Magazin 21

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Ausgabe 1 | September 2009 | Jg. 1 | Köln

MAGAZIN des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln

Verlinkt, vernetzt, verstanden „Kommunikation für die Wirtschaft“ – mit diesem Slogan geht die neue IW Medien GmbH an den Start.

Klimapolitik Einfache Wege zur CO2-Reduktion sind in Deutschland knapp geworden.

Auf zu neuen Ufern Der IW-Verbund ist umgezogen


INHALT

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EDITORIAL Nicht nur die Politik braucht Reformen. Auch das IW Köln muss sich regelmäßig kritisch hinterfragen und erneuern.

PANORAMA Das Magazin21 sagt: Mal ehrlich, Herr Bsirske! Der ver.di-Chef hält Deutschland für eine Oase, was die Besteuerung von Vermögen und Erbschaften betrifft.

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TITEL

INTERN 13 IW Die neu gegründete IW Medien GmbH bietet ihren Kunden ein vielseitigeres, innovativeres und auf digitale Medien besser zugeschnittenes Beratungs- und Dienstleistungsangebot.

Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln hat seinen Umzug auch dazu genutzt, sich bürotechnisch neu aufzustellen.

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IM FOKUS

14 THEMA Um zu diagnostizieren, warum sich Deutschland mit Reformen schwer tut, hat das IW Köln die Psychologie zurate gezogen und macht einige Therapievorschläge.

15 PRO & CONTRA

WAS GENAU IST … … eine Kreditklemme? Einfache Wege zur CO2-Reduktion sind in Deutschland knapp geworden. Schutzmaßnahmen in Entwicklungs- und Schwellenländern sind effizienter.

Mehrwertsteuer rauf? Trotz aller Dementis könnte nach der Wahl die Umsatzsteuer steigen.

Herausgeber: Institut der deutschen Wirtschaft Köln · Postfach 10 19 42, 50459 Köln · Konrad-Adenauer-Ufer 21, 50668 Köln Präsident: Dr. Eckart John von Freyend, Direktor: Prof. Dr. Michael Hüther · Geschäftsführer: Dr. Hans-Peter Fröhlich (stellv. Direktor), Dr. Hans-Peter Klös, Dr. Rolf Kroker, Axel Rhein · Verantwortlich für den Inhalt: Johannes Christ, Köln · Telefon: 0221 4981-547, Katharina Ober, Köln · Telefon: 0221 4981-527 · 21@iwkoeln.de · www.iwkoeln.de · Gestaltung und Produktion: IW Medien GmbH, Köln · Berlin Fotos: dpa, Fotolia, IW Medien, Rainer Mader, Ver.di, Vario Images, Visum · Druck: Gebrüder Kopp, Köln


EDITORIAL

Prof. Dr. Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln

Liebe Freunde des Instituts, die Bundestagswahl steht vor der Tür. Eine derartige Zäsur ist stets verbunden mit der Hoffnung, dass es der kommenden Regierung mit Verstand und Fortune gelingen möge, die richtigen Entscheidungen für Deutschland zu treffen. Das IW Köln trägt mit seinen Forschungsergebnissen und Politikempfehlungen seinen Teil zur öffentlichen Debatte über eine erfolgversprechende Politik bei und ermutigt so auch die kommende Regierung, notwendige Reformschritte konsequent zu setzen. Doch nicht nur die Politik braucht Reformen. Auch das IW Köln selbst muss sich regelmäßig kritisch hinterfragen und erneuern. Aus diesem Drang zur Verbesserung werden momentan alle Tätigkeiten des Verlags und der Öffentlichkeitsarbeit in der IW Medien GmbH gebündelt, die eine neue, effizientere Organisationsstruktur hat – und ihr Dienstleistungsangebot um innovative digitale Formate erweitert. Der Umzug des gesamten IW-Verbunds in das neue Gebäude am Konrad-Adenauer-Ufer 21 wird es unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ermöglichen, in einem nach modernen Erkenntnissen der Arbeitswissenschaft eingerichteten und energieeffizienten Gebäude noch besser und kommunikativer zu arbeiten, als dies bislang möglich war. Mit diesen Schritten bereitet sich das IW Köln nachhaltig darauf vor, auch in Zukunft die wirtschaftspolitischen Debatten fundiert und effektiv zu bereichern. Herzlich, Ihr

Michael Hüther


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PANORAMA

Nachgerechnet Das im Januar 2005 eingeführte Arbeitslosengeld II ist für seine Empfänger keine Sackgasse. Im Gegenteil: Drei Jahre nach der Reform hat der Anteil der Menschen ohne Job unter den Beziehern abgenommen. Viele Arbeitslose hat die Möglichkeit, einen Zuschuss zum Lohn zu erhalten, dazu bewegt, auch einen weniger gut dotierten Job anzunehmen.

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Quelle: Bundesagentur für Arbeit

Mal ehrlich, Herr Bsirske! „Deutschland ist eine Steueroase, was die Vermögens- und Erbschaftsbesteuerung angeht. Ich empfehle, dass wir uns an den anderen europäischen Industriestaaten orientieren.“ Im Interview mit dem Hamburger Abendblatt

Frank Bsirske, Chef der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di.

■ Nur Frankreich, die Schweiz und Norwegen erheben die klassische Vermögenssteuer. Die angebliche Steueroase Deutschland ist also keinesfalls eine solche. Zwar beträgt das Aufkommen sämtlicher vermögensbezogener Steuern in Deutschland mit 0,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts nur knapp die Hälfte des Durchschnitts der Industrieländer. Doch die meisten Staaten erheben keine Vermögenssteuer als Abgabe für Wohl-

habende. Das höhere Aufkommen speist sich vielmehr aus einer Art Grundsteuer, die in Deutschland keinen nennenswerten Beitrag zum Staatshaushalt leistet. Die Grundsteuer, die auf die Nebenkosten von Mietwohnungen umgelegt wird, erhöht die Wohnkosten. Würde sie in Deutschland auf internationales Niveau angehoben, wie Bsirske nahelegt, träfe dies daher ärmere Menschen relativ betrachtet stärker als reiche.

Auftragskiller China schottet sich mit der „BuyChinese“-Klausel ab ■ Mitten in der weltweiten Krise wuchs Chinas Wirtschaft im zweiten Quartal 2009 sogar zweistellig. Den Einbruch des Exportgeschäfts hat die Volksrepublik durch einen Aufschwung auf dem Binnenmarkt aufgefangen. Ein 400 Milliarden Euro schweres Konjunkturpaket, das zu großen Teilen Infrastrukturprojekten zugute kommt, stützt die heimische Nachfrage. Vielen ausländischen Unternehmen bereitet aber Sorgen, dass die chinesische Re-

Shanghai rüstet sich für die Expo 2010: Die Stahlkonstruktion für den Pavillion zum Thema Elektrizität steht schon mal.

gierung die Provinzen und Städte des Landes anwies, die Mittel aus dem Konjunkturprogramm möglichst nur noch für Produkte „made in China“ auszugeben. Die

„Buy-Chinese“-Klausel könnte auch Firmen aus Deutschland Aufträge kosten. Die deutsche Wirtschaft liefert jährlich für etwa 34 Milliarden Euro ins Reich der Mitte.


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WAS GENAU IST ...

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Was genau ist eine Kreditklemme? Im Falle einer Kreditklemme erfüllen die Banken nicht mehr ihre zentrale Aufgabe, die Wirtschaft ausreichend mit Krediten zu versorgen. Das Kreditangebot ist niedriger, als es aufgrund des Zinsniveaus und der Wirtschaftlichkeit der Investitionsvorhaben zu erwarten wäre. ■ Im Zuge der Finanzmarktkrise gerieten viele Banken in Schieflage, weil sie massenhaft auf ihren Forderungen sitzen blieben. Die nötigen Abschreibungen zehrten einen großen Teil ihres Eigenkapitals auf. Laut Vorschrift müssen die Kreditinstitute aber einen bestimmten Prozentsatz der Ausleihungen an Eigenkapital vorhalten. Um die Mindestanforderung trotz der Verluste zu erfüllen, haben die Geldinstitute zwei Optionen: Entweder sie besorgen sich neues Eigenkapital oder sie reduzieren ihre Ausleihungen. Der erste Weg ist derzeit kaum gangbar, denn die Investoren meiden den Finanzsektor. Deswegen haben die Staaten weltweit unvorstellbare Summen zur Stabilisierung des Finanzsystems bereitgestellt. Allein die deutsche Regierung hat ein rund 700 Milliarden Euro schweres Rettungspaket geschnürt, das im Wesentlichen aus Bürgschaften besteht, aber auch 115 Milliarden Euro für die Rekapitalisierung der Banken bereithält. Anders als in den USA und Großbritannien ist die Annahme der Staatsgelder in Deutschland freiwillig. Viele Kreditinstitute lehnen die Eigenkapitalhilfen jedoch ab. Zum einen fürchten die Banken, in der Öffentlichkeit als notleidend dazustehen. Zum anderen würde die Annahme des Geldes bedeuten, dass Vertreter der staatlichen Behörden in die Aufsichtsräte einziehen. Nicht zuletzt müssten die Vorstände der Banken eine Beschränkung der Gehälter auf jährlich 500.000 Euro akzeptieren. Der überwiegende Teil der Geldbranche entschied sich, die Krise mit dem vorhandenen Eigenkapital zu überstehen – und den zweiten Weg zur Einhaltung der Mindestanforderung einzuschlagen: die Ausleihungen an die Firmen zu reduzieren.

nicht an die Realwirtschaft weiterleiten. Die spärliche Kreditvergabe erschwert das Geschäft der Firmen, die das Geld für ihre Investitionen benötigen. Die Produzenten von Investitionsgütern spüren den Rückgang der Nachfrage unmittelbar. Deutschland, das sich auf den Export solcher Güter spezialisiert hat, leidet besonders stark unter dem weltweit stockenden Geldstrom.

Doch wenn die Banken ihr Geld beisammenhalten, steigt die Gefahr einer Kreditklemme. Falls die Institute überhaupt Darlehen gewähren oder verlängern, verlangen sie von ihren Kunden mehr Sicherheiten und höhere Zinsen – ein Phänomen, das weltweit zu beobachten ist. Hinzu kommt: Auch untereinander leihen sich Banken derzeit ungern Geld. Wenn die Banken aber keine finanziellen Mittel mehr bekommen, können sie diese auch

Einige Finanzmarktregeln vergrößern die Gefahr einer Kreditklemme zusätzlich. So verlangen die Regulierungsvorschriften von Basel II von den Banken, Darlehen je nach Bonität des Schuldners mit unterschiedlich viel Eigenkapital zu unterlegen. Je schlechter die Kreditwür- Deutschland leidet digkeit eines Unterneh- besonders unter dem mens, desto höher wird der weltweit stockenden geforderte Kapitalpuffer. Geldstrom Da im Zuge der Krise mehr und mehr Firmen in die Verlustzone rutschen, schrumpft ihre Bonität, und die Banken müssen die bereits vergebenen Kredite mit mehr Eigenkapital unterlegen. Das so gebundene Eigenkapital steht nicht für neue Kredite zur Verfügung.

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TITEL

Auf zu neuen Ufern Konrad-Adenauer-Ufer 21 – so lautet seit Mitte August die neue Adresse des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln und seiner Tochtergesellschaften. „Mit dem Umzug ist mehr als ein Anschriftenwechsel verbunden“, betont IW-Direktor Michael Hüther. „Der IW-Verbund hat sich neu aufgestellt und ist nun auch bürotechnisch für das 21. Jahrhundert gerüstet.“


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Als klassisch elegant, souverän und frisch wird das Äußere des Gebäudes in Architekturforen beschrieben. Ein Eindruck, der sich im Inneren fortsetzt.

■ Im Besprechungsraum legt Michael Krögel seine Hand so freundlich auf einen großen Plasmabildschirm, als würde er einen Bekannten vorstellen: „Selbst jemand, der ganz hinten sitzt, kann Powerpoint-Präsentationen hierauf gut lesen.“ Mit fast jedem Gerät und Möbelstück auf den rund 9.200 Quadratmetern im neuen Gebäude – von der Regalanlage im Keller bis hin zur Bürolampe – kennt Krögel sich bestens aus. Denn der Leiter des Bereichs Infrastruktur & Logistik hat das Inventar mit ausgewählt und unzählige Gespräche mit Anbietern und Lieferanten geführt. Viel zu besprechen hatte er aber zunächst mit seinem IW-Kollegen Willi Reimann, dem EDV-Chef. Schnell waren die beiden sich einig: Die rund 350 Mitarbeiter sollten am ersten Tag im Neubau mit PC, Telefon und Fax so weiterarbeiten können wie am letzten Tag am alten Standort. „Der leichteste Weg wäre natürlich gewesen, die alten Geräte einfach mitzunehmen und die Strukturen so zu lassen wie sie sind“, sagt Reimann. Das passt aber nicht zu dem modernen Haus am Rheinufer, wenige Gehminuten von Dom und Hauptbahnhof entfernt. Modernität strahlt das Gebäude von außen und von innen aus. Viel Licht dringt durch die

Glasfronten und die beiden Innenhöfe in die Büros. Doch die Sonne heizt die Räume nicht auf – dank Betonkerntemperierung. Dabei wird Grundwasser in die Kühldecken des Gebäudes eingespeist und sorgt für angenehme Temperaturen. An den Fenstern Der leichteste schützt eine zweite, war nicht vorgesetzte Glasfassa- der passende de – sogenannte Prallfenster – vor Straßenlärm; Bodenschlitze sorgen für eine angenehme Belüftung. Auch energetisch ist das Haus auf der Höhe der Zeit: Erst bei Außentemperaturen von unter 6 Grad muss die Heizung eingeschaltet werden.

Weg

In diese Umgebung sollten sich die ITAnlage und die technische Ausstattung der Büros einfügen. Angenehmes Arbeiten durch Mehrwert ohne Mehrkosten wurde zur Devise des gesamten Projekts. Dauerhaft werden Miet- und Betriebskosten nicht höher sein als am alten Standort.

Kunst am Bau: Das Lichtobjekt im Hof


TITEL

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Umzug in das Haus der Deutschen Industrie ans damalige Oberländer Ufer, heute Gustav-HeinemannUfer in Köln-Bayenthal

Gründung des deutschen Industrieinstituts (DI) und des Deutschen Industrieverlags (DIV)

1951

1955

Das DI bezieht Geschäftsräume am Kaiser-Wilhelm-Ring 20 in Köln, der DIV sitzt in der Werderstraße 5

1960

1965

1970

1975

1980

DI und DIV haben gemeinsame Räumlichkeiten am Kaiser-Wilhelm-Ring 3-5

In Berlin nimmt das Hauptstadtbüro des IW seine Arbeit in der heutigen Jägerstraße 51 auf Gründung der edition agrippa (ea)

1985

Gründung der IW Consult

1990

Das DI wird zum Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW), und aus dem Deutschen Industrieverlag wird der Deutsche Instituts-Verlag (DIV)

1995

2000

Das Berliner Büro zieht in die Wallstraße 15/15a

Die modernen Telefone etwa sind technisch für die nächsten zehn Jahre ausgelegt. Beim Einzug haben die IW-Mitarbeiter an ihren Arbeitsplätzen zudem neue PCs und augenschonende Breitbildschirme vorgefunden. Die eigentliche EDV-Revolution wirkt aber im Verborgenen. Kernstück der neuen ITStruktur ist ein Server, der sicherstellt, dass Programme und Daten schneller, zuverlässiger und bequemer auf die Rechner der Mitarbeiter gespielt werden. Die neue Server-Technik kommt auch der IW-Bibliothek zugute. Sie hält 34 Tagesund Wochenzeitungen, 635 Zeitschriften und Bücher auf 2.200 Regalmetern vor. „Wegen des Umzugs haben wir aber schon vor zwei Jahren verstärkt darauf gesetzt, Inhalte, wenn möglich und sinnvoll, digital

zugänglich zu machen“, erklärt Norbert Uersfeld, Leiter der IW-Bibliothek. Modernste Bürotechnik ist eine Voraussetzung für kreatives und produktives Arbeiten. Transparenz und Kommunikation sind weitere wichtige Faktoren. „Dies waren zentrale Anforderungen an das neue Gebäude“, erläutert IW-Direktor Prof. Dr. Michael Hüther. „Wissenschaftler leben vom Austausch ihrer Ideen und Konzepte. Gleiches gilt für die Redakteure und Grafiker des Verbunds. Das musste bei der Standortentscheidung berücksichtigt werden.“ Und so hat das Immobilienteam, das im Herbst 2006 mit der

Willi Reimann, Michael Krögel und Norbert Uersfeld (v. l.)

Suche nach einem neuen Bürogebäude begann, nicht nur darauf geachtet, dass dieses äußerlich einen guten Eindruck macht. Ebenso wichtig war eine offene und flexible Raumstruktur. Das ist gelungen: Der Wechsel zwischen Einzel- und Gruppenbüros schafft Weite, Coffeepoints sowie bequeme Sessel und


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Juni 2007: Das IW unterzeichnet den Mietvertrag für den Teil des Gebäudes mit der Hausnummer 21

Herbst 2006: Der IW-Verbund nimmt die Suche nach einem neuen Bürogebäude in Köln auf

2005

2006

Der Bauherr, die AXA Investment Managers Deutschland GmbH, und das Architekturbüro van den Valentyn beginnen mit der Planung eines Bürogebäudes am Rheinufer

2007

Sommer 2006: Baubeginn

2008

Dezember 2007: Die Mitarbeiter des IW-Verbunds feiern Richtfest

August 2009: Umzug vom Gustav-HeinemannUfer an das KonradAdenauer-Ufer 21. DIV und ea fusionieren zur IW Medien GmbH

2009

September 2008: Gründung der IW JUNIOR gGmbH

Sofas in den Zwischenzonen fördern die Kommunikation und setzen farbige Akzente. Glaswände zu den Fluren eröffnen immer wieder überraschende Aus- und Einblicke sowie facettenreiche Lichtspiele. „Ein solches Konzept lässt sich nur mithilfe von Profis umsetzen“, sagt Dr. HansPeter Fröhlich, stellvertretender Direktor des IW und Leiter des Immobilienteams. Bei der Auswahl des neuen IW-Gebäudes haben deshalb Berater für Baumanagement geholfen, den Prozess auch nach Abschluss des Mietvertrags begleitet und sich um viele technische Details wie etwa die Lage von Steckdosen und Anschlüssen gekümmert. Später kam mit Eduard Kolbrink ein Innenarchitekt hinzu, der die Leitideen von Offenheit und Kommunikation in den Büros realisiert hat. Charakteristisch für die Innenausstattung ist helles Eichenholz. So werden etwa die meisten Schreibtische und Kopierer von eleganten Brücken aus Eiche überspannt.

Die typisch deutsche Holzart soll dabei symbolisieren, dass der IW-Verbund sich vor allem mit dem heimischen Wirtschaftsstandort befasst. Da dies aber ohne die globale Perspektive nicht geht, sind die Erdteile Leitthema in den fünf Stockwerken des Gebäudes: Die Flurfarben orientieren sich an den Erdfarben der jeweiligen Kontinente – und Lichtkästen mit Collagen aus Urlaubsfotos der Mitarbeiter verleihen dem Ganzen eine persönliche Note. Der Konferenzbereich im Erdgeschoss ist Deutschland gewidmet; die Besprechungs-

räume tragen die Namen renommierter Ökonomen. Das Konzept kommt an. „Die meisten Mitarbeiter sind begeistert, alle wissen, dass man sich auf ein neues Gebäude auch einlassen muss“, freut sich IW-Direktor Hüther. Dabei spielt auch die Innenstadtlage eine Rolle. Zur Mittagszeit zieht es viele IW-ler in die umliegenden Cafés, Snackbars und Geschäfte des Kunibertsviertels. Und wem das zu lebhaft ist, der geht am Rheinufer spazieren.

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IM FOKUS

Dem Klima ist egal, wie wir es schützen Im Dezember geht es ums Ganze. Auf der Weltklimakonferenz in Kopenhagen soll ein umfassendes Klimaschutzabkommen unterzeichnet werden. Doch so wichtig dieses Treffen auch ist: Welche – neu gewählte – Bundesregierung die deutschen Interessen in Kopenhagen vertritt, spielt fast keine Rolle, denn die Europäische Union hat ihre Emissionsziele längst fixiert. Wie diese erfüllt werden, liegt dann allerdings schon in nationaler Hand. Bislang verfolgt die deutsche Politik ihre Klimaziele mit viel Aufwand, aber wenig Effizienz.

■ Wie ernst die Welt den Klimaschutz mittlerweile nimmt, zeigt das Beispiel USA. Jahrelang hatten sich die Amerikaner einem Klimaschutzabkommen wie dem Kyoto-Protokoll aus dem Jahr 1997 verweigert – jetzt nennt US-Präsident Barack Obama sogar eine konkrete Zahl: Bis 2020 soll der CO2-Ausstoß Amerikas um 17 Prozent sinken. Anders als die Kyoto-Unterzeichner legen die USA allerdings nicht 1990 als Basisjahr für ihre Reduktionen

fest, sondern 2005. Selbst wenn die Amerikaner ihr Ziel erreichen, stoßen sie 2020 immer noch genauso viel CO2 aus wie 1990. Deutschland ist da schon viel weiter. Die größte Volkswirtschaft Europas bläst heute 23 Prozent weniger CO2 in die Luft als 1990 und hat damit ihr Kyoto-Ziel von minus 21 Prozent bereits übertroffen (siehe Grafik Seite 11).


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etwa China oder Russland auch ihren Teil dazu beitragen müssen, hat ihre Berechtigung. Wenn Europa im Alleingang strenge Klimaziele definiert und einhält, verlagern sich energieintensive Industrien dorthin, wo die Auflagen weniger scharf sind. So einig sich die meisten Länder mittlerweile über das Ziel sind, so uneinig sind sie über den Weg dahin. Gerade Deutschland neigt dazu, dem Klimaschutz nahezu blindlings alles andere unterzuordnen, vor allem die Kosten. Denn so essenziell der Schutz des Klimas auch ist, ohne Geld gibt es weder rußarme Hightechanlagen noch eine ressourcensparende Produktion. Es liegt also auf der Hand, jeden einzelnen Euro, Dollar oder Yen für den Klimaschutz so einzusetzen, dass die größtmögliche Wirkung erzielt wird. Das deutsche Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) verletzt diesen Grundsatz. Es zwingt die Energiekonzerne dazu, Strom aus Solarenergie, Biomasse und Windkraft zu einem festgelegten Preis abzunehmen: Für konventionellen Strom zahlen die Stromkonzerne etwa 5 Cent pro Kilowattstunde – das EEG aber garantiert den Solarstromerzeugern 20 Jahre lang einen Preisaufschlag von 40 Cent. Zwar vermeidet Strom aus Sonnenenergie Kohlendioxid, doch für diese horrenden Kosten wäre an anderer Stelle ein Vielfaches an Klimaschutz möglich.

Wie es nach 2012 – wenn das Kyoto-Protokoll ausläuft – weitergeht, darüber wird in Kopenhagen entschieden. Ein Ziel ist, die Erderwärmung auf zwei Grad Celsius zu begrenzen. Die EU hat ihren Beitrag dazu schon festgeschrieben: Bis 2020 soll der CO2-Ausstoß in der Union um 20 Prozent gegenüber 1990 gesenkt werden. Bei „angemessenen Zusagen“ der anderen Regionen will die EU die Marke sogar auf 30 Prozent erhöhen. Die Bedingung, dass

Die Zeche zahlen die Verbraucher. In Deutschland kostet Strom etwa 17,5 Cent pro Kilowattstunde – die Franzosen zum Beispiel kommen dank der günstigen Kernenergie mit rund 11,5 Cent davon. Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) schätzt die Kosten für Strom aus erneuerbaren Energiequellen auf mehr als 10 Milliarden Euro allein in diesem Jahr. „Das Erneuerbare-Energien-Gesetz zieht nach oben keine Grenze“, warnt Hubertus Bardt, Leiter der IW-Forschungsstelle Umwelt- und Energieökonomik. Schon im kommenden Jahr dürften die Fördermittel fast 12 Milliarden Euro betragen.

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Damit nicht genug an vermeintlich grüner Politik. Neben dem EEG verteuern auch die Stromsteuer und der Emissionshandel den Saft aus der Steckdose. Viel hilft viel, hat sich der Gesetzgeber wohl gedacht – aber die Wechselwirkungen übersehen. Denn der Emissionshandel macht alle übrigen Anstrengungen überflüssig. Der Mechanismus funktioniert so: Die in den Emissionshandel einbezogenen Unternehmen können untereinander Verschmutzungsrechte handeln. Wer also zum Beispiel seine Produktion so umstellt, dass CO2 vermieden wird, kann die frei werdenden Verschmutzungsrechte verkaufen – das lohnt sich natürlich nur, wenn die Produktionsumstellung billiger ist als das Zertifi-

bis 2006 UNFCCC; 2007 und 2008 BMU

Die niederländische Umweltministerin Jacqueline Cramer leistet auf dem UN-Klimagipfel in Bali 2007 einen symbolischen Beitrag zum Klimaschutz.


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IM FOKUS

kat. Kaufen werden diese Emissionsrechte jene Unternehmen, deren Vermeidungskosten über dem Zertifikatspreis liegen. Der Emissionshandel garantiert, dass eine bestimmte Menge an Schadstoffen zu den geringstmöglichen Kosten eingespart wird. Die Gesamtmenge ist für einen festgelegten Zeitraum europaweit fixiert. Die Stromsteuer und das ErneuerbareEnergien-Gesetz bewirken zwar, dass Deutschland weniger Zertifikate benötigt. Die überschüssigen Rechte werden dann jedoch in andere europäische Länder verkauft – und nehmen den Unternehmen dort den Druck, Kohlendioxid zu vermeiden. Alle Anstrengungen auf dem Strommarkt können dem Klima nicht mehr helfen, als es der Zertifikatehandel ohnehin schon tut. Allerdings umfasst dieser nicht einmal die Hälfte aller Emissionen in der EU. Der Verkehr ist ebenso wenig in das Regelwerk eingebunden wie die privaten Haus-

halte. Das Heizen schlecht isolierter Woh- steigern, als bei Anlagen, die modernsten nungen zum Beispiel verursacht jährlich Anforderungen genügen. viele Megatonnen CO2. Die Sanierung alter Wohngebäude würde in Deutschland knapp Immerhin honoriert das Kyoto-Protokoll 200 Milliarden Euro kosten – eine sinnvolle solch internationale Klimaschutzprojekte. Investition, selbst wenn es das Klimapro- Im Rahmen des sogenannten Clean Deveblem nicht gäbe. Vielfach dauert es aller- lopment Mechanism investiert ein Unterdings bis zu 30 Jahre, bis nehmen in ein Projekt, sich die Investition ausmit dem Emissionen CO2 zu reduzieren, zahlt – zu lange für die vermieden werden meist betagten Hausei- ist schwer gentümer. Ein weiterer Grund, warum die Sanierungen unterbleiben: Die Wohnungsgesellschaften können die Modernisierungskosten kaum auf die Mieter überwälzen, selbst wenn diese unterm Strich weniger zahlen, weil die Ausgaben für Energie sinken. Letztlich bleibt die bittere Erkenntnis, dass es in Deutschland kaum noch einfache Gelegenheiten zur CO2-Reduktion gibt. Um Klimaschutz effizient zu betreiben, sollte er deshalb vor allem dort umgesetzt werden, wo die Effekte am größten sind: in den Entwicklungs- und Schwellenländern. Denn bei technisch veralteten Anlagen ist es deutlich einfacher, die Energieeffizienz zu

geworden

– und zwar in einem Land, das sich nicht am Kyoto-Abkommen beteiligt. Beispielsweise fackelt eine italienische Firma auf den Philippinen das aus Schuttbergen entweichende Klimagas Methan ab. Die so eingesparten Emissionen erhält das investierende Unternehmen als Verschmutzungsrechte, die es selbst nutzen oder verkaufen kann. Etwa 1.200 solcher Projekte hat die UNOKlimaorganisation bislang anerkannt, mehr als 3.000 sind noch in der Pipeline. Trotz des Erfolgs ist aber nicht sicher, ob der Clean Development Mechanism im Kopenhagener Abkommen weitergeführt wird. Fest steht nur: Dem Klima ist es gleichgültig, ob es von deutschem oder von chinesischem Treibhausgas entlastet wird.

Klimaschutz: Die Pläne der Parteien CDU/CSU

SPD

FDP

Die Linke

B90/Die Grünen

CO2Emissionen

Reduktion um 40 Prozent bis 2020

Reduktion um mindestens 40 Prozent bis 2020

gerechter Anteil Deutschlands an EU-weiter Reduktion

Reduktion um 50 Prozent bis 2020

Reduktion um mindestens 40 Prozent bis 2020

Kernenergie

längere Laufzeiten der Kernkraftwerke, aber keine Neubauten

Festhalten am Atomausstieg

längere Laufzeiten für Kernkraftwerke

sofortiger Atomausstieg, Exportverbot für Atomtechnologie

Festhalten am Atomausstieg

Klimaschutzmaßnahmen

Emissionshandel international vernetzen; Ausgleich für Belastungen schaffen

schärfere Vorgaben für die Industrie und für Neubauten

Emissionshandel soll Regulierungen und Steuern ersetzen sowie weltweit gelten

Besteuerung von Gewinnen, die aus dem Emissionshandel erwachsen

keine Ausnahmen vom Emissionshandel für energieintensive Branchen

Internationale Klimaschutzprojekte

keine Aussagen

keine Aussagen

Ausbau befürwortet

keine Aussagen

keine Anrechnung von Emissionsminderungen

keine Aussagen

Ausnahmen von Ökosteuer an Bedingungen knüpfen

Senkung der Mehrwertsteuer für Energie oder Reduktion der Ökosteuer; Senkung der Stromsteuer

keine Aussagen

Besteuerung von Brennelementen; Ausnahmen der Ökosteuer streichen

Umweltsteuern

Quelle: IW-Zusammenstellung. Mehr zu den Wahlprogrammen unter www.iwkoeln.de/Bundestagswahl


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IW INTERN

Verlinkt, vernetzt, verstanden „Kommunikation für die Wirtschaft“ – mit diesem Slogan tritt die IW Medien GmbH an. In ihr sind die Kompetenzen der Mitarbeiter der früheren edition agrippa und des Deutschen Instituts-Verlags stärker gebündelt und vernetzt. Noch fehlt aber der letzte Baustein des modernen Medienhauses: In Zukunft wird eine Software, ein sogenanntes ContentManagement-System, die Arbeit für und mit elektronischen Medien erleichtern.

■ Ob der Infodienst iwd, Mitarbeitermedien wie die Wirtschaftszeitung AKTIV, Websites, Computerspiele mit Lerninhalten oder Broschüren: Vielseitig war die Palette der Produkte der edition agrippa und des Deutschen Instituts-Verlags schon immer. Nun wird das breit gefächerte Know-how in neu zugeschnittenen Fachabteilungen und mithilfe abteilungsübergreifend arbeitender Kollegen konzentriert und besser verlinkt. „Dadurch können wir unseren Kunden ein vielseitigeres, innovativeres und auf digitale Medien besser zugeschnittenes Beratungs- und Dienstleistungsangebot machen“, sagt Axel Rhein, Sprecher der Geschäftsführung der IW Medien. Neben veränderten organisatorischen Strukturen soll unter anderem auch eine neue Produktionstechnik die Schlagkraft der IW Medien erhöhen: ein Content-

Management-System (CMS). Mit diesem auf die Anforderungen der IW Medien zugeschnittenen Anwendungsprogramm können gleichzeitig mehrere Redakteure Informationsgehalt – englisch: Content – wie Texte, Fotos und Grafiken erstellen und bearbeiten. Die sogenannte medienneutrale Datenhaltung stellt dabei sicher, dass aus dieser einen Quelle unterschiedliche Ausgabeformate bedient werden können: klassische Print-Produkte genauso wie Internetseiten. Vor allem die Kunden profitieren von der innovativen Software, versichert Rüdiger Wilhelmi, Leiter des neu aufgebauten Bereichs Electronic Publishing & New Media, der die Einführung des CMS betreut: „Die Produktionszeiten verkürzen sich, und die Texte und Grafiken können gleichzeitig in unterschiedlichen Ausgabe-

formaten – ob Print oder elektronisch – verwendet werden. Inhalte schnell und zielgruppengenau zuzuschneiden oder miteinander zu verlinken, ist dann problemlos möglich.“ Das neue Unternehmen gliedert sich in drei Geschäftsfelder: PR & Kampagnen unter Leitung von Uwe Caesar und Ludwig Matjasic, Arbeitswelt geführt von Ulrich Brodersen und den Bereich Wirtschaft & Bildung (W&B), den Axel Rhein leitet. Durch bewährte Medien – wie die Wirtschaftszeitung AKTIV oder den Informationsdienst iwd – und innovative Formate gerade für elektronische Medien wird die IW Medien kompetenter Partner für Verbände und Unternehmen sein und sie dabei unterstützen, dass ihre Botschaften bei den jeweiligen Adressaten ankommen – eben „Kommunikation für die Wirtschaft“ bieten.

In den Startblöcken: Ludwig Matjasic, Uwe Caesar, Axel Rhein und Ulrich Brodersen (v. l. n. r.)

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THEMA

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Die Psyche des Reformlands D Angst, Misstrauen, Egoismus. Wer verstehen will, warum Reformen in Deutschland in schöner Regelmäßigkeit scheitern, muss auch die Psychologie zurate ziehen. Genau das hat das IW Köln getan – hier seine Diagnosen und Therapievorschläge.

D – Zurück auf Los!“, eine weitere psychologische Reformbremse – die Angst vor Verlusten. Demnach halten Menschen selbst dann am Status quo fest, wenn die Fakten dagegen sprechen. Was also tun? Die IW-Ökonomen raten der Politik, in die Offensive zu gehen. Statt sich auf die üblichen utopischen Gerechtigkeits- und Gleichheitsdebatten einzulassen, solle die Regierung die Dinge beim Namen nennen: „Wer Wachstum will, braucht Wettbewerb“, sagt Scharnagel. „Und Wettbewerb bringt immer beides hervor – Gewinner, aber auch Verlierer.“

Das alles ist hinlänglich bekannt, denn die Reformagenda steht seit Jahren. Das IW Köln hat sich gefragt, warum sie bislang entweder nicht oder nur unzureichend umgesetzt wurde. Herausgekommen ist ein Psychogramm des Standorts D. Die Diagnose lautet: individuelle Bremsen (wie die Angst vor Verlusten), polit-ökonomische Blockaden (wie die

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Institut der deutschen Wirtschaft Köln (Hrsg.): „Reformland D – Zurück auf Los! Warum wir Reformen brauchen. Warum wir uns so schwer damit tun. Und wie wir es schaffen können“, Köln 2009, 40 Seiten, 5,20 Euro, ISBN 978-3-602-14843-1 (Druckausgabe), ISBN 9783-602-45458-7 (E-Book/ PDF). Bestellung über Fax: 0221 4981-445 oder unter: www.iwmedien.de

„Der Mensch ist ein Gewohnheitstier“, mit dieser Volksweisheit erklärt Dr. Benjamin Scharnagel, Autor der Studie „Reformland

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brauchen Warum wir Reformen schwer damit tun Warum wir uns so können Und wie wir es schaffen

Strategie des Machterhalts oder die höhere Organisierbarkeit von Partikularinteressen) sowie institutionelle und strukturelle Barrieren (wie die Kompetenzverteilung im Föderalismus).

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Ref orm lan d Zur ück auf Los !

■ Nach der Bundestagswahl ist die Schonfrist vorbei. Wenn Deutschland nach dem massiven Konjunktureinbruch wieder auf einen nachhaltigen Wachstumspfad zurückkehren will, muss die nächste Bundesregierung vor allem eines tun – die Reformversäumnisse der Vergangenheit ausräumen. Die To-do-Liste ist lang: Ganz oben stehen die Bildung und neue Arbeitsplätze, gleichzeitig müssen der Staatshaushalt konsolidiert und die Sozialversicherungen demografiefest gemacht werden.

Wirtschaft verständlich machen, Zusammenhänge erklären und Visionen entwerfen – das Selbstverständnis des IW Köln ist auch für Politiker ein guter Kompass. Zu dieser Überzeugungsarbeit gehören eine schonungslose Bestandsaufnahme sowie die Kosten des Nichtstuns zu beziffern und seine Konsequenzen zu benennen. „Wenn die Menschen aber das Ziel kennen, sind sie meist auch bereit, über gewisse Durststrecken hinweg an einem Kurs festzuhalten“, sagt Ökonom Scharnagel. Jetzt sind die Volksvertreter am Zug.

2007 und 2008: geschätzt; Quelle: Bundesministerium für Gesundheit


MAGAZIN21 · 1/2009

PRO & CONTRA

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Mehrwertsteuer rauf? In Zeiten klammer Staatskassen sind Steuererhöhungen eine Möglichkeit, um Haushaltslöcher zu stopfen. Nach der Wahl könnte vor allem die Umsatzsteuer wieder ins Gespräch kommen. Zumindest in diesem Punkt sind sich die vom Magazin21 befragten Ökonomen einig.

Prof. Dr. Klaus F. Zimmermann ist Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung in Berlin (DIW)

Pro Pro: Die Mehrwertsteuererhöhung kommt. Das ist kein Wunsch, sondern eine Feststellung. In der Krise wird Geldausgeben zum Breitensport. Mit enormen Summen versucht der Staat, alles und jeden zu retten. Allein durch Konjunkturprogramme, Steuerausfälle und Arbeitslosengeld wird die Staatsverschuldung – derzeit etwa 65 Prozent des Bruttoinlandsprodukts – sprunghaft auf etwa 80 Prozent steigen. Zum Vergleich: In den 70er Jahren lag sie unter 20 Prozent. Dabei haben uns die alten Probleme nicht verlassen. Im Hochwasser der Krise wird der Eisberg Demografie nicht mehr gesehen. Rente, Pflege, Gesundheit – die Schuldenbremse allein kann das nicht richten. Auf Wirtschaftswachstum und Sparmaßnahmen müssen wir hoffen, doch das reicht nicht, um die Finanzen zu sanieren. Steuererhöhungen sind also unvermeidbar. Vieles spricht für eine Mehrwertsteuererhöhung auf 25 Prozent. Die Mehrwertsteuer wirkt auf breiter Basis. Sie bezieht die Importe mit ein, belastet aber nicht die Exporte, von denen wir auch künftig den Aufschwung erwarten. Und wird die Erhöhung ab dem Jahr 2011 frühzeitig angekündigt, ziehen die Bürger größere Einkäufe vor – was im Risikojahr 2010 die Konjunktur stärken dürfte.

Ralph Brügelmann ist Steuerexperte des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW)

Contra Contra: Trotz aller Dementis der Politik befürchten Pessimisten eine Mehrwertsteuererhöhung in der kommenden Legislaturperiode, und sie könnten Recht behalten. Dies wäre aber der falsche Weg, denn eine Anhebung der Verbrauchssteuer käme zur Unzeit. In einer Volkswirtschaft, die sich aus einer Rezession herausbewegt, gefährden Steuererhöhungen – egal welcher Art – das erst allmählich wiederkehrende Wachstum. Die neue Regierung sollte stattdessen die Ausgaben zur Krisenbekämpfung wieder zurückfahren. Staatliche Konjunkturstützung verliert ihren Zweck, wenn der private Sektor wieder an Fahrt gewinnt und selbst für genügend Nachfrage sorgt. Steuererhöhungen hingegen bergen die Gefahr, dass sich die Ausgaben verfestigen. Wenn nach jeder Krise die Steuereinnahmen an die gestiegenen Ausgaben angepasst würden, hätten wir nach der fünften Rezession einen Mehrwertsteuersatz von 50 Prozent. Doch selbst ohne die Rettungspakete lebt der Staat über seine Verhältnisse. Der jüngste Finanzplan des Bundes weist für die Jahre 2011 bis 2013 ein strukturelles Defizit von 127 Milliarden Euro aus. Weit mehr als ein Drittel der Neuverschuldung hat seine Ursache somit gar nicht in der Wirtschaftskrise und muss abgebaut werden.


Die Nullnummer


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