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Hütte der Zukunft

Mit Blick auf den Klimawandel, wie kann der Hüttenbetrieb so nachhaltig wie möglich gestaltet werden? Ein Blick auf die Kulinarik.

von Carolin Scharfenstein

Der Klimawandel macht auch vor den Bergen nicht halt. Umso wichtiger ist es, dass wir die alpine Landschaft, in der unsere Alpenvereinshütten stehen, schützen. Der Klimaschutz hat dabei oberste Priorität. Die Maßnahmen, um den Hüttenbetrieb nachhaltig zu gestalten, sind vielfältig und so individuell wie jede Hütte selbst. Rege diskutiert wird die Ausrichtung zu einem vermehrt vegetarischen oder sogar veganen Angebot.

Lässt man die Emotionalität bei diesem polarisierenden Thema beiseite, spricht für einen Verzicht auf tierische Produkte auf der Hütte in erster Linie die Einsparung von Treibhausgasemissionen, die bei der Haltung und Verarbeitung der Tiere sowie beim Anbau von Futtermitteln entstehen. Dazu kommt: Nicht nur Fleisch erzeugt hohe CO2-Emissionen, sondern auch Molkereiprodukte. Deren Weg zur und die Lagerung auf der Hütte spielen eine nicht unerhebliche Rolle.

Energie und Alternativen

Ein sehr hoher Energiebedarf ergibt sich aus der meist deutlich erschwerten Anlieferung über längere und schwierige Wege, sodass manchmal auch Flugtransporte notwendig werden. Dazu kommen die nachgehende notwendige Kühlung und die schnellere Verderblichkeit von tierischen Produkten. Gerade auf schwer erreichbaren Hütten sind die Planung der Belieferung und die Besucherzahlen stark vom Wetter abhängig. Als Folge kann die Abfallmenge durch nicht verbrauchte Lebensmittel steigen, die wieder ins Tal transportiert werden müssen.

Alternative Proteinquellen zu Fleisch gäbe es reichlich: Hülsenfrüchte wie Linsen enthalten hochwertiges Eiweiß und wichtige Nährstoffe. Diese Nahrungsmittel können zu einer Vielzahl an Gerichten verarbeitet werden. Gleichzeitig sind sie einfach zu lagern und weisen eine lange Haltbarkeit auf. Tom und Evelyn von der Franz-Fischer-Hütte im Salzburger Lungau machen sich diese Eigenschaften zunutze und kochen auf ihrer fleischlosen Alpenvereinshütte schmackhafte vegetarische und vegane Gerichte. Den Erfolg des Konzepts zeigen die vielen zufriedenen Gäste: Seit der Umstellung verzeichnet die Franz-Fischer-Hütte steigende Besucherzahlen. Gerade die jüngeren Generationen fragen vegetarische und vegane Hüttenkost vermehrt nach.

Einen Kompromiss geht Werner Kuba von der Neuen Reichenberger Hütte ein. Die Logistik zur Hütte auf 2.586 m in der Venedigergruppe ist schwierig, daher gibt es hier lediglich Speck als einziges Fleischprodukt, da dieser auch ungekühlt lange haltbar ist. Zudem kann der Speck regional bezogen werden.

Erschwerte Logistik auf der Neuen Reichenberger Hütte in der Venedigergruppe
Foto: Karl Zettebauer

Regionalität

Womit wir beim nächsten wichtigen Stichwort wären: Die Regionalität von Produkten spielt eine zweite wichtige Rolle bei der nachhaltigen Gestaltung des Hüttenbetriebs, insbesondere aufgrund der geringeren Emissionen, die bei kurzen Transportwegen anfallen. Aber auch auf wirtschaftlicher und sozialer Ebene wird durch den regionalen Einkauf die regionale (Land-) Wirtschaft unterstützt und es können Arbeitsplätze gesichert werden. Umgesetzt wird das bei den Alpenvereinen durch die Initiative „So schmecken die Berge“. Auch Biolebensmittel und -produkte punkten in Bezug auf Klimaschutz, insbesondere der Verzicht auf Pestizide und Dünger schont die Biodiversität. Dessen sind sich auch Eva und Martin vom Hochlecken-Haus im Salzkammergut bewusst und bieten seit dieser Saison nur mehr biozertifizierte Lebensmittel an.

Selbstgemachte Produkte wie Marmelade, eingelegtes Gemüse und eingemachtes Obst steigern nicht nur die Attraktivität der Hüttenspeisekarte, sondern sind auch meist gesünder und sparen Emissionen im Vergleich zu industriell verarbeiteten Produkten.

Sirup statt Softdrinks

Eine Bergtour macht nicht nur hungrig, sondern auch durstig, und ein kühles Getränk auf der Terrasse mit Bergblick darf nicht fehlen. Die Logistik hinter den auf der Hütte schnell bestellten Getränken ist aber nicht unerheblich. Einen geringeren Transportaufwand hin und retour sowie weniger Abfall – der nach dem Austrinken wieder zurück ins Tal gebracht werden muss – bieten Sirupe, Fruchtsaftkonzentrate oder auch Teegetränke. Am besten schmecken diese selbstgemacht aus heimischen Kräutern und Früchten. Dazu kommt, dass für die Erzeugung dieser vielfältigen Säfte und Tees auf manchen Hütten das beste Quellwasser unserer Alpen verwendet werden kann.

Nicht nur die Energieversorgung ist eine Herausforderung auf Hütten, sondern auch die Verfügbarkeit von (Trink-) Wasser. Deshalb lautet das oberste Gebot: Wasser sparen! Beim Hüttenbesuch heißt das aufs Duschen zu verzichten, stattdessen den Waschlappen zu verwenden, und für den Hüttenbau bedeutet dies einen vermehrten Einsatz von Trockentoiletten.

Mit all diesen – und noch vielen anderen technischen und organisatorischen – Maßnahmen können wir alle einen Beitrag leisten, um auch noch in der Zukunft eine intakte Bergwelt und Hütteninfrastruktur genießen zu können.

Foto: Georg Kukuvec Photography

Carolin Scharfenstein ist Mitarbeiterin der Abteilung Hütten und Wege im Österreichischen Alpenverein.

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