in Basel sorgen, mit Gymi-Freunden wie Christian Hauser und Reto Loeliger rief er das Veranstalterkollektiv Future Bass Junkies ins Leben und führte, nach einigen Acid-House-Events, im Keller des deutschen Seminars 1992 eine erste Party mit harter Techno-Musik durch. «Zu unserer Verwunderung trugen die Besucher Bundfaltenhosen und brachten ihre Sporttaschen mit», erinnert sich Ursenbacher. Aus diesen zauberten sie schrille Klamotten hervor. «Techno und die damit verbundenen Modecodes waren noch so unvertraut, dass sich die Partygänger nicht in diesen Outfits, zum Beispiel weissen Handschuhen, schräger Brille und Malerlatzhose, auf die Strasse trauten.»
«Ich will das alte Zusammenspiel zwischen DJ und Publikum, diese Magie, die einen im schönsten Fall in Tanzekstase versetzt.» Andreas Dinten
Als die Future Bass Junkies im unter anderem von Pipilotti Rist umgenutzten Areal der Alten Stückfärberei einen Raum mit 2300 Quadratmetern mieten konnten, war der Grundstein für Basels Techno-Boom gelegt. Planet E nannten sie ihren Club, der ab Oktober 1992 weit über die Stadtgrenzen hinaus Aufsehen erregte und Publikum aus dem ganzen Dreiländereck anlockte. «Basel war damals als Techno-Stadt renommierter als Zürich, heute ist das undenkbar», sagt der Basler DJ Chris Air. Sein Zürcher Kollege Styro 2000 würde nicht ganz so weit gehen: «Jede grössere Stadt hatte ihre Industrieruinen, in denen ein, zwei Clubs entstanden.» Er räumt aber ein, dass die ‹Stücki›, wie sie im Volksmund liebevoll genannt wurde, «schon speziell geil war». Von diesem Ort in Kleinhüningen aus machte sich Aufbruchstimmung breit. Mit den Techno-Partys kam nicht nur ein neuer Sound, sondern auch eine neue Ausgehkultur auf. Es war die Zeit, in der etwa das bei Partygängern beliebte brandneue Trendgetränk ‹Red Bull› kaum erhältlich war, weshalb findige Leute nach Salzburg fuhren, ihren Kofferraum mit Dosen füllten und diese vor der ‹Stücki› an Partygänger verschacherten.
Es war auch die Zeit, in der die Tanzwütigen begannen, ihre Ekstase durch die Einnahme von Pillen künstlich zu verlängern. «Das gehörte fest dazu, und wer heute etwas anderes sagt, hat Scheuklappen auf», sagt Chris Air. Die lokalen Behörden und Politiker waren überfordert und besorgt angesichts dieses neuen Phänomens, «weil der Konsum bei Ecstasy offensichtlicher war als bei den Drogen, die zuvor jeweils mit einer neuen Musikbewegung aufgekommen waren», meint Chris Air. Es kam durchaus vor, dass bei einem Rave bei zwei Dritteln der Besucher die stark erweiterten Pupillen ebenso strahlten wie das Lächeln auf den Lippen dieser Tanzenden, die zu den hämmernden Sounds und Lasergewittern in die Unendlichkeit zu gleiten schienen. Überfordert waren die Beamten auch von den Menschenmassen, die zur ‹Stücki› pilgerten. Zwar hatten zuvor schon im Schlotterbeck Techno-Anlässe stattgefunden, aber die zwei- bis viertausend Raver, die ab 1992 im Planet E tanzten (sowie in den drei weiteren Clubs, die in den Industriegebäuden entstanden, Villa, Heaven Underground und das besonders von der Kunstszene frequentierte Bimbotown), bedeuteten eine neue Dimension, mit der weder die Immobilienfirma, die das Areal verwaltete, noch die Polizei oder das Bewilligungsamt richtig umzugehen wussten. «Wir erhielten immer mehr Auflagen aufgebrummt», erzählt Ursenbacher. Eine Schliessung des Clubs stand immer wieder im Raum, 1995 wurde sie Wirklichkeit. Noch heute schwärmen Basler Technofans von der ‹Stücki›, in der internationale Koryphäen wie Sven Väth oder Laurent Garnier auflegten, bevor sie jedes Kind kannte. Letzteren engagierten die Future Bass Junkies für 800 Franken plus Reisespesen, wie sich Ursenbacher erinnert. Ein Schnäppchen, wenn man es mit den Gagen vergleicht, die angesagte DJs heute verlangen. «Als wir das Presswerk 97-1 eröffneten, zahlten wir 2000 Franken für einen bekannten Namen, heute fordern Stars oft das Dreifache», erzählt Andreas Dinten. Dinten wurde wie die meisten Basler im Planet E «verstrahlt», wie er es nennt. Als Teenie noch dem Hip-Hop zugeneigt, mutierte er zum Elektronik-
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