17 minute read

Musik: Pow-Wow-Power von Joe Rainey

Irritiert mit Chants und Störgeräuschen westliche Hörgewohnheiten: Joe Rainey.

Foto: David Guttenfelder

Advertisement

Pow-Wow-Power

Der US-amerikanische Sänger Joe Rainey mischt die traditionellen Gesänge der Oneida Nation mit Computersounds. »Niineta« ist ein eigenwilliges Album jenseits aller Federschmuck-Klischees. Von Thomas Winkler

Monotone Trommeln, die klappern wie rostige Eimer. Eine Stimme, deren »He-Ha-Hejaho« aus einem verwunschenen Geisterhaus zu kommen scheint. Noch eine Stimme, viel höher, gefährlich nah am Überschnappen. Dazwischen Störgeräusche, die entschieden jeden Zweifel ausräumen: Nein, das ist nicht der Kriegstanz aus dem letzten Urlaub im Wilden Westen.

Joe Rainey ist Mitglied der Oneida Nation in Wisconsin im Norden der USA. Als Pow-Wow-Sänger begleitet er die traditionellen Feste seiner indigenen Gemeinschaft, aber mit seinem ersten Album »Niineta« räumt er radikal auf mit allen Klischees, die in Umlauf sind über die Musik der sogenannten Indianer. Im Interview bezeichnet Rainey es als weit verbreitetes Missverständnis, dass die Gesänge einen religiösen Charakter hätten. Die erste Single-Auskopplung von »Niineta« trägt denn auch den Titel »No Chants«.

Der 35-Jährige bezeichnet sich selbst als »Pow-Wow-Aktivist und Klangpurist«, der die Stammesgesänge in Minnesota und Wisconsin mit Kassettenaufnahmen dokumentiert. Trotzdem hält er nicht krampfhaft an Traditionen fest. Schon lange blickt er über den Tellerrand und hat dort die lebendige Indie-Rock-Szene rund um den Musiker Justin Vernon alias Bon Iver entdeckt. Mit dem Star der modernen Americana trat Rainey immer wieder auf, wie auch mit anderen Bands der Indie-Szene von Minneapolis.

In deren Rocksongs wirkt seine Stimme fast wie ein Fremdkörper. Ganz anders auf seinem Debütalbum. Obwohl sich Rainey für die Aufnahmen als Partner den Produzenten Andrew Broder geholt hat, der viel für Bon Iver oder The National gearbeitet hat, klingt »Niineta« nicht einmal ansatzweise wie Indie-Rock mit Volksmusik-Verzierungen. Ganz im Gegenteil: Die Gesänge stehen im Mittelpunkt, ihre Authentizität ist hörbar. Für an Pop geschulte Ohren sind die Harmonien ungewohnt, ihre Monotonie ist bisweilen schwer erträglich – das unterscheidet sie von den für Tourist*innen aufbereiteten Gesängen, die in den Shops der Reservate verkauft werden. »Ich wollte einen ganz eigenen Platz im Musikkosmos schaffen«, sagt Rainey, »und Broder war genau der Richtige, die Ideen in meinem Kopf umzusetzen.« Der Produzent fügt mit Sounds aus dem Computer und oft düsteren Klangschlieren den Stücken eine zusätzliche Dimension hinzu, die dafür sorgt, dass garantiert kein Federschmuck-Klischee-Verdacht aufkommt. »Niineta« klingt mitunter unzugänglich, aber jederzeit faszinierend, weil es die Diskrepanzen zwischen Tradition und Moderne in Töne übersetzt, ohne der Vergangenheit ihre Berechtigung abzusprechen. Oder, wie Rainey es formuliert: »Wir wussten sofort, dass unsere Musik nicht bloß ›Indie-Rock trifft auf Pow Wow‹ war. Es war etwas Eigenes. Etwas, das im kosmischen Raum zwischen Futurismus und Tradition schwebt.« ◆

FILM & MUSIK

Kreyolische Zeitreise

Ein staubiges Archiv ist gewöhnlich nicht der Ort, an dem Popmusik ihren Ausgangspunkt findet. Doch genau dort, im Audionachlass des Senders »Radio Haiti«, hat Leyla McCalla, klassisch ausgebildete New Yorker Musikerin mit haitianischen Wurzeln, eine faszinierende Vergangenheit erforscht, die sie zuerst in ein Theaterstück und nun in das Album »Breaking The Thermometer« verwandelt hat. »Radio Haiti-Inter« war das Kind des Journalisten Jean Dominique, der 2000 ermordet wurde, und seiner Ehefrau Michéle Montas, die den Sender noch drei Jahre weiterführte, bevor sie von der Karibikinsel fliehen musste und später als Sprecherin von UN-Generalsekretär Ban Ki-moon agierte. Die regierungskritische Bericht erstattung des Radiosenders, dessen Geschichte Jonathan Demme in seinem Film »The Agronomist« dokumentierte, war auch deshalb so erfolgreich, weil sie in haitianischem Kreyol die gesamte Bevölkerung erreichte – im Gegensatz zu anderen, französischsprachigen Medien. Die Cellistin und Sängerin McCalla hat nun aus Zeitdokumenten, Interviewausschnitten mit Michéle Montas und eigenen Kompositionen eine Reise in die Vergangenheit des Landes geformt. Das klingt akademischer als es sich anhört: Denn die Themen, die sie streift, von Migration über Identitätsfindung und den Kampf gegen die Diktatur und für die Demokratie bis zur fürchterlichen Gewalt, die sich durch die Historie des Inselstaats zieht, stehen in einem fesselnden Kontrast zur federnd leichten musikalischen Umsetzung aus Jazz, Cajun, Folk, Blues und karibischer Musik. McCalla covert die brasilianische Ikone Caetano Veloso, die ebenfalls ins Exil gehen musste, und die haitianische Legende Manno Charlemagne, dessen wundervoll melancholisches »Pouki« typisch ist für »Breaking The Thermometer«: Warum bricht uns das Leben, fragt die Sängerin, aber in ihrer Stimme schwingt die Hoffnung mit, die den Menschen bekanntlich zuletzt verlässt.

Leyla McCalla: »Breaking The Thermometer« (Anti/Indigo)

Existieren im Krieg

Eine wütende Frau schüttet dem Bürgermeister einen Eimer Jauche über den Kopf. Zwei Soldaten binden einen Mann an einer Säule fest, bevor er von einer aufgebrachten Menge zusammengeschlagen wird. Willkür an Checkpoints, Selfies mit Panzern: Sergei Loznitsa schildert in seinem vielfach ausgezeichneten Spielfilm »Donbass« eine brutalisierte Gesellschaft. Bereits vor vier Jahren gedreht, ist der Film nun wieder zu sehen. Alle Einnahmen aus dem Streaming gehen an die »Queere Nothilfe Ukraine«.

Seit 2014 herrscht in der ostukrainischen Region Donbass ein Bürgerkrieg zwischen der ukrainischen Armee und prorussischen Milizen. Wie sich dies auf den Alltag der Menschen auswirkt, ist das Hauptthema dieses in 13 Kapiteln erzählten Spielfilms. Die Gemütslage changiert zwischen Müdigkeit und Fatalismus: »Sie haben uns vertrieben«, sagt eine Frau zu ihrer Sitznachbarin im Zug. »Jetzt leben andere in unserer schönen großen Wohnung. Ist doch gut, dass jetzt jemand da rauf aufpasst.«

Loznitsa selbst beschreibt seinen überzeugend arrangierten Film als cineastische Versuchsanordnung: Er zeige, wie Menschen in einer Situation voller Aggressivität und Zerfall agierten. Die simple Wahrheit: Es sind Menschen, die den Boden für historische Katastrophen bereiten. Das heißt auch, dass eine Situation jederzeit von Menschen geändert werden kann, auch zum Positiven.

Der ukrainische Regisseur stellte sich nach Beginn des Krieges im Februar 2022 eindeutig auf die Seite der Ukraine, forderte jedoch, russische Künstler*innen dürften nicht per se von Kunstveranstaltungen ausgeschlossen werden. Daraufhin wurde er im März wegen »Kosmopolitismus« aus der ukrainischen Filmakademie ausgeschlossen. Das hat durchaus eine absurde Note: Mit diesem Begriff wurden in der Sowjetunion unter Stalin vermeintliche Staatsfeinde gebrandmarkt.

»Donbass«. Regie: Sergej Loznitsa. Darsteller: Boris Kamorzin, Georgi Delijew. Derzeit in den Kinos und als Stream auf https://salzgeber.de

Das Leben als Zivilcourage

»Aufrecht stehn – wenn andre sitzen / Hoffnung haben beim Ertrinken / Nicht im Wohlstand zu versinken / Einen Feind zum Feinde machen / Solidarität mit Schwachen.« Sie habe immer Liebeslieder schreiben wollen, sagt Bettina Wegner, und dann seien ein paar politische dazugekommen.

Zivilcourage ist ein wiederkehrendes Thema in den Texten der 1947 in Berlin geborenen Liedermacherin. Mit »Sind so kleine Hände« über gewaltfreie (staatsbürgerliche) Erziehung wurde sie in den 1970er Jahren berühmt. Die Ballade brachte ihr aber auch den Ruf der sentimentalen Bardin ein – dabei ist ihre Musik voll poetischer Zeilen und stabilem Humor. Mit einem Film hat jetzt der Regisseur Lutz Pehnert dieser Kämpferin für ein gutes Leben ein Denkmal gesetzt.

Wegner wuchs als überzeugte Kommunistin in der DDR auf, avancierte per Talentwettbewerb zum Kinderstar und war früh in der Musik- und Schauspielszene aktiv. Nach dem Einmarsch der Warschauer-Pakt-Staaten in die Tschechoslowakei 1968 geriet die Sängerin mit der DDR-Staatsmacht in Konflikt: Weil sie Protest-Flugblätter verteilt hatte, wurde sie inhaftiert und wegen »staatsfeindlicher Hetze« zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt, die sie in der »Produktion« abarbeitete. Die Prozessaufzeichnungen bilden das Grundgerüst von Pehnerts Film »Bettina«.

Als Liedermacherin durfte Wegner ab 1980 nur noch außerhalb der DDR auftreten, schließlich wurde sie sogar ausgebürgert. In Westberlin trat sie zusammen mit Joan Baez auf. Auch im Westen engagierte sie sich gegen Ungerechtigkeit. Sie organisierte jahrelang eine Mahnwache gegen die Todesstrafe und sammelte mit Amnesty International Unterschriften gegen die Verurteilung des US-Journalisten Mumia Abu-Jamal. »Aufrecht stehn – wenn andere sitzen« ist bis heute die Devise der 74-Jährigen. »Bettina« ist ein guter Einstieg in das Werk dieser künstlerischen Aktivistin.

»Bettina«. D 2022. Regie: Lutz Pehnert. Derzeit in den Kinos

SCHREIBEN SIE EINEN BRIEF

Tag für Tag werden Menschen gefoltert, wegen ihrer Ansichten, Herkunft oder aus rassistischen Gründen inhaftiert, ermordet, verschleppt, oder man lässt sie verschwinden. AMNESTY INTERNATIONAL veröffentlicht an dieser Stelle regelmäßig Geschichten von Betroffenen, um an das tägliche Unrecht zu erinnern. Internationale Appelle helfen, solche Menschenrechtsverletzungen anzuprangern und zu beenden. Sie können mit Ihrem persönlichen Engagement dazu beitragen, dass Folter gestoppt, ein Todesurteil umgewandelt oder ein Mensch aus politischer Haft entlassen wird. Schreiben Sie bitte, im Interesse der Betroffenen, höflich formulierte Briefe an die jeweils angegebenen Behörden des Landes.

• BRI E FE GEGEN DAS VE R GESSEN

Foto: privat

IRAN EBRAHIM BABAEI

Der politische Aktivist Ebrahim Babaei versuchte am 21.Dezember 2021 aus dem Iran zu fliehen, um ungerechtfertigten Haft- und Prügelstrafen zu entgehen. Seitdem fehlt von ihm jede Spur. Ebrahim Babaei hatte vor seinem Verschwinden Angehörigen und Freund*innen mitgeteilt, dass er sich in Maku in der Provinz West-Aserbaidschan befinde. Er wollte ihnen Bescheid geben, sobald die Schleuser*innen grünes Licht für den Aufbruch Richtung türkische Grenze geben würden. Seither hat niemand mehr etwas von ihm gehört. Von den Schleuser*innen hat die Familie widersprüchliche Informationen über seinen Verbleib erhalten. Die Behörden verweigern bis heute jegliche Information darüber, ob Ebrahim Babaei inhaftiert wurde oder nicht. Seine Familie erfuhr erst auf inoffiziellem Wege von einem Geheimdienstmitarbeiter, dass er noch am Leben ist. Ein weiterer Angehöriger des Geheimdienstes teilte der Familie später inoffiziell mit, dass sich Ebrahim Babaei in einer geheimen Haftanstalt befindet.

Bitte schreiben Sie bis 31.Juli 2022 höflich

formulierte Briefe an die Oberste Justiz autorität des Irans. Fordern Sie ihn auf, umgehend das Schicksal und den Verbleib von Ebrahim Babaei bekannt zu geben und seine unverzügliche und bedingungslose Freilassung anzuordnen, da er sich ausschließlich wegen der friedlichen Ausübung seiner Rechte auf Meinungs-, Versammlungsund Vereinigungsfreiheit in Haft befindet. Bitten Sie Herrn Ejei außerdem, dafür zu sorgen, dass Ebrahim Babaei bis zu seiner Freilassung in eine offizielle Hafteinrichtung verlegt wird, dass er vor Verschwindenlassen, Folter und anderen Misshandlungen geschützt wird und regelmäßigen Zugang zu seiner Familie, einem Rechtsbeistand seiner Wahl und einer angemessenen medizinischen Versorgung erhält.

Schreiben Sie in gutem Persisch, Englisch oder auf Deutsch an:

Oberste Justizautorität Gholamhossein Mohseni Ejei c/o Embassy of Iran to the European Union Avenue Franklin Roosevelt No. 15 1050 Brüssel, BELGIEN (Anrede: Your Excellency / Exzellenz) (Standardbrief Luftpost bis 20 g: 1,10 €)

Senden Sie bitte eine Kopie Ihres Schreibens an: Botschaft der Islamischen Republik Iran S. E. Herrn Mahmoud Farazandeh Podbielskiallee 67, 14195 Berlin Fax: 030-832229133 E-Mail: info@iranbotschaft.de (Standardbrief: 0,85 €)

KUBA MAYKEL CASTILLO PÉREZ UND LUIS MANUEL OTERO ALCÁNTARA

Am 11.Juli 2021 fanden in Kuba landesweite friedliche Proteste gegen die Wirtschafts politik, den Mangel an Medikamenten, den Umgang mit Covid-19 und die massiven Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit statt. Hunderte von Menschen, die an den Protesten teilnahmen, wurden von den Regierungsbehörden festgenommen und inhaftiert – unter ihnen auch Maykel Castillo Pérez und Luis Manuel Otero Alcántara. Amnesty International erklärte beide zu gewaltlosen politischen Gefangenen, da sie nur ihr Recht auf freie Meinungsäußerung wahrgenommen hatten. Die beiden gehören zur Initiative Movimiento San Isidro, in der sich zahlreiche Künstler*innen, Journalist*innen, Akademiker*innen und Aktivist*innen für die Meinungsfreiheit auf Kuba engagieren. Die Bewegung wurde ursprünglich gegründet, um gegen das Gesetz Nr. 349 zu protestieren, dass die beiden unverzüglich Zugang zu angemessener Gesundheitsversorgung erhalten, ihr Gerichtsverfahren unabhängig beobachtet werden darf und sie in Zukunft ihr Recht auf freie Meinungsäußerung ungehindert ausüben können.

das 2018 eingeführt wurde und Künstler*innen stark zensiert. Am 8. März kündigte das Städtische Volksgericht von Zentral-Havanna ohne Angabe eines Termins die Eröffnung der mündlichen Verhandlung gegen Maykel Castillo Pérez und Luis Manuel Otero Alcántara an. Ihnen werden unter anderem fortgesetzte Beleidigung der Symbole des Landes, Diffamierung von Institutionen und Organisationen sowie von Helden und Märtyrern, Angriff, Widerstand und Störung der öffentlichen Ordnung vorgeworfen. Die Staatsanwaltschaft fordert zehn bzw. acht Jahre Haft. Im März 2022 erfuhr Amnesty, dass sich der durch die Haft ohnehin schon schlechte Gesundheitszustand von Maykel Castillo Pérez weiter verschlechtert hat. Auch Luis Manuel Otero Alcántara geht es inzwischen gesundheitlich sehr schlecht. Die notwendige ärztliche Hilfe erhalten sie beide nicht.

Bitte schreiben Sie bis 31.Juli 2022 höflich

formulierte Briefe an den Präsidenten von Kuba und fordern Sie ihn auf, Maykel Castillo Pérez und Luis Manuel Otero Alcántara umgehend freizulassen und das Verfahren gegen sie einzustellen. Dringen Sie darauf,

Schreiben Sie in gutem Spanisch, Englisch oder auf Deutsch an:

Miguel Díaz Canel Presidente de la República de Cuba Hidalgo, Esquina 6. Plaza de la Revolución La Habana, CP 10400, KUBA E-Mail: despacho@presidencia.gob.cu Twitter: @DíazCanelB, Facebook: @PresidenciaDeCuba (Anrede: Dear President Díaz-Canel / Sehr geehrter Herr Präsident) (Standardbrief Luftpost bis 20 g: 1,10 €)

Senden Sie bitte eine Kopie Ihres Schreibens an:

Botschaft der Republik Kuba I. E. Frau Juana Martínez González Stavanger Straße 20, 10439 Berlin Fax: 030-44737038 E-Mail: recepcion@botschaft-kuba.de (Standardbrief: 0,85 €)

SAUDI-ARABIEN SULAIMON OLUFEMI

Dem nigerianischen Staatsbürger Sulaimon Olufemi droht in Saudi-Arabien die Hinrichtung. Er gehörte zu Hunderten Staatsangehörigen Somalias, Ghanas und Nigerias, die im September 2002 im Zuge von Massenfestnahmen nach einem Streit, der den Tod eines saudi-arabischen Polizisten zur Folge hatte, inhaftiert wurden. Im Mai 2005 wurde der damals 39-Jährige in einem unfairen und nicht öffentlichen Verfahren zum Tode verurteilt. Er gab an, während der Verhöre gefoltert worden zu sein. Während elf seiner Mitangeklagten im April 2017 aus der Haft entlassen wurden, nachdem sie ihre 15-jährigen Haftstrafen verbüßt hatten, droht Sulaimon Olufemi die Vollstreckung seines Todesurteils. Die saudische Menschenrechtskommission gab 2007 bekannt, dass das gegen Sulaimon Olufemi verhängte Todesur-

Briefentwürfe auf Englisch und Deutsch finden Sie unter www.amnesty.de/briefe. Sollten Sie eine Antwort auf Ihr Appellschreiben erhalten, schicken Sie sie bitte an: info@amnesty.de teil sowohl vom Kassationsgericht als auch vom Obersten Justizrat bestätigt worden sei. Somit hat Sulaimon Olufemi keine weiteren Möglichkeiten, Rechtsmittel einzulegen. Er ist nach wie vor im Gefängnis von Dhaban inhaftiert und beteuert seine Unschuld. Angesichts der aktuellen Massenhinrichtungen in Saudi-Arabien ist der Einsatz für Sulaimon Olufemi dringlicher denn je!

Bitte schreiben Sie bis 31.Juli 2022 höflich

formulierte Briefe an den saudischen König, in denen Sie ihn bitten, das Todesurteil gegen Sulaimon Olufemi aufzuheben und ein neues Verfahren anzuordnen, das internationalen Standards für faire Verfahren entspricht und nicht auf die Todesstrafe zurückgreift. Bitten Sie ihn außerdem, eine unabhängige Untersuchung der Folter- und Misshandlungsvorwürfe einzuleiten und dafür zu sorgen, dass Sulaimon Olufemi ein regelmäßiger Kontakt zu einem Rechtsbeistand seiner Wahl gewährt wird.

AMNESTY INTERNATIONAL

Zinnowitzer Straße 8, 10115 Berlin Tel.: 030 - 42 02 48 - 0, Fax: 030 - 42 02 48 - 488 E-Mail: info@amnesty.de, www.amnesty.de

Schreiben Sie bitte in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch an:

His Majesty King Salman bin Abdul Aziz Al Saud The Custodian of the two Holy Mosques Office of His Majesty the King, Royal Court Riyadh, SAUDI-ARABIEN Fax: 00966-114033125 Twitter: @KingSalman (Anrede: Your Majesty / Majestät) (Standardbrief Luftpost bis 20 g: 1,10 €)

Senden Sie bitte eine Kopie Ihres Schreibens an:

Botschaft des Königreichs Saudi-Arabien S. E. Herrn Essam Ibrahim H. Baitalmal Tiergartenstraße 33–34, 10785 Berlin Fax: 030-88925176 E-Mail: deemb@mofa.gov.sa (Standardbrief: 0,85 €)

Bleibt aufmerksam und bleibt laut!

Eindrücke von der 57. Amnesty-Jahresversammlung in Köln: Die Internationale Generalsekretärin Agnès Callamard spricht zum Krieg in der Ukraine, Aktivist*innen machen sich für das Recht auf Meinungsfreiheit stark, und der Vorstand erinnert an vergessene Konflikte.

Auf der Tagesordnung stand für Amnesty International in Deutschland, das eigene Engagement zu justieren. 500 Mitglieder und Delegierte kamen am Pfingstwochenende zur Jahresversammlung nach Köln. Viele weitere, darunter auch die Internationale Generalsekretärin Agnès Callamard, waren online zugeschaltet. Vom Rhein aus, dort war Amnesty in Deutschland 1961 gegründet worden, sandte die Menschenrechtsorganisation wichtige Signale in die Welt.

Callamard sprach über den Krieg in der Ukraine und seine globalen Auswirkungen: »Der Angriff auf die Ukraine ist ein Test für den Schutz von Normen, die auf Menschenrechten, internationalem Recht und Menschenwürde basieren. Dieses Schlachtfeld muss alle Staaten auf der Welt involvieren, nicht nur westliche Staaten. Denn die Ukraine ist nicht nur ein Problem des Westens oder der europäischen Staaten, sondern ein globales Problem, das eine globale Reaktion verlangt –nämlich globale Solidarität.«

Ohne das Recht auf Meinungsfreiheit und die damit verwandten Rechte hat es globale Solidarität aber schwer. Auf diesen Zusammenhang wiesen am Pfingstsamstag rund 150 Amnesty-Aktive und Unterstützer*innen auf dem RoncalliPlatz neben dem Kölner Dom hin. Sie forderten mit Slogans wie #RaiseYourVoice und #ProtectTheProtest, die Menschenrechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit weltweit zu wahren. Zudem präsentierten Amnesty sowie der Künstler und Satiriker Jacques Tilly eine eigens für die Aktion angefertigte Großplastik: »Ohne Meinungsfreiheit kann ich meine Arbeit nicht machen. Diese Plastik ist damit auch eine Solidaritätsaktion für all die unterdrückten Satiriker und Journalisten und Menschen in aller Welt, die ihren Mund nicht aufmachen können oder nur unter schwierigen Umständen«, sagte Tilly in Köln.

Markus N. Beeko, Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland, stellte fest: »Menschen, die sich für die universelle Gültigkeit von Menschenrechten einsetzen und daran erinnern, werden in immer mehr Ländern dafür verfolgt und bedroht.« Beeko bedankte sich bei den Amnesty-Gruppen und -Aktivis t*innen, die Flüchtenden aus der Ukraine Schutz und Unterstützung zukommen ließen, und wünschte allen Anwesenden: »Bleibt gesund und bleibt laut!«

Eindringliche Worte fand Dan Yirga Haile, der geschäftsführende Direktor des Äthiopischen Menschenrechtsrats (EHRCO). Die Organisation hatte im Juni den diesjährigen Menschenrechtspreis von Amnesty International in Deutschland bekommen. Dan Yirga Haile betonte, Amnesty habe dem EHRCO mit der Auszeichnung gezeigt, dass Aufhören keine Option sei: »In den vergangenen Jahren gab es viele Momente, in denen wir dachten, wir seien allein. Hier und jetzt wissen wir: Ihr steht an unserer Seite. Lasst uns gemeinsam unsere Stimme erheben für Meinungsfreiheit, Demokratie und Menschenrechte für alle.« Äthiopien leidet seit Herbst 2020 unter einem Bürgerkrieg, der vor allem den Norden des Landes betrifft und die ohnehin fragile Menschenrechtslage weiter gefährdet.

Die Jahresversammlung reagierte außerdem auf aktuelle Entwicklungen. Sie kritisierte die Zwangsauflösung der internationalen Gesellschaft Memorial und des Menschenrechtszentrums Memorial durch die russischen Behörden ebenso wie Menschenrechtsverletzungen durch Sicherheitskräfte in El Salvador. Auch der Schutz von Menschen auf der Flucht war Thema mehrerer Beschlüsse.

Wassily Nemitz, Vorstandssprecher von Amnesty International in Deutschland, sagte: »Menschenrechte stehen weltweit unter Druck. Der Angriffskrieg auf die Ukraine ist nur die Spitze eines Eisbergs von Menschenrechtsverletzungen in vielen Ländern. Dazu gehören auch viele vergessene Konflikte. Deshalb ist es wichtig, dass Amnesty International immer wieder auf diese Menschenrechtsverletzungen aufmerksam macht.« ◆

Laut werden und den Protest schützen: Amnesty demonstriert in Köln, Pfingsten 2022.

Herausragende Kunstedition immer noch erhältlich

Kunstliebhaber*innen und Amnesty-Unterstützer*innen können weiterhin die in einer limitierten Auflage entstandene »Art 19 –Box One« erwerben. Sie enthält zehn Originalgrafiken von Yoko Ono, Gerhard Richter, Shirin Neshat, Rosemarie Trockel, Shilpa Gupta, Ilya & Emilia Kabakov, William Kentridge, Chiharu Shiota, Kiki Smith und Ayşe Erkmen. Die weltweit bekannten Künst ler*in nen haben die Werke geschaffen, um Amnesty zu unterstützen. »Ich bin seit fast zwei Jahrzehnten aktive Unterstützerin und stolzes Mitglied von Amnesty International«, sagt Yoko Ono. »Es gibt keinen größeren Verfechter, keine stärkere Initiative für die Menschenrechte in unserer Welt als Amnesty.« Die Aktion wurde von der Initiative Art 19 ins Leben gerufen. Der Name Art 19 bezieht sich auf Artikel 19 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte: »Jeder hat das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung.« Art 19 kooperiert mit Amnesty International, die Menschenrechtsorganisation arbeitet wiederum seit Jahrzehnten mit Künstler*innen aus aller Welt zusammen. Box One kostet 50.000 Euro; Box Two ist bereits in Arbeit.

Mehr Infos unter: www.art-19.com

William Kentridge, God's Opinion is Unknown, 2019. © Art 19 GmbH

Große Kunst für die gute Sache. Grafiken aus »Art 19 – Box One«.

Rosemarie Trockel, Film Muet, 2019. © Art 19 GmbH 2019. © Art 19 GmbH –Shirin neshat, The Home of My Eyes, 2015

IMPRESSUM

Amnesty International Deutschland e.V. Zinnowitzer Str. 8, 10115 Berlin Tel.: 030-420248-0 E-Mail: info@amnesty.de Internet: www.amnesty.de Redaktionsanschrift: Amnesty International, Redak tion Amnesty Journal Zinnowitzer Str. 8, 10115 Berlin E-Mail: journal@amnesty.de Adressänderungen bitte an: info@amnesty.de Redaktion: Maik Söhler (V.i.S.d.P.), Nina Apin, Anton Landgraf, Tobias Oellig, Pascal Schlößer, Uta von Schrenk, Lena Wiggers Mitarbeit an dieser Ausgabe: Birgit Albrecht, Astrid Benölken, Sergio Chianese, Hannah El-Hitami, Peter Franck, Frauke Gans, Anna Lena Glesinski, Oliver Grajewski, Ulrich Gutmair, Vincent Haiges, Kristina Hatas, Knut Henkel, Katja Herzberg, Melanie Huber, Sead Husic, Jürgen Kiontke, Patrick Loewenstein, Tigran Petrosyan, Christa Rahner-Göhring, Lena Reich, Wera Reusch, Andrzej Rybak, Till Schmidt, Parastu Sherafatian, Keno Verseck, Franziska Vilmar, Cornelia Wegerhoff, Johanna Wild, Thomas Winkler, Marlene Zöhrer, Tobias Zuttmann Layout und Bildredaktion: Heiko von Schrenk/schrenkwerk.de Druck und Verlag: Hofmann Druck, Nürnberg Spendenkonto: Amnesty International Bank für Sozialwirtschaft IBAN: DE23 3702 0500 0008 0901 00 BIC: BFS WDE 33XXX (Konto: 80 90 100, BLZ: 370 205 00) ISSN: 2199-4587

Der Verkaufspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten. Für unverlangt eingesandte Artikel oder Fotos übernimmt die Redaktion keine Verantwortung. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung von Amnesty International oder der Redaktion wieder. Die Urheberrechte für Artikel und Fotos liegen bei den Autoren, Fotografen oder beim Herausgeber. Der Nachdruck von Artikeln aus dem Amnesty Journal ist nur mit schriftlicher Genehmigung der Redaktion erlaubt. Das gilt auch für die Aufnahme in elektronische Datenbanken, Mailboxen, für die Verbreitung im Internet oder für Vervielfältigungen auf CD-Rom.