Matakas, Familienstürme

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Psychische Symptome

A

n dem Morgen, an dem die Geschichte beginnt, war Barbara zwanzig Jahre alt. Sie hatte lange und gut geschlafen, was sie nicht oft von sich sagen konnte. Heute würde sie auch nicht so bald das warme Bett verlassen. Sie schlief nicht und dachte auch an nichts Bestimmtes. Eigentlich sollte sie schon aufgestanden sein. Außer der Mutter, die sich eine Etage tiefer zu schaffen machte, war niemand im Haus. Vielleicht würde sie gleich kommen und sie aus dem Bett scheuchen. Genau wusste Barbara das nie. Manchmal kam sie, manchmal kam sie nicht. Manchmal war sie dann böse, manchmal freundlich. Heute schien sie nicht zu kommen. Allmählich wurde Barbara wacher und ihre Gedanken wurden klarer. Was würde sie heute essen? Die Mutter hatte bestimmt schon alles bereitgestellt. Das Brötchen würde sie nicht anrühren. Wasser würde sie trinken, vielleicht etwas Obstsaft dazu. Dass eine zwanzigjährige Frau beim morgendlichen Erwachen als Erstes daran denkt, wie die Mutter wohl gelaunt ist und wie sie es vermeiden kann, das von ihr zubereitete Frühstück zu essen, lässt uns vermuten, dass es Konflikte zwischen beiden gibt. Es war Sommer und die Sonne schien durchs Fenster. Das Licht blendete sie, aber das registrierte sie kaum. Regenwetter hätte ihr genauso gefallen. Sie rollte sich aus dem Bett. Die Morgentoilette machte sie sorgfältig, die war ihr wichtig. Sie duschte lange. Den ganzen Körper seifte sie ein. Ihre Hand glitt über die Haut, über jeden Teil des Körpers. Dann stellte sie sich wieder unter die Brause und fühlte den Schaum mit dem Wasser den Körper hinunterrinnen. Danach betrachtete sie sich lange im Spiegel. Sie war jetzt ganz sauber, überall. Sie war dünn, ja mager, und hatte einen feinen Knochenbau. Die Schultern fielen nach unten und ließen den langen Hals noch länger erscheinen. Ihre Brüste waren kaum gewölbt, aber die Brustwar12


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