonal und Feuerwehrleuten vorbehalten, wohlgemerkt in ihren Bereitschaftsdiensten! Rufbereitschaft für jedermann, gering oder gar nicht bezahlt. Wir brabbeln und sabbeln in unsere Handys, immer mehr gar in sogenannte iPhones. Die halten aber nicht, was sie versprechen: die Ich-Aufwertung (engl.: i = Ich) durch ein Telefon! „Hallo McFly, jemand zu Hause?“, denke ich mir da, wenn mir wieder mal jemand stolz so ein Teil unter die Nase hält. Das Ding ist doch der reinste StasiApparat, dabei ist die DDR doch seit den Achtzigern abgeschafft! Um es mal mit den Worten meines lieben Kollegen Torsten Sträter zu sagen: „Früher hat meine Mutter immer gesagt, ich soll nicht mit Fingern auf Glasflächen rumschnippsen, heute ist das das hippste von der Welt.“ Wenn ich über all das nachdenke, kriege ich von ganz alleine Pickel. Wenn ich jetzt meine Handy-Flat kündige und so telefon- und ichlos durch die Straßen flaniere, bin ich viel mehr Achtziger, als ich eigentlich sein will. (nm)
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Annette Kritzler leitet diese und viele andere Touren durch die Nordstadt. Die Geographin lebt
Annette Kritzler fühlt sich in der Nordstadt ausge-
seit mehr als zwanzig Jahren im Dortmunder Nor-
sprochen wohl und geriet deswegen immer wieder
den. In derselben Wohnung in der vierten Eta-
in Erklärungsnot. Weil viele denken, im Stadtteil
ge eines liebevoll gepflegten Jugendstilhauses
der Gestrandeten und Gestrauchelten stolpert
um die Ecke vom Borsigplatz. Aufgewachsen ist
der unbescholtene Bürger direkt hinter der S-
sie in Brechten, noch viel weiter im Norden von
Bahnlinie über eine Schnapsflasche, rutscht aus
Dortmund, wo es mehr Bauernhöfe als Pommes-
auf gebrauchten Kondomen, um kopfüber in der
buden gibt. Auf Dauer war das nichts für sie, da-
Heroinspritze zu landen. Das brachte Kritzler zu
her suchte Annette Kritzler ein multikulturelles
der Erkenntnis: „Die Nordstadt ist viel, viel schö-
Umfeld und eine günstige Miete. Beides fand sie
ner als die meisten annehmen. Daher muss man
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WILDE KRÄUTER | von Wolfgang Kienast
wildkraeuter.bodo/07_rotklee/ Als Freund der Alliteration hätte mir
als wirtschaftlich notwendig erachtete
Gurken-Grippe gut gefallen. Doch die
Nahkampf um möglichst geringe Pro-
sie einladen, sich das hier anzugucken.“ Das war die
Springer-Boulevardisten,
weni-
duktionskosten Hauptursache für einen
Gründungsidee der „Borsigplatz-VerFührungen“. Seit
ger einfallsreich als üblich, titelten
Ausbruch ist, business as usual also,
fünf Jahren können sich Nordstadttouristen dem
schlicht wie schlecht „Horror-Keim“.
wird man im Netz noch Jahre später eine
Stadtteil historisch, fußballerisch, künstlerisch,
Wenige Tage nach Tatverdacht wurde
Reihe weit unterhaltsamerer Hypothesen
gastronomisch oder religiös nähern.
die Gurke aus der Haft entlassen. In-
finden. Meine derzeitige Hitliste: Aliens
zwischen steht, bei ebenfalls vager Be-
(Platz 5). Die Amis mit Bill Gates (Platz
weislage, die Sprosse am Pranger.
4). Ein Gülle-Dschihad wegen Osama
Bei der Tour „Glaubensvielfalt“ lernen die Teilnehmer drei Gotteshäuser kennen, eine evangelische Kirche, eine russisch-orthodoxe Kirche und eine Moschee. „Viele Moscheen sind sehr besucherfreundlich. Aber oft haben die Menschen Schwellenängste und nutzen lieber eine geführte Tour“, ist Kritzlers Erfahrung. Sie will Parallelen und Unterschiede zwischen den Religionen zeigen. So hat die Lutherkirche zum Beispiel eine besonders enge Verbindung zu Hoesch. In der russisch-orthodoxen Kirche spielt die Ikonographie eine große Rolle, und weil das Einzugsgebiet so groß ist, kommen fünfhundert Gläubige zur Ostermesse. In der Moschee gibt es keinerlei Bilder, dafür digitale Uhren, die die Gebetszeiten anzeigen. Die Ausrichtung nach Mekka, die vielen Teppiche, die Trennung von Männern und Frauen im Gottesdienst, das Kopftuch, um all dies geht es bei der Moscheebesichtigung.
weit
„Splatter-Sprossen“ würde ich jetzt gern in der Zeitung lesen. Aber die Bild ist ja gar keine Zeitung. Sie ist, wie Hans-Jürgen Arlt, Ex-DGB-Pressesprecher, und der ehe-
(Platz 3). Die Atomindustrie, um von Fukushima abzulenken (Silber). Mit Vorsatz in Kondensstreifen gemischte Chemie (Gold bei den Verschwörungstheorien).
malige FR-Chefredakteur Wolfgang Storz in
Fragen Sie nicht, was das mit Rotklee zu
ihrer Studie „Drucksache Bild“ belegen und
tun hat. Ich weiß, dass er vor Ehec nicht
Sie in der Mai-bodo als Kurzmeldung lesen
schützt, in diversen Varianten jedoch
konnten, eher ein Marketinginstrument für
schmeckt und so immerhin die Laune bes-
gesellschaftspolitische Kampagnen als ein
sern hilft. Nahezu alle Teile des Schmet-
journalistisches Produkt. Man könnte sich
terlingsblütlers finden in der Kräuterküche
lustig machen, lässt es freilich besser blei-
Verwendung. Ich schätze einen Auflauf
ben, wenn sich herausstellt, dass die laut
mit seinen eiweißhaltigen Blättern sehr,
Eigenwerbung individuell meinungsbilden-
sie stehen während der gesamten Vegeta-
de Instanz in Wahrheit eine Kampagnen-
tionsperiode zur Verfügung.
schleuder ist.
Man benötigt 1 kg Kartoffeln (geschält,
Zurück zum tödlichen Keim. Zahlreiche Men-
in dünne Scheiben geschnitten), 100 g
schen sind gestorben, etliche Existenzen
Rotkleeblätter, 1 rote Zwiebel fein ge-
„Die Moscheen haben enge Bindungen an ihre Quar-
zumindest gefährdet. Das ist ernst. Sie mer-
hackt, 1/2 l Milch und 1/8 l Sahne, Salz,
tiere, dort gibt es zum Beispiel eigene Fußball-
ken, kurz vor Redaktionsschluss belegt Ehec
Pfeffer, etwas Mehl und Butter.
clubs“, erzählt die Geographin. Sie berichtet vom
noch einen vorderen Rang in der öffentli-
jährlichen interreligiösen Fußballturnier im Hoesch-
chen Wahrnehmung. Wäre es nicht so, fände
park, bei dem Pfarrer gegen Imame kicken. Kritzler
der Erreger aus der Koli-Familie hier nicht
spricht ein paar Brocken Türkisch und macht neben
statt. Glaubt man Martin Voss, sieht das
ihren Führungen auch Seminare für Moscheelotsen,
jedoch schon wieder anders aus, wenn Sie
denen sie museumspädagogisches Know-how ver-
diese Kolumne lesen. Herr Voss ist Leiter der
mittelt. So läuft das in der Nordstadt. Einfach mal
Katastrophenforschungsstelle im sozialwis-
selber gucken.
senschaftlichen Institut der Uni Kiel. Seine Untersuchungen haben ergeben, dass jedes
Die Touren dauern in der Regel zwei Stunden und
Desaster nach sechs Wochen zur Randnotiz
kosten pro Person zehn Euro. Die festen Termine
schrumpft. Timeout für Ehec.
stehen auf der Internetseite, für Gruppen ab acht Personen bieten Annette Kritzler und ihre Kollegin auch individuelle Führungen an. (bu)
Das Internet hat ein längeres Gedächtnis als seine User. Sollte sich herausstellen, dass wieder einmal
INFO
Eine flache Auflaufform buttern. Mit einer ersten Kartoffelschicht auslegen, darauf eine Schicht Klee mit Zwiebel gemischt und dann wieder Kartoffeln geben. Jede Schicht salzen und pfeffern. Milch und Sahne mit dem Mehl verrühren, kurz aufwallen lassen und über Klee und Kartoffeln gießen. Im vorgeheizten Ofen bei etwa 200 Grad eine Stunde backen. Der deftige Auflauf passt zu weißem, festem Fisch, Heilbutt beispielsweise, gibt aber auch eine prima vegetarische Hauptmahlzeit ab. Guten Appetit. (wk)
der allgemein
www.borsigplatz-verfuehrung.de
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14 SOZIALE REPORTAGE | von Franziska Cress | Fotos: Claudia Siekarski
Sexsteuer Dortmund bittet Schwule zur Kasse
Der Dortmunder Straßenstrich und damit die angebliche „Zuwanderung von Zuhältern und Kriminellen“ (Dr. Hetmeier, SPD) sind Geschichte. Was fehlt: 80.000 Euro Sexsteuer-Einnahmen. Und das bei den eh schon leeren Kassen. Eine neue Geldquelle: die Schwulen. Am 15. Juli 2010 wurde in Dortmund die „Vergnügungssteuersatzung für die Einräumung der Gelegenheit von sexuellen Vergnügungen und das Angebot sexueller Handlungen“ verabschiedet. Hauptziel der Steuer ist natürlich das Auffüllen der Kassen – nach Kämmerer Jörg Stüdemann aber vor allem auch „die Verhinderung der unkontrollierten Ausweitung der Prostitution“. Dementsprechend groß war die Überraschung bei Betreibern von schwulen Szeneeinrichtungen in Dortmund, als das Steueramt auch bei ihnen klopfte. Im Gegensatz zu Bordellen findet hier zwar in der Regel kein Sex gegen Entgelt statt, aber das Vorhandensein von Räumen, die zu Sex unter Fremden einladen, reicht aus. Die Sexsteuer ist im Prinzip eine Pauschalsteuer, die sich an der Raumgröße der Veranstaltungsstätten orientiert. Pro angefangene zehn Quadratmeter „sex-geeigneten Raums“ sind am Tag vier Euro zu entrichten. Die Ermittlung der Flächen erfolgt meist willkürlich durch Begehungen mit Angestellten des Steueramts. Was tatsächlich als Veranstaltungsfläche betrachtet wird, obliegt in einigen Fällen schlicht der schmutzigen Fantasie des jeweiligen Steuerbeamten. Für viele Wirte in der Schwulenszene bedroht die Sexsteuer die Existenz. Die neuen Abgaben sollen in der Theorie durch Preiserhöhungen an das Klientel weitergegeben werden. In der Realität heißt das aber weniger Kundschaft, wegfallende Öffnungstage, verminderte Wettbewerbsfähigkeit, sinkender Umsatz und damit finanzieller Ruin oder aber Abwanderung. Nach Köln. Bevor es zu spät ist.
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15
Dortmunds Straßenstrich ist Geschichte. Jetzt fehlen 80.000 Euro in der Haushaltskasse. Das Geld will sich die Stadt dort holen, wo der geringste Widerstand zu erwarten ist.
Um die neu aufgekommene Problematik zu diskutieren, fanden sich Anfang
Richard Scherff, der Betreiber des Jumbo Centers, einer Schwulen-Sauna,
des Jahres betroffene Szenewirte zusammen, um in einem Offenen Brief an
gehört auch zu den Unterzeichnern des Offenen Briefs und ist der erste in
die Stadt zu appellieren. Daraufhin richtete die Stadt Dortmund Ende Januar
Dortmund, der gerichtlich gegen die Erhebung der Steuer vorgehen muss. Er
einen Runden Tisch ein, der Plattform für einen Diskurs sein und Betroffenen
hat vor einigen Jahren mit seinem Mann das Jumbo Center übernommen. Das
die Möglichkeit bieten sollte, ihre Situation zu erklären. Teilnehmer waren
Center erstreckt sich über 2.000 Quadratmeter und bietet seinem Publikum
Dortmunder Gastronomiebetriebe, u.a. der Boots-Club, das Heimes sowie In-
neben unterschiedlichen Saunen, Hamam, Theken-/Restaurantbereich und
teressenvertretungen wie das Kommunikationscentrum Ruhr und SLADO e.V.
Schwimmbad auch Rückzugsräume für spontane traute Zweisamkeit. Richard
Diese wurden von der Stadt gebeten, im Rahmen eines Arbeitskreises einen
erklärt, dass solche geschützten Bereiche in Saunen oder Clubs für Schwule
Bericht zu erstellen, der die Ratsmitglieder über die aktuelle Lage informiert
wichtig sind. An vielen Orten sind sie immer noch Ziel von Anfeindungen und
und eine Satzungsänderung in die Wege leiten sollte.
Übergriffen. Deshalb haben sich in der Szene Clubs mit besonderen Räumen etabliert, die bei Bedarf genutzt werden können. Im Jumbo Center gibt es
Für wesentlich halten die Szenewirte die Tatsache, dass in ihren Lokalen
einen vom Rest der Sauna abgetrennten Bereich mit einzelnen Rückzugs-
bewusst keine Prostitution stattfindet. Während Bordelle hierüber weitere
möglichkeiten. Richard zahlt monatlich knapp 3.000 Euro – nur Sexsteuer.
Einnahmen verzeichnen, verdienen die Schwulen-Clubs nicht am Sex ihrer
Hinzu kommen noch Gewerbe- und Einkommensteuer.
Besucher. Weiterhin heißt es: „Die Sexsteuer wurde im August beschlossen und die betroffene Szene erst im Oktober informiert, und erst viel später
Dagegen klagt er, denn er kann nachweisen, dass es sich hier um Beträge handelt,
wurde durch eine Begehung eine Bemessungsgrundlage über die Höhe die
die existenzbedrohend sind. Trotz einer Eintrittserhöhung von zwei Euro ist sein
Sexsteuer festgestellt. Eine rückwirkende Besteuerung von August bis De-
Umsatz nicht gestiegen, sondern seit Einführung der Sexsteuer eher gesunken.
zember sehen wir grundsätzlich als nicht möglich an“. Die schwindelnde Höhe der Abgabe liegt daran, dass nicht nur die Fläche der Die Koordinationsstelle für Schwule, Lesben und Transidente der Stadt Dort-
Sauna berechnet wird, auf der tatsächlich sexuelle Kontakte stattfinden, son-
mund ließ Mitte Juni noch verlauten, die Verwaltung beschäftige sich mit
dern auch ein großer Teil des Ruhebereichs mit Sofas und Kamin im oberen Teil
dem Thema. Zu diesem Zeitpunkt lag jedoch bereits eine Email der SPD-
des Gebäudes. Hier finden zwar keinerlei sexuelle Aktivitäten statt, doch das
Ratsfraktion vor, die die betroffenen Szenewirte informiert, dass eine Sat-
kann sich das Steueramt beim besten Willen nicht vorstellen. Richard sah sich
zungsänderung ihrerseits abgelehnt wurde. Damit wird es für die Betrof-
kürzlich gezwungen, alle Angestellten, also einer Vollzeit-, einer Teilzeitstelle
fenen nahezu unmöglich, eine Änderung durchzusetzen. Die CDU hat noch
und drei Geringverdienerstellen zu kündigen. „Das ist sehr willkürlich. Wenn
nicht reagiert, bisher gibt es lediglich Unterstützung von der FDP und das
ich höre, dass ähnliche Läden keine Anbahnung zahlen müssen, dann macht
Angebot der Grünen, einen entsprechenden Antrag im Rat einzureichen.
mich das schon sehr sauer und traurig.“ Er und sein Mann sind durch die neue
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16
¬ „Was die Stadt da macht, ist im Grunde Zuhälterei.“ – Rainer Ballay kritisiert die Sexsteuer.
Steuer gezwungen, von ursprünglich sieben Tagen die Woche nur noch an den
Ballay, der Kontakte in die Schwulenszene Dortmunds unterhält, weiß auch,
meistbesuchten drei Tagen zu öffnen. Das bedeutet zwar weniger Abgaben,
dass die Szene in den letzten 20 Jahren immer kleiner geworden ist. Die Gas-
allerdings auch weniger Einnahmen: „Normalerweise müsste umsatzabhängig
tronomen wandern ab, bevorzugt nach Köln. Je kleiner die Szene wird, desto
berechnet werden. Wenn ich an drei Tagen der Woche geöffnet habe und pro
weniger lohnt es sich hier, für schwule Läden zu eröffnen. Er beobachtet die-
Tag ca. 300 Euro einnehme, davon aber allein schon – im besten Fall – 150 Euro
se Entwicklung schon länger: „Das funktioniert nicht nach dem Lückenprinzip.
Sexsteuer abgehen, gehe ich auf Dauer schlichtweg pleite. Irgendwie muss
Wenn du als Schwuler in Dortmund wohnst und am Wochenende vielleicht zwei,
ich auch Pacht und Nebenkosten bezahlen. Die Steuer sollte gerecht gemacht
drei Lokalitäten hast, die du besuchen kannst, die aber dann wegen der Sexsteu-
werden, wenn das bezahlbar wäre, würden wir nicht klagen.“
er plötzlich auch noch jeweils sechs Euro Eintritt kosten, dann überlegst du dir zweimal, ob du deinen Abend nicht lieber gleich in Köln verbringst.“
Das Jumbo Center ist grundsätzlich bereit, Abgaben zu leisten: „Das ist ja nicht so, als würden wir da kein Verständnis für haben. Die Kassen sind leer
Für die Szenewirte heißt es nun warten. Entweder auf die Insolvenz, den Um-
und irgendwo muss das Geld ja herkommen – es kann aber nicht sein, dass
zugswagen oder ein Wunder. An letzterem zweifeln die meisten. Die Resignati-
Läden durch diese Besteuerung pleite gehen. Das macht die Szene kaputt
on überwiegt. „Irgendwann hat man nicht mehr die Kraft, ständig zu kämpfen“,
und wirft ein schlechtes Licht auf Dortmund und das ist wirklich schade.
hört man von Besuchern des Heimes, bei denen die Sexsteuer nahezu jeden
Das Heimes muss umziehen, die Burgwall-Sauna hat schon zu, gerüchteweise
Tag Thema ist. Allgegenwärtig ist das Gefühl, unerwünscht zu sein. Während
hört man von zwei anderen, die wohl schließen werden.“
Schwule und Lesben seit Jahren für gesellschaftliche Toleranz kämpfen müssen, teilweise sogar mit Fördergeldern der Stadt, entzieht diese nun ihren Schutz-
Auch Rainer Ballay, der im Internet das HIV-Infonetzwerk „Zukunftsprojek-
räumen die finanzielle Grundlage und verdrängt sie aus der Dortmunder Öffent-
te“ ins Leben gerufen hat, sieht die Einführung der Sexsteuer kritisch: „Was
lichkeit. Mit Hinweis auf eben diese Förderungen nimmt die SPD-Ratsfraktion
die Stadt da macht, ist im Grunde Zuhälterei.“ Gefährlich wird es ihm zufolge
den Szenewirten auch gleich den Wind aus den Segeln. Abschließend heißt
dann, wenn gerade eine der Gruppen, die eine gewisse Form von Schutz be-
es in ihrer Ablehnung der Satzungsänderung: „Dortmund ist und bleibt eine
nötigt, ihre sicheren Räume verliert und zurückgedrängt wird auf freie Flä-
weltoffene Stadt. In den letzten Jahren haben wir viele Hilfestellungen für die
chen wie Parks oder Rastplätze, wo nicht nur die Anzahl der gewalttätigen
schwul-lesbische Szene auf die Beine gestellt. Wir möchten beispielhaft an den
Übergriffe auf Schwule beispielsweise durch Neonazis steigt, sondern auch
Gesundheitsladen pudelwohl oder das Jugendcafé Sunrise erinnern. Weitere
die Anzahl der HIV-Neuinfektionen. Mit der Schließung von schwulen Saunen
Erleichterungen für die Betreiber von schwulen Szeneeinrichtungen oder sogar
fällt ein großer und gewichtiger Teil der Anlaufpunkte für Präventionsarbeit
das Aufheben der gesamten Satzung halten wir für nicht vertretbar.“
weg. Rainer macht sich Sorgen um das abrupte Ende der Aids-Hilfe in einer
16
der am meisten betroffenen Gruppen. „Wenn man bedenkt, dass Herr Sierau
Überall sehen die Betroffenen arge Konsequenzen im gesellschaftlichen
auf dem CSD 2010 noch davon sprach, Dortmund schwulenfreundlicher ma-
Kontext. Ballay: „Es findet ein Rückschritt statt. Wenn die schwule Szene
chen zu wollen, ist die Überraschung selbst unter den Zynikern jetzt groß.
vertrieben wird, bedeutet das, dass damit Sexualität stückweise wieder zum
Klar, die Haushaltskassen sind leer. Das Erheben der Sexsteuer lässt jedoch
Tabu gemacht wird. Damit bleibt die Konfrontation mit leider immer noch
den Eindruck entstehen, die Stadt hole das Geld nicht da, wo es tatsächlich
aktuellen Problemen und Themen aus, die dringend der öffentlichen Ausein-
vorhanden ist, sondern da, wo der geringste Widerstand zu erwarten ist.“
andersetzung bedürfen. Willkommen in den 60ern.“ Franziska Cress
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DER KOMMENTAR | von Bastian Pütter
Blickwechsel in Dortmund?
NEWS | von Bastian Pütter
Obdachlose sterben 30 Jahre früher
Richter verbieten Obdachlosenheim
Kirchentag gegen Roma-Abschiebungen
der lokalen Berichterstattung in Dortmund.
Menschen ohne Obdach sterben
Der Diakonie Duisburg ist gesetz-
Der Evangelische Kirchentag in
Nachdem jahrelang die offensichtliche Zu-
im Schnitt drei Jahrzehnte vor
lich untersagt, ein Obdachlosen-
Dresden hat sich gegen die Ab-
wanderung aus Rumänien und Bulgarien ig-
Menschen mit Zugang zu nor-
heim zu eröffnen. Das Verwal-
schiebung von Roma in den Ko-
noriert worden war, erlebte Dortmund seit
maler medizinischer Versorgung.
tungsgericht Düsseldorf hat der
sovo ausgesprochen. Rund 10.000
Februar eine kampagnenartige Zuspitzung,
Zu diesem Schluss kommt der
Klage einer Hauseigentümerin
„geduldete“ Roma sind durch das
in der vor allem über bulgarische Roma
Rechtsmediziner Klaus Püschel
stattgegeben und damit die Er-
Rückübernahmeabkommen mit der
einseitig und oft sachlich falsch berichtet
aus Hamburg. Das Durchschnitts-
richtung eines Übergangsheims
Republik Kosovo unmittelbar von
wurde. Mit einer teilweise rassistischen
alter von wohnsitzlosen Men-
für Obdachlose untersagt.
Abschiebungen bedroht. Viele der
Gleichsetzung von Roma und Tätern wurden
schen liege bei 46,5 Jahren, gut
Die Klägerin, die in unmittelba-
Betroffenen leben und arbeiten
unzureichend recherchierte Berichte über
30 Jahre unter dem von medizi-
rer Nachbarschaft des geplanten
seit fast 20 Jahren in Deutsch-
vermeintliche „Ekelhäuser“, Prostitution
nisch gut versorgten Bürgern.
Übergangsheims ein Haus be-
land, nachdem sie Anfang der
und Menschenhandel geschrieben.
Die meisten Obdachlosen litten
sitzt, befürchtet eine „Entwer-
1990er Jahre vor Bürgerkrieg, Ver-
an Krankheiten, die gut zu be-
tung des Stadtteils“ durch die
folgung und Pogromen aus dem
handeln gewesen wären. Rund
Bewohner des Obdachlosenheims.
ehemaligen
32 Prozent der verstorbenen
Die Bewohner seien „in der Regel
Deutschland geflohen waren. Ihre
Wohnungslosen werden tot in
arbeitslose, überwiegend sucht-
Kinder sind in Deutschland gebo-
den Unterkünften gefunden, je-
oder psychisch kranke Männer“.
ren und aufgewachsen, gehen hier
der Vierte stirbt in einer Klinik,
Das Umfeld stelle hingegen ein
zur Schule, machen Abitur oder
rund jeder Fünfte beendet sein
geordnetes Wohngebiet dar, das
eine Ausbildung. Nun sollen sie in
Leben „im öffentlichen Raum“,
durch das Übergangsheim „gra-
ein Land zurückgeschickt werden,
also auf der Straße, in Parkan-
vierend entwertet“ würde.
dessen Sprache die Kinder nie ge-
lagen, unter Brücken.
Der Geschäftsführer des Diakonie-
lernt haben. Das UN-Flüchtlings-
Ärztliche Behandlungen würden
werks Duisburg, Sieghard Schil-
hilfswerk und Pro Asyl warnen vor
oft erst in Anspruch genommen,
ling, ist geschockt über das Urteil
einer zwangsweisen Rückführung
Seit der Straßenstrich geschlossen ist,
wenn „nichts mehr geht“. In
und die Begründung: „Dieses Ur-
in das Kosovo. Als „humanitä-
zeigt sich, wie falsch die vermeintlichen
den Ablaufplänen von Kranken-
teil ist ein Skandal, weil es Men-
re Katastrophe“ bezeichnet der
Wahrheiten der Debatte waren: Die Zu-
häusern seien Obdachlose nicht
schen, die in prekären Verhältnis-
Menschenrechtskommissar
wanderergruppe ist noch da – und sie ist
vorgesehen – sie würden oft
sen leben, das Recht auf Wohnen
Europarats,
nicht im Ansatz so homogen wie behaup-
„auf die Straße entlassen“.
in einem normalen Umfeld ver-
berg, die Lebensbedingungen der
wehrt und die gesellschaftliche
aus Deutschland abgeschobenen
Eingliederung behindert.“
Roma im Kosovo.
Die letzten Monate waren ein Tiefpunkt in
Differenzierungen und Pressemitteilungen von Nordstadtakteuren oder Leserbriefe, die sich nicht mit der vorgegebenen Linie deckten, fanden keinen Raum in den Lokalzeitungen. Der Planerladen e.V. sah sich schließlich genötigt, mit einer Plakataktion, in der Banner an der Mallinckrodtstraße gespannt wurden, wenigstens einen Fototermin zu erzwingen. Die Aufforderung zum Blickwechsel verhallte in den Redaktionen ungehört.
tet. Von Anfang an besteht sie nicht allein aus „Menschenhändlern“, sondern aus Menschen, die hier Arbeit und eine Perspektive suchen. Kriminell sind zuerst die Handlungen der sexuellen Ausbeuter, der Schwarzarbeitgeber, der Matratzenvermieter, darauf haben wir und Akteure wie der Planerladen vergeblich hingewiesen. Inzwischen besteht Anlass zur Hoffnung, dass sich das Blatt wendet. Die Nordstadt-SPD hat zu ihrem alten Feindbild, den Trinkern am Nordmarkt zurückgefunden. Die lange unterdrückten Wahrheiten und Positionen kommen in den Zeitungen Stück für Stück zu Wort. Plötzlich erfährt man von Menschen, die ihre Kinder gerne in die Schule schicken, die deutsch lernen wollen und davon, dass die „Ekelhäuser“ viel älter als die jüngste Zuwanderung sind. Und nicht zuletzt auch, dass man mit denen, die da kommen, einfach reden kann. (bp)
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SKOTTS SEITENHIEB
Jugoslawien
Thomas
nach
des
Hammar-
19
Foto: Daniel Sadrowski (aus der Serie „Nach der Loveparade“ – www.danielsadrowski.de)
Ein Jahr danach
Am 24. Juli 2011 jährt sich der Tag der Duisburger Loveparade-Katastrophe zum ersten Mal. Der Tag, der ein Fest sein sollte, lässt 21 Tote und viele Hundert traumatisierte Opfer, Angehörige und Hinterbliebene zurück. Und er hinterlässt eine zutiefst blamierte, tief gespaltene und noch immer handlungsunfähige Stadt. Seit der denkwürdigen Pressekonferenz am Tag nach der Katastrophe werden die Opfer verhöhnt durch immer neue Peinlichkeiten, Vertuschungen, Unschuldsbekundungen, aber auch durch ihre politische Instrumentalisierung durch diejenigen, die für sie sprechen wollen. Das Benennen von Schuldigen allein lindert das Leid der Opfer nicht. Doch die kollektive Verantwortungslosigkeit der Verantwortlichen verlängert es. Die Stadtverwaltung spricht konsequent vom „Loveparade-Unglück“ und noch auf dem Mahnmal, das Ende Juni eingeweiht wurde, ist das Sterben formuliert wie bei jenen, die sich in Gefahr begeben: „…und fanden den Tod…“. 19
20 GEBRAUCHSANWEISUNG FÜR DAS RUHRGEBIET | von Peter Erik Hillenbach
KINOTIPP | von endstation.kino
Der Mensch als solcher Hier lesen Sie die kürzeste Beschreibung unseres merkwürdigen Völkchens: So tickt der Ruhrgebietler wirklich. Oder?
endstation.kino & bodo präsentieren: Schlafkrankheit
Die große Mehrheit der Ruhrgebietler ist ge-
alte Spätaussiedlerin. Samstags treffen wir
Seit 20 Jahren leben Ebbo und Vera Velten
nauso okay oder langweiliger Mainstream,
uns im Baumarkt, weil 26er-Knetmuffen im
in Afrika. Ebbo leitet ein Schlafkrankheits-
hat die gleichen Visionen vom Leasingauto
Angebot sind, und verwahren unsere Schät-
projekt. Vera fühlt sich in Kamerun zuneh-
oder All-Inclusive-Urlaub wie der Rest der
ze in Kellern, Schuppen und Garagen. Wir
mend verloren. Man beschließt die Abreise.
Republik. Wir gehen, falls vorhanden, zur
sind Frickler, Sammler, Bastler und Bewah-
Je näher diese rückt, desto mehr wächst
Arbeit wie jeder in Deutschland, ziehen
rer, weggeschmissen wird nix.
Ebbos Angst vor der Rückkehr in ein Land,
hübsche Schühchen an und schicken unsere Kinder zum Gymnasium.
das ihm fremd geworden ist. In zwanzig Metern Anstandsabstand von der Bude, die wir Bude nennen, obwohl
Trotzdem sind wir irgendwie anders: Wir
doch groß Trinkhalle drübersteht, trinken
werden vor allem als Klischee wahrgenom-
wir unser Export und labern Stuss. Wir
men und glauben womöglich manchmal
wählen immer noch zähneknirschend SPD,
selbst an dieses Bild. Nicht nur, dass alle
auch wenn die Grünen in den Universi-
Leute im Ruhrgebiet grundsätzlich so aus-
tätsvierteln mittlerweile selbstbewusst an
sehen, als würden ihnen Aldi-Klamotten wie
der 15-Prozent-Tür klopfen (geschrieben
angegossen passen. Nicht nur, dass wir die
im Sommer 2009, Anm. d. Autors), und
Nachbarin jahrelang „Tante“ nannten, weil
manchmal wirkt es, als verliefen die Grä-
Schnitt: Alex Nzila, ein junger französischer
es wenig Fluktuation in der Zechensiedlung
ben zwischen den Generationen höchstens
Mediziner mit kongolesischen Wurzeln, reist
gab und man sich über Generationen kann-
zwischen Skat und Skaten, zwischen Grillen
nach Kamerun, um das Schlafkrankheits-
te. Wir definieren uns ja immer noch über
und Graffiti. Ansonsten bleiben wir Mensch
projekt zu überprüfen. Schon lange hat er
unsere Dörfer und kommen zunächst einmal
und alles ist paletti, und wenn der Sommer-
den Kontinent nicht mehr betreten. Wie ein
aus Sodingen, Weitmar, Rheinhausen, Buer,
abend kommt, summen wir gemeinsam den
Phantom entzieht sich Ebbo unter dubiosen
Saarn, Frohnhausen, Hillerheide, Eisenheim
Klassiker „Summertime im Pott“:
Umständen seinem Gutachter.
Schrebbagaatn
Ulrich Köhlers Filme untersuchen mit subti-
und Hörde. Und erst dann aus Duisburg, Essen, Bochum, Dortmund.
Und dat Lehm is eimfach Gesprochen wird gebeugtes Hochdeutsch mit polnisch-westfälisch-italo-türkischem Einschlag. Wir feiern Weihnachten und das Beschneidungsfest mit dem Kollegen Mehmet Ali und seiner Frau Zerah von nebenan, er repariert unser Auto, wir übersetzen ihm den Wisch von der Ausländerbehörde, und „Schejß Tierken, kennen kein Deitsch!“, schimpft bei uns in der Siedlung nur die
Frosch am hüppen Und der Kotten nah bei Dein Vadder grillt Unnti Mudder am kochen Kein Hasch, lieber ’n Pilsken in Dortmund-Kley
lem Humor und feinem Gespür die deutsche Mittelstandseele und entwickeln aus der genauen Beobachtung einen starken Sog. Mit Schlafkrankheit verlässt er den Schauplatz seiner ersten Filme und macht einen neuen Schritt: Er (de)platziert seine deutschen und französischen Protagonisten nach Kamerun. „Die Geschichte des Arztes in Schlafkrankheit (…) nimmt Elemente aus der klassischen angelsächsischen Erzählliteratur auf. Es grüßt der im Dschungel versackte Mr. Kurtz aus Joseph
Buddha sagt zwar: „Das Gegenteil einer gro-
Conrads Heart of Darkness herüber; ebenso
ßen Wahrheit ist auch wahr.“ Aber ich kann
könnte man an die Weißen denken, die sich bei
mir nicht helfen, die Klischees sind schon
Somerset Maugham oder Jack London mit gin-
verdammt nah dran. (perik)
haltigen Longdrinks abfüllen, die zu Apathie, Lähmung, Stillstand führen. An dieser medizinisch nicht dingfest zu machenden, metaphorischen Form der Schlafkrankheit leiden nur die Kolonisatoren...“ (Sabine Horst / epd film)
INFO Auszug aus der „Gebrauchsanweisung für das Ruhrgebiet“ (Piper Verlag, 2009). Peter Erik Hillenbach ist ein Dortmunder
20
Do 21.7. bis Di 26.7. u. Do 28.7. um 19.30 Uhr Fr 29.7. bis Mi 03.8. um 21.15 Uhr So 31.7. nur um 17.45 Uhr!
Journalist und Autor, der lokale Restau-
Endstation Kino im Bahnhof Langendreer
rantführer („Dortmund geht aus!“, „Dort-
Wallbaumweg 108, 44894 Bochum
mund genießt“) verantwortet und gern im
Telefon 0234 – 68 71 620
Klinikviertel wohnt.
www.endstation-kino.de
VERANSTALTUNGEN JULI 2011 | VERLOSUNGEN | CD-TIPPS | zusammengestellt von Benedikt von Randow
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Juicy Beats 2011 Das Open-Air-Festival für Electronic- und Independent-Music Samstag, den 30. Juli von 12 bis 04 Uhr im Westfalenpark Dortmund bodo verlost 5 x 2 Festival-Karten
Auch diesmal gibt es wieder Bücher und Karten für tolle Veranstaltungen zu gewinnen. Senden Sie uns eine Email mit dem Betreff „bodo-Verlosung“ und der Angabe Ihres Wunschgewinns an: redaktion@bodoev.de Oder schicken Sie uns eine frankierte Postkarte mit Ihrem Wunsch, Absender und Telefonnummer an: bodo e.V., Postfach 100 543, 44005 Dortmund Unter allen Emails und eingesandten Postkarten entscheidet das Losverfahren. Alle Gewinner werden rechtzeitig telefonisch oder per Email benachrichtigt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. 08.07. | GrooveInstinkt Party | Hafenliebe, Dortmund | 2 x 2 Karten 09.07. | Unter den Tribünen | Signal Iduna Park, Dortmund | 5 x 2 Karten 15.07. | Die gekaufte Braut | Theater im Theater im Depot, Dortmund | 3 x 2 Karten 30.07. | Juicy Beats Festival | Westfalenpark, Dortmund | 5 x 2 Karten 21.07. – 03.08. | Schlafkrankheit | endstation.kino, Bochum | 1 x 2 Karten Stadtsilhouette Dortmund | RuhrGepäck | 1 Druck auf Leinwand 160 x 40 cm Printding 3 – Männerwelten | Ruhrbarone | 2 Exemplare Café zur alten Post | Markt Königsborn 1 | 59425 Unna | 1 Kuchengutschein für 2 Personen Viel Glück, wünscht Ihr bodo-Team!
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22 VERANSTALTUNGEN JULI 2011
FR 01 | 07 – SO | 03 | 07 | 11 Ruhrpottkarneval | Geierabend Open Air 2011 Ein „Hochsommer für die Lachmuskeln“ kündigt sich beim Sommer-Open-Air des Geierabend im Biergarten von Tante Amanda in Dortmund-Westerfilde an. Von Freitag bis Sonntag bringt das Ensemble die schönsten Nummern der letzten Session und viele Klassiker
01 – 03 | 07 | 11 Geierabend Open Air 2011
01 | 07 | 11 Gretchen Parlato
FR 01 | 07 – DI 30 | 08 | 11
SA 02 | 07 | 11
auf die Bühne. Das zweistündige Best Of-Programm bietet Comedy, Kabarett, Satire und Musik in bester GeierManier: Beim freizügigen Nonnen-Trio, bei den prekären Überlebenskünstlern „Wemser und Missgeburt“ oder dem unbeholfenen YouTube-Sender „Radio Heimatlos“ kann
Ausstellung | RuhrHochDeutsch: 110 Jahre Kabarett!
Theater | Die Geierwally
noch einmal kräftig mitgegeiert werden. Mit dem wuch-
Humor ist, wenn man trotzdem lacht – Generationen
Das Thema des schrillen Originals von Walter Bockmay-
tigsten Auftritt geht der Präsident im Kostüm der Pop-
von Dichtern, Zeichnern, Tänzern und Sängern haben
er, das im Tiroler Ötztal spielt, und aller späteren Adap-
Diva Beth Ditto (Gossip) ins Rennen. Passend zur BVB-
auf dieser schlichten Feststellung gründend die Strö-
tionen ist ein emanzipatorisches: Darf ein Vater seine
Glanzsaison ist eine brandneue Nummer der „Zwei vonne
mungen, Konventionen, Moden und Herrschenden ihrer
Tochter zu einer Heirat mit einem Mann zwingen, den
Südtribühne“ geplant, bei der die heimliche Hymne „Boah
Zeit hinterfragt. Das Deutsche Kabarettarchiv datiert
sie nicht liebt? Das ist der ernste Hintergrund einer Ko-
ey Borussia“ nicht fehlen darf. Im Anschluss an die Vor-
die Geburtsstunde des Kabaretts in Deutschland auf den
mödie, einer köstlichen Persiflage, die sich urkomischer
stellungen am Freitag und Samstag wird wieder bei einer
Januar 1901. Ein Rückblick auf eine 110jährige Geschich-
Klischees bedient. „Trappmanns Inszenierung lebt von
Rock'n'Roll-Party bis in die Nacht gefeiert.
te, beginnend im Kaiserreich, über die erste deutsche
der Situationskomik und Überraschungsmomenten.
Tante Amanda, Dortmund, 19 Uhr (Sonntag 18 Uhr)
Republik, diese abgelöst durch 12 Jahre braunen Terror,
Zwei Stunden Lachen und gut Laune sind garantiert.
gefolgt von Restauration und Kaltem Krieg, 68ern, „De-
Ein heiterer Theaterabend.“ (WR)
mokratie wagen“, Einheit und Globalisierung. Spannen-
Roto Theater, Dortmund, 19.30 Uhr (auch 22.07.)
FR 01 | 07 – SO 03 | 07 | 11 Mischmasch | Boulevardfest Herne
de, für Kabarettisten dankbare Zeiten, und nicht immer ungefährlich. Parallel zur Ausstellung gibt es auch in
Kinder | Internationales Kinderfest
Neuer Termin, neues Konzept, bewährter Ort. In diesem
diesem Jahr wieder drei Monate lang ein kunterbuntes
Auch in diesem Jahr wird der Saal im Wohnheim des
Sommer erfindet sich das Boulevardfest Herne neu. Be-
Kabarett-Programm im Spiegelzelt am Dortmunder U.
Hardenberghauses zur bunten Kinderoase. Mit Olym-
reits am ersten Juliwochenende wird die beliebte Ver-
Weitere Informationen unter: www.ruhrhochdeutsch.de
piade, T-Shirt-Malen, Gesichtssilhouetten-Malen, Tor-
anstaltung – abgekoppelt vom Herner Winzerfest und
U, Dortmund
wand-Schießen und vielem mehr, werden kleinere wie
dem Nightlight-Dinner – auf dem Robert-Brauner-Platz veranstaltet. Das Motto: „Tränengelacht 2011“. Die Idee dahinter: Mit „Tegtmeiers Erben“, den regelmäßigen Auftritten bekannter Comedians in den Flottmann-
größere Kinder zu Spaß und Spiel eingeladen. Ihre
FR 01 | 07 | 11 Musik | Gretchen Parlato
Eltern und Verwandte können bei Kaffee und Kuchen einen fantastischen Familien-Mittag mit ihnen zusammen verbringen. Preise und Trostpreise gibt es auch zu
Hallen, dem Kulturzentrum sowie dem Mondpalast in
Gretchen Parlato ist ein neuer Stern am Himmel des
gewinnen. Der Eintritt ist frei.
Wanne-Eickel ist Herne als „Bühne“ für das gespro-
Vocal Jazz: Herbie Hancock attestierte ihr eine „fast
Hardenberghaus, Bochum, 11 Uhr
chene Wort bekannt. Von Kurzauftritten bekannter
magische Verbindung zur Musik“, Jazz-Legende Wayne
Comedians bis zum Dichterwettstreit, von Blues-Show
Shorter vergleicht die Vokal-Künstlerin mit Frank Sinatra
bis zu akustischen Klängen, von Feuerwerk bis Zauber-
und auch Fachmagazine wie „Jazz Thing“ zeigen sich tief
Merrill Nisker, so Peaches bürgerlicher Name, ist eine
kunst: Es dürfen Tränen gelacht werden. Ein besonderes
beeindruckt: „Sie balanciert virtuos zwischen Disziplin
kanadisch-stämmige Sängerin und Musikerin und lebt in
Highlight wird am Samstag um 21 Uhr bestimmt Burger
und Improvisation, verfügt über ein famoses Timing, rei-
Berlin. Bevor sie ihre Karriere als Peaches begann, star-
Queen, die Combo, bei der Hennes Bender, Ralf Weber,
tet treffsicher über jeden Groove, assimiliert sämtliche
tete Nisker in der Band The Hit. Sie ist eine begnadete
Volker Naves und Moses W. das humoristische Erbe der
umher fliegenden Harmoniekörnchen und rhythmisiert
Performerin und widersetzt sich in ihren bombastischen
einzigartigen Rockband Queen feiern.
mit geradezu sensationellem Instinkt jeden Song”.
Shows immer wieder geschlechtsspezifischen Rollen-
City, Herne, 16 Uhr
domicil, Dortmund, 21 Uhr
mustern. Ihre Bühnenshows sind skurril und farbenfroh
Musik | Peaches
CD-TIPP
SMOOVE & TURELL | Eccentric Audio (Jalapeno / Roughtrade) „Ich wollte eine greifbare Retro-Atmosphäre auf hochwertigen HipHop-Beats erschaffen“, beschrieb DJ und Soundtüftler Smoove sein Anliegen schon beim ersten Album „Antique Soul“. Nun auf der zweiten Platte gehen die Künstler ihren Weg mit viel Funk‘n‘Soul unbeirrt weiter. Der Opener „Higher“, ein fetter Northern-Soul-Stomper geht gleich so mächtig ab, dass man sich fragt, wo wollen die Jungs denn überhaupt noch hin. Aber gleich mit dem zweiten Song wird der Zuhörer dann wieder ein wenig runter gefahren: „Slow down, you're moving too fast“, heißt es da und groovt sich entspannt ins Ohr. Spätestens jetzt wird auch wieder klar, warum Produzent Smoove so gerne mit dem Sänger Turell zusammenarbeitet. Dessen Stimme passt einfach bombig in diesen 70iesRetro-Style, erinnert zuweilen an den großen Curtis Mayfield, aber auch, um einen aktuellen Vergleich zu ziehen, an Aloe Blacc. Betrachtet man das Album als Ganzes, so könnte man auch annehmen, Earth, Wind & Fire wäre wieder am Start. So ähnlich würde sich eine Wiederauferstehung der legendären Disco-Funk-Combo wahrscheinlich anhören. Das ist vielleicht auch der einzige, aber auch größte Kritikpunkt an diese Platte: Sie ist schon sehr Retro und für meinen Geschmack insgesamt ein wenig zu stark in den 70ern verhaftet. (BvR) 22
01 | 07 – 30 | 08 | 11 RuhrHochDeutsch
02 | 07 | 11 Boulevardfest Herne – Burger Queen
02 | 07 | 11 The Big 4
und voll von provokativer Sexualmetaphorik. Ihr erstes
das Publikum mit ihrem ganz speziellen Mix aus Akkor-
Album „The Teaches of Peaches“ erschien 2000. Sie hat
deon, Klarinette, Bouzouki und Melodica. Mehr Infos
FR 08 | 07 | 11
Remixe für Daft Punk, Le Tigre und Basement Jaxx ge-
gibt es unter www.tayfabandista.org.
macht und mit Künstlern wie Pink, Iggy Pop und Chilly
Kulturhaus Taranta Babu, Dortmund, 19.30 Uhr
Gonzales zusammengearbeitet. Schauspielhaus, Bochum, 21.30 Uhr
BODO VERLOSUNG | GrooveInstinkt Party Die schwedische Band Devilicious startet ihre Europatour also bei dieser Rock-Party in der Hafenliebe in Dortmund
Salongeschichten | Architektur der 1920er Jahre
und mit im Gepäck haben sie
Mit dem U-Turm, der Präsidentensiedlung, dem heuti-
ihre brandneue Debüt-Platte
gen Fachhochschul-Bau und nicht zuletzt dem Gebäu-
„The Asylum Gospels“. Das
Gelsenkirchen erwartet die Invasion der Rockgiganten.
de des Museum für Kunst und Kulturgeschichte selbst
Quartett aus Göteborg mixt
Am 2. Juli kreuzen die legendären „Big 4“ des Trash
besitzt Dortmund einige herausragende Beispiele der
Metal und Stonerrock, ge-
Metal, die in den 80er Jahren die Musikszene aufmisch-
Architektur der 1920er Jahre. An diesen und weiteren
tragen von der kraftvollen
ten, ihre Gitarren in der Arena auf Schalke. Metallica,
Architekturbeispielen lässt sich Typisches, Innovati-
und melodiösen Stimme von Mikael Jacobsson und wird
Slayer, Megadeth und Anthrax werden bei ihrem ersten
ves und Wegweisendes der modernen Architektur zwi-
in Insiderkreisen schon hoch gehandelt. Opener des
gemeinsamen Auftritt in Deutschland den Puls der Fans
schen den Weltkriegen erkennen.
Abends sind die Kölner Neurotic Circuit, die u.a. auch
bestimmt zum Rasen bringen. Sechs Stunden dauert der
Museum für Kunst und Kulturgeschichte, DO, 14.30 Uhr
schon im Vorprogramm von Stonewall Noise Orchestra
Musik | The Big 4
historische Metal Battle, dessen Höhepunkt sicherlich die komplette Metallica-Performance von 120 Minuten
ihren psychedelischen Southernrock, der einen Bogen Musik | Blutigerfelsenstern
zwischen Härte und Melodik spannt, präsentiert haben.
ist. Metallica-Schlagzeuger Lars Ulrich kann es kaum er-
Blutigerfelsenstern, oder kurz bf, ist eine experimen-
Bei der anschließenden Party legt das GrooveInstinkt-
warten: „Wer hätte geglaubt, dass die Big 4 des Thrash
telle, elektrifizierte Ein-Mann-Kapelle. Das ist nicht der
DJ-Team noch seine Lieblinge aus den Bereichen Stoner
Metal nach 25 Jahren größer denn je sind und jetzt auch
Junge mit der Gitarre, nicht der Multiinstrumentalist, der
über Rock bis Metalcore auf.
noch zusammen auftreten? Was für ein Wahnsinn!“
mit jeder Extremität zwei Instrumente bedient, nicht das
Hafenliebe, Dortmund, 21.30 Uhr
Arena auf Schalke, Gelsenkirchen, 17 Uhr
Bleichgesicht hinterm Laptop. Blutigerfelsenstern ist
bodo verlost 2 x 2 Karten.
eine Kategorie für sich. Wer über ausreichend Phantasie
Teilnahmebedingungen auf Seite 21.
MO 04 | 07 – MI 13 | 07 | 11 Film & mehr | ueber Mut Festival
verfügt, sich die Einstürzenden Neubauten als One-ManBand vorzustellen, kommt der Sache vermutlich recht
Musik | WDR Big Band & Lee Konitz
nah. Blutigerfelsenstern bietet eine Achterbahnfahrt
Es gibt Legenden und Pioniere, Lee Konitz ist beides.
Dem Mutigen gehört die Welt. Das ist ein schöner Satz, der
irrwitziger Ideen, plündert und brandschatzt unterwegs
Mit einer Verbeugung vor dem einflussreichen Altsaxo-
aber offen lässt, welche Welt gemeint ist. Die Welt, so wie
Gitarrenrock, Noise und Folklore. Wenn, wie schon oft
phonisten kommt die WDR Big Band in die Flottmann-
sie ist? Oder die Welt, wie sie sein könnte? Die zehn Filme
behauptet, Rockmusik tot ist, ist vor allem das Danach
Hallen. In den 50er Jahren leitete Konitz mit Miles
des Festivals „ueber Mut“ belegen, dass Mut stets der Mut
spannend. Hier wird eine mögliche Antwort gegeben.
Davis den Cool Jazz ein und gilt seitdem als Schlüs-
zur Veränderung des Bestehenden ist. Mut setzt voraus,
Sissikingkong, Dortmund, 20 Uhr
selfigur jener Epoche, obwohl er deren Stilistik längst
dass man die Gegebenheiten kritisch betrachtet und für sich bestimmt: Etwas muss sich ändern. In den Filmen stehen Menschen im Mittelpunkt, die sich leidenschaftlich für ihren Traum von Veränderung einsetzen. ueber Mut ist das
überschritten hat. In einer jüngst erschienenen Ausga-
DO 07 | 07 | 11 Lesung | Armin Rohde
be der Süddeutschen Zeitung gibt sich Konitz als der „langsamste Saxophonist des Jazz“. Dies hat nichts mit seinem Alter zu tun – trotz seiner 83 Jahre ist er aus-
bundesweite Filmfestival der Aktion Mensch.
Vielleicht ist dieses Buch („Größenwahn und Lampen-
gesprochen vital – sondern mit der reifen Erkenntnis,
endstation.kino, Bochum
fieber“) nicht die Wahrheit über Schauspieler, aber ganz
dass die Essenz der Musik in der Reduktion liegt. In die-
sicher ist es die Wahrheit über den Theater- und Film-
ser Produktion der WDR Big Band wird sich Lee Konitz
schauspieler Armin Rohde. Was ist und was macht ei-
im Spiel zwischen seinem Trio und dem orchestralen
gentlich ein Schauspieler? Anders gesagt: „Ein Dachde-
Klang der renommierten Big-Band bewegen.
cker deckt Dächer, ein Automechaniker repariert Autos,
Flottmann-Hallen, Herne, 20 Uhr
DI 05 | 07 | 11 Musik | Bandista Nach der Funkhaus Europa-Party in Mülheim und
ein Auftragskiller bringt Leute um, ein Seiltänzer macht
Kemnade International 2010 sind aber auch Bandista
Gleichgewichtsübungen und versucht, nicht runter zu
aus Istanbul schon lange kein Geheimtipp mehr. Sechs
fallen. Aber was macht eigentlich ein Schauspieler? Au-
Ob Tarantino, Feuilleton oder MTV: Japanische Anima-
Internationalisten, politisch am kritischen Puls der
ßer natürlich Rotwein trinken, Freudenhäuser besuchen,
tionsfilme haben seit den 1970er Jahren einen festen
Zeit und mit neuer Platte. Ihren abwechslungsreichen
lange schlafen und sich auf roten Teppichen feiern zu
Platz in der deutschen und europäischen Medienland-
und fetzigen Stil könnte man vielleicht mit Balkan,
lassen?“ Anhand vieler Fragen, die seine Karriere be-
schaft. Anime hat sich als künstlerischer Ausdruck an
Klezmer, Ska & Anatolian Folk mit politisch motivier-
gleitet haben, erzählt Armin Rohde anekdotenreich und
der Grenze von Film, Bildender Kunst und Popkultur eta-
ten und engagierten Texten umschreiben. Ihre Bühnen-
unterhaltsam seinen Weg vom Arbeitersohn zum Filmstar
bliert. Sehgewohnheiten und Vorbehalte gegenüber den
show ist immer auch ein situationistisches Experiment,
und gewährt gleichzeitig einen außergewöhnlichen Blick
Ausdrucksmöglichkeiten von Zeichentrickfilmen haben
ein Wechsel zwischen Wut und Verzückung, kraftvoll
hinter die Kulissen des Schauspielerberufs.
sich durch ihren Einfluss grundlegend verändert. Die
und mitreißend. Neben Gitarre und Bass begeistern sie
Schauspielhaus, Bochum, 19.30 Uhr
Ausstellung „Proto Anime Cut – Räume und Visionen im
Ausstellungseröffnung | Proto Anime Cut
23
24 VERANSTALTUNGEN JULI 2011
japanischen Animationsfilm“ des Hartware MedienKunstVerein (HMKV) präsentiert ab dem 9. Juli bis zum 9. Oktober im Dortmunder U Originalzeichnungen der wichtigsten Regisseure und Illustratoren von japanischen Animationsfilmen. Zahlreiche Hintergrundmalereien, Storyboards, Skizzen und Inspirationsquellen geben Einblick in die Arbeitsweise der erfolgreichsten Animationskünstler der letzten
07 | 07 | 11 Armin Rohde
08 | 07 | 11 WDR Big Band & Lee Konitz
zwei Jahrzehnte. Ergänzt werden die Exponate durch die entsprechenden Filmausschnitte. HMKV im U, Dortmund, 10 Uhr
man alles da, was so zum Grillen gebraucht wird, und
Musik | Radio_Depot
es können ebenso die rohen Fleischwaren an der The-
Die „Radio_Depot"-Konzerte heißen so, weil sie funktio-
ke erworben werden, doch das war's dann auch schon:
nieren wie eine Radio-Show, nur ein bisschen anders. Die
„selbst ist der Gast“. Das schlägt sich – anders als bei
Musik spielt da, wo die Lautsprecher stehen. Klänge und
den Getränken, die weiterhin am Platz serviert werden
Geräusche aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft:
Dass im Dortmunder Westfalenstadion (Signal Iduna
– natürlich auf den Preis nieder. Die noch günstigere Va-
brandneue Originalwerke, Schätze aus den Archiven
Park) ordentlich auf den Tribünen gefeiert wird, ist
riante ist allerdings, das Grillgut gleich selbstinitiativ
der Avantgarde, das Knistern historischer Aufnahmen
nichts Neues. Eine Party allerdings,
vom eigenen Metzger zu holen und mitzubringen. Dazu
werden zu hören sein. Der Zuhörer darf entspannt Platz
die im gesamten Stadion „Unter den
gibt‘s drinnen großen Sport auf der Großbildleinwand:
nehmen, die Augen schließen und einfach nur lauschen.
Tribünen“ steigt, ist bis jetzt noch nie
Die Viertelfinalspiele der Frauen-Fußball-WM 2011.
Theater im Depot, Dortmund, 18 Uhr
da gewesen. Selbst vor den „heiligen“
subrosa, Dortmund, 18 Uhr
SA 09 | 07 | 11 BODO VERLOSUNG | Unter den Tribünen
Umkleidekabinen des BVB wird nicht Halt gemacht. Unter dem Motto „Wir rocken Dortmund!“ treten am 9. Juli ab 21 Uhr die bekanntesten Dortmunder
SO 10 | 07 | 11
MI 13 | 07 | 11 Theater | Lingua Szena – Molto sensibile
Kindertheater | Reisefieber
„Das Theaterprojekt Lingua Szena untersucht die lei-
DJs und Partyformate zusammen mit internationalen
Endlich geht der Traum des Mädchens Nanti Saya in Er-
denschaftliche Hingabe und die unendliche Tiefe
Stargästen (wie z.B. DJ Mehdi aus Paris) zu einer langen
füllung: eine Reise in das Land der tausend Inseln. Auf
der Gefühle, die uns hinreißen, vernichten und uns
Nacht an. Auf zehn Bühnen garantieren regionale Grö-
der Insel der Vögel will sie Bintang Kecil („Kleiner Stern“)
trotzdem als Menschen ausmachen. Die Reise geht in
ßen wie DJ Firestarter, Ante Perry, Philipp Bückle, Klaus
freilassen, ihren kleinen Vogel, der dort zuhause ist. Ein
verschiedene Zeiten und Länder, in denen wir unsere
Fiehe, die Family Affair DJs Lefty & Martini und Funk
poetisches Stück über die Sehnsucht nach der Fremde und
Vorbilder gefunden haben, Vorbilder, die unser Leben
Fatal vom Cosmotopia oder das VISIONS DJ-Team zusam-
die Lust am Klang der Worte für Kinder ab 5 Jahren.
mehr bestimmen, als wir denken. Wir sammelten un-
men mit Gästen wie DJ Larse & Mike Litt (1LIVE), Thees
Werkstadt, Witten, 15 Uhr
sere Bilder, wir füllten sie mit Leben und jetzt freuen wir uns auf die Zuschauer.“ (Regisseurin Beáta Nagy)
Uhlmann (Tomte) oder Flo (Sportfreunde Stiller) ein abwechslungsreiches Programm quer durch die Musikstile.
Literatur | Caroline Keufen und Thomas Eicher
Lingua Szena ist ein Projekt des Projektfabrik e.V. der
Dabei soll für jeden Geschmack etwas dabei sein: Von
Der literarische Spaziergang mit Caroline Keufen und
ARGE Bochum und des IFAK e.V. mit der Unterstützung
Elektro, House und Trash-Pop über 80er-Jahre-Nostalgie
Thomas Eicher führt nach Skandinavien und zugleich zu-
des Europäischen Sozialfonds Xenos.
und Funk'n'Soul bis hin zu Indie, Alternative-Rock und
rück in die Frühzeit von Bergbau und Eisenverhüttung. Er
Bahnhof Langendreer, Bochum, 19 Uhr (auch 14.07.)
Heavy Metal bieten 20 DJs auf zehn Bühnen den Tanz-
bringt die Zuhörer nach Falun in Schweden, einem Ort,
willigen eine umfassende Musikauswahl.
der im 19. Jahrhundert deutsche Literaturgeschichte ge-
Signal Iduna Park, Dortmund, 21 Uhr
schrieben hat. Es ist die Zeit der Romantik, die Zeit der
New York hat immer noch diese Anziehungskraft: Glitter,
bodo verlost 5 x 2 Karten.
Entstehung des englischen Gartens in Brünninghausen,
Dreck und Wolkenkratzer, das will man gesehen haben.
Teilnahmebedingungen auf Seite 21.
eine Zeit der Industrialisierung und der politischen Um-
Petra „Petrina“ Engelke zeigt alles her. In Momentauf-
brüche in Deutschland. Mit und nach Texten von Hugo v.
nahmen hält sie seit einigen Jahren fest, was in New
Hofmannsthal, E.T.A. Hoffmann, August F.E. Langbein,
York passiert. Sie findet Raubvögel in Manhattan, Re-
„No Service“ lautet das Motto beim Sommerfest auf der
Novalis und den Brüdern Grimm.
genschirme in der Waschmaschine, Riesenspinnen in der
hübschen Außenterrasse in der Hafenschänke. Zwar hat
Torhaus Rombergpark, Dortmund, 11 Uhr (auch 15 Uhr)
U-Bahn, Schwarzwälder Kirsch in Chinatown, Goldgräber
Mischmasch | Bring your own Barbecue
Bild & Text | Moment: New York
CD-TIPP
DIVERSE | early morning breaks vol 03 (Peacelounge Rec.) Chill-Out-Compilations gibt es ohne Ende; auch heute noch. Alles fing Mitte der 90er mit den Cafe-del-Mar-Samplern, die spätestens als auch Pop-Göttin Madonna sich öffentlich dazu bekannte, zu einem regelrechten ChillOut-Boom führten. Dabei sind diese Zusammenstellungen, die ursprünglich den Sonnenuntergang und -aufgang in San Antonio auf Ibiza beschallten, oft sehr seicht und bisweilen übertrieben kitschig. In der Folgezeit gab es bald mehr solche Compilations, als der Markt verkraften sollte. Trotzdem hat sich ein Musikgenre damals durchgesetzt und bis heute stabilisiert. Entspannte, positive Elektro-Grooves (gerne mit schwelgerischen Frauenstimmen), die nicht wehtun und problemlos jederzeit nebenher laufen können. Gerade Geschäftsleute, die viel am Rechner sitzen, lieben diesen Stuff. Und warum erzähle ich das ganze? Weil die „early morning breaks“ genau an „Cafe del Mar“ anknüpfen. Mit sehr viel Liebe haben Mark Hartmann und Christian Arndt ihre positiven, warmherzigen Tracks auf zwei CDs zusammengestellt. Die erste CD ist schon sehr typisch und bisweilen auch ein wenig zu süßlich, CD 2 etwas deep-housiger angesiedelt, gefällt mir da besser. Insgesamt kann man bei der Angebotsvielfalt an Chill-Out-Zeug bei Bedarf gerne zu dieser Scheibe hier greifen; die läuft wirklich geschmeidig und angenehm durch. (BvR) 24
09 | 07 – 09 | 10 | 11 Proto Anime Cut
13 + 14 | 07 | 11 Lingua Szena – Molto sensibile
am Strand in Brooklyn. Zu ihren Schnappschüssen lässt
eher Singer/Songwriter mit einer Vorliebe für Blues ist,
sie eine wilde Mischung aus Literatur, Journalismus und
stellt sich dabei nicht wirklich. Seine selbst komponierten
Das Motto ist Programm: Mehr als 40 Forschungsinstitu-
Tirade auf das Publikum einprasseln, durchbrochen von
Songs sind so überzeugend wie authentisch. Sie sind un-
te des Ruhrgebiets präsentieren innovative Entwicklun-
Anekdoten und FAQ. Der Eintritt ist frei.
sentimental, kunstvoll und doch voller Herzenstöne.
gen in zentralen Zukunftsfeldern. Workshops, Vorträge,
Galerie Chrom, Bochum, 20 Uhr
subrosa, Dortmund, 20 Uhr
Filme und Diskussionsrunden laden die Besucher zum
Wissenswelten | Regionales verankert, global vernetzt
Dialog und zum Mitdenken ein. In interaktiven Themen-
(auch am 15.07. bei Heimatdesign, Dortmund)
DO 14 | 07 | 11
16 | 07 | 11 Flo Mega & The Ruffcats
FR 15 | 07 | 11
landschaften von Arbeitswelt bis Technologie zeigt die
Poesie & Politik | Alaa Khaled
übergreifende Kooperationen und regionale Projekte mit
Wissensmetropole Ruhr, wo ihre Stärken liegen. Länder-
„Nachdem sich die Demonstrationen aufgelöst haben und
internationaler Strahlkraft stehen im Mittelpunkt.
Allan Tepper schrieb im Good Times Magazin über den im
die Menschen in ihre Häuser zurückgekehrt sind, verwan-
DASA, Dortmund, 14.30 Uhr
unterfränkischen Spessart beheimateten Bernd: „Rinser
delt sich die Revolution in ein unsichtbares, flüchtiges
ist in Deutschland ein Unikum, denn er klingt wie ein
Wesen. Du wachst morgens auf und suchst nach etwas Ver-
waschechter Amerikaner – authentisch, gefühlvoll und
lorenem; du läufst durch die Straßen und versuchst, noch
Ringelnatz war ein Abenteurer in seinem Leben, mit
mit vielen Ideen.“ Und der Rolling Stone meint: „Es ist et-
einmal das Echo der Slogans zu vernehmen, die die Plätze
überschäumender Phantasie ausgestattet, ein Dichter,
was Weites in dieser versiert gespielten und gebrochen ro-
erfüllt hatten.“ Der Schriftsteller Alaa Khaled erzählt in
der in den kleinsten Dingen des Lebens das Größte sah.
mantischen Musik, die zum Beispiel Willy De Ville in ähn-
„Die Revolution, ein flüchtiges Wesen“ davon, wie er die
Vorwiegend beschreibt er das Leben, die Freude und die
licher Weise hätte einfallen können.“ Die Frage, ob er in
ägyptische Revolution literarisch verarbeitet.
Nöte des „kleinen Mannes“. Seine Verse sind oft skurril,
erster Linie Bluesmann mit einer Vorliebe für Poesie oder
Bahnhof Langendreer, Bochum, 19 Uhr
voll überraschender Pointen, aber auch von tiefer Melan-
Musik | Bernd Rinser
Theater | Der große Ringelnatz Abend
ANZEIGE
25
26 VERANSTALTUNGEN JULI 2011
cholie geprägt. Zwei Schauspieler erzählen an diesem Abend im Dialog sein Leben und rezitieren und spielen unbekannte wie bekannte Gedichte, so wie Ringelnatz es tat, als er 1909 im Münchener Simplicissimus zum ersten Mal auftrat. Ein unterhaltsamer Abend voll des Witzes und der Ironie, aber auch der Melancholie eines Ringelnatz. 16 | 07 | 11 Boris
Roto Theater, Dortmund, 19.30 Uhr
21 – 24 | 07 | 11 Bochum Total 2011
BODO Verlosung | Die gekaufte Braut Joe, kauziger Alleingänger, engagiert bei einem Escort-
Musik | DJ-Picknick mit Le Pop
gen bis zur kostenlosen Tanzstunde. Folgende Bands und
Service die etwas naive Renée, um sie seinem Vater Ivan
Wenn bei den „Summersounds 2011“ auf der Tremo-
Künstler werden unter anderem begrüßt: Jupiter Jones,
als Verlobte vorzustellen. Das
nia Wiese – umsonst & draußen – das Le Pop DJ-Team
Bosse, Carpark North, Frida Gold, Thomas Godoj, Itchy
Verhältnis von Joe und seiner
hinter den Plattentellern steht, kündigt sich eine fran-
Poopzkid, Bodie Bill, Killerpilze, Andreas Bourani, Die
Schwester Carrie zu ihrem
kophile Edition der DJ-Picknicks an. Das Kölner Duo ist
Rakede, Boyhitscar, Boppin B, M. Walking on the Water,
Vater, der kurzfristig einen
verantwortlich für die gleichnamige Compilation-Reihe
Kraftclub, Pamela Falcon, Zero Gravitation, Kellermensch
Besuch ankündigt, ist ge-
mit frischen französischen Popsounds und feiert selbige
und Artig. In den Umbaupausen an den großen Bühnen
spannt. Schon im Vorfeld des
mit regelmäßigen Partys im Stadtgarten und tourt durch
werden auch in diesem Jahr auf der Wortschatz-Bühne
Besuchs kommt es zwischen Joe, der abgeklärten, dem
die Clubs der Republik. Mit inzwischen 75.000 verkauften
Kleinkunst und Lesungen geboten. In Koop mit boSKop
Alkohol zuneigenden Carrie und der nervös-redseligen
Compilations wurde das Indielabel Le Pop zur internatio-
kommen u.a. Ben Redelings, Dieselknecht, Der Obel,
Renée zu Verwicklungen. Als Ivan und seine Frau Phyllis
nalen Drehscheibe der neuen französischen Songschule.
Schementhemen, Ulli Engelbrecht und 1Live-Wellenchef
zu Besuch antreten, sind stürmische Auseinandersetzun-
Tremonia Wiese, Dortmund, 16 Uhr
Jochen Rausch zu Wort. Natürlich wird am Sonntag auch wieder die beliebte Abschlussparty im Riff gefeiert. Zu-
gen und pointenreiche Wortgefechte programmiert. Renée läuft als Schwiegertochter zur Höchstform auf – und
Musik | Russian Circles & Boris
dem gibt es diesmal als Finale aber auch in der coolen Lo-
tappt dabei in etliche Fettnäpfchen. Dass es ihr gelingt,
Boris gelten als „die japanischen Drone-Sludge-Rock
cation Rotunde eine Swing Party, für die „Lindypott“, die
dem grantigen Ivan Paroli zu bieten, überrascht alle.
Lords“. Sie verfolgen ihre Fähigkeit des außergewöhn-
Lindyhopper des Ruhrgebiets, verantwortlich zeichnen.
Theater im Depot, Dortmund, 20 Uhr
lichen Designs und das Erorten klanglicher Grenzen, das
Weitere Infos unter www.bochum-total.de.
bodo verlost 3 x 2 Karten.
sich abwechselt mit 70ties Fuzz Acid Rock mit harten,
Bermuda3eck, Bochum, 17 Uhr
Teilnahmebedingungen auf Seite 21.
krachigen Garagen-Punk Riffs, Songstrukturen mit Popappeal oder dunkle mystische Psychedelic-Eskapaden.
FR 22 | 07 | 11
SA 16 | 07 | 11
Russian Circles nennt sich das Post-Rock-Trio aus Chica-
Musik | Flo Mega & The Ruffcats
gepaart mit einer guten Portion Metal verschrieben hat.
Edel Pop und Indie Rock verschmelzen im Herzen des
FZW, Dortmund, 20 Uhr
Ruhrpotts zu einer homogenen Masse, ausgewählt und
go, das sich modernen, rein instrumentalen Rocksounds
Flo Mega ist das beste Beispiel dafür, dass R’n’B und Soul
aufgelegt von DJ Ulla Plöpp (BO-YS, Bhf. Langendreer).
aus Deutschland mittlerweile einen exzellenten Klang haben. Vorbei die Zeiten, als man ein wenig altbacken Ray Charles und Otis Redding imitierte: Soul made in Germany ist heute die Sprache einer urbanen Jugend.
Party | Pop`o´Pop
DO 21 | 07 – SO 24 | 07 | 11 Musik | Bochum Total 2011
Was hier so knackig klingt, ist schon lange keine Jungfrau mehr im Musikbusiness. Schon bei anderen bekannten schwulen Partyformaten bewies Ulla Plöpp guten
Flo Megas unvergleichliche Stimme erinnert mit eksta-
An diesem Wochenende wird sich die Bochumer Innen-
Geschmack und wird auch im FZW die Männerherzen zum
tischem Reibeisen mal an James Brown, dann wieder
stadt wieder in ein gigantisches Festivalgelände verwan-
Kochen bringen. Doch die Hauptbotschaft ist wohl: „Dort-
kippt er in einen Sopran in bester Curtis Mayfield-Manier,
deln. Vier Tage volles Programm, mehr als 60 Bands und
mund hat nun endlich auch wieder eine Gay-Party!“
bleibt dabei aber immer er selbst, ein Original. Support:
Künstler vom regionalen Newcomer bis zum internationa-
FZW, Dortmund, 23 Uhr
Dickes B! – Funky Rap & Freestyle im Live-Akustikset.
len Top-Act, vier Bühnen und das alles bei freiem Eintritt.
Das Konzert findet im Rahmen des Musikfestivals „Funk-
Dies gilt auch für das rund 40 Termine umfassende Be-
haus Europa: Odyssee“ umsonst und draußen statt.
gleitprogramm, welches erneut unter dem Titel „Offstage“
Kaum eine andere südamerikanische Musiknation explo-
Freilichtbühne, Wattenscheid, 19.30 Uhr
präsentiert wird. Von etlichen Clubkonzerten über Lesun-
diert derzeit so vor Kreativität wie Kolumbien. Im Zentrum
Musik | Bomba Estéreo
COMIC-TIPP
ANDREAS DIERSSEN | Die besten Zeiten (Carlsen Comics) Diese „graphic comic novel“ ist wirklich eine Überraschung. Eher unspektakuläre Schwarz-Weiß-Zeichnungen versprechen nicht gerade einen Lustgewinn. Aber beginnt man erst einmal, so wird es doch ein lustvolles Lesevergnügen. Die skurrile Story saugt einen wirklich rein und nimmt einen mit auf eine schräge, mal ernstere, mal lustigere Reise durch eine ganz reale Welt, mit Schauplätzen, die jeder kennt. Fast schon ein wenig, wie der große Will Eisner es auch vermag. Doch Dierßens Comic-Novelle ist mehr ein gezeichneter Episodenfilm. Ein Roadmovie ohne Bewegung, das zu einem Porträt des Großstadtlebens irgendwo in Deutschland wird. Dabei fühlt man sich auch gerne mal an Woody Allen, den „Film noir“ oder Robert Altmans „Short Cuts“ erinnert. Durch die Erzählweise musste ich aber auch an „Das Gespenst der Freiheit“ von Luis Bunuel denken. Eine kleine, alltägliche Geschichte beginnt, andere Charaktere tauchen im Hintergrund auf, und auf einmal wird deren Story angerissen und weitergeführt und so weiter. Als Kritikpunkt muss man wohl einwerfen, dass das Vergnügen schnell vorbei ist. Nach einer halben Stunde ist man locker durch mit dem Werk. Aber da das Ganze so krude ist, will man diesen Trip sofort noch mal mitgehen. Schon allein deswegen, weil es keine wirklichen Auflösungen gibt und vieles im Raum stehen bleibt. (BvR) 26
22 | 07 | 11 Bomba Estéreo
23 | 07 | 11 DJ-Picknick mit Frank Popp
des brodelnden Hexenkessels agiert Bomba Estéreo, jene
mer Schauspielpreis 2010), lesen und spielen Szenen,
Band, die das National-Genre Cumbia für eine neue Gene-
die von Anziehung und Abstoßung, von Welterklärungen
Adressen | Bochum (0234)
ration auf Vordermann bringt. Sie koppeln die Cumbia und
und Jenseitsreisen, von Überschreitungen, Fremderfah-
Bahnhof Langendreer, Wallbaumweg 108, 687 16 10
die afro-karibische Champeta allerdings mit aufgekratzten
rungen und Verwandlungen handeln. Der Eintritt ist frei.
Christuskirche, An der Christuskirche 1, 338 74 62
Electronica-Effekten, psychedelischen Trance-Loops, Hip-
Ruhr-Uni, Bochum, 18.30 Uhr
Hop- und House-Beats sowie Reggaetón, Dancehall und Rock. Support: Chupacabras Sound System – Fetter LatinHipHop. Das Konzert findet im Rahmen des Musikfestivals „Funkhaus Europa: Odyssee“ umsonst und draußen statt. Freilichtbühne, Wattenscheid, 19.30 Uhr
SA 23 | 07 | 11 Musik | DJ-Picknick mit Frank Popp
30 | 07 | 11 Balkantronika
Endstation Kino, Wallbaumweg 108, 687 16 20 Eve Bar, Königsallee 15, 333 354 45 Freilichtbühne Wattenscheid, Parkstraße, 61 03-0
SA 30 | 07 | 11
HalloDu-Theater, Lothringer Str. 36c, 87 65 6 Jahrhunderthalle, Gahlensche Str. 15, 369 31 00
BODO VERLOSUNG | Juicy Beats Festival
Kulturhaus Oskar, Oskar-Hoffmann-Straße 25
Das Juicy Beats Festival, das nun schon zum 16. Mal im
Kulturrat Bochum, Lothringer Straße 36, 862 012
Dortmunder Westfalenpark stattfindet, ist wirklich eins
Museum, Kortumstraße 147, 51 60 00
der schönsten Freiluft-Musik-Feste in NRW: Bei Tage ein wunderbar entspanntes
Mus. Zentrum der RUB, Universitätsstr. 150, 322 28 36 Prinz-Regent-Theater, Prinz-Regent-Str. 50 – 60, 77 11 17 Riff, Konrad-Adenauer-Platz 3, 150 01 RuhrCongress, Stadionring 20, 610 30
Eine groovige Mischung aus Soul und Funk der 60s und
Musikfest und nach Sonnen-
70s mit modernen Rhythmen der Club-Kultur sind Trade-
untergang ein wilder, bun-
Stadthalle Wattenscheid, Saarlandstraße 40, 610 30
mark von Frank Popp. Mit seiner Hit-Single „Hip Teens
ter, riesengroßer Freiluft-
Thealozzi, Pestalozzistraße 21, 175 90
Don‘t Wear Blue Jeans“ und seinen legendären DJ-Sets
Club. Von High Noon am Samstagmittag bis in die frühen
Varieté et Cetera, Herner Straße 299, 130 03
u.a. in dem schwer vermissten Düsseldorfer Unique-Club
Morgenstunden des Sonntags wird mit 40 Bands und 100
Zauberkasten, Lothringer Straße 36c, 86 62 35
hat er sich ein internationales Renommee verschafft.
DJs auf 20 Bühnen wieder ein fettes und abwechslungs-
Bei den Summersounds DJ-Picknicks (umsonst & drau-
reiches Programm aus den Bereichen Elektronic- und
ßen) steht er an den Plattentellern im Hoeschpark und
Independent-Music geboten. Als „Top-Acts“ werden in
serviert Rare Grooves und Indie-Tunes.
diesem Jahr benannt: Boys Noize, The Notwist, K.I.Z,
Adressen | Dortmund (0231)
Hoeschpark, Dortmund, 16 Uhr
Gisbert zu Knyphausen, The Thermals, Ce‘Cile, Bonapar-
Auslandsgesellschaft, Steinstraße 48, 838 00 00
te, Quantic and his Combo Bárbaro, Schlachthof Bronx,
Cabaret Queue, Hermannstraße 74, 41 31 46
Prinz Pi, Roman Flügel, FM Belfast, Saalschutz, DJ Dixon,
DASA, Friedrich-Henkel-Weg 1 – 25, 90 71 24 79
Tube & Berger, Frittenbude DJ-Team und Beth Ditto, die
Dietrich-Keuning-Haus, Leopoldstr. 50 – 58, 502 51 45
SO 24 | 07 | 11 Mischmasch | Picknicker
Frontfrau von Gossip auf Solopfaden. Aber natürlich sind
Schauspielhaus, Königsallee 15, 333 30
Zeche, Prinz-Regent-Straße 50-60, 977 23 17 Zeche Lothringen, Lothringer Straße 36c, 876 56 Zwischenfall, Alte Bahnhofstraße 214, 28 76 50
domicil, Hansastraße 7 – 11, 862 90 30 Fletch Bizzel, Humboldtstraße 45, 14 25 25
Jeder, der Spaß an Kleinkunst und Schlemmen in gro-
auch die Lokalmatadoren und Freunde des Festivals wie
ßer Runde hat, ist eingeladen, am 24. Juli ab 11 Uhr
z.B. Carsten Helmich, Ingo Sänger, DJ Dixon, Ante Perry,
mit seiner Picknickdecke und sonstigem Utensil zu den
Klaus Fiehe, Herb LF, Gärtner der Lüste, Funktronix und
Galerie Torhaus, Haupteingang Rombergpark, 50 23 194
Wiesen vor dem Haus Witten zu kommen. Hier werden
Funk Fatal wieder mit von der Party. So bietet sich dem
Konzerthaus, Brückstraße 21, 22 69 62 00
alle Decken zu einer riesengroßen Picknickdecke zusam-
Festivalbesucher ein abwechslungsreiches Spektakel von
Museum f. Kunst u. Kulturgesch., Hansastr. 3, 502 55 22
menlegt. Dazu gibt es jede Menge Kleinkünstler (Schau-
Electro, Techno, House und Urban Beats über Reggae,
Piano Musiktheater, Lütgendortmunder Str. 43, 604 206
spieler, Singer-Songwriter, Zauberer, Slammer, etc.), die
Dub Step, Drum‘n‘Bass, Indierock und Funk‘n‘Soul bis hin
zwischen den Decken auftreten. Für diejenigen, die kei-
zu Chill Out, Poetry Slam und Kurzfilmprogrammen.
ne Lust haben, ihr Essen durch die Gegend zu tragen,
Westfalenpark, Dortmund, 12 bis 04 Uhr
gibt es vor Ort kleine Stände, die alle mit Kaffee, kühlen
bodo verlost 5 x 2 Karten.
Getränken und gegrillten Köstlichkeiten versorgen.
Teilnahmebedingungen auf Seite 21. Musik | Balkantronika & Schwarz-Rot Atemgold 09
Theater | Religiöse Attraktion
FZW, Ritterstraße 20, 17 78 20
Rasthaus Fink, Nordmarkt 8, 999 876 25 Reinoldikirche, Ostenhellweg 1, 52 37 33 Schauspielhaus, Hiltropwall, 502 55 47 Sissikingkong, Landwehrstraße 17, 728 25 78 Strobels, Strobelallee 50, 999 50 60 Subrosa, Gneisenaustraße 56, 82 08 07 SweetSixteen Kino im Depot, Immermannstr. 29, 910 66 23
Witten, ab 11 Uhr
MO 25 | 07 | 11
F.-Henßler-Haus, Geschw.-Scholl-Str. 33 – 37, 502 34 72
Balkantronika trifft auf Schwarz-Rot Atemgold 09. Hierbei ist keine Stilmischung zu abenteuerlich, um Traditionen mit zeitgenössischer Urbanität aufzuladen. Eine uner-
Die szenische Lesung „Über Gang-Arten-Bildung“ auf der
müdliche Überquerung musikalischer Barrikaden auf der
Theater im Depot, Immermannstraße 29, 98 21 20 U, Leonie–Reygers-Terrasse, 50 247 23 Westfallenhallen, Rheinlanddamm 200, 120 40 Westfalenpark, An der Buschmühle 3, 35 02 61 00 Zeche Zollern, Grubenweg 5, 696 12 11
Bühne des Theaters im Musischen Zentrums der RUB bil-
Suche nach unentdecktem Terrain. Support: Friedemann
Adressen | Herne (02323)
det den Auftakt zur internationalen Tagung „Modes and
Weise, „Der geistige Führer der deutschen Satiropopsze-
Flottmann-Hallen, Flottmannstr. 94, 16 29 52
Models of Religious Attraction“ (25. – 28. Juli 2011).
ne“. Das Konzert findet im Rahmen des Musikfestivals
Mondpalast, Wilhelmstraße 26, 58 89 99
Zwei Mitglieder des Ensembles des Bochumer Schau-
„Funkhaus Europa: Odyssee“ umsonst und draußen statt.
spielhauses, Nadja Robiné und Marco Massafra (Bochu-
Freilichtbühne, Wattenscheid, 19.30 Uhr
Adressen | Witten (02302) Saalbau, Bergerstraße 25, 581 24 24 Werkstadt, Mannesmannstraße 2, 94 89 40
Der Druck dieser Seite wurde ermöglicht durch Spenden der Besucher des Geierabend 2011.
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28 DIE REPORTAGE | von Wolfgang Kienast | Fotos: Uwe Steinbrich (pixelio.de) · Claudia Siekarski
Modern, urban, mobil per Rad im Ruhrgebiet: Sie ist berühmt, berüchtigt, kultverdächtig und immer dann, wenn man es besonders eilig hat, verstopft. Die A40. Zwischen all den bereits erdachten Plänen, die Strecke zu entlasten, hätte auch ein Sisyphus seine Erfüllung finden können. Von Ausbau bis Zufahrtsregelung wurde getüftelt, der Stau blieb. Ende Mai informierte der Regionalverband Ruhr (RVR) die Öffentlichkeit über einen neuen Vorschlag. Und der war tatsächlich anders. Er betrifft nicht den Ruhrschleichweg an sich, nicht den ohnehin kollabierenden ÖPNV als mögliche Lösung des Problems, er sieht das Fahrrad im Mittelpunkt urbaner Mobilität. Eine Fahrradschnellstraße, wie sie in Holland längst etabliert, in Deutschland dagegen noch Science Fiction ist, soll in Zukunft Dortmund mit Duisburg verbinden. Wer sich gelegentlich und erholungsuchend aufs Rad setzt, der weiß um das gut ausgebaute Streckennetz im Revier. Die Wege verlaufen meist abseits der Stadtzentren, führen durch Wiesen und Wälder, oft entlang von Flüssen und Kanälen. Sie zeigen Einheimischen und staunenden Touristen gleichermaßen, wie grün der Pott ist. „Den Freizeitradler haben wir mit diesem Projekt aber nicht im Tatsache: Staupendler auf deutschen Autobahnen
Visier”, erläutert Jens Hapke, Sprecher beim RVR. „Uns interessiert der Pendler. Wir sind überzeugt, dass jemand, der sich aus beruflichen Gründen im Ruhrgebiet bewegt, eine Alternative zum Stau auf der A40 willkommen heißen wird. Der ÖPNV ist am Rande seiner Kapazität, die Autobahnen sind dicht. Ein weiterer Ausbau dürfte unausführbar sein. Wir müssen ein neues Konzept anbieten.” Was ein täglich ausgebremster Autofahrer als individuell zeitraubende Belastung erlebt, haben diverse Studien längst unterfüttert. Mehr als durchschnittliche dreißig Kilometer pro Stunde sind im Revier mit dem PKW selten zu machen. Geschwindigkeit? Hexerei. Immerhin 25 km/h sind bereits heute mit den verstärkt auf den Markt drängenden Pedelecs, Fahrrädern mit Elektro-Hilfsmotor, möglich. Die technische Entwicklung verspricht Luft nach oben. Bei Entfernungen bis zu fünf Kilometern ist unter den gegenwärtigen Bedingungen ein Radfahrer per se im Vorteil. Aktionsradius und Durchschnittsgeschwindigkeit könnten, die Erfahrungen aus dem
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Da kommt was ins Rollen Nachbarland belegen es, selbst für untrainierte Gelegenheitsradler mittels einer Fahrradschnellstraße deutlich erhöht werden. Einer Autobahn vergleichbar, böte sie einen kreuzungsfreien Verkehr auf denkbar steigungsarmer Trasse. Als Strecke kämen Dammkronen stillgelegter Bahnlinien in Frage. Zwischen Duisburg und Essen wird mit der Alten Rheinischen Bahn eine solche bereits genutzt. Der Plan, den vorhandenen Radweg über Essen hinaus bis nach Dortmund zu verlängern, wird vor allem von Winfried Sagolla vorangetrieben. Er arbeitet als Mobilitätsplaner für die Stadt Dortmund. Leider fehlen in seinem Bezirk derartige Bahndämme, was die Baukosten nach oben treiben dürfte. Doch Herr Hapke ist optimistisch, dass Lösungen gefunden werden. „Das wird in enger Abstimmung zwischen dem RVR und den beteiligten Kommunen passieren”, sagt er. „Zunächst werden wir eine Machbarkeitsstudie in Auftrag geben, die im wesentlichen drei Punkte betrifft. Streckenführung, Kosten und Potenzial. Die gewonnenen empirischen Daten sind Grundlage der Feinplanung. Allerdings werden noch mindestens zehn Jahre ins Land gehen, bis wir mit der Umsetzung beginnen können.”
Vorbild: Fahrrad-Schnellstraße in den Niederlanden
Seit der RVR mit dem Plan an die Öffentlichkeit getreten ist, wird das Vorhaben lebhaft diskutiert. Vor allem im Netz, wo sich auch Widerspruch zeigt. Denn der Ruhrgebietsbewohner ist skeptisch, kennt seine Planungspappenheimer, hat schon manches Leuchtturmprojekt mehr oder weniger sanft verglimmen sehen. Auch sollte nicht vergessen werden, dass der ADAC AutoDeutschland wohl mit stabiler Mehrheit regieren dürfte, träte der Club als Partei bei Wahlen an. So fragt sich ein „Mippes” beispielsweise, ob es nicht sinnvoller wäre, gleich zu Fuß zu gehen. Man brauche dann noch weniger Platz und könne auf schädliche Prozesse der Fahrradproduktion verzichten. Blogger Thomas Schweres fühlt sich in den Steinzeitkommunismus zurückversetzt. Er fürchtet, Radfahren könne Vorschrift werden, da kaum jemand freiwillig in den Sattel steige. Doch gerade in diesem Punkt scheint sich Grundlegendes zu ändern. Auf der einen Seite
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gibt es die rationalen Argumente: ein absehbares Ende fossiler Energiequellen, die Dringlichkeit, CO²-Emissionen zurückzufahren, der erlebbare Kollaps vorhandener Verkehrsinfrastruktur. Auf der anderen Seite erfährt das Rad derzeit so etwas wie einen emotionalen Boom. Unabhängig voneinander und aus teils sehr unterschiedlichen Beweggründen machen immer mehr Einzelpersonen oder Initiativen das Fahrrad zu ihrem Thema. Es entsteht, und nicht nur im Ruhrgebiet, nicht nur in Deutschland, eine Bewegung mit Bewegung. Jemand, der vieles von dem zusammenbringt, ist Albert Hölzle. Er arbeitet im „Netzwerk für Logistik und Verkehr“ an der Uni Duisburg-Essen. Als Teilnehmer der „Mobilitätskonferenz Ruhrgebiet“ in Bochum fragte er sich, warum er als Normalbürger und kleiner Uniangestellter von den dort behandelten Themen später im Alltag nichts mehr wahrgenommen hat. Allein fühlt er sich nicht. „Zahlreiche Bürger wollen etwas bewegen, sitzen aber nicht in entsprechenden Zirkeln und Foren.” Also begann er, (Internet-) Adressen zu sammeln und Kontakte aufzubauen. Auf dieser Basis gründeten er und eine Freundin, an derselben Universität bei der „Initiative für Nachhaltigkeit“ beschäftigt, die Plattform VeloCityRuhr. Das war im Sommer letzten Jahres. Ihre Seite ist Informationsquelle, Kontaktbörse, Terminkalender und mehr. Visionär: Albert Hölzle in seiner BikeKitchen
Die
„Arbeitsgemeinschaft
fahrradfreundliche
Städte, Gemeinden und Kreise in NRW e.V.“ ist verlinkt, der ADFC (Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club) und die „European Cyclists Federation“. Man findet Forschungsergebnisse ebenso wie
Verleihadressen,
Selbsthilfewerkstätten,
Tipps zum Kauf von Gebrauchträdern und das Datum der nächsten Critical Mass. Über diese vergnügliche Form gemeinsamer innerstädtischer Radtouren berichtete bodo bereits im Januar 2011. Zur Erinnerung: laut § 15, StVO, gelten Gruppen ab 15 Fahrern als geschlossener Verband im Fahrverkehr und genießen dann gleiche Rechte wie ein sehr, sehr großes Auto. Mit Albert Hölzle ist bodo in der Dortmunder BikeKitchen, Bornstraße 138, verabredet. Seit April existiert dort dieser neue Typ selbstverwalteter Fahrradwerkstatt. Hier kann man schrauben, kochen, abhängen und Fahrradpolo spielen. Es gibt eine Küche im Haus und eine Garage im Hinterhof. Jeden Montag wird drinnen
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vegan gekocht, draußen repariert. An der Garage wird Herr Hölzle sofort von einer multikulturellen Kinderbande belagert. Er soll an ihren Rädern die Reifen aufpumpen und Bremsen justieren. Dabei lernen sie, dass das runde Gummiding Mantel heißt und dass sich darunter ein Schlauch verbirgt. Die BikeKitchen wird nicht mit dem Anspruch betrieben, Menschen mit Migrationshintergrund Deutsch beizubringen; das passiert ganz nebenbei. Am späteren Nachmittag kommen weitere Radaktivisten zu Besuch. Rolf Meinecke, der die Critical Mass nach Dortmund gebracht hat, Ines FrickeGroenewold vom ADFC Herne, Rad-Ästhet Alex Kopja von Cycle Chic Essen („Beim Radfahren in der Stadt geht es nicht um die Geschwindigkeit per se. Es geht um das Lebensgefühl, unterwegs zu sein. Durch den Verkehr der Autos zu fahren mit der Gelassenheit des Überlegenen.“) und Gernot Mühge vom internationalen Cycling Film Festival, das im Herbst wieder in Bochum stattfinden soll. „Mit unseren Aktionen folgen wir keinem abstrakten Konzept“, erklärt Meinecke. „Wir wollen ganz konkret nachhaltige Mobilität fördern. Es ist großartig, dass Albert eine Ebene darüber aufbaut. So weiß man, dass man kein Sonderfall ist und dass sich in anderen Städten ähnliches tut. Das erzeugt ein überregionales Gefühl.“ Kaum zu glauben, dass in der BikeKitchen eine Gruppe zusammensitzt, Mitglieder einer Bewegung, die mittelfristig dem Alltagsverkehr in Ballungsräumen ein anderes Gesicht geben könnte. Alle sind so entspannt. Die Idee einer Fahrradschnellstraße im Ruhrgebiet gefällt hier. „Natürlich wollen wir keineswegs alles aufs Rad verla-
bodo bei facebook aktuell informativ unterhaltsam
gern”, sagt Albert Hölzle. „Aber es ist ausreichend Potenzial vorhanden, die Städte wirklich zu entlasten. Im Gegensatz zum Bau von Autobahnen. Die werden ja nicht in die Landschaft gesetzt, um Staus zu verhindern, auch wenn das manchmal so verkauft wird. Mit jeder neuen Autobahn will und wird man nichts anderes erreichen, als wieder nur neuen Verkehr zu generieren.“ (wk)
INFO velocityruhr.net
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Rätsel-Lösung: NELKE
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ESELSOHR | von Volker Dornemann
Die Statussymbole eines Samurai wa-
Samurai in ihrer damaligen Form
ren seine Schwerter, die er stets bei
gibt es heute nicht mehr. Mit der
sich trug: Das Katana (Langschwert)
Industrialisierung Japans, dem Ein-
und das Wakizashi (Kurzschwert).
tritt ins moderne Zeitalter, in dem
Während das Langschwert sich vor
auch die Fürstentümer verschwan-
allem in offener Feldschlacht oder
den, wurden ihre Dienste überflüs-
Nicht nur in unserer Gegend, also
sen Samurai bezeichnete man als „Ro-
auch in Zweikämpfen im Freien be-
sig. Ihre Kampfkünste jedoch wer-
in Europa, gab es früher Ritter,
nin“. In der Regel boten diese Ronin
währte, lag der Vorteil des Wakizashi
den heute noch gepflegt und leben
sondern in so manch anderer Re-
ihre Dienste wieder anderen Herren
beim Einsatz in kleineren Räumen
in verschiedenen Kampfsportarten
gion der Welt ebenfalls. Bekannt
an, denn ihr kriegerisches Können war
oder engen Gassen, bei denen man
fort. Am bekanntesten ist wohl das
sind vor allem die japanischen Sa-
schließlich gefragt.
mit dem Langschwert leicht „an-
„Kendo“ (Weg des Schwertes). Wei-
ecken“ könnte.
tere Schwertkampfkünste, die heu-
murai. So mancher Samurai wählte jedoch
te noch betrieben werden, sind das
Wie auch unsere Ritter, gehörten die
den Freitod, bevor er von
„Iaido“ (Weg des Schwertziehens)
Samurai zum Adelsstand und stan-
seinem Fürsten verstoßen
und das „Batto Jutsu“.
den somit über dem gewöhnlichen
wurde, denn der Begriff
Volk. Sie waren ebenfalls Krieger
Ehre spielte für einen Sa-
Samurai sind zu einer Legende ge-
und dienten in der Regel einem hö-
murai eine so große Rol-
worden. Ihre Beliebtheit zeigt
heren Fürsten. Aus ihrer Eigenschaft
le, dass der Erhalt dieser
sich nicht nur in der auch
als „Diener“ dieser Fürsten leitet
Ehre ihm sein Leben wert
heute noch praktizierten
sich auch das Wort ab: Samurai,
war. Eine weitere Rol-
Schwertkampfkunst, son-
ursprünglich Saburai, kommt vom
le spielte dabei jedoch
dern auch in immer wie-
japanischen Verb „saberu“ her, was
auch, dass die Schan-
der erzählten Geschich-
„dienen“, „unterstützen“ bedeutet.
de, die er z.B. durch
ten in Romanen, Mangas
Ihr Dienst lag vor allem in ihrer Ei-
Versagen auf sich ge-
und Filmen. (vd)
genschaft als Krieger und Beschüt-
zogen hatte, sich au-
zer des Fürsten.
tomatisch
auf
seine
ganze Familie übertrug. Es gab allerdings auch Samurai, die
Mit seinem Freitod, Sep-
keinem Fürsten dienten, etwa weil der
puku genannt, konnte er
Fürst starb oder der Fürst ihn entließ
wenigstens die Ehre seiner
bzw. verstieß. Einen solchen herrenlo-
Familie retten.
Bodoyasha, der berühmtberüchtigte Krieger, macht einen Spaziergang am Fujiyama. Doch die Idylle ist trügerisch – ein Kappa, ein japanischer Wasserkobold, schummelt 10 Fehler in die Szene. Finde alle und werde japanischer Rätselkaiser!
Jacke gebunden ist, fehlt ein Stück. der Schleife der Schnur, die über die winkel zeigt nach unten und 10) an verbunden, 9) Bodoyashas Mundzwei Nähte am Ärmel sind zu einer seiner Haarspitzen ist kürzer, 8) Kette fehlt ein Zahn 7) und eine ein U-Boot auf, 6) an Bodoyashas fehlt eine Raute, 5) im See taucht ist zu spitz, 4) auf dem Schwertgriff er einen Ohrring, 3) der Berggipfel fehlt 2) und am anderen Ohr trägt 1) Bodoyashas hinteres Ohrspitze Fehlersuchbild – Lösung:
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34 DAS PORTRÄT | von Marcus Preis | Fotos: Claudia Siekarski
Ein riesiges Puzzlespiel Sabine Marek – die Kirmesarchitektin von Crange
Es sind viele Geschichten, die sich rund um
Vorbereitungsphase. Zuerst erfolgt die öffent-
ein so großes Volksfest wie die Cranger Kir-
liche Ausschreibung der Veranstaltung. Alle
mes erzählen lassen. Eine davon ist die von
Schaustellerbetriebe müssen sich jedes Jahr
Sabine Marek. Sie ist keine Schaustellerin,
erneut bis zum Fristende für einen Standplatz
dennoch hat sie das ganze Jahr über Kirmes
auf dem Volksfest bewerben. Über 2.000 Bewer-
im Kopf. Eigens für sie hat die Pressesprecherin
bungsunterlagen jährlich landen bereits unmit-
der Stadt Herne, Jutta Daniel, liebevoll eine
telbar nach der letzten Kirmes auf Sabine Mareks
neue Berufsbezeichnung ins Leben gerufen:
Schreibtisch. Diese werden von ihr gesichtet und
die Kirmesarchitektin.
nach Branchen sortiert. Eine Vergabekommission entscheidet, welche Betriebe aufgrund ihrer Attraktivität zugelassen werden und wer eine Absage bekommt. Im Schnitt erhalten 500 einen Vertrag; jede der 1.500 Absagen muss mit einer individuellen und ausführliche Begründung versehen werden, um Einsprüchen oder juristischen Klageverfahren seitens einzelner Schausteller vorzubeugen. Nun beginnt Kirmesarchitektin Marek in enger Absprache mit dem Amtsleiter ihren Vergnügungsplatz zu kreieren. Am Computer werden Schablonen adäquat zur benötigten Fläche der Schaustellerbetriebe hin und her geschoben, sie überlegt, welche Betriebe optisch zusammen passen und wie eine bestmögliche Positionierung der Karussells sowie der Reihengeschäfte erreicht werden kann. Als Marek vor 14 Jahren für diesen Job vorgeschlagen wurde, musste sie noch jedes Geschäft mit Bleistift und Lineal auf einen maßstabsgetreuen Papierplan einzeichnen: „Als Sach-
Ω
Es sind nur noch wenige Wochen, dann verwan-
bearbeiterin mit normaler Verwaltungsausbildung
Planung ist das A und O. Der logisti-
delt sich in Herne wieder ein ganzer Stadtteil
bin ich damals ins kalte Wasser gesprungen und
sche Aufwand, den 110.000 qm großen
in den größten Rummelplatz nördlich des Weiß-
erst langsam in diese besondere Aufgabe hinein
Kirmesplatz zu organisieren, ist riesig.
wurstäquators. Für die zahlreichen Karussells,
gewachsen.“
Ausschank-, Imbiss- und Ausspielungsbetriebe ¬
steht am Rhein-Herne-Kanal eine Freifläche
Ihre Begeisterung für die Cranger Kirmes hat die
Für einen Plausch mit den Schaustel-
von 110.000 Quadratmetern zur Verfügung. Ein
gebürtige Wanne-Eickelerin jedoch schon aus Kin-
lern muss Zeit sein. Seit 14 Jahren ist
riesiger logistischer Aufwand muss schon lange
dertagen mitgebracht: „Mit meinem Bruder war ich
Sabine Marek mit Begeisterung die
im Vorfeld betrieben werden, damit kein Cha-
jeden Tag dort und kannte alle Karussells.“ Auch
„Kirmesarchitektin“.
os entsteht, wenn die ersten Schausteller mit
heute probiert die sympathische Mitvierzigerin
ihrem Fuhrpark das Gelände erreichen. Im Ord-
noch gerne die wilden Fahrneuheiten aus.
nungsamt der Stadt Herne ist ein eigener Bereich nur für die Organisation und Abwicklung
Im Frühjahr müssen alle infrastrukturellen Maß-
der Cranger Kirmes zuständig. Mit an vorderster
nahmen organisiert werden. Dazu gehören zum
Front steht Marktmeisterin Sabine Marek. Wäh-
Beispiel die Versorgung mit Strom und Wasser,
rend des gesamten Jahres ist sie mit der Pla-
nicht nur auf dem Festgelände, sondern auch auf
nung und Durchführung beschäftigt.
den Stellflächen für die Wohnwagen: „In diesem Jahr suchen wir noch einen neuen Abstellplatz
34
Kaum sind die letzten Wohnwagen der vergan-
für die Packwagen. Durch einen Neubau steht das
genen Kirmes verschwunden, beginnt die neue
alte Gelände dafür nicht mehr zur Verfügung.“
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36 32
NEUES VON ROSI | von bodo-Verkäuferin Rosi
Mitte Juli ist es dann endlich soweit. Dann
Wenn die Kirmes dann eröffnet ist, fällt der
verlässt Sabine Marek voller Vorfreude ihren
größte Stress ab. Doch auch dann ist sie stets
Schreibtisch im Ordnungsamt und zieht in das
Ansprechpartnerin. Es ist unübersehbar, wie
Schulgebäude in Crange, das in dieser Zeit zum
viel Freude ihr diese Arbeit macht. Beson-
Kirmesbüro umfunktioniert wird. Mit Hilfe von
ders spürbar wird das bei einem Besuch ihrer
Maßband und Kreide wird die Fläche jedes Ge-
Backstageführungen. Während der Spielzeit
schäftes auf dem Asphalt markiert. Aufgrund
ermöglicht sie interessierten Kirmesbesu-
der dichten Bebauung stellt sich erst jetzt her-
chern einen Blick hinter die Kulissen. Eine
aus, ob alles zusammen passen wird wie vorher
Aufgabe, die ihr sehr am Herzen liegt, um
am Computer festgelegt. Da geht es um jeden
dem teilweise immer noch schlechten Image
heute ist ein wunderschöner Tag, die Luft ist
Zentimeter. Dann werden die Stromverteiler-
der Branche entgegenzuwirken: „Ich kann
warm und wir sitzen draußen und trinken Kaf-
kästen aufgebaut und die Wasseranschlüsse
hier sehr schön vermitteln, wie ein Kirmes-
fee. Ich versuche, ein paar Zeilen zusammen zu
montiert, bevor schließlich die ersten Schau-
betrieb funktioniert, wie Schausteller leben
bekommen. Der Anfang ist immer etwas schwie-
stellerfahrzeuge anrollen.
und dass diese ganz normale mittelständi-
rig, aber wenn ich ein paar Zeilen geschrieben
sche Unternehmer sind.“
habe, geht es wie von selbst.
Ab dieser Zeit ist Sabine Marek täglich zwölf
Hallo liebe Leserinnen und Leser!
Heute haben wir Blumen in Kästen gepflanzt
Stunden auf dem Platz. Sie legt fest, wo jeder
Kaum ist die letzte Rakete des Abschlussfeu-
einzelne Wohnwagen, Packwagen sowie die
erwerks verglüht, beginnt noch mitten in der
Zugfahrzeuge abgestellt werden dürfen. Eine
Nacht die Demontage der Fahrgeschäfte. Da
Mammutaufgabe, wenn man bedenkt, dass es
die Straßen auf Crange relativ eng sind, muss
sich bei 500 Beschickern um mehrere tausend
auch der Beginn der Abbauphase organisiert
Fahrzeuge handelt. Viele Schausteller set-
werden. In Absprache mit den Schaustellern,
Am zweiten Juni war Männertag. Mit frischen Bröt-
zen direkt von der Rheinkirmes in Düsseldorf
wer welche Packwagen direkt benötigt, legt
chen und heißem Kaffee werden die Männer ge-
nach Crange um. Kaum ist diese vorbei, rollen
sie am letzten Spieltag fest, in welcher Rei-
weckt. Das ist doch etwas, oder? Anschließend wird
die schweren Lkws im Minutentakt an. Stän-
henfolge die Schausteller mit ihren Fahrzeu-
dann mit der Familie oder mit Kumpels gefeiert.
dig klingelt ihr Handy, das Funkgerät hat sie
gen auf den Platz auffahren dürfen. Dieses
pausenlos in der Hand. Jeder möchte seinen
Spektakel gleicht regelrecht einer Parade!
Wohnwagen am liebsten direkt am Geschäft
Resümierend geht sie zusammen mit ihren
platzieren. Damit kein Chaos entsteht, muss
Kollegen ein letztes Mal über den Platz. Und
Marek manchmal hart durchgreifen. „Ich ver-
dann ist endlich Urlaub. Und wenn sie wieder
suche zuerst, großen Betrieben mit vielen
kommt, ist der Schreibtisch voller bunter Be-
Angestellten sowie Familienbetrieben mit
werbungsfotos und das Puzzlespiel beginnt
Kindern zu ermöglichen, dass die Wohnwagen
von neuem. (mp)
und als kleine Rabatte außen am Geländer aufgehangen. Wenn wir uns draußen hinsetzen, ergibt sich ein wunderbares Bild. Man erfreut sich über die bunte Blumenpracht.
Ich lese immer gern im Bett. Aber glauben Sie, dass ich lange lese? Da sorgt schon jemand dafür, dass es nicht lange wird. Dann kommt mein Kater angeschlichen, legt sich neben mich und schnurrt mir einen vor. Dann wird er gestreichelt und ich schlafe dabei ein. Und schon komme ich nicht mehr zum Lesen. Aber das wissen ja alle Tierhalter.
möglichst nah am Geschäft positioniert wer-
Was sagen Sie zu dem EHEC-Erreger? Alles soll-
den können.“ Auch Kühlwagen müssen direkt
te man meiden. Ich esse schon kein Gemüse
berücksichtigt werden. „Schon die Gestaltung
INFO
und Obst mehr. Man hat ja vor der Ansteckung
der Kirmes ist ein Puzzlespiel, doch die Unter-
Cranger Kirmes 2011
Angst. Also kauft man sich nur noch Obst und
bringung aller Fahrzeuge noch viel mehr.“
vom 4. bis zum 14. August
Gemüse in Gläsern. Wollen wir hoffen, dass man bald ein Gegenmittel findet. Ich sage tschüss, bis zum nächsten Mal, Ihre Rosi.
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LITERATUR | gelesen von Bastian Pütter
Ruhrbarone Printding 3 Männerwelten
Ruhrbarone 3 Männerwelten Klartext Verlag 122 Seiten, 8,95 Euro bodo verlost 2 Exemplare (s.S. 21)
Auf dieser Seite stellen wir sonst ak-
zufällig wirkenden Textauswahl litt.
auf den Straßenstrich in Dortmund.
eine Übung in Demut für jeden Kul-
tuelle Bücher vor, die uns gefallen.
Es war eben selbstgemacht, und am
Und die Schweine reden über sie,
turjournalisten. Und für alle anderen
Und hier beginnt die Verwirrung. Das
besten lernt man bei der Arbeit.
wie sie über ein Stück seelenloses
ein großes Glück. Verdammt noch mal,
„Printding“ der Ruhrbarone kostet
Fleisch reden würden, das man mie-
können die schreiben! Und noch ein
zwar so viel wie ein Taschenbuch, ist
Ergebnis ist das soeben erschiene-
ten kann. … Gaby lohne sich, sagen
„verdammt“: Auch wenn in diesen öst-
aber ein Hochglanzmagazin. Und es
ne Printding 3, bei dem fast alles
die Schweine.“
lichen Dörfern der vermeintlichen Me-
wird noch komplizierter.
stimmt. Eine thematische Klammer
tropole so viel zum Fürchten und zum
hält das Ganze zusammen, das Lay-
Und, Entschuldigung: Das, was da
Schämen ist – solange hier Leute wie
Fangen wir vorne an: Ende 2007 ent-
out ist großartig, die Texte und Fo-
Carsten Marc Pfeffer über das Bo-
Arne Nobel, Voges und Wallfisch sind
scheiden Journalisten aus dem Ruhr-
toreportagen von durchgehend hoher
chumer Rottstr5Theater und Perik
und andere, die so über sie schreiben
gebiet, dass etwas fehlt. Zwischen
Qualität, und auch wo sich im zweiten
Hillenbach über die neuen Helden
können, dann ist dieses Ruhrgebiet
Lokaljournalismus
Landesthe-
Teil die Männergeschichten zu großen
des Schauspiel Dortmund machen, ist
ein verdammt guter Ort. (bp)
men fehlt die Ruhrgebietssicht auf
Kultur- und Auslandsreportagen wei-
die Dinge, es fehlen die verblichenen
ten, wirkt nichts willkürlich.
und
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Szenemagazine wie Marabo oder auch die taz nrw. Und es fehlt ein Ort für
Seemanns-, Prostituierten- und Be-
die freien, subjektiven Texte, für den
ziehungsgeschichten, Reportagen aus
Schreibstil des New Journalism. Die
Afghanistan,
Lösung ist der Weg ins Internet.
Irland und den USA, Politisches über
Frankreich,
Ägypten,
das Frauenduo an der Landespitze Inzwischen sind die Ruhrbarone wohl
oder die Polizeigewerkschaft, Fotore-
Deutschlands bekanntestes Regional-
portagen.
blog, hier ist Platz für Investigatives, für Polemiken, für Texte, die sich den
Nur einige Höhepunkte: Martin Kayshs
Textsorten-Schubladen entziehen und
Erinnerungen an die Heimerziehung
keinen Platz finden in den Zeitungen,
der 1970er Jahre ist große Litera-
bei denen die Autoren ihre Brotjobs
tur! Printding-Chefredakteur Bastian
haben. „Wir können nicht aufhören zu
Schlange und Patrick Joswig, zusam-
schreiben“, hat Mitbegründer Stefan
men die „Wattenscheider Schule“, lie-
Laurin einmal gesagt.
fern eine ihrer fassungslos machenden Gonzo-Reportagen: Ihr Text über ei-
Im letzten Jahr dann der zweite cross-
nen Besuch in einer „Herzenskrieger-
mediale Sprung: Die ins Netz ausge-
Gruppe“, in der Männer lernen sollen,
wanderten Printjournalisten gehen
wieder Männer zu sein, ist Literatur
in Druck. Die irrwitzige Idee, ausge-
mit dem Hunter S. Thompson-Effekt:
rechnet im Ruhrgebiet ein Edelmaga-
Oh mein Gott, das ist alles wahr! (Be-
zin mit langen, im weitesten Sinne
bildert übrigens von unserem Illustra-
journalistischen Texte, auf einen gar
tor Volker Dornemann.)
nicht vorhandenen Markt zu werfen, war ambitioniert, aber erstaunlich er-
Ruhrbarone-Gründer David Schraven
folgreich. Und dass, obwohl das erste
kämpft sich voller Wut durch die In-
Printding unter Kinderkrankheiten wie
ternetseite „hinter-hornbach“, in der
einem fehlenden Lektorat, Schwierig-
Freier Erfahrungen auf dem Dortmun-
keiten im Vertrieb und einer zum Teil
der Strich austauschen: „Gaby geht 37
38 BODO GEHT AUS | von Meike Wieland | Fotos: Claudia Siekarski
Wer dem Namen nach im Café zur alten Post Beamte, Schalter und Pakete erwartet, hat sich geirrt. In dem Lokal am alten Marktplatz, das früher einmal die Post des Viertels war, trifft man sich heute, um selbstgebackenen Kuchen zu schlemmen, zu tratschen oder das Kulturprogramm zu genießen. Es ist ein Ort des Austauschs, nicht nur für Ortsansässige.
Café zur alten Post | Unna Vergangenheit hat Zukunft bevoll mit antiken Raritäten eingerichtet. Alte
Es ist beeindruckend, wie Frau Tingelhoff ihre
Nähmaschinentische werden auch zum Verkauf
Idee in Eigenregie in die Tat umsetzt. Die Gleich-
angeboten. In einer Vitrine sind Spieluhren und
stellungsbeauftragte der Stadt Unna hat sie dafür
Hummelfiguren ausgestellt. Gleichzeitig gibt es
in der Aktion „Stark für Unna – Frauenportraits”
moderne Dekoaccessoires, frische Blumen und
ausgezeichnet. Sie hat es geschafft, die alte Post
Zeichnungen einer lokalen Künstlerin.
in einen Ort der geselligen Gemütlichkeit zu verwandeln. Oder mit den Worten von Frau Tingel-
Das kulturelle Angebot ist sehr vielseitig. Regel-
hoff: „Das Kaffeehaus versteht sich heute genau-
mäßig gibt es Lesungen, Konzerte, Ausstellungen,
so wie früher als Medium, um Gemeinschaft und
Taschenmärkte und im Sommer auch Flohmärkte im
Kommunikation zu fördern.“ (mw)
Außenbereich. Ab und an wird die Aktion „Bei Verzehr ein Buch geschenkt” angeboten. Für Freunde
bodo verlost einen Kuchen-Gutschein für zwei
der „leichten Literatur” sind ausgewählte Bücher
Personen (siehe S.21).
von der Leipziger Buchmesse zum Verkauf ausgestellt. Das Café zur alten Post ist also ein Rundum-
Café zur alten Post
programm, und es steht auch nicht nur Kuchen auf
Markt Königsborn 1 | 59425 Unna
Wer das Café betritt, wird zunächst die imposante
der Karte. Die Frühstücksangebote, mit einladen-
Telefon 02303 – 96 34 95
Kuchenvitrine bemerken, dann wird man von der
den Namen wie Sonnenaufgang, Carpe Diem und
Mi. bis Sa. 9 bis 12 und 14.30 bis 18.30 Uhr
Eigentümerin Remona Tingelhoff herzlich begrüßt.
Lebensart, gibt es für jeden Geldbeuten, von 3,60
So. 14.30 bis 18.30 Uhr | Mo. und Di. Ruhetag
Sie betreibt das Café in Eigenregie und präsentiert
Euro bis 11,90 Euro. Für Morgenmuffel steht sogar
gerne ihre selbstgebackenen Kuchenkreationen.
eine gleichnamige Kreation auf der Karte. Große
Frau Tingelhoff, studierte Sozialpädagogin, ist
Eisbecher kosten um die fünf Euro. Zudem werden
sehr kommunikativ und stets interessiert an ihrem
diverse Suppen für 3,90 Euro angeboten.
Publikum. Die Eröffnung des Cafés war Teil ihrer Diplomarbeit zum Thema „Soziales Leben in Kaf-
Frau Tengelhoff öffnet ihr Café für angemelde-
feehäusern”. Ihre selbsternannte Aufgabe war es
te Gruppen auch an Ruhetagen. Das Café liegt
in Königsborn, einem Unnaer Viertel mit höherem
direkt an den Radtouren U5 sowie R35 und ist
Altersanteil einen Treffpunkt für Austausch und
vom Kamener Kreuz über die Kamener Straße zu
Geselligkeit zu schaffen.
erreichen. ,,Oft finden Radler oder Autobahnreisende, die auf der Suche nach einer Alter-
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Ich stelle in der Tat fest, dass das Publikum um
native zu den großen Fastfoodketten sind, den
mich herum älterer Generation ist und auch Ilse
Weg in mein Café“, erzählt Frau Tengelhoff.
und Uschi anwesend sind, die gerne „wie immer“
Über diese Begegnungen freue sie sich immer
Frankfurter Kranz bestellen. Das fügt sich sehr
sehr, denn sie ist stets interessiert an den Ge-
gut ein in die Möblierung des Lokals. Es ist lie-
schichten der Reisenden.
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LESERSEITE
bodo dankt:
Sparkasse Bochum
Dr. Josef Balzer, Alexander Barbian-Steinfort, Michael Buddenberg, Helmut Buscha, Christian Chammings, Angelika Engelberg, Paul Engelen, Fabian Fluhme, Rolf Geers, Matthias Grigo, Grünbau GmbH, Britta Richter, Manfred Kater, Almuth Keller, Jutta Kemper, Helga Koester-Wais, Birgit Kuehn, Otfried Ladwig, Nicola Steinstrass, Wulfhild Tank, Felix Zulechner, Ingeborg Schumacher, Brigitte Sonntag, Gabriele Steinbrecher, Gabriela Schaefer, Hermann Schroeder, Christoph Roeper, Susanne Mildner, Barbara Meyer, Ute Michler, Ludwig Seitz, Bärbel Bals, Kerstin Bals, Karl Bonbardt, Das Grafikhaus/O. Schäfer, Ralf Finke, Michael Stange, Nicole Goralski, Jörg Gruda, Erika Janssen, Marlis Lange, Arne Malmsheimer, Wolfgang Neuhaus, Ursula Remer, Daniela Schmitz, Nadja Schramm, Rainer Stücker, Thomas Terbeck, Linda Wotzlaw, Heinz Schildheuer, Thomas Schröder, Snezka Barle, Ute Börner, Bernd Ewers, Regina Höbel, Sandra und Friedrich Laker, Heike Pannitz, Frank Siewert, Ilona Zarnowski, Rainer Biel, Udo Bormann, R. Dammer, Anita Diehn-Driessler, Christine Ferreau, Udo Greif, Rüdiger Haag, Elsbeth Heiart,
In diesem Monat verlosen wir etwas besonderes: Jens Christof Micheel, Inhaber von „RuhrGepäck“ in der Berswordthalle, stellt eine Dortmunder Stadtsilhouette auf Leinwand (160 x 40 cm) zur Verfügung. Der Ladenpreis beträgt 159 Euro, es können auch andere Farbkombinationen gewählt werden. Einfach eine Mail oder Postkarte an bodo schicken!
Astrid Kaspar, Annette Krtizler, Ursula Machatschek, Lieselotte Markgraf, Thorsten Matern, Jutta Meklenborg, Marlies und Eberhard Piclum, Sandra Rettemeyer,
LESERBRIEF Dortmund gegen Rechts und gegen Roma?
such, hier bei uns in Dortmund zu starten, anders aussehen
Dortmund ist mit einem breiten Bündnis gegen Rechts be-
als beschrieben?
kannt und das ist auch gut so. Es ist dankens- und begrüßens-
Es ist praktisch, für jede Straftat und für jedes verkomme-
wert, dass sich so viele Dortmunder schützend vor diejenigen
ne Haus „die Roma“ verantwortlich zu machen. Abgesehen
und M. Dietz, Klaus-M. Kinzel, Annegret Malessa, Else
stellen, die von Faschisten – in welcher Form auch immer,
davon, dass dies äußerst pauschal und diskriminierend ist,
Stockert, Christine Weber, Monika Bender, Petra Ben-
diskriminiert, angegriffen oder gar vertrieben werden.
weiß jeder, dass mit Auftauchen der Roma nicht alle anderen
der, Eberhard Garburg, Jutta Haring, Lieselotte Koch,
Um so erschreckender ist der inzwischen seit längerem öf-
hier lebenden Nationen, die Deutschen eingeschlossen, kol-
Katrin Lichtenstein, Ulrike Märkel, Gerd Pelzer, Rena-
fentliche Umgang mit den Menschen, die zur Gruppe der
lektiv ein „ordentliches“ Leben führen und keine Straftaten
te Krökel, Klaus Kwetkat, Stefan Meyer, Carsten klink,
Roma zählen. Öffentlich deshalb, weil seit Monaten in Medi-
mehr begehen. Aber „einen Schuldigen zu haben“ lenkt von
Thomas Olschowny, Daniela Gerull, Dieter Schibilski,
en, auf Versammlungen und auch durch Institutionen diese
den differenzierten Problemen ab, arm in benachteiligten
Martin Scholz, Karl-Heinz Schwieger, Barbara Bokel,
Menschen kollektiv und weitgehend unwidersprochen diskri-
Wohngebieten leben zu müssen, und ist damit bequem.
Sandra Wortmann, Annabell Preusler, Birgitt Kuhl-
miniert, angegriffen und vertrieben werden.
Diese Tradition der mit dieser Haltung einhergehenden
mann, Dieter Zawodniak, Elisabeth Heymann-Roeder,
Hier in Dortmund und in den anderen Städten leben Roma
Vertreibung hat Tradition und wird in dem RN-Artikel vom
unter elendsten Verhältnissen, in Abrisshäusern, in leer
9.3.2011 deutlich, der über den Versuch einer Deutschen be-
stehenden Häusern ohne Wasser und Strom, übernachten in
richtet, mit vor der Haustür abgelegten abgetrennten Pferde-
Autos, oder sind obdachlos auf der Straße, immer in Gefahr,
beinen „Zigeuner“ zum Weiterziehen zu veranlassen. Sicher-
vertrieben zu werden.
lich ein ungelenker Versuch, das zu betreiben, was offenbar
Auch in Bulgarien sind Roma unerwünscht und wurden im
viele denken. So, wie auch mit allen anderen Formen der Ver-
Jentgens, Annette Duee, Herbert Schwittay, Birgitta
Stadtteil Stolipinovo der Stadt Plovdiv zusammengepfercht
treibung, ist das Problem nicht zu lösen. Helmut Szymanski
Goetz, Oliver Stiller, Carsten Piel, Joern Asshoff, Vol-
und ghettoisiert – ohne Perspektive, Arbeit finden zu kön-
ker Schaika, Erika Maletz, Else Marie Bork, Peter Lass-
nen und den Lebensunterhalt sicherstellen zu können. Wen
Schreiben Sie uns Ihre Meinung!
lop, Christina Kolivopoulos, Jutta und Wido Wagner,
wundert es, wenn sie versuchen, in den etablierten Ländern
bodo e.V. | Postfach 100543 | 44005 Dortmund
Marianne Linnenbank, Klara Lahmann
der EU ein besseres Auskommen zu finden. Wie kann ihr Ver-
oder eMail an: redaktion@bodoev.de
Inge Schaub, Dorothea Bomnüter, Petra Bloch, Ina und Arno Georg, Edith Link, Annemarie Meiling, Christain Scheer, Roswitha Wolf, Ulrike Bornemann, Hans-Georg Schwinn, Isabell Bikowski-Gauchel, Peter Buning, A.
Friederike Jansen, Dirk Schmiedeskamp, Sebastian Poschadel, Sabine Raddatz, Jochen Otto Ley, Petra Danielsen-Hardt, Petra Schaeckermann, Doris Buderus, Heike Koetter, Silke Harborth, Helma Wiemann, Hildegard Reinitz, Dolf Mehring, Harald Gering, Dorothee Pischke, Timo Zimmermann, Ute Soth-Dykgers, Anne
CARTOON | Idee und Zeichnung: Volker Dornemann
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