Von Liebesäpfeln aus Herxheim Im kleinen pfälzischen Ort Herxheim wachsen Tomaten für Alnatura. Wie genau, das erklären Landwirt Martin Rothenbücher und Karsten Kirsch.
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IS INS 19. JAHRHUNDERT NANNTE MAN SIE LIEBESAPFEL oder Goldapfel (im Italienischen »po-
modoro«). Ihr ursprünglicher, aztekischer Name xitomatl« stammt aus ihrer mittel- und südamerikanischen » Heimat. Die Rede ist von der Tomate. Kolumbus brachte sie vermutlich um 1500 nach Europa. Heute bringen Martin Rothenbücher und Karsten Kirsch die Tomaten in die Alnatura Super Natur Märkte. Rothenbücher ist Landwirt, Kirsch Vertriebsleiter des Großhandels für Agrarprodukte Maurer Parat. Seit 2015 arbeiten die beiden zusammen und sind schon jetzt ein gut eingespieltes Team. Rothenbüchers Sandhof befindet sich in Herxheim bei Landau. Der kleine pfälzische Ort liegt an der Südlichen Weinstraße, die dank ihres sonnigen, milden Klimas gern als Toskana Deutschlands bezeichnet wird. Hier pflanzt Rothenbücher unter anderem Tomaten wie die Sorten Sunstream, Savantas, Lyterno und Sakura. Erstmals wächst in diesem Jahr im Gewächshaus auch die alte Sorte Auriga – Rothenbücher gehört zu den fünf Landwirten in Deutschland, die diese alte Sorte exklusiv für Alnatura anbauen. Dass die Auriga hier wächst, hat die Zusammenarbeit mit ProSpecieRara möglich gemacht. Die Schweizer Stiftung ist eine nicht profitorientierte Organisation, die 1982 gegründet wurde, um gefährdete Nutz tierrassen und Kulturpflanzen vor dem Aussterben zu bewahren. Dank ihrer Unterstützung bietet Alnatura neben der Auriga auch vier weitere alte Sorten an: die Aubergine »Rotonda Bianca«, die Zucchini »Tondo di Piacenza«, den Kohlrabi »Blaro« und die Kartoffel »Blaue St. Galler«.
DIE FRÜCHTE DER AURIGA sind leicht oval, mittelgroß, und
wenn sie reif sind, leuchten sie orangerot. Ihr Fruchtfleisch ist saftig-süß, es hat wenig Säure. Ihre Schale ist etwas dicker und im vollreifen Stadium ohne Blanchieren abziehbar. Sie eignet sich ideal für Salate oder den puren Genuss. Gründe, eine alte Sorte zu pflanzen, gibt es viele: Die Vielfalt von Pflanzenarten wird gefördert, alte Sorten sind oftmals besonders widerstandsfähig. Die Auriga ist beispielsweise sehr unempfindlich gegen die typische Tomatenkrankheit Braunfäule – und dazu mit ihren charakteristischen Aromen eine kulinarische Bereicherung. Anfang bis Mitte April werden Jungpflanzen an Rothenbücher geliefert, die dann im Gewächshaus eingepflanzt
erden. Seine Bio-Tomatenpflanzen werden bis zu sieben w Meter lang. Konventionelle Tomatenpflanzen erreichen im Vergleich eine Länge von bis zu 15 Metern, sie wachsen sehr schnell. Aber: Je langsamer eine Pflanze wächst, umso mehr Geschmack kann sie entwickeln. »Die Tomate ist eine Diva«, erklärt Kirsch, der wie Rothen bücher auf einem Hof aufwuchs und den Beruf Gemüsebauer lernte, bevor er Biologie studierte. »Die Pflanzen brauchen sehr viele Nährstoffe, mögen es nicht zu kalt, aber auch nicht zu warm. Nur bei 16 bis 25 Grad Celsius und 70 bis 86 Prozent Luftfeuchtigkeit fühlen sie sich wohl«, weiß Kirsch. SIEBEN MITARBEITER UNTERSTÜTZEN ROTHENBÜCHER BEI DER ERNTE. In der Hauptsaison werden zusammen bis
zu zehn Tonnen in der Woche geerntet. Bevor aber geerntet werden kann, braucht Rothenbücher die Hilfe kleiner, dicker, pelziger Tiere. Ein Schwarm Hummeln lebt im Gewächshaus und ist von April bis Oktober für die Bestäubung der Tomaten pflanzen zuständig. Im Vergleich zu Bienen vertragen Hummeln die niedrigen Temperaturen besser, dazu sind sie etwas gelassener und somit einfacher im Umgang. Ihre Arbeit ist sehr wichtig, denn ohne die Bestäubung blieben die Tomaten klein und hart. Beim Bio-Anbau werden Tomaten mit dem Spurenelement Kupfer vor Kraut- und Braunfäule geschützt, während in der konventionellen Landwirtschaft chemische Fungizide (Antipilzmittel) gespritzt werden. Darüber hinaus werden im BioAnbau die Tomaten in die Erde gepflanzt, im konventionellen in Steinwolle. »Natürlich ist die Bio-Landwirtschaft auch anstrengend. Aber man hat immer frische Luft und seine Freiheit«, so Rothenbücher über seinen Traumberuf. Kirsch kennt beide Seiten, die Welt des Bauern und die des Einzelhandels. Ihm ist es besonders wichtig, eine Brücke zu schlagen und den Verbraucher aufzuklären: »Die Mentalität ›Leben im Überfluss‹ ist mit der Landwirtschaft einfach nicht vereinbar. Daher ist es mir wichtig, ein Basiswissen beispielsweise über saisonales Gemüse zu vermitteln.« Die Saison der deutschen Tomaten beginnt Ende Juni und geht bis in den November hinein. Beste Zeit für Tomaten ist also genau jetzt. GS
Alnatura Magazin 07.2016
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I M S U P E R N AT U R M A R K T
H E R S T E L L E R - R E P O R TA G E