UNIVERSALIS Nr. 9

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Universalis Das Alanus Magazin  |  Ausgabe 09  |  April 2017

Titelthema

Sprache in Bewegung Von Speed-Deutsch bis zum Sprechen mit Händen und Füßen, Seite 6 – 17

www.alanus.edu/universalis


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Editorial 3

Liebe Leserinnen und Leser … Sprache formt unsere Wahrnehmung und Wirklichkeit. Friedrich Nietzsche etwa spricht von der Wahrheit als einem „beweglichen Heer von Metaphern“, „einer Fabel“. In diesem Sinne ist Wirklichkeit in erster Linie sprachlich konstruiert. Alle Versuche, Denken und Sprache fixieren zu wollen, sind somit zum Scheitern verurteilt. Wo Sprache ist, kann keine Starre herrschen. Sprache ist in permanenter Bewegung, und Bewegungen – physische sowie mentale – erzeugen wiederum Sprache und ihre Bedeutung. Auch rasante gesellschaftliche Entwicklungen halten die Strukturen der Sprache auf Trab: Roland Kaehlbrandt diagnostiziert ein neues „Speed-Deutsch“ und konstatiert: „Der Sprachwandel gibt Gas.“ Im Leitartikel dieser Ausgabe lesen Sie, dass in schnelllebigen Zeiten der digitalisierten Welt Medien und Akteure Buchstaben im Überfluss produzieren; neben dieser regelrechten Kommunikationsflut zeichnet sich bei der Jugend hingegen ein Trend zum „Dialog im Stakkato“ ab. Sprache besteht aber nicht nur aus der Summe mündlicher und schriftlicher Äußerungen. Auch wer schweigt, spricht, und Nicht-Sprechen kann eine tiefere Bedeutung haben. Non-verbale Kommunikation ist zwar nicht Teil unseres „buchstäblichen“ Sprachenregisters, sehr wohl aber des emotionalen. Wie wir Körpersprache beurteilen, hängt schlussendlich von unserem kulturell erlernten „Körperwissen“ ab. Insbesondere für Kinder und deren Sprachbildung sind Bewegung und die Entwicklung der Sensomotorik von zentraler Bedeutung. Die Waldorfpädagogik berücksichtigt daher in sprechpädagogischen Ansätzen intensiv Bewegung und Beweglichkeit. Körper und Sprache bringen auch die Eurythmisten auf der Bühne in Einklang. Die Eurythmie greift Laute auf und überführt sie in einen Bewegungsfluss. Auch ein Ort wie die Alanus Hochschule ist immer in Bewegung: Mit dem Ausscheiden von Marcelo da Veiga als Rektor geht eine Ära zu Ende. In den 15 Jahren seiner Amtszeit hat er die Hochschule maßgeblich geprägt und mit Unterstützung zahlreicher Partner und Kollegen eine Vision zur Realität werden lassen. Wir danken ihm für sein besonderes Engagement. In unserem Porträt gehen wir auf die Meilensteine seines Erfolges noch einmal genauer ein. Unser Dank gilt auch den Prorektoren Annette Weißkircher und Horst Philipp Bauer, die wir mit ihm verabschieden. Seinem Nachfolger im Rektorenamt Stefan Hasler wünschen wir viel Erfolg während seiner Amtszeit.

Ihre Dr. Julia Wedel Leiterin Hochschulkommunikation

Unser Magazin können Sie kostenlos abonnieren unter www.alanus.edu/ universalis


Inhalt 4

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Titelthema Sprache in Bewegung 6 Schnell – schneller – Speed-Deutsch! Der Sprachwandel gibt Gas 10

Sprachförderung – (k)ein Thema für die Schule?

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Kolumne: Über Alanisch und andere Jargons

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Wie der Körper spricht

16 Sprechen mit Händen und Füßen Eurythmie und Sprache? Stimmen aus dem Fachgebiet Eurythmie

20 Campus 18

Mit Folie den Raum erobern Kunstaktion am Bahnhof Hürth-Hermülheim

20

Autonome Künstler, keine Sklaven Die Zukunft der Schauspielausbildung

22

Von der Armee ins Atelier

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Das weiße Blut Phasen der Krankheitsbewältigung in den Bildern eines Patienten

Forschung 26 Neues Verfahren: Mit TRIALOG kindliche Entwicklung dokumentieren 28

Von der Legebatterie zum Zweinutzungshuhn Fallstudie über Nachhaltigkeitsstandards in der Eierindustrie

30 Waldorfpädagogik im Aufwind Ein Kommentar 31

Freizeitspaß inklusive Studie über die Freizeit von Menschen mit Behinderungen

Abschlussjahrgang 2015 des Bachelorstudiengangs Eurythmie © Fachgebiet Eurythmie


Inhalt 5

Die abgebildeten Werke sind Arbeiten, die im Kontext der Alanus Hochschule oder des Alanus Werkhauses ­entstanden sind.

Werkhaus 32

Kunstkompass Orientieren mit Mitteln der Kunst

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Keine Angst vor der leeren Leinwand

Der besondere Ort 35

Der Garten in Mannheim

Menschen 36

Eine Pionierzeit geht zu Ende Marcelo da Veiga legt zum 31. März 2017 das Amt des Rektors nieder

38

Gabriele Oberreuter – Eine Professorin, die Begeisterung für Kunst weckt

Engagement

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„Crowdfunding ist sexy“ Interview mit Jacob Hörisch

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Vom Kinderbuch bis zur Reise zum Mond Eine Auswahl an Crowdfunding-Projekten an der Alanus Hochschule

43

Der Digitalpakt: ein Trojanisches Pferd Statement von Paula Bleckmann zur aktuellen Bildungspolitik

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Kurz und knapp

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Terminvorschau

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Impressum

Weitere Informationen zum Hochschulgeschehen finden Sie unter k www.alanus.edu. Oder besuchen Sie die Weiterbildungseinrichtung unter k www.alanus.edu/werkhaus.


Titelthema: Sprache in Bewegung 6

S   chnell − schneller − Speed-Deutsch! Der Sprachwandel gibt Gas


Titelthema: Sprache in Bewegung 7

Wir sind Zeugen und Mitgestalter rasanter technischer und kultureller Veränderungen. Eine weltumspannende Vernetzung ermöglicht massenhafte Direktkommunikation. Aufschiebende Kommunikationswege vergangener Zeiten sind von der weltweiten Unmittelbarkeit kommunikativer Akte abgelöst worden. Damit verbunden sind spezielle Erwartungen an Reaktionszeit und -qualität: Auf E-Mails, SMS, Facebook-Postings und WhatsApp-Nachrichten soll umgehend reagiert werden. Erwartet werden kurze Texte, keine langen Ausführungen. Die Direktheit, die Unmittelbarkeit und die Schnelligkeit des mündlichen wie schriftlichen Kommunizierens haben Einfluss auf den Sprachgebrauch. Die derzeit sichtbarste Folge ist die Aufhebung der uralten Grenze zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit. Das führt zur Veränderung und Beschleunigung des Schriftsprachgebrauchs. Das Schreiben ist gewöhnlich ein Prozess der Verlangsamung. Die Norm der Schriftsprache, so wie wir sie in der Schule lernten, schreibt vor: Worte werden sorgfältiger gewählt als beim Sprechen; vollständige Sätze sind die Regel. Dem Schreiben, selbst in privaten, persönlichen Zusammenhängen, haftete über Jahrhunderte denn auch etwas Formelles an. Nun aber dringen Besonderheiten des Mündlichen ins Schriftliche vor. Es sind vor allem verkürzte, unvollständige Formen: Man lässt einfach alles weg, was nicht unbedingt zur Verständlichkeit gebraucht wird. Komplizierte Grußformeln entfallen. In E-Mails machen sich derzeit auch in beruflichen Kontexten Hallo oder Liebe alle breit. Abkürzungen, häufig aus dem Englischen, sind beliebt, wir kennen es teils auch aus der Werbung: 2 go, 2 C, lol. Wörter werden oft rein phonetisch geschrieben, das geht schneller und wirkt lässiger: ma für mal, nochn für noch ein, nich für nicht, is für ist. Pronomen kann man weglassen: Komme gleich; war cool; kann schnell gehen, bin krank. 1 Is hat sich inzwischen weiterentwickelt zur Bestätigungsformel isso. Zu den Verkürzungsformen kann auch die ironische


Titelthema: Sprache in Bewegung 8

oder auch ernst gemeinte Verwendung von Kiezdeutsch zählen – in der Art von lassma Kino gehen. 2

Mega nice oder übelst krass?! Für den mündlichen und damit auch gleich für den schriftlichen Sprachgebrauch sind in der letzten Zeit viele Kurzformen entwickelt worden, die sich sehr rasch verbreiten. Die überwiegend jungen Sprachschöpfer sind überaus aktiv, begünstigt durch massenhafte Kommunikation und mithin hohe Verbreitungsgeschwindigkeit. Neue Einoder Zwei-Wort-Kommentare werden in Hülle und Fülle entwickelt und verbreitet. Eine kleine Auswahl: Mega wird gefolgt von mega nice; weitere Steigerungsformen sind voll nice (schon etwas älter) und obernice. Voll ist nach wie vor ange-

Satzfragmente, die aber gedanklich leicht zu ergänzen sind, dienen zum Beispiel der schnellen Ratgebung: besser isses. Hier wird ein ganzer Nebensatz gespart (Wenn du das machst, ist es besser für dich). Zu der Gruppe der kurzen Ratgebungen gehört auch das bekannte Gönn dir. Verbreitet ist chill ma! oder chill mal dein Leben! oder auch chill mal deine Base als gutmütiger Rat, gern auch gegenüber besorgten Eltern.3 Stark verkürzt ist die Form als ob!, mit der deutlicher Zweifel geäußert wird.

Dialog im Stakkato Neue, kurze Frageformen rhythmisieren den mündlichen wie schriftlichen Dialog im Stakkato. Es handelt sich dabei nicht um rein sachbezogene Frageformen, sondern um emotionale, oft von einer ge-

en tadelnd hochgezogen. Aber man versteht den tadelnden Zweifel auch in der mimikfreien Schriftform, er dringt durch. Groß ist das zweifelnde Erstaunen auch bei echt jetzt? Wenn aber schon am Verstand des Gesprächspartners gezweifelt wird, greift man besser zur Frage geht’s noch? Soll die Empörung des anderen über ein Missgeschick oder ein Fehlverhalten, dessen Opfer er war, als Zeichen der Solidarität bekräftigt werden, bietet sich die rhetorische Frage: Wie blöd ist das denn? an. Sie ist schon eher ein Kommentar als eine Frage. In herkömmlichem Neuhochdeutsch: Keinerlei Verständnis. Kommentare sind ebenfalls in großer Zahl neu entwickelt worden. Kein Wunder, denn es geht ja beim spontanen, schnellen und direkten Kommentieren oft darum, emotionale Reaktionen auszudrücken. In kürzester Zeit hat sich der bestätigende Empörungs-Kommentar Das geht gar nicht! verbreitet, gern eingeleitet durch ein lautes Hallo!, falls nötig auch bekräftigt durch ein markiges der Scheiß! Originell ist die Steigerungsformel, mit der die Empörung den Gipfelpunkt erreicht: Das geht gar nicht wird neuerdings gesteigert zu Das geht sowas von gar nicht! Eine Alternative dazu sind zwei jüngere Konstruktionen mit dem Verb glauben: Ich glaub’s nicht, vehementer ist allerdings: Das glaube ich jetzt nicht! 4 Wenn man die Unglaublichkeit des Vorkommnisses zum Kern der Aussage machen will, bietet sich auch ein vehement vorgebrachtes dein Ernst! an, worauf der andere wiederum bestätigend mit einem kräftigen aber hallo! antworten kann.

Deutsch wird lässiger

sagt, aber in immer wieder neuen Kombinationen: voll stylisch, voll fancy, voll gediegen. Was nicht voll gediegen ist, ist dann aber auch voll die Seuche. Wenn voll nice getoppt werden soll, kann auch ein deftiger Kommentar lauten: Nicer Scheiß. Der Superlativ übelst mausert sich unterdessen zu übelst geil oder übelst krass.

hörigen Portion Erstaunen, Unglaube oder auch Empörung begleitete Fragen: Wie jetzt? ist zugleich Frage, wie denn etwas gemeint ist, das unverständlich ist, oder wie etwas funktionieren soll, das so nicht funktionieren kann, dem Sinne nach: Kann ja wohl nicht stimmen. Bei wie jetzt? wird im Mündlichen die Stirn in Falten gelegt und werden die Augenbrau-

Bei so viel Vehemenz sind zur Ausbalancierung des Gefühlshaushaltes, aber auch neuartige Beschwichtigungsformeln im Umlauf. Zu fast jeder Gelegenheit bietet sich ein langgezogenes okee, okee an. Als Fragepronomen okee? ist es als nachdenkliche, leicht skeptische und daher entdramatisierende Frage gemeint, die sogar bei dramatischen Vorkommnissen gestellt werden kann, was bei Älteren auch zur Befremdung führt, so als handele es sich um mangelnde Empa-


Titelthema: Sprache in Bewegung 9

thie, was aber durchaus nicht der Fall ist. Okee? ist eher ein Fragepronomen der Verzögerung und Entschleunigung in kürzestmöglicher Form. Die vollendete Beschwichtigung kann dann abschließend mit alles gut! zum Ausdruck gebracht werden. Damit soll der Dialog dann auch enden. Alles gut! hat in seiner allumfassenden Entspanntheit zugleich auch eine feine Note der Überlegenheit: Der andere hat sich zu sehr aufgeregt, seine Emotionen zu sehr hochgejazzt, und nun soll er oder sie mal wieder runterkommen, weil, alles gut! Entspannungs-Management in „absoluter Shortform“. 5 Wird jemand um eine kleine Gefälligkeit gebeten, so signalisiert die lässig dahingeworfene Antwort kein Ding! die Hilfsbereitschaft. Schlechter ist es schon, wenn auf eine Frage mit kein Plan! geantwortet wird, wobei man sich allerdings nicht vertun soll. Der Kommentar ist nicht als entschuldigendes Eingeständnis gemeint. Kein Plan! drückt durchaus die Berechtigung aus, etwas nicht zu wissen, und richtet sich daher indirekt leicht vorwurfsvoll gegen den

Fragenden selbst: Warum hat er überhaupt etwas gefragt, was man nicht wissen muss? Noch ausgeprägter ist diese Haltung bei Keine Ahnung!, das selbstbewusst, keineswegs entschuldigend vorgebracht wird. Keine Ahnung findet sich zunehmend auch als Zögerungsmerkmal (wie etwa ehem, äh) inmitten einer Äußerung: „Da hat er mir, keine Ahnung, zehn oder zwanzig Mal dasselbe erzählt.“ Deutsch wird schneller, direkter, lässiger. Natürlich nicht in allen Milieus und nicht bei jeder Gelegenheit, aber doch massenhaft verwendet und verbreitet, mündlich wie schriftlich, im Kontext und als Folge der digitalen Revolution. Dieser Trend wird verstärkt durch eine zunehmende Lockerung von Normen in vielen gesellschaftlichen Bereichen. Ob deshalb gleich der Konjunktiv irrealis, das Futur II, der Genitiv oder die Verbendstellung im Nebensatz verschwinden werden? Das ist noch nicht ausgemacht. Wie könnte die Antwort in Speed-Deutsch auf eine solche Besorgnis lauten? Chill ma.  ■

1

eispiele von Christa Dürscheid/Karina Frick B (2016): Schreiben digital. Wie das Internet unsere Alltagskommunikation verändert. Stuttgart, S. 79.

2

eispiel von Heike Wiese (2012): Kiezdeutsch. B Ein neuer Dialekt entsteht. München, (Cover).

3

ie Akzeptanz des Ausdrucks hängt allerD dings vom Kontext ab. So zählt die F.A.Z. die Abschiedsformel einer geschäftlichen E-Mail „Gechillte Grüße“ zu den Unworten des Jahres 2016. (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 1.1.2017, S. C1).

4

ielleicht hat irgendwann einmal der ironiV sche Kommentar aus der wunderbaren deutschen Synchronisation der alten US-Serie „Al Mundy“ eine Chance: „Man möcht‘ es nicht für glaublich halten.“

5

Berater-Jargon.

Von: Roland Kaehlbrandt Honorarprofessor für Sprache und Gesellschaft im Institut für philosophische und ästhetische Bildung sowie Vorstandsvorsitzender der Stiftung Polytechnische Gesellschaft


Titelthema: Sprache in Bewegung 10

Sprachförderung – (k)ein Thema für die Schule? Förderung von Sprache ist nicht nur in der frühen Kindheit elementar, sondern sollte auch in der Schule eine Rolle spielen. Bewegung hilft dabei.

Die Förderung von Sprache und Sprechen ist im Bereich der Elementar- oder Kindheitspädagogik als zentrale Bildungsaufgabe spätestens seit den Pisaund OECD-Studien fest verankert. Dass neben der alltagsintegrierten Sprachförderung insbesondere die Bewegung der Kinder eine zentrale Rolle im Kontext der Sprachentwicklung spielt, hat die Erziehungswissenschaftlerin Renate Zimmer intensiv untersucht und ausführlich belegt. Mit dem Schuleintritt ist die basale Sprachentwicklung des Kindes in der Regel abgeschlossen, nicht jedoch die sprachliche Bildung. Gesellschaftliche, kulturelle und politische Entwicklungen in unserer Zeit stellen die Schulen hinsichtlich der sprachlichen Bildung vor neue Aufgaben in den Bereichen Interkulturalität, Inklusion und allgemeine Sprachförderung.

Die Schule als Entwicklungs- und Lebensraum ist auf Begegnung und zwischenmenschlichen Austausch aufgebaut. Dabei ist die verbale Kommunikation neben der Schriftsprache das zentrale Medium. Sprechend gestalten wir Beziehungen, vermitteln Inhalte und impulsieren Handlungen im lebendigen pädagogischen Austausch. Die Sprache bildet die Brücke zur Welt und ermöglicht den wechselseitigen Austausch zwischen Ich und Umgebung, an dem das Kind wachsen, reifen und seine Persönlichkeit entfalten kann.

Freude am lebendig gesprochenen Wort In der Sprachpflege und -förderung spielen das soziale Umfeld und die Umgebungssprache des Kindes im Sinne des nachahmenden Lernens eine große Rolle. Dies gilt insbesondere für die Phase der

basalen Sprachentwicklung, in der das Kind von der körperbezogenen, nonverbalen Kommunikation über erste Lautäußerungen zum Wort und schließlich zur komplexen Satzgestaltung findet. Dieser Prozess des Lernens am sprachlichen Vorbild setzt sich im Schulalter im Sinne der Ausdifferenzierung der sprachlichen Fähigkeiten fort. Dies bezieht sich hierbei nicht allein auf das Sprachverständnis und den Erwerb der Lese- und Schreibkompetenz der Schüler, sondern auch auf die mündliche Kommunikation und Ausdrucksfähigkeit. Die Freude am lebendig gesprochenen Wort ist dem Kind angeboren – oder wie Timo Brunke es ausdrückt: „Spiellust und Wortgenuss sind in uns Menschen angelegt.“ In der praktischen Sprachpflege liegt ein hohes pädagogisches Potenzial hinsichtlich allgemeiner kommunikativer Kompetenzen und zur Unterstützung der Persönlichkeitsbildung der Schüler. Der Mensch hat nicht nur eine Sprache, er ist seine Sprache im ganzheitlich-zirkulären Sinne. Die psychomentale und körperliche Haltung als Ausdruck des menschlichen Charakters spiegeln sich in Muskeltonus und Atmung und beeinflussen darüber den persönlichen Stimmklang des Menschen. Die Stimme wird so zum Ausdruck der Persönlichkeit. Daraus folgernd kann die Arbeit an der Stimme und der Sprache als Unterstützung der Persönlichkeitsentfaltung aufgefasst werden. Der handlungsorientierte Zugang zur Sprache ist in vielen staatlichen und privaten Schulen fester Bestandteil des Bildungsangebotes und erstreckt sich von der Sprachförderung im Unterricht über Deutsch als Zweitsprache, Schreibwerkstätten und Rhetorikangebote bis hin


Titelthema: Sprache in Bewegung 11

Auf der Bühne wird Sprache zur lebendigen Erfahrung.

zum Darstellenden Spiel. Alle Methoden, ob das Vorlesetheater, der von Georg Winter entwickelte und auf sprachliche Kompetenz ausgerichtete Sprechsport oder der von Timo Brunke beschriebene Literaturpädagogische Ansatz, um nur wenige anzuführen, verbindet ein auf Interaktion beruhender und bewegungsorientierter Zugang zur Sprache. Georg Winter steigert die sprachliche Kompetenz und den Sprechausdruck der Schüler unter anderem durch gezielte Körperübungen zur Grob- und Feinmotorik. Timo Brunke setzt auf einen kreativen, spielerischen Zugang zur Sprache und führt die Schüler über gezielte Körperund Sprachübungen zum Schreiben und Präsentieren ihrer eigenen Texte.

„Sprachliche Bildung braucht ­Bewegung“ Die Betrachtung der kindlichen Sprachentwicklung unterstützt diese Ansätze, beruht doch die Sprechfähigkeit des Kindes primär auf körperlichen, sensomotorischen Erfahrungen und damit auf einem explorativen Verhalten im Raum: „Sprachliche Bildung braucht Bewe-

gung“, wie die Erziehungswissenschaftlerin Renate Zimmer erklärt. Der Schauspieler und Sprecherzieher Horst Coblenzer und der Pulmologe Franz Muhar vertreten ebenso die Auffassung, dass sich die funktionale Basis des Sprechens als Grundlage der verbalen Kommunikation auf die Bewegungsfähigkeit des Menschen stützt. Auch in der Waldorfpädagogik findet der bewegungsorientierte sprechpädagogische Ansatz seine Anwendung. Neben der entwicklungspsychologisch angepassten sprecherzieherischen Arbeit in den einzelnen Klassenstufen, die insbesondere in den ersten Jahren ganz aus der Bewegung aufgebaut ist, wird auch in Teilbereichen der sprachlichen Bildung wie etwa dem Grammatikunterricht in der Primarstufe mit darstellerischen Mitteln gearbeitet. Wird der Grammatikunterricht auf die Bühne verlegt, können Syntax und Morphologie der Sprache zur lebendigen Erfahrung werden. Wenn zum Beispiel im Rahmen eines Verhörs in einem Kriminalstück die Deklinationen der Fälle auftauchen oder die Flexion der Verben spielerisch in der Rollen-

und Textgestaltung umgesetzt wird, wird die Grammatik tätig am eigenen Körper erlebt und prägt sich tief in das Gefühlsleben der Kinder ein. Die in der oben geschilderten Weise bewegungsorientierte, künstlerische Annäherung an die Grammatik ersetzt nicht die formale Aufarbeitung des Themas in der Klasse, unterstützt das Kind jedoch auf der sensomotorischen Ebene, sich mit dem Thema emotional zu verbinden, und gestaltet so den Lernprozess nachhaltig. Mit der Möglichkeit der bewegungsgestützten Sprachpflege in der Schule steht der Pädagogik ein wirksames Mittel zur Verfügung, sprachliche Bildungsprozesse anzustoßen und die gesunde Entwicklung der Kinder zu unterstützen.  ■

Von: Ulrich Maiwald Professor für performative Kunst und Sprache am Fachbereich Bildungswissenschaft


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Titelthema: Sprache in Bewegung 13

Über Alanisch und andere Jargons Kolumne In den herrlichen Spätsommerwochen genoss ich meine Mittagspause in einem klapprigen Liegestuhl unterhalb des B ­ eachvolleyball-Felds am Johannishof. Da wurde ich Zeuge, wie sich zwei Kommilitonen, ich nenne es mal „ansprachen“ mit „Hey, du Opfer“, worauf der andere erwiderte: „Du Penner, was geht?“. Nun halte ich mich nicht für einen Vertreter des geschliffenen Stils und ätherischer Verhaltensweisen, aber, fragte ich mich, haben wir uns früher auch so angesprochen? Was ist nur los mit unserer (deutschen) Sprache? Von dem grandiosen österreichischen Schriftsteller Karl Kraus († 1936) stammt der Satz, dass die Sprache die Mutter und nicht die Magd des Geistes ist. So weit so gut. Stellt die Sprache sich also nicht, wie es eine Magd zu tun hatte, kritiklos in den Dienst derjenigen, die Sprache benutzen, sondern achtet und zieht sie den Geist „mütterlich“ auf? Dann könnte uns um den Geist ja richtig bange werden, wenn man die Begrüßung der zwei auf dem Johannishof im letzten Oktober gehört hat ... Aber weit gefehlt! Das Gerücht, dass früher alles besser war und Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene zu einem vermeintlichen Sprachverfall beitragen, hält sich schon sehr lange. Wie sich aber jede Generation entwickelt, so entwickelt sich auch Sprache, generationsspezifisch, regionsspezifisch und – nicht zu vergessen – gruppenspezifisch. Wir haben es also eher mit einem ständigen Sprachwandel und Verständigungsproblemen zwischen Teilen unserer Bevölkerung zu tun. Ich erinnere mich noch sehr genau an den Beginn meiner Arbeit an der Alanus Hochschule, als ich in Gesprächen öfter hörte, dass ein Studiengang eine Förde-

rung „vom Bund“ bekomme. Ich horchte auf, ging ich doch bis dato davon aus, Alanus sei eben nicht öffentlich finanziert ... was auch so ist, denn mit „dem Bund“ ist keineswegs „die öffentliche Hand“, sondern der „Bund der Freien Waldorfschulen“ gemeint, für dessen Unterstützung wir nicht dankbar genug sein können. Auch lernte ich schnell, dass wir nicht von „Personen“, sondern anthroposophischer von „Menschen“ sprechen, statt zu „prüfen“ „gucken wir lieber nochmal drauf“ und wer in eine Diskussion ein neues Argument einbringen möchte, der tut das nicht mit diesen Worten, sondern „stellt dieses oder jenes daneben“. Will sagen: Sprache ist gruppenspezifisch, denn – sei’n wir ehrlich – die Beispiele zeigen doch, dass es sogar einen „Alanus-Sprech“ gibt.

Wörter kommen und gehen, Sprache verändert sich, manche Wortschöpfungen verschwinden, manche bleiben: Nehmen wir zum Beispiel das Jugendwort des vorigen Jahres, zu dem der Begriff „fly sein“ gekürt wurde. Damit werden Menschen bezeichnet, die „besonders abgehen“. Ich habe das Wort in unserer kleinen Alanus-Welt noch nie gehört und „draußen“ auch nicht, weshalb ich mir doch die Übernahme von „chillen“ ins Deutsche lobe und mich auf die nächste Mittagspause freue: „outdoor“ vielleicht, dann gegen die Sonne blinzelnd im Liegestuhl auf der neu angelegten Obstwiese am Campus II. Herzlichst Ihr Giovanni Del Monte


Titelthema: Sprache in Bewegung 14

Wie der Körper spricht Bewegungsrichtung und Bedeutung „Ich fühle mich niedergeschlagen“, „Ich bin oben angekommen“, „Das wirft mich zurück!“ oder „mit stolzgeschwellter Brust“ – sprachliche Metaphern wie diese legen nahe, dass Raumrichtungen und Inhalte systematisch und nicht zufällig zusammenhängen. Die Forschungsrichtung des „Spatial Bias“ nimmt sich diesem ­Phänomen an und untersucht, wie Bewegungsrichtungen und ihre sprachliche Bedeutung in Verbindung stehen.

„Spatial Bias“ (Räumliche Verzerrung) ist Teil der Embodiment-Forschung. Bei der Embodiment-Forschung geht es darum, wie Körper und Geist zusammenhängen und wie diese Erkenntnisse in den Therapiewissenschaften zur Gesundheitsförderung genutzt werden können. Untersucht werden nicht nur Auswirkungen von Denken und Fühlen auf den Körper, sondern auch, wie sich Bewegung auf Emotionen und Kognition auswirkt.

Für die Psychologin Barbara Tversky beispielsweise ist die Leibwahrnehmung die Grundlage der Raumwahrnehmung und diese wiederum die Grundlage der Konzeptbildung (Sprache). Sie bezieht sich dabei auf die Kognitionslinguisten George Lakoff und Mark Johnson, die in ihrer Conceptual Metaphor Theory davon ausgehen, dass sich alle abstrakten Konzepte aus unserer Verkörperung heraus gebildet haben: Das Konzept „Zeit“ beispielsweise stellen wir uns als „Bewegung durch den Raum“ vor.

Macht Erfolg

glücklich gut

horizontal Evaluation/ Kommunikation schlecht falsch*

richtig gut*

Vergangenheit unentschlossen introvertiert sagittal Aroussal/ Aktion Zukunft extrovertiert entschlossen

Misserfolg Niederlage

Unsere Sprache basiert auf unserer Verkörperung.

traurig hilflos

*W ertigkeitszuordnung durch kulturelle Praktiken oder Dominanz der Hand

Bereits der Philosoph Ernst Cassirer hat in seiner Theorie der Symbolischen Formen 1925 angenommen, dass die Raumrichtungen „nach vorne – nach hinten, nach oben – nach unten, rechts – links“ sowohl im visuellen als auch im haptischen Raum mit unterschiedlichen Gefühlsbedeutungen verknüpft sind. Die Spatial-Bias-Forschung führt diese Gedankengänge weiter.

vertikal Potenz/ Präsentation


Titelthema: Sprache in Bewegung 15

Generell gehen positive Empfindungen mit Ausdehnung und negative Empfindungen mit einem „Zusammenziehen“ des Leibs einher. Judith Kestenberg hat mit ihrer Theorie des Bewegungsprofils die Bewegungsrichtungen mit psychologischer Bedeutung verknüpft und auf die grundlegende Dichotomie „wachsender“ vs. „schrumpfender“ Bewegungen hingewiesen. Auch hinsichtlich der Beziehung zu anderen Personen oder Objekten sind Wachsen und Schrumpfen grundlegende Dimensionen: Dehne ich mich zu ihnen aus oder weiche ich vor ihnen zurück? Annäherungs- und Vermeidungsverhalten wiederum hängt direkt mit Affekten zusammen, wie Georg Kafka bereits 1950 in seiner Theorie der „Uraffekte“ beschrieb. Arbeiten von Neumann und Strack aus dem Jahre 2000 und eigene Forschung aus dem Jahre 2014 haben dies auch experimentell gezeigt. Wachsen bei positiven und Schrumpfen bei aversiven Umgebungen ist ein gemeinsames evolutionäres Erbe, das uns mit Tieren und Pflanzen verbindet.

Richtungsbewegung und Bedeutung Die vertikale Raumrichtung ist wissenschaftlich am besten untersucht: „I feel up“ versus „I feel down“ legt im Englischen direkt den Zusammenhang zwischen Raumrichtung und emotionaler Bedeutung nahe. Experimente von Meier und Robinson sowie Schubert oder unserer Forschungsgruppe zeigen, dass mit der Vertikalen nicht nur Stimmungen und Gefühle verbunden werden, sondern auch Assoziationen von Stärke, mit den Polen Macht und Erfolg (nach oben) versus Niederlage und Misserfolg (nach unten). Die sagittale Raumrichtung wurde zum Beispiel von Lera Boroditzki untersucht und ist primär mit Zeit assoziiert. Núñez und Sweester zeigten 2006 in Gestikstudien zum einen, dass Redeinhalte über Zukünftiges mit Gesten nach vorne und Redeinhalte über Vergangenes mit Gesten nach hinten einhergehen. Zum anderen zeigt sich, dass dies nicht interkulturell gültig ist: Es gibt Kulturen, die mit der Vergangenheit vor sich, sozusagen den Ahnen vor Augen leben. Die Aymara-Indianer im Norden Chiles sind ein

Die Schreib- und Leserichtung einer Kultur bestimmt, wie die Bedeutung gelesen wird. Eine Waschmittelwerbung, die die schmutzige Wäsche auf der linken und die saubere Wäsche auf rechten Seite darstellte, wollte in der arabischen Welt, in der von rechts nach links geschrieben und gelesen wird, nicht funktionieren.

solches Volk, wie Núñez in Gestik-Studien zeigte. Die sagittale Bewegungsdimension steht darüber hinaus mit Entscheidung und Reflexion in Verbindung. Eine niederländische Forschungsgruppe beschreibt, dass bei einem Schritt rückwärts die Reflexionsfähigkeit angeregt wird – ein gedankliches „Zurücktreten“ sozusagen.

Kultur bestimmt, wie Bedeutung gelesen wird Die horizontale Raumrichtung wurde von „Spatial Bias“-Forschern lange Zeit vernachlässigt. Noch 2008 sagte Barbara Tversky bei einem Berliner Symposium, dass sie von einer Gleichwertigkeit der Bedeutung der Richtungen rechts und links ausginge. Schon 2009 aber zeigte Daniel Casasanto in experimentellen Gestikstudien, dass die dominante Hand positiver bewertet wurde als die nichtdominante Hand und die Händigkeit von Personen Kaufentscheidungen am PC beeinflusst: Produkte, die auf der Seite der dominanten Hand abgebildet waren, wurden eher gekauft. Zudem zeigte Anne Maass von der Universität Padua, dass neben dem „natural bias“ der Händig-

keit ein „cultural bias“ auf der horizontalen Raumrichtung existiert: Die Schreibund Leserichtung einer Kultur bestimmt, wie die Bedeutung „gelesen“ wird. Eine Waschmittelwerbung beispielsweise, die die schmutzige Wäsche auf der linken, das Waschmittel in der Mitte und die saubere Wäsche auf rechten Seite darstellte, wollte in der arabischen Welt, in der von rechts nach links geschrieben und gelesen wird, partout nicht funktionieren. Das Waschmittel fand dort erst Absatz, als die Reihenfolge der Darstellung ins Gegenteil verkehrt wurde. Neue Herausforderungen der „Spatial Bias“-Forschung sind die Bewegungsrichtungen nach innen und nach außen. Hier liegen Theorieannahmen, zum Beispiel von Fuchs (2000) und Kestenberg (1995) vor, die einer empirischen Ausdifferenzierung noch bedürfen.  ■

Von: Sabine C. Koch Professorin für Empirische Forschung in den Künstlerischen Therapien und Leiterin des Forschungsinstituts für Künstlerische Therapien (RIArT)


Titelthema: Sprache in Bewegung 16

Sprechen mit Händen und Füßen In welchem Verhältnis stehen Sprache und Eurythmie zueinander? Wie beeinflusst Sprache die Bewegung? Und wie machen wir die Sprache sichtbar? Stimmen aus dem Fachgebiet Eurythmie.

Warum sollte Kunst sich nur in abgeschlossenen weißen Räumen abspielen und gesehen werden?! Wichtig war mir bei diesem Projekt, dass Kunst über die Grenzen der Hochschule hinausgetragen und in den „ganz normalen Alltag“ integriert wird. In 120 Bussen der Regionalverkehr Köln GmbH können seit Sommer vergangenen Jahres ausgewählte Gedichte von Alanus-Studenten gelesen werden.

In unserem Studium beschäftigen wir uns intensiv mit der Laut­ ebene, die sonst eher unbewusst mitklingt. Die Laute werden beim Sprechen über Kehlkopf, Gaumen, Zunge, Zähne, Lippen und Atmung gestaltet. In der Eurythmie empfinden wir diesen Vorgang beim Sprechen mit dem ganzen Körper nach und bringen ihn in Bewegung. Es ist wie ein Aufdröseln und Wieder-Zusammensetzen von Begriffen.

Sprache hat viele Gesichter: banale, gewaltsame, erhabene, epische und poetische. Sie macht unseren Alltag aus und hebt uns aus diesem heraus. Aus diesem Grund finde ich Eurythmie im Zusammenhang mit Sprache besonders spannend und faszinierend. Die Eurythmie hilft mir, das Wesen der Sprache in der Bewegung zu ergründen. Und Gedichte werden bewegt, innerlich und nun auch auf Rädern.

Für das PoesieSymposium ist uns vor allem wichtig, mit zeitgenössischer Kunst zu arbeiten. Das ist in der heutigen Eurythmie-Landschaft noch selten. Das PoesieSymposium ermöglicht uns, dem Schriftsteller persönlich zu begegnen. Wir können erfahren, was ihn bewegt und wie er an seine Werke herangeht. Andererseits kann der Schriftsteller einen Eindruck von unserer Bewegungskunst bekommen, die versucht, die Vielschichtigkeit von Sprache durch Bewegung sichtbar zu machen. Ich freue mich daher sehr auf das Auftragswerk des zeitgenössischen Dichters Michael Kumpfmüller, das wir künstlerisch bearbeiten und auf dem ersten PoesieSymposium präsentieren werden.

Eurythmiestudentin Lena Lemke organisierte die Aktion „Gedichte im Bus“

Eurythmiestudent Emmanuel Rechenberg plant das erste PoesieSymposium an der Alanus Hochschule


Titelthema: Sprache in Bewegung 17

Unser Herz schlägt, wir atmen ein und aus, unser Blut fließt: alles rhythmische Vorgänge! Meiner Erfahrung nach sind das gleichzeitig körperliche und sprachliche Phänomene. Unser Denken spiegelt sich eher in strukturellen Prinzipien wie zum Beispiel in grammatischen Formen. Unser Fühlen gestaltet sich in sprachlichen Bildern. Und unser Wollen fließt in Sprechhandlungen, die uns oftmals zu einem direkten (körperlichen) Ausdruck hinreißen. Ich erlebe und erfahre Sprache daher als körperlich. Wo ist die Grenze zwischen dem Wort, dem Begriff und dem Phänomen, welches in Leib und Körper lebt? Sprache kann bis ins Körperliche wirken, sodass Begriffe aufgrund des Kontextes, in dem sie gebraucht werden, eine inhaltliche Veränderung erfahren. Nach und nach verschieben sich Gefühl, Denken und auch die Handlung, welche hinter einem Wort liegt, sogar bis ins Gegenteil. Ein Ziel der sprachgestalterischen Arbeit ist daher die Sensibilisierung für sprachliche Vorgänge. Im Laufe der Zeit sollte es möglich werden, aufmerksam in Zustände hinein zu lauschen, sie mit äußerster Vorsicht zu bearbeiten und den Sprachgesten und -momenten wach gegenüber zu treten. Ursula Braun ist Dozentin für Sprachgestaltung

In seiner Ursprünglichkeit und schöpferischen Urkraft ist für mich das Wort „Mensch“ bildend und prägt unsere conditio humana. Die Eurythmie hat viele verschiedene Lernflächen. Eine bezieht sich auf das Phänomen des Logos (Schöpfungskraft) und des Mythos (Urbilder) in der Sprache. Diese Kräfte werden in der Eurythmie sichtbar. Wir entzaubern die gebundene Form, das Gewordene und das Geformte, durch unsere Empathie sowie Hingabekraft und überführen sie wieder in eine Bewegung. Grammatische Formen und inhaltliche Aussagen werden ebenso choreografiert, wie sich die Basisbausteine der Halt gebenden Konsonanten und der singenden Vokale in Bewegung äußern. Gleichzeitig richtet sich die Wachheit der Eurythmie auf die (Sprach-)Bewegungen zwischen den Dingen in der Natur oder der von uns gestalteten Welt und auch auf die sozialen Gebärden zwischen uns Menschen. Wir sind auch als Körpergestalt voller Sprachbewegung, unsere Sprache ist ein „Schichtwerk und voller Hüllen“. Wir gehen der Sprache menschheits- und individualgeschichtlich nach, denn das Menschsein beginnt über die Füße, „Sprache wird gefüßelt“. In der Lauteurythmie folgen wir ganz bewusst diesen Prozessen der körperlichen, emotionalen, seelischen und geistigen Entwicklung, wir tanzen „der Füße Wort und der Hände Singen“. Professor Alexander Seeger unterrichtet Lauteurythmie

Den schon alten, aber nimmermüden Wunsch Friedrich Schlegels, dass die Poesie „Lehrerin der Menschheit“ sein möge, hege ich auch. Sprache erscheint als ein Geflecht und ein Speicher von Erinnerungen, Erfahrungen und Erzählungen. In ihrem Gewebe und ihren Vernetzungen stecken die Spuren einzelner Menschen und ihrer persönlichen „Ver-Wandlungen“, aber auch kultureller Strömungen, politischer Umbrüche oder sozialer Krisen. In der Eurythmie wird dieses sprachliche Wurzelwerk in all seinen Verzweigungen sichtbar und räumlich erlebbar. Daher befassen sich die Studenten der Eurythmie während ihres Studiums auch mit Sprach- und Literaturwissenschaft. In den Worten, Bildern, Rhythmen aus fremden Texten längst vergangener Epochen sprechen sich Bedeutungen aus, die sich mit unserer Gegenwart verbinden und uns an-sprechen. In meinen Poesie- und Literaturseminaren ist daher eine Leitfrage: „Was sagt mir der Text, das Gedicht, jetzt in diesem Moment?“ Dabei wachsen in der Lektüre jedem Text ständig neue Erfahrungen und Deutungen zu. „Seit ein Gespräch wir sind“, lautet eine Wendung Friedrich Hölderlins, in der auch grammatisch Subjekt und Objekt verschwimmen. Literarische Sprache ist nicht nur miteinander im Gespräch, sie ist auch im Gespräch mit uns als Lesenden und Schreibenden und lädt ein, auch miteinander ins Gespräch zu kommen. Dozentin Petra von der Lohe unterrichtet Literatur für Eurythmie-Studenten

PoesieSymposium Für das PoesieSymposium 2017 wird erstmalig ein literarisches Werk in Auftrag gegeben. Der Schriftsteller Michael Kumpfmüller verfasst eigens für das Symposium einen literarischen Text, den die Studenten gemeinsam mit dem Schriftsteller choreografisch deuten. Den Text bringen sie dann als Uraufführung in einer eurythmischen Performance auf die Bühne. Das PoesieSymposium findet im Juni an der Alanus Hochschule statt.


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M   it Folie den R   aum erobern Kunstaktion am Bahnhof Hürth-Hermülheim

Der Fachbereich Architektur verwandelt den Bahnhof Hürth-Hermülheim in einen Kunstort.

Im Zehn-Minuten-Takt wechselt das Publikum an der Haltestelle Hürth-Hermülheim. Den Menschen am Gleis der Linie 18 bietet sich an diesem kalten Februartag ein kurioser Anblick. Das seit Jahren brachliegende Bahnhofsgebäude gegenüber ist plötzlich belebt: Studenten und Dozenten des Fachbereichs Architektur der Alanus Hochschule sind hier am Werk. Mit Folie und Dachlatten ausgerüstet, wollen sie schrittweise den ungenutzten Raum erobern und dem trostlosen Gebäude ein neues Gesicht verpassen. Am fünften Tag ist die Kunst errichtet. „Wird die Gaststätte am Bahn-

hof wieder eröffnet?“ – „Ist das eine Demonstration?“ – „Was passiert hier?“ Die Menschen sind neugierig geworden. Bei der öffentlichen Präsentation der Installation treffen sich Experten, Studenten und Bürger und diskutieren über Architektur. Die temporäre Kunstinstallation am Hürther Bahnhof ist „Höhepunkt und Ergebnis eines Semesters Arbeit“, sagt Florian Kluge, Professor für Projektmanagement. Die Studenten haben sich mit Orten entlang der Straßenbahnlinie 18 beschäftigt, die ungenutztes Potenzial

in der Region Köln-Bonn darstellen. Ihre Entwürfe sind im Gebäude ausgestellt, für Fragen aus dem Publikum stehen die Studenten Rede und Antwort. Carolin Engels hat für das ehemalige Schwimmbad in Alt-Hürth eine Umnutzung als Markthalle entworfen, Walter Castillo am Eifelwall im Kölner Süden ein soziokulturelles Zentrum. Eine Jugendherberge in Alfter und ein interkulturelles Zentrum in der Bonner Nordstadt sind weitere Projektideen. In diesem „Durchfahrtsland“ fährt die Linie 18 täglich von Köln nach Bonn und zurück. Intensive Landwirtschaft, Verkehrsachsen, Industrie, ver-


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städterte Dörfer und historische Kleinode bilden viele Kontraste auf engem Raum. Eine Region, die wächst. Umso mehr sprang den Studenten und Dozenten auf der Suche nach dem „passenden Ort“ für eine Kunstaktion der Leerstand des Bahnhofs Hürth-Hermülheim ins Auge.

Hürther bringen Ideen mit Schon von Weitem entdecken Passanten die amorphen Konstruktionen aus Holz und Stretchfolie, die die Studenten und Dozenten vor dem Bahnhofsgebäude platziert haben. Immer mehr Objekte kündigen die künstlerische Verwandlung des Gebäudes auch von innen an. Ein Fahrrad ist vollständig in durchsichtige Plastikfolie gehüllt. Die Fenster scheinen aus dem Gebäude „herauszuwachsen“: Überdimensionale Würfel sind dort angebracht. Um ins Gebäude zu gelangen, müssen die Besucher einen schmalen Gang aus Holz und Folie passieren. Innen angekommen, stehen sie auf einer riesigen Landkarte. Die Besucher tapsen auf dem Plan der Region Köln-Bonn und können sich erst einmal verorten. Ideen für das ungenutzte Bahnhofsgebäude haben die Bürger zuhauf. Für ein älteres Ehepaar hätte es so eine Wiederbelebung wie die künstlerische Intervention ruhig schon früher geben können: „Dieses Gebäude hätte auch längst als Hostel oder Studentenwohnheim dienen können.“ Ein Jugendarbeiter aus Hürth kann sich eine Außenwohngruppe für Jugendliche vorstellen. Für viele Besucher ist der Ort prädestiniert für Kunst und

Kultur. Gäste und Experten wünschen sich einen gesellschaftlichen und belebten Treffpunkt. Die Zukunft aber ist ungewiss. „Die Kunstinstallation ist wie ein Nadelstich, der hoffentlich etwas bewirkt“, sagt Architekturprofessor Kluge.

Eins zu eins mit dem Raum

einfach losgelegt, die Teams und die Arbeiten haben sich frei entwickelt.“ Bevor die Studenten künstlerisch Hand anlegen konnten, mussten sie das triste Gebäude erst einmal von Müll und Spinnweben befreien. „Es war eine sehr intensive Auseinandersetzung mit dem Raum“, resümiert Willem-Jan Beeren. ■ MG

„Uns ging es vor allem darum, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen“, erklärt Kluge. Gerade an einem Bahnhof seien die Studenten völlig der Öffentlichkeit ausgesetzt. Hier müssten sie mit allen Reaktionen rechnen. Am Anfang waren die Passanten skeptisch und distanziert. „Erst als nach und nach klar wurde, dass es sich um Kunst handelt, wurden sie aufgeschlossener“, sagt Kluge. „Für die Studenten heißt öffentlich zu intervenieren Studieren jenseits von Entwürfen und Plänen“, erklärt Willem-Jan Beeren, Professor für Architektur und Kunst im Dialog. „Die Studenten stellen sich nicht nur vor, wie etwas in Zukunft aussehen wird, sondern arbeiten vor Ort." Gerade die Team- und Materialerfahrung hat sich den Studenten eingeprägt. „Wir arbeiten eins zu eins mit dem Raum und entwickeln ein Gefühl für die Materialien. Ich habe mich tagelang einer Deckenkonstruktion gewidmet und mit Holzlatten und Plastikfolie gearbeitet“, erzählt der Masterstudent Leif Czymmek. Darüber, dass die Teamarbeit harmonisch verlief, ist Kommilitonin Dilara Deren überrascht. „Der Raum war ungeheizt und wir hatten keinen konkreten Plan. Wir haben

In der ehemaligen Gaststätte des Bahnhofs wird der Raum künstlerisch mit Holz und Folie erobert.

Das Projekt „GrenzWertig“ Das Experiment am Hürther Bahnhof ist Teil der Projektreihe „GrenzWertig“ in Kooperation mit dem Museum für Architektur und Ingenieurkunst NRW (M:AI). Die Idee: Architektur-Studenten sollen für ihre Ideen auch Öffentlichkeit finden. Denn der Beruf des ­Architekten verlangt nicht mehr nur reizvolle Ent­würfe, sondern auch zunehmend kommunikative Fähigkeiten.


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Autonome Künstler, keine Sklaven Schlechte Bezahlung, unsichere Arbeitsverträge, Konkurrenzdruck – der Traumberuf Schauspieler sieht in der Realität oft anders aus, als man es sich vorstellt. Darauf wollen die Gründer des Ensemble-Netzwerks aufmerksam machen. Und immer mehr Schauspieler zeigen Gesicht für die Initiative. Auch das Fachgebiet Schauspiel der Alanus Hochschule möchte auf den Wandel des Berufsbildes Schauspieler aufmerksam machen. Fachgebietsleiter Dominik Schiefner und Schauspielstudent Fabian Lichottka sprechen über autonome Künstlerpersönlichkeiten, Angst und Theater im Wandel.

Am 29. April veranstalten Sie ein ­Symposium zur Zukunft der Schauspiel­ ausbildung. Was ist der Anlass? Schiefner: Wir befinden uns gesellschaftlich in einem Umbruch. Dafür muss man sich nur die Wahlen in Amerika und die zunehmende Spaltung der Gesellschaft anschauen. Es gibt eine große Möglichkeit, darauf künstlerisch zu reagieren. Dafür braucht man aber eine autonome Künstlerpersönlichkeit und keine Sklaven, die sich abhängig in Produktionen bewegen und denen man sagt: „Geh mal auf die Bühne und sag deinen Text auf!“ Das Theater ist auf dem Weg einer Neuausrichtung. In einer multikulturellen und medialen Gesellschaft haben sich die Möglichkeiten für Künstler vervielfältigt. Wie erleben Sie diesen Umbruch im ­Theaterbetrieb? Lichottka: Ich kenne ein paar Kollegen, die entblößen sich richtig. Man muss auf viele Sachen eingehen in unserem Beruf, aber ich möchte mir auch meine Menschenwürde bewahren und das Selbstvertrauen haben zu sagen: Bis hierhin und nicht weiter. Durch die vorhandenen Hierarchien am Theater wird die Fähigkeit, den Mund aufzumachen, aus Angst verlernt. Sonst wird man nicht verlängert und steht ohne Job da. Dagegen kämpft das Ensemble-Netzwerk an. Schiefner: Angst ist ein ganz großes Thema. Mit Angst kann man nicht spie-

len. Einen Schauspieler lähmt Angst. Darum wollen wir schon in der Ausbildung einen angstfreien Raum schaffen. Das bundesweit agierende Ensemble-Netzwerk, das Partner unseres Symposiums ist, beschäftigt sich daher mit einer Theaterreform, die sich für mehr Mitbestimmung und bessere Arbeitsbedingungen von Theaterschaffenden einsetzt. Mit dem Symposium möchten wir Studenten und Absolventen sagen: Ihr seid die, die die Zukunft gestalten. Aber dafür müssen wir erstmal informieren, was es alles für Möglichkeiten gibt. Das

Symposium soll keine Lösung bieten, sondern einen Diskussionsraum. Wie sieht die Ausbildung bei Ihnen aus? Schiefner: Unser Ziel ist es, den Schauspieler zu einer autonomeren Persönlichkeit zu bringen und ihm mehr Rechte zu gewähren. Der Schauspieler ist dadurch aber auch anders gefordert: Wenn ich Mitspracherecht einfordere, muss ich auch lernen, mitsprechen zu können. Das erfordert andersherum auch eine Angstfreiheit des Dozenten. Wenn ich mich einer autonomen Studentenschaft


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Fabian Lichottka

Prof. Dominik Schiefner

stelle, muss ich auch fähig sein zuzugeben, wenn ich etwas nicht weiß oder die Studenten recht haben. Wir sind ein kleines Fachgebiet und neben dem Handwerkzeug, das wir den Studenten mitgeben, möchten wir ihnen auch Mitverantwortung und Mitbestimmung einräumen. Ich finde es sehr wichtig, jeden als Menschen ernst zu nehmen. In den Stücken wird von Humanität, Demokratie und Kommunikationsfähigkeit geredet, aber diese Ansprüche werden von den Machern selbst oft nicht eingehalten. Theater ist eine der herrschaftlichsten Institutionen, die es noch gibt. Herr Lichottka, wie erleben Sie diese Mitbestimmung und Mitverantwortung als Student? Lichottka: Wir stehen im direkten Austausch mit den Dozenten. Sie fragen uns, was wir aus den Seminaren mitnehmen oder ob es erstrebenswert ist, einen bestimmten Kurs fortzuführen. Da herrscht ganz viel Offenheit – eine Art Barrierefreiheit. Wenn mir etwas nicht passt, muss ich keine Angst davor haben, etwas zu sagen. Mir wird auch nicht von außen etwas übergestülpt. Künstlerisch autonom zu werden, lerne ich vor allem dadurch, dass wir sehr viele Sachen selbst machen können. Im dritten Studienjahr haben wir zum Beispiel die Eigenproduktionen. Da können wir themenfrei und ohne Anleitung der Dozenten unsere Künstlerpersönlichkeit ergründen. Vielleicht mache ich die Bühne oder die Kostüme oder ich schreibe selbst ein Stück.

Die Erfahrungen kann ich dann wieder für mein Spiel mitnehmen. Wir setzen uns nicht ins gemachte Nest, sondern sind selbst gefragt. So lernen wir diese Eigenverantwortlichkeit von Grund auf. In welchen Feldern kann man denn als Schauspielabsolvent arbeiten? Schiefner: Noch zu meiner Studienzeit wurde man Theaterschauspieler oder Filmschauspieler. Werbung war damals verpönt. Heute mischt sich das alles. Es ist selbstverständlich, dass Schauspieler multifunktional einsetzbar sind. Das erfordert ein ganz anders Handwerk und ein gutes Selbstmarketing. Von unseren Absolventen, die am Stadttheater spielen, weiß ich, dass sie sich nicht auf die Bühne stellen und sagen: „Mach mal mit mir!“ Sie sind immer geneigt, eine Mitverantwortung für die Produktion zu übernehmen. Wir haben zum Beispiel auch einen Absolventen, der ein Theater mitleitet oder eine Absolventin, die als Krankenhausclown arbeitet. Der große Bereich Coaching, der in aller Munde ist, ist ebenfalls ein spannendes Berufsfeld für Schauspieler. Wie müssen sich die Theater verändern, um sich dieser neuen Künstlerpersönlichkeit zu öffnen? Schiefner: Das wird ein längerer Prozess. Die völlige Autonomie im Theater hat auch nicht geklappt. Das muss sich alles finden. Wir haben sicherlich Ideen, aber die Utopie noch nicht. Die findet man nur im gegenseitigen Aus-

tausch. Mittlerweile ist es so, dass die Theater Angst vor dem Ensemble-Netzwerk haben. Das ist absurd, weil das Ensemble-Netzwerk nicht die Intendanten abschaffen, sondern ein Bewusstsein für die herrschenden Bedingungen am Theater bei der Politik schaffen will. Ziel des Symposiums ist es, auf beiden Seiten Ängste abzubauen. Darum laden wir Menschen mit ganz unterschiedlichen Ansichten ein. Ansonsten wiederholt sich der gleiche Fehler: Dass wir sagen „Das ist so!“ Wir können nur gemeinsam mit allen Beteiligten eine Veränderung bewirken – auch mit der Politik. Lichottka: Dass sich durch das Ensemble-Netzwerk eine Gruppe gegründet hat, die sich traut, etwas zu sagen – das ist auch eine Art Aufatmen. Das kennt man von sich selbst: Wenn man mit seiner Meinung allein ist, denkt man, das muss an einem selbst liegen. Wenn man sieht, man ist nicht allein, dann müssen auch Schauspieler, die schon an den Theatern spielen, keine Angst mehr haben. Schiefner: Jede Institution entwickelt sich mit den Menschen, die da sind. Am Anfang steht die Fähigkeit, ehrlich zu kommunizieren und inhaltlich zu argumentieren. Das haben wir ein wenig verlernt. Die Veränderung passiert mit den Menschen, die nachwachsen. Wenn wir Menschen haben, die etwas anderes erlernt haben, werden sie es auch leben. Und wenn sie es leben, verändert sich jede Institution. Deshalb bin ich kein Freund davon zu sagen: „Das ist so!“ Es ist nicht so. Es ist alles in Veränderung. Vor zehn Jahren hätten die Leute sich totgelacht, dass so ein Typ wie Trump Präsident wird. Alles ist möglich im Leben. Und das muss man ernst nehmen. Es liegt in unserer Macht, Zukunft zu bestimmen.  ■ SST

Schauspielsymposium Das Symposium „Zukunft der Schauspielausbildung“ findet am 29. April an der Alanus Hochschule statt und wird von Studenten und Dozenten gemeinsam organisiert. Interessierte können sich unter tagungshaus@alanus.edu // Tel: 02222.9321-1717 anmelden (Teilnahmebeitrag 15,− Euro // 10,− Euro für Studenten). Weitere Informationen unter www.schauspielsymposium.de


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Eine filigrane Kunst: Bei der Arbeit mit Ton im Porträt-Modellierkurs zeigte Brhane Tewelde sein besonderes Talent.

Von der Armee ins Atelier Flucht vor drohender Folter, Gefängnis und lebenslangem Militärdienst: Mehr als 5000 Kilometer liegen hinter Brhane Tewelde, als er im Juli 2014 Deutschland erreicht. In seiner alten Heimat Eritrea war Tewelde Soldat, heute kann er in Alfter endlich seine Leidenschaft ausleben. „Ich liebe das Zeichnen und Bildhauern. Ich möchte unbedingt Künstler werden“, sagt Tewelde, der sich zurzeit im Rahmen des DAAD-Förderprogramms Integra an der Alanus Hochschule auf ein Kunststudium vorbereitet. Hier in Alfter hat der 27-Jährige einen Ort gefunden, von dem er lange geträumt hat. „Anfangs war Brhane sehr still und sah sehr traurig aus. Wenn man ihn heute trifft, strahlt er. Er ist hier richtig aufgeblüht“, sagt Bildhauerei-Dozentin Bianka Mieskes. Von der Armee bis ins Atelier war es al-

lerdings ein sehr langer und harter Weg. Es ist eine abenteuerliche Geschichte: Sie handelt von Ohnmacht und Verzweiflung, großem Mut, Todesangst, Überlebenswillen, Glück und Hilfsbereitschaft.

Odyssee in die Freiheit In Eritrea hält es Tewelde irgendwann einfach nicht mehr aus. Seit vielen Jahren leidet die Bevölkerung unter dem brutalen Diktator Isaias Afewerki. „Ich war hoffnungslos, lebte in ständiger

Angst. In meiner Heimat kann man jederzeit zum Militär geschleppt oder ins Gefängnis gesteckt werden“, erzählt Tewelde. Viele Jahre wurde er zum Militärdienst gezwungen, bevor er schließlich im Frühjahr 2014 seine Familie und Heimat verlässt. Über Äthiopien flüchtet Tewelde in den Sudan und anschließend zwei Wochen durch die Sahara-Wüste nach Libyen. „Viele Flüchtlinge sind dort verdurstet.“ Bei der anschließenden Überfahrt nach Italien kentert das Boot im Mittelmeer. Zwei Tage lang hält sich


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Tewelde über Wasser, dann rettet ihm die italienische Küstenwache das Leben. Seine Odyssee führt über Frankreich und Italien weiter nach Deutschland – und endet schließlich in der Eifel.

Als Künstler entdeckt Ob Schicksal, Glück oder Zufall: Im Frühjahr 2015 lernt Tewelde im Flüchtlingsheim von Schleiden seinen späteren Mentor Udo Hermanns kennen. Der ehemalige Hauptschullehrer engagiert sich in der örtlichen Flüchtlingshilfe. Und entdeckt bei einem Abendessen Teweldes künstlerische Begabung. „Wir saßen zufällig nebeneinander. Brhane erzählte mir, dass er gerne zeichnet. Das fand ich spannend“, erinnert sich Hermanns. Tewelde zeigt ihm seine Arbeiten, die er mit Bleistift und Kugelschreiber auf alle Arten von Papierfetzen gezeichnet hat. „Es waren vor allem gegenständliche Zeichnungen und Alltagsmotive aus seiner Heimat. Die waren richtig gut“, erzählt Hermanns. Gemeinsam mit seiner Frau Eva-Maria, einer freischaffenden Künstlerin, überlegt er: „Wie kann man jemandem mit diesem Talent helfen, aus der endlosen Ödnis des Wartens und dieser Unterkunft rauszukommen?“ Das Ehepaar ruft schließlich bei der Alanus Hochschule an: Eva-Maria Hermanns kennt die Hochschule seit Langem. Sie arbeitet als Kuratorin im KunstForumEifel in Gemünd, wo auch Künstler aus Alfter regelmäßig ausstellen.

Dozentin Bianka Mieskes lädt Udo Hermanns und Tewelde zu einem Gespräch nach Alfter ein. Die Arbeiten des Flüchtlings beeindrucken die Bildhauerei-Professoren Andreas Kienlin und Jo Bukowski. „Brhanes Zeichnungen haben von einer großen Leidenschaft für das Zeichnen gezeugt. Er hat im überfüllten Flüchtlingsheim bei großer Lautstärke gezeichnet und hat sich nicht abbringen lassen. Das hat uns imponiert“, sagt Mieskes. Tewelde darf deshalb gleich am Malerei-Kurs von Professor Bukowski teilnehmen. Hermanns hilft und löst die logistischen Probleme, holt Tewelde täglich von seinem Deutschkurs in Euskirchen ab und fährt ihn nach Alfter. 1200 Kilometer in drei Wochen.

man sich recht gut mit ihm unterhalten. „Das Schöne an der Kunst ist, dass man über Sprachbarrieren hinweg kommunizieren kann. In der Kunst kann man jenseits von Worten viel verstehen“, sagt Mieskes.  ■ FC

Talentiert und bestens integriert Seit März 2016 nimmt Tewelde nun am Integra-Programm teil und belegt verschiedene Kurse im Fachbereich Bildende Kunst. Bianka Mieskes entwickelte eigens ein individuelles Studienprogramm für ihn. Mittlerweile ist Tewelde bestens integriert und arbeitet sehr gerne in den Ateliers der Hochschule. Professor Andreas Kienlin lobt den früheren Soldaten in den höchsten Tönen: „Er hat viel Talent, ist richtig gut und ausdauernd. Wir würden uns freuen, wenn er künftig bei uns in Alfter studieren würde.“ Als er in Deutschland ankam, sprach Tewelde kein Wort Deutsch. Inzwischen kann

Dank Udo Hermanns und Dozentin Bianka Mieskes bereitet sich Brhane Tewelde an der Alanus Hochschule auf ein Kunststudium vor.

Integra Mit dem Integra-Programm des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) sollen Flüchtlinge möglichst schnell im deutschen Hochschulsektor Fuß fassen. Anschließend können sie sich mit den entstandenen Werken und erworbenen Fertigkeiten für ein Studium an einer deutschen Hochschule oder Universität bewerben. Der DAAD hat das Programm bis zum 31. Dezember 2018 verlängert. Wer sich für das Förderprogramm an der Alanus Hochschule interessiert, kann sich im International Office unter international.office@alanus.edu informieren.


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Das weiße Blut Welche Muster und Prozesse lassen sich in den Gemälden eines an Leukämie Erkrankten ablesen? Und welche Strategien der Krankheitsbewältigung zeigen sich darin? Bilder aus der Kunsttherapie eines Patienten geben Aufschluss.

Leukämie: das weiße Blut

tienten und seinem Therapeuten Richard Berners. Bei der Betrachtung der Bilder fiel ihr zunächst der häufig vorkommende Farbkontrast zwischen Blau und Rot auf. Rot stehe für Blut, sagt auch Walter selber bei der nachträglichen Betrachtung seiner Bilder. Der Kalt-Warm-Kontrast kann aber auch andere Aspekte symbolisieren, beispielsweise die Polarität zwischen Aktivität und Ruhe, zwischen der Hinwendung zum Außen (Rot als Farbe der Extrovertiertheit) und dem In-sichGehen (Blau als Farbe der Introvertiertheit). Leukämie, auch Blutkrebs genannt, zeichnet sich durch eine vermehrte Bildung von Vorläuferzellen der weißen Blutzellen aus. Diese breiten sich im Knochenmark und im Blut aus und können so weitere Organe schädigen. Blutkrebs wurde erst im 19. Jahrhundert erkannt und zunächst als „weißes Blut“ bezeichnet. Das warme, rote Blut wird nach und nach vom kalten, weißen verdrängt.

Klein untersuchte knapp 70 Bilder von Walter sowie Dokumente aus seiner Therapie und führte Interviews mit dem Pa-

Michael Walter ging während der Kunsttherapie erstaunlich gefestigt mit seiner Erkrankung um, bemerkte Klein. Wie

Carina Klein hat den Studiengang Kunsttherapie abgeschlossen. In ihrer Masterarbeit hat sie in einem umfangreichen Forschungsprojekt untersucht, welche Phasen der Krankheitsbewältigung in den Bildern eines Patienten erkennbar sind. Der Kölner Verein Lebenswert, bei dem sie ein Praktikum machte, bietet therapiebegleitende Maßnahmen für Krebspatienten und deren Angehörige an. Dort lernte sie auch Michael Walter* kennen und war gleich beeindruckt von der Art, wie er mit seiner Krankheit umgeht: „Mir ist sofort aufgefallen, dass er sehr ausdrucksstarke Bilder gestaltet. Aber vor allem war ich angetan von seiner Persönlichkeit. Das ist jemand, der versucht anzupacken“, erklärt Klein. Dies brachte sie auf die Idee für ihr Forschungsvorhaben.

schaffte er es, trotz der schwierigen Umstände so aufrecht zu bleiben? Wie kriegte er es hin, nach vorne zu blicken und sich der Probleme anzunehmen? Klein wollte unbedingt herausfinden, welche Phasen er durchlaufen hatte, um zu dieser Haltung zu finden. Hierfür bildete sie zunächst auf die Kunstwerke bezogene Kategorien: Sie untersuchte unter anderem Farbe und Farbauftrag, Materialmenge, Komposition und Bewältigungsstrategien.

Phasen der Krankheitsbewältigung Nachdem sie ihre Ergebnisse in einen chronologischen Verlauf gebracht hatte, erkannte sie deutlich verschiedene Phasen der Krankheitsbewältigung: In der ersten Phase wurde eine Überfüllung und Überforderung deutlich. Die Themen wechselten sich stark ab. Mal war es die Jobbelastung, mal die Krankheit, mal war es stressig in der Familie. Die zweite Phase zeichnete sich durch ein Abwechseln von Ordnung und Chaos aus. Der Patient rang um die Strukturierung

1. Anfangsphase

2. Plateauphase

Bilder wirken überfüllt oder überschwemmend, Grundfarben und Sekundärfarben

Bilder wirken entweder überfüllt oder gut strukturiert, ­Suchbewegung zwischen Ordnung und Chaos, Trennung der Grundfarben, kaum Sekundärfarben.


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der verschiedenen Konfliktbereiche und versuchte, die Lebensthemen in eine gewisse Sortierung zu bringen. Nachdem dies geglückt war, beschäftigte er sich in der dritten Phase intensiver mit einem hervorstechenden traumatischen Erlebnis. Im Krankheitsverlauf war er in ein künstliches Koma versetzt worden. Dieses belastende Ereignis erkannte Klein deutlich am veränderten Farbauftrag. Ein nebliges Weiß und Hellblau kamen plötzlich hinzu. In den darauffolgenden Bildern verarbeitete Walter die Trauer um zwei Familienmitglieder. Gegen Ende der Therapie zeigte sich schlussendlich die Aussöhnung und Integration der schwierigen Erlebnisse. Die Farben wurden wieder harmonischer, und er gestaltete ein Bild in Meeresblau. Dies erinnere ihn an das Segeln, woraus er immer Kraft habe schöpfen können. Auf die Frage, ob sie die Arbeit an ihrem Forschungsprojekt an persönliche Grenzen gebracht hat, antwortet Klein: „Ich habe mir alle Bilder sehr gründlich angeschaut, weil ich ja Bildbeschreibungen formulieren musste. Das war schon teilweise heftig. Wenn ich mir zwei, drei Bilder wirklich intensiv angeschaut hatte, die diese ganzen Themen wie Krankheit, Tod, Verzweiflung transportieren, dann war ich danach auch erschöpft.“ Trotz der Anstrengung lenkt Klein ihren Blick jedoch immer wieder auf das positive Potenzial der Therapie. Selbst in Phasen der Trauer, zum Beispiel beim Tod naher Angehöriger, könne die Kunsttherapie helfen. „Im Malen kann man das oft zu-

lassen. Es gehört ja auch dazu, sich mit der Trauer auseinanderzusetzen, sich immer wieder darauf einzulassen und sie nicht zu verdrängen.“

Ein Beitrag für die Forschung Die Forschungsarbeit von Carina Klein hat auch eine politische Dimension: Kunsttherapeuten sind als Berufsgruppe nicht gleichgestellt mit psychologischen oder ärztlichen Psychotherapeuten. Letztere können eine Kassenzulassung bekommen, Kunsttherapeuten in der Regel nicht. „Es gibt mittlerweile schon relativ viele Angebote, aber noch lange nicht jede Klinik hat einen Kunsttherapeuten. Ich glaube aber, dass es viele Patienten gibt, die sich sehr gut darauf einlassen könnten, weil es eine nonverbale Therapieform ist. Gerade bei Traumatisierungen ist es oft für die Betroffenen schwer darüber zu sprechen, weil das traumatisierende Ereignis eher in Bildern und Atmosphären abgespeichert wird.“ Für die zukünftige Forschung sieht Klein auch eine besondere Chance, sich von den rein quantitativen Studien abzusetzen. „Das Besondere in der Kunsttherapie ist ja, dass wir unsere eigene Resonanz und unsere eigene Wahrnehmung auch als Forschungsinstrument einsetzen. Natürlich kann man nachher nicht sagen, das ist rein objektiv. Es geht ja um Wechselwirkungen von Interaktionen, von Gefühlen. Ich glaube gerade deswegen, dass die künstlerischen Therapien auf einem sehr spannenden Weg sind, methodisch andere Herangehensweisen zu finden.“

Michael Walter hat aus der Kunsttherapie neue Kraft geschöpft. Bei einer Ausstellung seiner Bilder in den Räumen des Vereins Lebenswert bekam er viele positive Rückmeldungen und will das Malen beibehalten. Er ist zwar wieder in seinem alten Beruf tätig, jedoch unter stark veränderten Voraussetzungen: Mehr freie Zeit, auch fürs Malen, ist ein fester Bestandteil seines Lebens geworden.  ■ ST

*Name von der Redaktion geändert.

Carina Klein hat im September 2016 ihren Masterabschluss in Kunsttherapie gemacht. 2017 wird sie zusätzlich die Prüfung zur Heilpraktikerin (Psychotherapie) ablegen und möchte danach als Kunsttherapeutin an einer Klinik arbeiten.

3. Vertiefungsphase

4. Phase der Trauer und Integration

Bilder wirken übersichtlicher und ausgeglichener, Qualitätskontrast (Assoziationen von Nebel und Schwebezuständen)

Erstes Bild chaotisch, dann stärkere Ordnungstendenz, Kalt-Warm-Kontrast durch Gegenüberstellung von Rot und Blau, Polaritäten werden deutlich


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Neues Verfahren: Mit TRIALOG kindliche Entwicklung doku mentieren


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Wie können Pädagogen die Entwicklung von Kindern mit all ihren kindlichen Sinnen und Facetten wahrnehmen und dokumentieren? Wie kann die Bildungsdokumentation in den Alltag von Waldorfkindergärten integriert werden? Das neue Verfahren TRIALOG schlägt eine Lösung vor: Es verknüpft die Perspektiven von Erziehern, Eltern und Kind.

Die kindlichen (Selbst-)Bildungsprozesse zu beobachten, zu dokumentieren und zu reflektieren hat sich im Zuge bildungspolitischer Debatten in Deutschland zu zentralen Tätigkeiten frühpädagogischer Fachkräfte entwickelt. Bildungsdokumentation gilt zudem als Qualitätsmerkmal außerhäuslicher Betreuung von Kindern zwischen null und sieben Jahren. Das Ziel: Jedes Kind individuell in seiner Entwicklung zu unterstützen und in seinen Stärken zu fördern. Erziehern stand bisher die Gestaltung des verpflichtenden Dokumentationsprozesses frei. Die Praxis ist daher vielfältig und umfasst neben Sammlungen von Lerngeschichten über kindliche Entwicklungsschritte, Bilder und Äußerungen auch die Nutzung standardisierter (Ankreuz-)Verfahren. Mit der zweiten Revisionsstufe des Kinderbildungsgesetzes 2014 in NRW rückte besonders die Sprachentwicklung in den Mittelpunkt. Hier schlägt der Gesetzgeber nun drei Verfahren vor – eines davon ist in den Kitas verpflichtend zu nutzen. Für Fachkräfte in Waldorfkindergärten ist die Diskrepanz zwischen der ganzheitlichen Wahrnehmung des Kindes und der spezifischen Betrachtung der Sprachentwicklung besonders spürbar und eine große Herausforderung.

Bildungsdokumentation als ganzheitliches Verfahren Die Waldorfkindergartenvereinigung (NRW) entschied daraufhin, ein eigenes Instrument für Waldorfkindergärten im Sinne waldorfpädagogischer Anliegen zu entwickeln: Es sollte alle Bildungsbereiche vereinen und dabei eines der Pflichtinstrumente zur Sprachdokumentation integrieren. Ein Team des Fachbereichs Bildungswissenschaft begleitete diesen Prozess und setzte vor allem auf den Dialog zwischen Forschung und Praxis.

Zunächst ermittelte das Team mithilfe von Fragebögen und Interviews die gegenwärtige Dokumentationspraxis und die individuellen Anliegen der Fachkräfte in den Waldorfkindergärten NRWs. Aufbauend auf den Ergebnissen und aktuellen Forschungserkenntnissen konstruierte die Waldorfkindergartenvereinigung unter Leitung ihrer Vertreterin Margarete Kaiser ein möglichst ganzheitliches Verfahren: „TRIALOG“. Dieses Instrument intendiert einen waldorfspezifischen Blick auf das Kind, indem es die kindliche Sinnesentwicklung erweitert betrachtet und hervorhebt. Außerdem greift es die Perspektiven von Erziehern, Eltern und Kind gleichermaßen auf. Elf Piloteinrichtungen erklärten sich bereit, das neue Verfahren mit dem Einverständnis der Eltern über einen Zeitraum von einigen Wochen im Kita-Alltag zu erproben. Fachkräfte nahmen einzelne Kinder im Tagesgeschehen intensiv wahr, dokumentierten ihre Beobachtungen und besprachen sie in einem Entwicklungsgespräch mit den Eltern.

teiligten die waldorforientierte Betonung der kindlichen Sinnesentwicklung sowie die fachlichen Anregungen. Die praktische Umsetzung war jedoch nicht immer einfach, wie zum Beispiel eine optimale Heranführung an das Verfahren oder die zeitliche Organisation der intensiven Elterngespräche. Die Eltern äußerten vielfach den Wunsch, frühzeitiger eingebunden zu werden. Hieran wird derzeit angeknüpft und das Verfahren entsprechend optimiert. Zeitnah soll ein Instrument vorgestellt werden, das den Bedarfen der waldorfpädagogischen Fachwelt und den Eltern mit ihren Kindern bestmöglich entspricht.  ■

Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung Die Untersuchungen zeigten, dass die Dokumentationspraxis in den Waldorfkindergärten NRWs ähnlich wie in anderen Einrichtungen wenig einheitlich, sondern einrichtungs- und personenspezifisch ist. Fachkräfte in den Waldorfkindergärten NRWs identifizieren sich einerseits in hohem Maße mit waldorfspezifischen Verfahren wie der Kinderkonferenz, andererseits wünschen sie sich ein einheitliches, strukturiertes Vorgehen. Außerdem legen sie besonderen Wert auf das Entwicklungsgespräch mit den Eltern: Für eine gelungene Erziehungspartnerschaft ist dies wesentlich. Als besonders positiv empfanden die Be-

Das Verfahren TRIALOG in den Waldorf-Kitas verknüpft die Perspektiven von Kind, Eltern und Erziehern.

Von: Stefanie Greubel Juniorprofessorin für Kindheits­ pädagogik und Cornelia Jachmann Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt „Alltags­integrierte Bildungsdokumentation“


Forschung 28

Von der Legebatterie zum Zweinutzungshuhn Am Beispiel der Eierindustrie lässt sich gut erkennen, wie ein Wandel hin zu mehr Nachhaltigkeit gestaltet werden kann. Während noch vor zehn Jahren Legebatterien in Deutschland gang und gäbe waren, haben sich mittlerweile immer höhere Nachhaltigkeitsstandards entwickelt. Eine Fallstudie untersucht, wer zu dieser Entwicklung in der deutschen Eierindustrie beigetragen hat.

Wissenschaftler unterschiedlicher Disziplinen sind sich mittlerweile einig, dass die Lösung drängender Nachhaltigkeitsprobleme nicht durch kleine adaptive Veränderungen einzelner Akteure gelingen kann. Stattdessen wird erwartet, dass sogenannte sozioökonomische Transitionen ganzer Industrien notwendig sind, die neue Strukturen und ein neues Zusammenspiel von Großunternehmen, Konsumenten, Gesetzgebung, innovativer Unternehmer, Zulieferer und weiterer Akteure erfordern. Das Forschungsprojekt „The Role of Economic Actors in Sustainability Transitions“ untersucht am Beispiel der deutschen Eierindustrie, wie einzelne Akteursgruppen zu solchen Nachhaltigkeitstransitionen beitragen können. Zu diesem Zweck wurden im Rahmen des Forschungsprojektes Interviews mit Experten aus der Branche geführt und zahlreiche Primärquellen ausgewertet.

dem Schlüpfen getötet, da ihre Geflügelrasse für die Fleischproduktion ungeeignet ist. Bei Zweinutzungshühnern ist es dagegen möglich, sowohl die Hühner als auch die Hähne zu nutzen (zur Eier- bzw. zur Fleischproduktion). Während die Verwendung von Zweinutzungshühnern noch vor zehn Jahren ein absolutes Nischenphänomen war, finden sich mittlerweile Eier von Zweinutzungshühnern in vielen Supermärkten. Wie konnte das gelingen?

Ein Netzwerk geht voran In den 2000er-Jahren zogen nur wenige Landwirte in der Eierindustrie männliche Küken auf. Findige Unternehmer merkten jedoch, dass eine relativ große Nachfrage nach deren Eiern bestand, die nicht gedeckt wurde. Daher initiierten sie ein Netzwerk aus Landwirten, die auch die Hähne aufziehen: So konnten sie gemeinsam diese Eier in größerem

Maßstab vermarkten und diese bald in Bio-Supermärkten verkaufen. Mittlerweile vertreiben auch einzelne konventionelle Supermärkte Eier von Zweinutzungshühnern. Der größte deutsche Zuchtbetrieb für Geflügel hat sogar eine eigene Zweinutzungsrasse entwickelt. All diese Veränderungen haben gezeigt, dass ein neuer Branchenstandard möglich ist. Daher wurde auch der Gesetzgeber auf den Plan gerufen: 2015 hat das Bundeslandwirtschaftsministerium angekündigt, die Praxis, männliche Küken direkt nach dem Schlüpfen zu töten, ab Ende 2017 zu verbieten. Unklar ist bislang allerdings, ob und wie diese Ankündigung umgesetzt wird. Wenn man die historische Entwicklung der Eierindustrie genauer betrachtet, wird schnell deutlich, dass es ähnliche Mechanismen schon früher gegeben hat. Auch bei der Einführung von Eiern frei-

Das Zweinutzungshuhn Die Nachfrage steigt: Immer mehr Kunden entscheiden sich für Bio-Eier.

Die deutsche Eierindustrie wurde als Fallbeispiel gewählt, da in Deutschland für kein anderes Produkt ein so großer Anteil der Umsätze durch Bio erzielt wird. Zudem kann am Beispiel der Eierindustrie gut aufgezeigt werden, wie einzelne Akteursgruppen zu dieser Entwicklung beitragen. Aktuell zeigt sich dies am deutlichsten in der verstärkten Verwendung von Zweinutzungshühnern. Üblicherweise werden die männlichen Küken in der Eierindustrie direkt nach


Forschung 29

Das Comeback des Hahnes? Immer mehr Betriebe ziehen auch die männlichen Küken auf.

laufender Hühner oder Bioeiern waren es zunächst einzelne Landwirte, die von den ‚neuen‘ Praktiken Gebrauch machten, noch bevor es gesellschaftliche oder politische Mehrheiten gab, die eine Regulierung ermöglicht hätten. Dies zeigt, dass Unternehmer in der Bio-Nische zum Gelingen von Nachhaltigkeitstransitionen beitragen können, indem sie neue Produkte und Praktiken einführen. Diese Innovationen werden dann oft von Bio-Pionieren wie z. B. Biosupermärkten aufgegriffen. Für Bio-Supermärkte ist dies auch deshalb attraktiv, dass sie ihr Alleinstellungsmerkmal erhalten können, indem sie über den Status Quo (z. B. freilaufende Hühner) hinausgehen und ihren Kunden einen höheren Nachhaltigkeitsstandard bieten als konventionelle Supermärkte. Dadurch wird für Akteure auf dem Massenmarkt sichtbar, dass ein höherer Nachhaltigkeitsstandard auch im großen Maßstab möglich ist. Großunternehmen reagieren darauf und können Nachhaltigkeitstransitionen

unterstützen, indem sie diese Innovationen aufgreifen und die neuen Praktiken so von der Bio-Nische in den Massenmarkt heben. Im Unterschied zu anderen Nachhaltigkeitstransitionen (z.  B. in der Energiebranche) ist somit auffällig, dass die Akteure im Massenmarkt den Wandlungsprozess der Eierindustrie unterstützt haben. Auch die Gesetzgebung hat den bisherigen Wandlungsprozess vorangetrieben, indem der jeweils niedrigste Standard verboten wurde, wie z.  B. 2009 durch das Verbot von Legebatterien.

Immer nachhaltiger Die Nachhaltigkeitstransition der Eierindustrie ist also nicht nur ein Erfolg, weil der Bioanteil höher ist als in anderen Branchen, sondern auch weil der Nachhaltigkeitsstandard durch das Zusammenspiel unterschiedlicher Akteure stetig erhöht werden konnte: von der Legebatterie über freilaufende Hühner

und Bio, zukünftig womöglich bis hin zum Zweinutzungshuhn. Zudem zeigt der Transitionsprozess der Eierindustrie, dass weitreichende Änderungen auch ohne einen radikalen Bruch mit den aktuellen Strukturen und Akteurskonstellationen im Massenmarkt erreicht werden können. Dennoch ist der Wandlungsprozess der deutschen Eierindustrie bei weitem noch nicht abgeschlossen. Es bleibt nach wie vor viel Potenzial für weitere Entwicklungen, sowohl in der Eierindustrie als auch in anderen Branchen. Gegenstand des laufenden Forschungsprojektes ist es daher auch, zu analysieren, welche der erfolgreichen Mechanismen in der Eierindustrie auch in anderen Branchen erfolgversprechend sein könnten.  ■

Von: Jacob Hörisch Juniorprofessor für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Sustainable Innovation & Entrepreneurship


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Waldorfpädagogik im Aufwind Ein Kommentar

Mit 238 Schulen in Deutschland und über 1000 Schulen weltweit zählt die Waldorfpädagogik – neben der Mon­ tessoripädagogik – zu einem der erfolgreichsten Schulmodelle aus der Zeit der Reformpädagogik. Insbesondere im internationalen Kontext – in Asien, aber beispielsweise auch in Israel – gibt es zahlreiche Neugründungen von Waldorfschulen. Dabei zeigt sich, dass die Waldorfpädagogik kein „westliches Importprodukt“, sondern eine kulturadaptive Pädagogik ist, die in unterschiedlichen kulturellen Kontexten ein zwar unverwechselbares, aber doch anpassungsfähiges Profil entwickelt. So gibt es in Israel Waldorfschulen in sowohl

jüdischen als auch islamischen und christlichen Kontexten. Diese internationale Entwicklung führt dazu, dass die Waldorfpädagogik nicht allein in einem eher bürgerlichen Umkreis wirksam werden kann – wie es für Deutschland tendenziell typisch ist –, sondern auch in unterschiedlichen sozialen Milieus und in von Not und Armut geprägten Ländern eine pädagogisch wertvolle Arbeit leistet. Im wissenschaftlichen Kontext ist die Waldorfpädagogik lange Zeit vernachlässigt worden, da sie als weltanschaulich belastet galt. Dieses Stigma hat sie in den vergangenen 15 Jahren mehr und mehr abgelegt. National und internatio-

nal existieren inzwischen mehr als 180 empirische Studien zur Waldorfpädagogik, die ein sehr positives Bild ihrer Wirksamkeit zeichnen. Die im vergangenen Jahr erschienene und über 1000 Seiten umfassende Studie „Waldorfpädagogik und Erziehungswissenschaft“, die im Beltz-Verlag erschienen ist, untersucht nun systematisch die Positionierung der Waldorfpädagogik in den einzelnen Disziplinen der Erziehungswissenschaft. Es wird ersichtlich, dass die Waldorfpädagogik eine durchweg eigene Position in der pädagogischen Anthropologie, in der pädagogischen Psychologie, in Erkenntnistheorie und Lerntheorie innehat und diese auf Augenhöhe im rationalen Kontinuum wissenschaftlicher Argumentation vertritt. Die über viele Jahre von Erziehungswissenschaftlern mit Begriffen wie „mystisch“, „esoterisch“ und „obskur“ aufgebaute Dialogbarriere ist damit gefallen. Ein großer Kongress zum Erscheinen des Buches, der im Oktober an der Alanus Hochschule stattfand und an dem zahlreiche Erziehungswissenschaftler, sowohl Vertreter wie Kritiker der Waldorfpädagogik, teilgenommen haben, hat verdeutlicht, dass die Waldorfpädagogik in der Erziehungswissenschaft eine bereichernde und dialogfähige Position eingenommen hat. Dies zeigt sich auch im internationalen Kontext, beispielweise in einem zweisprachigen Internetjournal („RoSE“ – Research on Steiner Education), das im Peer-Review-Verfahren – Bewertung durch unabhängige Gutachter – wissenschaftliche Standards erfüllt.  ■

Von: Jost Schieren Professor für Schulpädagogik mit Schwerpunkt Waldorfpädagogik, Leiter des Fachbereichs Bildungswissenschaft, Leiter des Instituts für Schulpädagogik und Lehrerbildung


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Es ist erstaunlich, wie wach er durch die Welt geht, was für einen feinen Sinn für Humor er hat.“

Freunde und Familie unterstützen

Die positive Wahrnehmung der eigenen Freizeit ist ein wichtiger Schritt hin zur Inklusion.

Freizeitspaß inklusive Studie über die Freizeit von Menschen mit Behinderungen Malte ist 27 und hat eine Lernstörung. Die Eltern beschreiben ihn als ruhigen Menschen. Auch Malte behauptet von sich, ein genügsamer Kerl zu sein. Der Eurythmielehrer Gerald, der mit Malte Zeit verbringt, verrät, was den 27-Jährigen wirklich begeistert: auf dem Hamburger Jahrmarkt Autoscooter fahren und trommeln, kurz: Action. „Die größte Hürde war für mich anfangs die Sprachverständigung. Ich hatte den Eindruck, dass Malte selbst nicht wusste, was seine Wünsche und Bedürfnisse sind“, erzählt Gerald über die ersten Treffen. Vorstellungen über Menschen mit Behinderungen und ihre tieferen Wünsche klaffen häufig auseinander. Über Freizeit, persönliche Interessen und Fähigkeiten definieren wir unsere Persönlichkeit. Eltern und Fachkräfte in Behinderteneinrichtungen konzentrieren sich jedoch oft auf Defizite und Hilfestellungen. Sie übersehen schnell, dass sich hinter einer Bedürftigkeit ein komplexes Innenleben verbirgt. „Man sollte jeden Menschen behandeln, als wäre er im Vollbesitz ­seiner Sinne“, sagt Christiane Drechsler, Juniorprofessorin für Heilpädagogik in außerschulischen Handlungsfeldern.

Die „Freizeit-Studie“ Christiane Drechsler führt mit Studenten des Bachelors „Social Care/Heilpädagogik“ aus Mannheim die „Studie zur Persönlichen Zukunftsplanung von Menschen mit Behinderungen im Freizeitbereich“ durch. Engagierte Bürger wie Gerald – die Inklusionspartner – treffen sich jeweils mit einem Menschen mit Behinderung. Das Ziel ist, dass diese Interessen entdecken und ihre Freizeit mitbestimmen. Ein professioneller Mentor begleitet die Tandems. Das Zwischenergebnis von 27 narrativen Interviews mit Inklusionspartnern, Pädagogen und den betroffenen Personen lautet: Die Wahrnehmung der eigenen Freizeit hat sich ein halbes Jahr nach Projektstart zum Positiven verändert. Ein Teilnehmer hat das Chorsingen, eine Teilnehmerin trotz Lernschwierigkeiten das Tagebuchschreiben für sich entdeckt. Für manche bedeutet es schlicht Flucht aus dem Alltagstrott. „Malte ist immer mehr aus seinem Zimmer herausgekommen und in die Gemeinschaft hineingewachsen. Dabei möchte ich ihn begleiten“, sagt Gerald über Maltes Entwicklung. „Ich habe Malte völlig anders kennengelernt.

Die Inklusionspartner wurden für das Projekt geschult. So auch Gerald. Bei seinen ersten Begegnungen führte er intensive Einzelgespräche mit Malte. Doch das reichte nicht aus, um seinen Wünschen auf die Schliche zu kommen. Erst als Familie und Freunde dazu kamen, wurde klar: Malte mag neben Trommeln auch Tiere und Tanzen. Dieses Vorgehen wird „Persönliche Zukunftsplanung“ genannt. Es stammt aus dem englischsprachigen Raum. Der Pädagoge Stefan Doose führte es Mitte der Neunziger in Deutschland ein. Wesentlich ist der sogenannte „Unterstützerkreis“: Familienangehörige, Freunde und Pädagogen gehen mit dem betroffenen Menschen auf Spurensuche. Was sind Bedürfnisse und Stärken? Pädagogen sind wie Dolmetscher, denn „die Schwere einer Behinderung zeigt sich im Maß der Kommunikationsfähigkeit“, erklärt Christiane Drechsler. Die Professorin plädiert dafür, nicht vom äußeren Verhalten auf das Innenleben zu schließen. Man sei dazu geneigt, Menschen mit einer Behinderung zu unterschätzen. „Oft verbirgt sich in ihnen ein hoch handlungsfähiger Geist, der dem von nicht-behinderten Menschen in nichts nachsteht“, betont Drechsler. Mit der „Persönlichen Zukunftsplanung“ kommen Angehörige und Pädagogen dem Menschen näher. Lauter Individuen: Ebenso einzigartig sind die Ergebnisse. „Dabei sind ganz persönliche Geschichten entstanden“, freut sich Christiane Drechsler.   ■ MG

So geht es weiter: Im Frühjahr 2017 findet eine zweite Reihe narrativer Interviews statt. Die Herrmann-Jülich-Werkgemeinschaft e.  V., in deren Einrichtungen die betroffenen Menschen wohnen und arbeiten, wünscht sich langfristig eine „Kontaktbörse“, damit sich regelmäßig Tandems bilden.


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K   unstkompass

Orientieren mit Mitteln der Kunst


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Der „Kunstkompass“ ist ein neues Kursangebot für Menschen in Veränderungs­ situationen. Ein Gespräch mit den verantwortlichen Referenten Bettina Vogel und Martin Mohr.

Wie kam es zur Entwicklung des Orientierungskurses „Kunstkompass“? Vogel: In meiner Umgebung treffe ich immer wieder auf Menschen, die sich wünschen, im Leben etwas anderes zu tun, als das, was sie gerade machen. Viele sind auf der Suche nach Neuorientierung und Veränderung, im Kleinen wie im Großen. Für manche ist der Wunsch nach Veränderung eher ein vages Gefühl, andere nehmen sich ein Sabbatical, um etwas Neues auszuprobieren. Viele Menschen interessieren sich darüber hinaus für Kunst, haben in ihrem Leben bereits mit Freude gemalt, gezeichnet oder auch geschauspielert und möchten das gerne nochmal vertiefen. Im Kurs fügen sich beide Interessen zusammen. Mohr: Wir haben auch unsere Ressourcen gesehen und fanden es sehr spannend, unterschiedliche künstlerische Disziplinen im Hinblick auf das Thema (Neu-)Orientierung zusammen zu bringen. Auch im Mappenkurs des Werkhauses erlebe ich beispielsweise immer wieder, dass gerade die Kursinhalte zur beruflichen Orientierung für die Teilnehmer wichtig sind und ihre persönliche Entscheidung maßgeblich unterstützen. Kunst kann Orientierung bieten: Wie ist das möglich? Mohr: In der praktischen künstlerischen Arbeit lasse ich mich immer auf Neues ein. Das ist ein forschender, auch spielerischer Prozess und die Erfahrungen, die ich dabei mache, kann ich auf mein tägliches Leben übertragen. Somit lege ich mir ein Wissen darüber zu, wie Prozesse ablaufen und wie ich diese beeinflussen oder überhaupt in Gang setzen kann. Ich lerne mich auch selbst kennen: Wie verhalte ich mich im künstlerischen Prozess, wie reagiere ich auf für mich neuartige Herausforderungen und wie gestal-

te ich sie? So entdecke ich möglicherweise meine Kompetenzen auf eine neue Weise. Auch die Impulse aus der Gruppe können wertvolle Anregungen sein. Vogel: Richtig. Im Kurs geht es darum, den künstlerischen Prozess zu erleben und zu erfahren, wie sich beispielsweise Disziplinen wie Bildhauerei und Eurythmie ähneln, wenn es darum geht, etwas zu erschaffen. Wie fange ich an? Wie überwinde ich eine Krise? Wie weiß ich, ob meine Arbeit fertig ist oder nicht? Gerne können die Teilnehmer eigene Fragen mitbringen. Etwa: Wie kann ich mehr Humor in mein Leben bringen? Dann schauen wir: Wie mache ich das beim Malen oder in der Eurythmie? Ganz sicher „schwappt“ so die eine oder andere Erfahrung ins Alltagsleben über. Für wen ist der Kurs gedacht? Vogel: Angesprochen sind Menschen, die sich im weitesten Sinne nach Veränderung sehnen. Menschen, die Lust haben, sich auf Neues einzulassen. In der Kunst kann man experimentieren, ohne dass es Konsequenzen hat. Man kann sein Bild zerschneiden oder schwarz malen, einen Text flüstern oder schreien und sehen, was passiert. Kann ich meine Furcht überwinden, einen radikalen Weg zu gehen? Wie reagieren die anderen? Wie fühlt es sich an, wenn ich etwas Unerwartetes tue? Das kann Mut machen, auch im Leben neue Wege zu bestreiten. Der Kurs soll Freiraum für Experimente bieten. Was erwartet die Teilnehmer konkret? Vogel: Zeichnen, Malen, Arbeiten mit Holz oder Ton, Sprechen, Schauspiel und Eurythmie sind die Disziplinen, die die Teilnehmer sich – angeleitet von unseren Dozenten – praktisch erarbeiten. Wer eine künstlerische Idee hat, kann sie mitbringen oder sie wird im Kurs entwickelt. In der Abschlusswoche wird Rückschau gehalten: Was war, was habe ich erlebt, was nehme ich mit? Was zeichnet die Dozenten aus? Vogel: Fast alle unserer Dozenten sind selbst Künstler. Sie haben viel Erfahrung im Umgang mit Menschen, die keine Künstler sind, und sie sind daran interessiert, wie Menschen sich persönlich entwickeln können. Diesen Prozess för-

Im „Kunstkompass“ lernen die Teilnehmer unterschiedliche künstlerische Disziplinen kennen und erleben dabei künstlerische Prozesse. Die Erfahrungen können sie auf ihren Alltag übertragen.

dern und unterstützen sie sehr engagiert, denn sie haben selbst die Erfahrung gemacht, dass die Kunst ein guter Weg ist, um Veränderungen anzustoßen. Mohr: Wie die Teilnehmer lassen sich auch die Dozenten im Kurs auf etwas Neues ein. In den vorbereitenden Gesprächen habe ich bei ihnen großes Interesse gespürt, dabei zu sein und die Teilnehmer zu begleiten. Die Dozenten werden intensiv auf die Teilnehmer und Gruppenprozesse eingehen und sich untereinander kontinuierlich austauschen. Der Bildhauer und Systemische Berater Tobias Koch hält die Fäden in der Hand und wird über die gesamte Kurszeit hinweg Ansprechpartner sein.  ■ KS

Kunstkompass Im Mittelpunkt des elfwöchigen Kurses stehen die Disziplinen Zeichnung, Malerei, Bildhauerei, Schauspiel, Sprachgestaltung und Eurythmie. Das Erleben der künstlerischen Prozesse fördert die persönliche und berufliche Orientierung. 02.05. – 14.07.2017 Mo – Do, jeweils 09:00 – 17:00 Uhr und Fr 09:00 – 14:00 Uhr www.alanus.edu/kunstkompass


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Keine Angst vor der leeren Leinwand Mutig sein, einfach loslegen, Durststrecken überwinden: In ihrem Malerei-Studium an der Alanus Hochschule hat Wulpekula Schneider ihr Fach gelernt, aber auch eine künstlerische Haltung entwickelt. Ihre vielfältigen Erfahrungen und Kompetenzen gibt die freischaffende Malerin seit vielen Jahren als Dozentin am Alanus Werkhaus weiter. sitioniert. Über das künstlerische Arbeiten habe ich gelernt, mutig zu sein und anzufangen, wenn noch nichts da ist“, sagt Schneider, die von 1997 bis 2004 an der Alanus Hochschule studiert hat.

„Malen ist wie ein Boxkampf“

Auch räumlich liegen Leidenschaft und Arbeit bei Wulpekula Schneider nah beieinander: Nur ein paar Schritte läuft sie durch ihr Wohnhaus ins Atelier. Regelmäßig, manchmal täglich, greift sie dort zu Pinsel und Farbe. Gerade erst hat sie ein Kinderbuch illustriert. „Meist male ich aber ungegenständlich, Farbfeldmalerei im weitesten Sinn. Die Felder geben Raum und Rahmen, mit Farbe zu experimentieren, Kanten und Linien zu ziehen. Farbflächen kommen miteinander ins Gespräch, nähern sich an oder grenzen sich ab.“ Kunst im Allgemeinen und die Malerei im Besonderen spielen seit vielen Jahren eine Hauptrolle in Schneiders Leben. Schon als junges Mädchen arbeitet sie begeistert mit Ton und Holz, zeichnet und malt, wann immer sie Zeit und Lust hat. Dann ist sie ganz in ihrem Element. Inzwischen bedeutet Kunst für Schneider allerdings viel mehr als die bloße Arbeit mit Farben. „Es ist eine Haltung, wie man die Welt betrachtet und sich po-

Die meisten Maler kennen Schaffenskrisen, Blockaden und die Angst vor der leeren, weißen Leinwand. Doch wie überwindet man solche Krisen und motiviert sich? Auch mit diesen Fragen muss sich Wulpekula Schneider im Studium auseinandersetzen. Und lernt dabei eine wichtige Lektion fürs Leben, die sie als Malerei-Dozentin heute gerne weitergibt. „Damals gab es Zeit für künstlerische Prozesse, die von den Dozenten angestoßen wurden. Man musste auch Frust-Täler durchschreiten. Malen ist manchmal wie ein Boxkampf. Es geht Runde für Runde, bis das Bild irgendwann passt.“ Die 40-jährige Künstlerin erzählt gerne von der prägenden Zeit auf dem Johannishof. Das Studium sei damals freier und sie sehr glücklich gewesen. „Wir

hatten zunächst drei Jahre freie Kunst, in denen wir komplett in die Materie eintauchen konnten. Erst danach haben wir unsere Schwerpunkte festgelegt.“ Die Kunst sei das Allerwichtigste gewesen. „Auch heute noch ist das Künstlerische die Basis für meine Arbeit. Das ist eine unerschöpflicher Quelle. Dafür bin ich unglaublich dankbar“, sagt Schneider und lächelt. Wenn sie nicht selbst in ihrem Alfterer Atelier malt, arbeitet Schneider als Museumspädagogin im Kunstmuseum Bonn und unterrichtet am Alanus Werkhaus. Ab dem 3. Mai öffnet sie wieder mittwochs das Atelier für die „Kunst to go“-Malkurse: Zahlen muss nur, wer tatsächlich vorbeikommt. Schneider vermittelt dann das nötige Handwerkszeug. Sie möchte die Teilnehmer aber auch ermutigen, mit Freude drauflos zu malen. „Kunst kann man nicht auf Knopfdruck machen. Es gibt genauso Durststrecken. Aber das bewusst anzuschauen und zu begleiten und trotzdem tätig zu bleiben, das versuche ich zu vermitteln.“  ■ FC


Der besondere Ort 35

Der Garten ist nicht nur zum Arbeiten da: Studenten und Mitarbeiter ziehen sich zurück und genießen hier ihre Zeit.

Der Garten in Mannheim Pfade bahnen sich durch den hügeligen Garten ihren Weg. Bei einem Spaziergang gibt es viel zu entdecken: einen Teich mit Fröschen, eine Wiese zum Ausruhen, Rosen, Bienen, Staudenbeete ... Die hochgewachsene Hecke hält das urbane Treiben von dem verwunschenen Garten fern – eine Oase mitten in Mannheim. Der Garten ist für Studenten und Mitarbeiter des Studienzentrums Mannheim Rückzugsort und Lernprojekt zugleich. „Im Garten herrschen viele Kontraste auf engem Raum. Er ist ein Lebensraum für Pflanzen, Tiere und Menschen“, sagt Stefanie Kerth, Dozentin für Gartenbau. Sie unterrichtet etwa 20 Studenten mit Gartenbau als Wahlfach in der Waldorflehrerausbildung. „Die Studenten wenden das botanische Wissen in der Pflege direkt an und schulen ihre Wahrnehmung.“ Der Blick pendelt zwischen sorgfältig

bepflanzten Ecken und naturbelassenen Bereichen. „Bei der Gestaltung sind uns die Elemente Wasser, Licht, Wärme und Erde wichtig, außerdem bildet der Garten einen Kreislauf: vom Anbau bis zum eigenen Kompostplatz“, erklärt Kerth. Wo heute alles wächst und gedeiht, war früher ein Truppenübungsplatz. Das Institut befindet sich an der Zielstraße, am Exerzierplatz – die Straßennamen erinnern noch an den militärischen Ursprung des Ortes, als die Amerikaner in Mannheim stationiert waren. Bevor das Gebäude Anfang der Achtzigerjahre gebaut wurde, war das Gelände eine einzige Brache. Von Panzern und Schießständen ist heute ein verträumtes Kleinod übrig geblieben. Zweimal im Jahr greifen Mitarbeiter und Studenten in einem Großeinsatz gemeinsam zur Heckenschere. Am „Gartentag“ packen alle an, sensen die Wiese und entfernen Laub und Unkraut. Peter Pütz,

Dozent für Bildhauerei, Werken und Architektur, erzählt von den Anfängen des Gartens. 1983 habe es noch kein Konzept gegeben. „Hier ist jahrelang nichts gewachsen. Es war nur eine ebene Fläche, lieblos, ohne jede Beweglichkeit. Wir haben den Garten in einer Riesenaktion umgestaltet: Auf einmal war der Garten da. Das war ein denkwürdiges Erlebnis“, erinnert er sich.  ■ MG

Studienzentrum Mannheim Das Institut für Waldorfpädagogik, Inklusion und Interkulturalität am Studienzentrum Mannheim qualifiziert in verschiedenen Studiengängen für ­pädagogische und heilpädagogische Aufgaben in anthroposophisch orientierten Einrichtungen. Weitere Infos unter www.alanus.edu/studienzentrummannheim.


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Eine Pionierzeit geht zu Ende Marcelo da Veiga legt zum 31. März 2017 sein Amt als Rektor nieder, um sich in Zukunft auf Lehre und Forschung zu konzentrieren. In den 15 Jahren seiner Amtszeit hat er die Hochschule maßgeblich geprägt. Marcelo da Veiga lehnt sich zurück. Er wirkt ruhig und nachdenklich. Die Interviews mit den Journalisten in seinem Büro am Campus II geben ihm Gelegenheit, seine Amtszeit noch einmal Revue passieren zu lassen. Alles begann, als da Veiga die Hochschule zur staatlichen Anerkennung führte. Als Projektleiter der Software AG-Stiftung, dem wichtigsten Förderer der Hochschule, betreute er seit Ende 2001 zunächst als Geschäftsführer den Antragsprozess beim Wissenschaftsministerium und wurde nach dem positiven Bescheid im Oktober 2002 zum ersten Rektor der Alanus Hochschule gewählt. Seitdem sind mehr als 15 Jahre vergangen, in denen die Hochschule sich von einer Bildungseinrichtung mit rund 150 Studenten und 14 Mitarbeitern zu einer staatlich anerkannten und institutionell akkreditierten Hochschule mit 1500 Studenten an mehreren Standorten und insgesamt 230 Mitarbeitern – davon rund 70 Professoren – entwickelt hat. Viele der dafür entscheidenden Schritte hat Marcelo da Veiga auf den Weg gebracht. „Ich habe diese Entwicklung nicht von vornherein geplant“, sagt der scheidende Rektor. „Viele Schritte haben sich erst auf dem Weg im Dialog mit beteiligten Partnern und Kollegen ergeben.“

Meilensteine Zu den wichtigsten Etappen seiner Amtszeit gehören die institutionelle Akkreditierung als Kunsthochschule 2010, der Erwerb des Promotionsrechts, die Einführung des Lehramts für das Fach Kunst sowie der Auf- und Ausbau eines wissenschaftlichen Profils seit 2005. Diesen Entwicklungen verdankt die Hochschule ihr einzigartiges Profil in der Kombination von Kunst und Wis-

»Herr Professor da Veiga ist das Gesicht der Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft. Er hat als Rektor wesentlich dazu ­beigetragen, dass sich die Alanus Hochschule als hochqualitative Wissenschaftseinrichtung etabliert und ein eigenes Profil ­entwickelt hat.« Prof. Dr. Hartmut Ihne, Präsident der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg

senschaft. „Da Veiga hat wegweisenden Entwicklungen Bahn gebrochen, die unserer gesamten Region nachhaltig zustattenkommen. Sein waches Interesse für neue Chancen, sein großes kommunikatives Vermögen, sein weitsichtiges Handeln und der nicht ermüdende Wille zu optimalen Ergebnissen hat dazu geführt, dass die Alanus Hochschule an Attraktivität gewinnen konnte und viele junge Menschen so hervorragend qualifiziert“, sagt Ilka von Boeslager, CDU-Abgeordnete im NRW-Landtag. Auch räumlich hat sich die Hochschule während da Veigas Amtszeit verändert:


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Ein zweiter Campus an der Stadtgrenze zu Bonn wurde gebaut, und mit dem Institut für Waldorfpädagogik, Inklusion und Interkulturalität wurde im August 2014 ein Studienzentrum in Mannheim eröffnet. Der BWL-Studiengang unter dem Motto „Wirtschaft neu denken“, der Wirtschaftsthemen mit Kunst und Philosophie verknüpft, wurde ebenfalls

»Mit dem Namen Marcelo da Veiga ist ganz wesentlich die dynamische und nachhaltige Entwicklung der Alanus Hochschule zu einer wissenschaftlichen Hochschule verbunden, die sich großer Beliebtheit bei ihren Studenten und hoher Anerkennung über die Region ­hinaus erfreut.« Andreas Pinkwart, Rektor der HHL Leipzig Graduate School of Management, ehemaliger stellvertretender Minister­ präsident und Innovationsminister des Landes Nordrhein-Westfalen

Mandat zu verlängern. Grund dafür ist die laufende Antragsstellung auf Erteilung des Universitätsstatus eines Teils der Hochschule. „Da ich in solchen Prozessen eine gewisse Erfahrung habe, wurde meine Amtszeit um eine Zeit verlängert, die reichte, um das voranzutreiben“, erklärt der 1960 in Brasilien geborene und in Deutschland aufgewachsene Professor für Philosophie. Im Frühjahr 2017 kommt das Verfahren beim Wissenschaftsrat zum Abschluss. Ein positiver Bescheid zum Universitätsantrag könnte unter anderem den weiteren Ausbau des Lehramtsstudiums und des Promotionsrechts ermöglichen.

auf da Veigas Initiative hin entwickelt. Dafür holte er bekannte Unternehmen mit ins Boot wie die GLS Bank, Alnatura und dm-drogerie markt, dessen Gründer Götz W. Werner sagt: „Marcelo da Veiga ist zu verdanken, dass die Alanus Hochschule eine Bildungsstätte ist und bleibt, die ein Bewusstsein für Selbstverantwortung und Lebensunternehmerschaft befördert."

Verlängerung der Amtszeit 2014 hat da Veiga bereits drei Amtsperioden hinter sich, als er vom Senat und Stiftungsvorstand gebeten wird, sein

„Es ist ein guter Zeitpunkt für mich, das Amt abzugeben und meine akademische Arbeit zu intensivieren. Die institutionellen Strukturen, die über die Jahre entstanden sind, sowie die vielen kompetenten Mitarbeiter tragen heute die Hochschule. Nach der intensiven Aufbauphase der letzten Jahre befindet sich die Hochschule nun in einer Konsolidierungsphase“, erklärt da Veiga, der viele Jahre auch als Entwicklungs- und Wirtschaftsberater für Schulen und Hochschulen in nichtstaatlicher Trägerschaft tätig war.

Mehr Zeit für Forschung und Lehre Ab sofort will sich da Veiga ausschließlich Forschung, Lehre und internationalen Kooperationen widmen: „Die Alanus Hochschule ist akademisch ein traumhafter Ort. Man hat viele Freiheiten und ausgesprochen motivierte Studenten.“

Bereits in den 1990er-Jahren lehrte da Veiga als Professor für deutsche Literatur und Ästhetik und zuvor vier Jahre als Oberstufenlehrer in Brasilien. Neben seinen Geschäften als Rektor war er von Anfang auch akademisch im Rahmen seiner Professur für Philosophie an der Alanus Hochschule tätig und hat in diesem Zusammenhang das Studium Generale eingeführt. Das Studium Generale ist heute im Institut für philosophische und ästhetische Bildung angesiedelt und besteht aus einem kulturwissenschaftlichen Ergänzungsstudium, in dem alle Studenten fach- und jahrgangsübergreifend den Blick über die Grenzen des eigenen Fachs erweitern können. Ein zentrales Anliegen ist dabei auch die diskursorientierte Auseinandersetzung mit der von Rudolf Steiner begründeten Anthroposophie. Ausgehend von dieser Idee in der Tradition der Liberal Arts hat da Veiga 2015 mit seinen Mitarbeitern zwei neuartige Studiengänge entwickelt, die den kulturellen und ästhetischen Bildungsprozess des Einzelnen mit den Themen Social Entrepreneurship und Social Innovation verknüpfen. Darüber hinaus betreut da Veiga verschiedene Promotionen mit bildungsphilosophischen und philosophischen Themen. „Professor Marcelo da Veiga war eine hervorragende Unterstützung während des Promotions- und Schreibprozesses. Er hat mir vor allem dabei geholfen, meine eigenen Gedanken zu entwickeln. Ich freue mich, dass er bald mehr Zeit für die Lehre hat“, meint Promotionsstudent Fergus Anderson.  ■ SST

Neubesetzung der Hochschulleitung Mit der Amtszeit des Rektors endet auch die Amtszeit der Prorektoren Horst Philipp Bauer und Annette Weißkircher. Das Verfahren zur Neuwahl für das Amt des Rektors wurde vom Senat eröffnet. Bis zum Abschluss des Verfahrens hat der Senat Stefan Hasler als kommissarischen Rektor bestimmt. Er tritt sein Amt zum 1. April an. Die reguläre Neubesetzung der Position des Rektors ist für 2018 geplant. Die Alanus Stiftung hat zum 1. Januar 2017 Julia Wedel als weitere Geschäftsführerin neben Kanzler Dirk Vianden bestellt.


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Gabriele Oberreuter – Eine Professorin, die Begeisterung für Kunst weckt „Diese Frau würde ich gerne mal ganz fest drücken.“ Auf der Beliebtheitsskala ist Gabriele Oberreuter weit oben. Viele Studenten stellen der Professorin ein tolles Zeugnis aus: freundlich, interessant, kompetent, herzlich, fair. Welcher Mensch steckt hinter der Kunsthistorikerin? Ein Porträt.

Was macht das Leben aus? Wieso gibt es so viel Schönes auf der Welt? Auch mit 65 Jahren ist Gabriele Oberreuter neugierig und kann staunen wie ein kleines Kind. Sie betrachtet die Welt mit großen „Abenteueraugen“, möchte erkunden, hinter die Dinge sehen, sich begeistern lassen. Von dieser unbändigen Neugier angetrieben, kann sie stundenlang durch antike und mittelalterliche Städte laufen, Museen, Kirchen und Schlösser besichtigen. Dann gibt sie sich ganz dem Kunstrausch hin. „Ich entlasse mich gerne in diese ästhetische Welt, das ist wie ein Bad. Ich schwimme dann in dieser Schönheit“, erzählt sie mit ausladenden Armbewegungen. Trotz dieser Fluchten in eine andere Welt sei sie keine naive Schwärmerin, die alle Probleme aus den Augen verliere, betont Oberreuter. „Ich sehe die Welt nicht nur als ein ästhetisches Abenteuer. Ich habe gerne die Füße auf dem Boden, aber den Kopf in den Wolken.“


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Denkweisen wider. Selbst hat sich Oberreuter nie als reine Historikerin empfunden. „Für mich ist die Neugier an der Kunst das Treibende gewesen. Ich war nie eine Archiv-Biene. Das war nicht mein Ding, im Staub zu sitzen und alte Urkunden zu sichten.“

Karl der Kleine und die große Liebe Ihre große Liebe für die Kunst begann im Sommer 1965 mit einer kleinen Überraschung. Zusammen mit ihrem Vater besuchte sie damals eine bedeutende Ausstellung über Karl den Großen im Aachener Rathaus. Besonders gespannt war die junge Gabriele auf das große Reiter-Denkmal des Kaisers, das sie von Postkarten kannte, sich aber in der Realität als winzige Statuette entpuppte. Karl der Kleine und die anderen Kunstschätze hinterließen dennoch großen Eindruck. „Bis heute habe ich im Kopf, was ich damals gesehen habe. Ich habe den Katalog noch zu Hause. Die Ausstellung war sicherlich ein Initial-Erlebnis für mich, um später Kunstgeschichte zu studieren.“ Die Kunst macht Gabriele Oberreuter glücklich, rettete sie in den 1980er-Jahren sogar aus einer existenziellen Krise. Die Professorin spricht offen über diese dunkle Zeit, hält immer wieder inne, sortiert ihre Gedanken. Es ist ein aufwühlendes, aber auch sehr amüsantes Gespräch. Damals mildert die Kunst ihren Schmerz. „Ich glaube, wir brauchen die Kunst für all unsere Wunden, die wir im Leben erfahren“, sagt Oberreuter, die seit 2005 Kunstgeschichte im Studium Generale an der Alanus Hochschule lehrt.

Auch wissenschaftlich hat sie von Anfang an die existenziellen Dimensionen des Lebens ausgeleuchtet, etwa mit ihrer Dissertation „Der Tod des Philosophen. Zum Sinngehalt eines Sterbebildtypus“. Künstler mit biografischen Brüchen wie beispielsweise die Bildhauerin Louise Bourgeois zogen sie auch bei ihren späteren Forschungen immer wieder an.

Der Glücksfall Alanus

Ihren Studenten möchte sie vor allem den Lustaspekt an der Kunst vermitteln und ihnen zeigen, wie spannend und relevant die Kunstgeschichte für ihr Leben im 21. Jahrhundert ist. In Seminaren und Vorlesungen streut sie daher immer wieder Anekdoten über römische Kaiser, germanische Helden oder berühmte Maler ein. Für sie ist die Kunstgeschichte eine prall gefüllte Schatztruhe, die sie gerne mit den Studenten teilt. „Das ist ein bisschen so wie bei spielenden Kindern, die sich gegenseitig ihre schönsten Murmeln zeigen“, erzählt Oberreuter und strahlt vor Freude. „Lernen geht nur mit Begeisterung“ – diesen Satz nimmt sich die Professorin zu Herzen. Er stammt vom renommierten Hirnforscher Gerald Hüther, mit dem sie befreundet ist. Beide haben sich schon häufig über die Freude am Lernen ausgetauscht.

Faszinieren, nicht belehren

Münster, Paris, Rom, Freiburg, Nürnberg: Oberreuter hat in vielen Städten, an renommierten Universitäten und Instituten studiert und gelehrt. Doch die Professur an der Kunsthochschule in Alfter ist der Glücksfall ihres Lebens. „Hier kann ich das lebendige Potenzial, was ich in mir trage, leben und bin nicht auf die intellektuelle Gelehrte reduziert. Das war an klassischen Universitäten komplett anders.“

Wer Oberreuter in Seminaren erlebt, spürt, warum sie so beliebt ist. Sie ist warmherzig, hört genau zu, fragt nach, lobt. Die Professorin steht als Mensch vor ihren Zuhörern und versteckt sich nicht hinter ihrem Titel. Sie mag ihre Studenten. Und lehrt gerne, ohne zu belehren. „Ich lasse mich berühren. Die Studenten sehen mich auch unsicher und offen. Ich habe überhaupt nicht das Bedürfnis, auf alles eine Antwort zu haben.“

An der Alanus Hochschule, in der Nähe der Künstler, fühlt sie sich wohl, ist angekommen. „Ich verstehe genau, wie Künstler ticken, auch deren Empfindlichkeiten kann ich ziemlich gut spüren. Ich weiß aber auch, wie Wissenschaftler ticken.“ Auch ihre Habilitationsschrift, in der sie sich mit dem Thema „Krise und Durchbruch zum eigenen Stil“ am Beispiel des Klassizisten Jacques Louis David befasste, spiegelt ihr besonderes Einfühlungsvermögen in künstlerische

Wenn es geht, nimmt sie sich auch gerne mal zurück, lässt los und genießt: „Ich bin ganz oft beglückt, wenn ich merke, wie Studenten das Seminar lebendig mitgestalten.“ Dann hat sie ihr Ziel erreicht – und die Studenten mit ihrer Faszination für die Kunst zumindest ein bisschen angesteckt. Oberreuter ist immer mit ganzem Herzen dabei. „Ich habe mein Programm noch nie einfach so runtergeleiert.“ Nullachtfünfzehn passt eben gar nicht zu Gabriele Oberreuter.  ■ FC


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„Crowdfunding ist sexy“ Jacob Hörisch, Juniorprofessor für Betriebswirtschaftslehre, beforscht, wie Crowdfunding zu einer nachhaltigen Entwicklung der Gesellschaft beitragen kann.

Herr Hörisch, wie sind Sie darauf ­gekommen, das Thema Crowdfunding zu untersuchen? Crowdfunding muss man beforschen, weil es ein unglaublich junges Phänomen ist. Denn wie das häufig so ist, werden in neue Phänomene Erwartungen projiziert. Eine der Erwartungen an Crowdfunding ist, dass es eine sehr gute Finanzierungsform für Unternehmen oder Projekte bietet, die das Ziel haben, zu einer nachhaltigen Entwicklung der Gesellschaft beizutragen. Aber ob diese Erwartung zutrifft, wurde bislang noch nicht überprüft. Ob Crowdfunding tatsächlich dafür prädestiniert ist, nachhaltige Entwicklung mitzufinanzieren, und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen, damit beschäftige ich mich in erster Linie. In welchem Kontext ist Ihnen persönlich das Thema Crowdfunding das erste Mal begegnet? Mein erster Berührungspunkt mit Crowdfunding war in der Tat, dass ich selber an einer solchen Initiative beteiligt war. Dabei ging es um ein Brettspiel, bei dem die Mechanismen des Klimawandels dargelegt werden. Ein ganz tolles Spiel. Das hat gut funktioniert. Wir mussten 10.000 Euro bekommen – für ein frühes Projekt im Reward-Based Crowdfunding gar nicht wenig – und wir haben schluss­ endlich sogar 15.000 Euro erreicht. Das Spiel gibt es mittlerweile im Verkauf. Wissenschaftlich habe ich mich dem Thema zunächst mit einer unglaublichen Euphorie genähert, weil ich gesehen habe, dass tolle Projekte dadurch finanziert wurden – auch einige, die sehr große Summen erreicht haben. Mich hat dann bald interessiert, ob das denn repräsentativ sei und ob es tatsächlich sinnvolle Projekte sind, die über Crowdfunding finanziert werden.


Engagement 41

Bietet sich Crowdfunding für bestimmte Bereiche an und für andere weniger? Absolut. Wir beobachten beispielsweise, dass Non-Profit-Organisationen mit ihren Projekten viel höhere Erfolgschancen haben als gewinnorientierte Unternehmen. Das ist in der jungen Crowdfunding-Forschung eine der wenigen gesicherten Erkenntnisse. Außerdem gehen Spiele und Bücher unglaublich gut. Der Vorteil dabei ist, dass jeder, der 10 oder 20 Euro gibt, als Gegenleistung zum Beispiel das fertige Buch bekommen kann. Eine ähnliche Gegenleistung zu kreieren ist eine Kernherausforderung, wenn es um Umweltprojekte geht. Denn wenn das Ergebnis meines Tuns ist, dass weniger CO2 emittiert wird, was gebe ich dir dann dafür, dass du mich dabei unterstützt? Ich kann dir eine offizielle Danksagung oder ein T-Shirt mit unserem Projektlogo geben,

aber das ist vermutlich nicht das, was du haben möchtest. Will sagen: Nachhaltigkeitsorientierte Crowdfunding-Aktionen haben ganz häufig das Problem, einen materiellen Nutzen erzielen zu müssen. Es gibt auch viele erfolgreiche nachhaltige Projekte, die über die Crowd finanziert wurden, aber das ist kein Selbstläufer. Wie unterscheidet sich Deutschland von anderen Ländern hinsichtlich des Selbstverständnisses im Bereich Crowdfunding? In Deutschland liegen wir – wenn wir betrachten, wie viel Geld pro Kopf in Crowdfunding-Projekte investiert werden – knapp über dem europäischen Durchschnitt. Hier investiert eine Person im Durchschnitt 1,70 Euro pro Jahr über die Crowd, in den Niederlanden sind es 3,70 Euro. Auch in den USA wird mehr über die Crowd investiert als in Deutschland. Bei uns gibt es aber auch noch recht

starke andere Finanzierungsmöglichkeiten, wie zum Beispiel die Genossenschaften. Aber: Crowdfunding hat sich auch in Deutschland mental etabliert. Alle Gründer wissen, dass es diese Option gibt. Wie hat sich das Crowdfunding in den letzten Jahren entwickelt? Crowdfunding hat mit dem Reward based Crowdfunding begonnen, bei dem es eine − meist materielle − Gegenleistung gibt. Aber die Gewichtung verschiebt sich. Wir beobachten, dass der professionelle Teil im Bereich Crowdinvesting oder -lending derzeit sehr viel stärker wächst als Reward based Crowdfunding. Über Crowdinvesting und Crowdlending wird viel mehr Geld investiert. Im Crowd­ investing erhält jeder, der mir einen bestimmten Betrag gibt, einen Anteil am Unternehmensgewinn. Beim Crowdlending wird der investierte Betrag verzinst zurückgezahlt.  ■ JWD

Crowdfunding-Projekte an der Alanus Hochschule

Gurke mit Identitätskrise

Mehr Freiheit für den Mond

Spielzeugflatrate im Monatsabo

Schon als Zehnjährige hat PHASE-Studentin Lina Ashour ihre erste Kurzgeschichte geschrieben und veröffentlicht: „Meine Farbe“ handelt von einer Gurke mit Identitätskrise, die auf der Suche nach der „richtigen“ Farbe ihr eigenes Selbstwertgefühl entwickelt. Jetzt möchte Ashour das Kinderbuch mithilfe von Spenden-Crowdfunding neu auflegen und an Flüchtlingskinder verschenken. Lina Ashour studiert Philosophy, Arts and Social Entrepreneurship (PHASE). Wer ihr Buchprojekt unterstützen möchte, kann unter https://www.gofundme. com/2s8yvyhv spenden.

Kunst-Pädagogik-Therapie-Absolventin Lena Skrabs nutzt 2015 Crowdfunding als Bestandteil ihres Kunstprojektes. Sie plant ihre Reise zum Mond und möchte nach ihrer Landung dort den Planeten von Flaggen befreien. „Der Mond gehört den Liebenden, er muss frei sein für die Träume und Visionen von allen“, so Skrabs in dem Kurzfilm zu ihrem Projekt. Die veranschlagten 10 Milliarden Dollar kommen letztlich natürlich nicht zusammen, „Free the Moon“ wird aber als eine der besten 100 Arbeiten für den Lumen Prize 2015, einen globalen Preis für digitale Kunst, ausgewählt.

BWL-Absolvent Florian Spathelf gründet 2012 zusammen mit Florian Metz das StartUp „Meine Spielzeugkiste“. Eltern können hier Spielzeuge für ihre Kinder mieten und jederzeit wieder zurückschicken. „Wir sind sozusagen die Bibliothek für hochwertige Spielzeuge aber ohne Rückgabefristen und Überziehungsgebühren“, erklärt Spathelf. Die Anfangsphase ihres Projekts finanzieren die beiden Jungunternehmer mit Crowdfunding. Die spätere erfolgreiche Teilnahme an der Start-up-Show „Die Höhle der Löwen“ machte das Konzept deutschlandweit bekannt.  ■ SK


Engagement 42

Gibt es gute Beispiele für Crowdfunding im Bildungsbereich? Die Kiron University, mit der auch unser Fachbereich kooperiert, ist eines der prominentesten Beispiele. Bei ihrem Projekt geht es darum, dass Flüchtlinge Zugang zum deutschen Bildungssystem bekommen. Crowdfunding könnte auch im Bereich von Bildungskrediten funktionieren. Aber Bildung ist sicherlich nicht der Kernbereich. Dient Crowdfunding manchmal nur dazu, auf sich aufmerksam zu machen, auch für Projekte, die vielleicht bewusst utopisch sind? Ja, aber das ist toll. Das ist eine Funktion von Crowdfunding, die häufig vergessen wird. Es kann sein, dass ich als Unternehmer weiß, dass eine andere Finanzierungsform sinnvoller wäre, dass ich aber bewusst die Marketingfunktion von Crowdfunding nutze. Nicht zuletzt aufgrund der Aufmerksamkeit, die ich über die sozialen Medien generiere: Ich erreiche Menschen, die sich für das Produkt

interessieren und ich habe dadurch auch gute Tester. Ich kann den Beteiligten das Produkt zukommen lassen und von ihnen Feedback einholen. Nach der Finanzierung eines Produktes oder Projektes geht die Kommunikation darüber in den sozialen Medien oft noch weiter. Worauf muss ich beim Start einer Crowdfunding-Aktion achten? Generell gilt: Crowdfunding funktioniert immer dann gut, wenn ich meine eigene Community mitbringe. Ich muss es schaffen, das erste Drittel des Zielbetrages aus meinem Umkreis zu finanzieren. Ich muss schnell einen relativ großen Anteil finanziert haben, weil das als Qualitätssignal gewertet wird. Dann gibt es viele Investoren, die aufspringen. Fast alle Crowdfunding-Projekte scheitern entweder krachend bereits am ersten Drittel oder erreichen ihr Ziel.

leistung erbringen, die für diese Community interessant ist. Ich muss außerdem ein realistisches Ziel setzen und ein professionelles Video mit der Projektvorstellung haben. Welchen praktischen Nutzen haben die Ergebnisse Ihrer Forschung zu Crowdfunding? Die Ergebnisse kommen auch unseren Studenten zugute. In den BWL-Studiengängen gibt es viele Studenten, die nachhaltige Unternehmen gründen möchten und dies über Crowdfunding finanzieren wollen. Meine Ergebnisse, wie dies gelingen kann, gebe ich an sie weiter. Hier findet also ein unmittelbarer Transfer von der Forschung zur Anwendung durch die Absolventen statt. Es kommen auch relativ viele und fragen nach Rat bezüglich ihrer Crowdfunding-Initiative. Das hätte ich nicht gedacht…, aber das Thema ist eben „sexy“.  ■ JWD

Es ist außerdem wichtig, eine spezifische Crowd anzusprechen. Man muss wissen, an wen man sich richtet und eine Gegen-

I like my Girokonto Wie muss eine Bank sein, damit man sie liken kann? Konsequent grün, fair und transparent! Das ist die erste sozial-ökologische Bank. www.gls.de


Statement 43

Der Digitalpakt: ein Trojanisches Pferd Der Digitalpakt für Schulen von Bundesbildungsministerin Wanka steht zunehmend in der Kritik. Die Waldorfkindergartenvereinigung etwa hat eine Petition „Nein zur Digital-Kita“ ins Leben gerufen. Paula Bleckmann kommentiert den Digitalpakt. Als Medienpädagogin begrüße ich sehr, dass man sich Gedanken macht, wie man Kinder auf das Leben im digitalen Zeitalter vorbereiten kann. Ich bin mir mit den meisten meiner Kollegen einig über die Ziele von Medienerziehung: Kinder auf dem Weg zum medienmündigen Erwachsenen zu begleiten. Sie sollten als Erwachsene selbstbestimmt darüber entscheiden können, welchen Anteil ihrer Lebenszeit sie mit Bildschirmen verbringen und welchen ohne. Für den Teil, den sie mit Bildschirm verbringen, sollen sie Fähigkeiten zur aktiven, kreativen und technisch versierten Nutzung dieser Medien lernen. Ich möchte das gerne meiner Kritik am Digitalpakt vorausschicken, da mir Medienerziehung wichtig ist. Der Digitalpakt geht aber den falschen Weg. Erstens: Ich vermute, dass Ministerin Wanka mit ihrem Digitalpakt die Durchdigitalisierung der Grundschulen vorantreiben will. Das muss verhindert werden. Kinder werden nicht dadurch, dass man sie möglichst früh vor einen Computer setzt, fit für das digitale Zeitalter. Das Sprichwort „Früh übt sich, wer ein Meister werden will“ steht zwar im Zentrum der Argumentation von Großkonzernen,

die den Markt „Frühdigitalisierung“ für sich erschließen wollen, ist aber keinesfalls eine empirisch gesicherte Empfehlung. Ich nutze gerne das Bild einer Lauflernhilfe. Kinder können mithilfe eines solchen Gestells scheinbar schon laufen, wenn sie es aus eigener Kraft noch gar nicht können. Vielleicht lernen sie damit sogar früher laufen, sie haben aber über Jahre unter den Nachteilen zu leiden. Jeder, der etwas von kindlicher Entwicklung versteht, rät von der Lauflernhilfe ab. Kinder müssen in einer bestimmten Reihenfolge Dinge lernen. Sie brauchen zuerst starke Rückenmuskeln, einen ausgeprägten Gleichgewichtssinn und starke Fußmuskeln. Übertragen auf die digitale Welt, kann ein „zu früh“ verhindern, dass ein aufrechter Gang durch die Medienwelt erlernt wird. Studien belegen, dass eine frühe Mediennutzung das Risiko für Mediensucht und für den Kontakt zu problematischen Inhalten erhöht. Das Sprichwort muss also abgewandelt werden: Früh übt sich, wer ein Knecht werden will. Wer wirklich ein Medien-Meister werden will, braucht in der Kindheit eine solide Verankerung im realen Leben, ein stützendes Elternhaus, gute Freunde, wertschätzende Lehrer.

Zweitens: Der Digitalpakt verspricht Bundesmittel in Höhe von fünf Milliarden Euro, die aber nur ausgezahlt werden, wenn die Länder zusätzlich etwa 25 Milliarden investieren, um Lehrer zu schulen, Software zu aktualisieren und die Computer zu warten. Der Digitalpakt ist ein Trojanisches Pferd: Er sieht aus wie ein Geschenk, legt aber Milliarden von Landesmitteln, die ebenso gut für andere bildungsförderlichere Aktivitäten ausgegeben werden könnten, auf Digitalbildung fest. Dabei gibt es so viele Dinge, in die Bildungspolitik Geld investieren könnte, die nachweislich nicht nur das Lernen, sondern auch das Wohlergehen der Schüler fördern: kleinere Klassen, eine gut ausgestattete analoge Schulbibliothek, Theaterprojekte, Bewegegungsförderung, Kunst- und Musikunterricht. Für das Jugend- und Erwachsenenalter kann der dosierte Einsatz digitaler Medien selbstverständlich das Lernen auch unterstützen. Je jünger das Kind ist, desto eher behindern digitale Medien es aber.  ■  Von: Paula Bleckmann Professorin für Medienpädagogik im Fachbereich Bildungswissenschaft


Kurz & Knapp 44

Amt des Rektors: Stefan Hasler übernimmt bis 2018

Der Senat der Alanus Hochschule hat für die Dauer des Rektor-Wahlverfahrens die Rechte und Pflichten des ­Rektors kommissarisch an Stefan Hasler übertragen. ­Marcelo da Veiga, Gründungsrektor der Hochschule, hatte sein Mandat Ende März niedergelegt, um sich verstärkt Forschung und Lehre zu widmen (s. Portrait S. 36). Ab dem 1. April verantwortet Stefan Hasler in Zusammen­ arbeit mit den sechs Fachbereichsleitern und dem Kanzler die Aufgaben des Rektorates, bis ein neuer Rektor gefunden ist. Das offizielle Verfahren zur Neuwahl für das Amt des Rektors wurde vom Senat eröffnet. Die Neubesetzung der Position des Rektors ist für 2018 geplant. Stefan Hasler kennt die Hochschule seit vielen Jahren. Von 2003 bis 2015 war er Professor für Eurythmie an der Hochschule und leitete das Fachgebiet Eurythmie. Von 2013 bis 2015 war er außerdem Prorektor der Hochschule. In seiner Rektorenrolle möchte er dezentrale Leitungsstrukturen fördern, die Organe der Hochschule in ihrer Aufgabe stärken und damit eine partizipatorische Verantwortung ­fördern. „Nachdem eine lange Ära zu Ende geht, sehe ich für das nächste Jahr einen Transformationsprozess, bei dem es sinnvoll erscheint, folgende drei Qualitäten innerhalb der Hochschule weiterzuentwickeln: Transparenz, Vertrauen und Zusammenarbeit über die Fachbereiche hinaus. Stefan Hasler wurde 1965 in Zürich geboren und wuchs am Bodensee auf. Mit 15 Jahren begann er als Jungstudent an der Musikhochschule in Basel und studierte in Meisterklassen in Rom und Budapest. Nach dem Diplom folgten internationale Auftritte als Solopianist und als Kammermusiker sowie ein Dirigierstudium am Royal College of Music in London. Im Alter von 24 Jahren entschied er sich für ein Studium der Eurythmie in Den Haag und Hamburg und arbeitete danach als Bühneneurythmist, Lehrer an einer Waldorfschule und Eurythmie-Dozent. Seit 2015 ist ­Stefan Hasler Leiter der Sektion für redende und musizierende Künste am Goetheanum in der Schweiz.  n

Alanus wird Teil des Netzwerks Hochschuldidaktik NRW

Das Netzwerk Hochschuldidaktik NRW ist ein Zusammenschluss von Universitäten in NRW, die ein gemeinsames Ziel verfolgen: die Entwicklung, Verbesserung und Sicherung der Qualität von Lehr- und Lernprozessen an den Universitäten. Die Alanus Hochschule ist als erste private Hochschule Teil dieses Netzwerks geworden. Mit dem Programm „Professionelle Lehrkompetenz für die Hochschule“ bietet das Netzwerk eine Weiterbildung für Hochschulpersonal an, die mit einem Zertifikat abschließt. Teilnehmer der Weiterbildung besuchen etwa Veranstaltungen aus den Bereichen „Lehren und Lernen“, „Prüfen und Bewerten“, „Studierende beraten“, „Evaluieren“ und „Innovationen in Lehre und Studium entwickeln“. Im Gegenzug wird die Alanus Hochschule im Laufe des Jahres ebenfalls Veranstaltungen anbieten.  n

Studenten gestalten Stockmar-Kalender

Zwölf Studenten des Studiengangs Kunst-Pädagogik-Therapie gestalten den Stockmar-Kalender 2018. Das für seine Wachsmalstifte bekannte Traditionsunternehmen gibt zum ersten Mal einen Kunstkalender heraus zum Thema „Blau“. Ein ganzes Semester lang experimentierten die Studenten mit diversen Materialien, die Stockmar den Studenten zur Verfügung gestellt hatte, und erarbeiteten ein Konzept, das den

Produzenten von Künstler- und Kunsterziehungsbedarf überzeugte. Im März wurde entschieden, welche zwölf Blätter den Kalender zieren werden. Als nächstes steht Kaltenkirchen auf dem Programm: Nun wurde die Gruppe eingeladen, sich im Juni das Unternehmen vor Ort anzuschauen. Die Kooperation des Fachgebiets Kunst-Pädagogik-Therapie mit Stockmar findet zum ersten Mal statt, doch für die nächsten Jahre ist bereits eine Fortsetzung zu den Themen „Rot“ und „Gelb“ geplant.  n

Klimaschutzpreis für ­Färbergarten

Die Gemeinde Alfter hat das „Färbergarten-Team“ der Alanus Hochschule als Preisträger des Klimaschutzpreises 2016 ausgewählt. Der mit 2500 Euro dotierte Preis wird von Innogy, der Tochtergesellschaft von RWE für erneuerbare Energien, vergeben. Seit dem Frühjahr 2016 pflegen Studenten der Kunsttherapie und der Kunstpädagogik am Campus II der Hochschule einen Färbergarten, den sie mit Hilfe von Architekturstudenten selbst angelegt haben. Sie erzeugen Farben aus Rosen, Ringelblumen und Rotkohl und nutzen sie künstlerisch und pädagogisch. „Wir möchten Klimaschutz nachhaltig multiplizieren“, sagte die wissenschaftliche Mitarbeiterin Corinne Roy, die das Projekt mit Professorin Beatrice Cron koordiniert. Ideengeberin war Professorin Hildrun Rolff. Das Team vermittelt Studenten in Workshops, wie man aus den Pflanzen Farbe gewinnt, sie mit Lauge oder Säuren verändert und künstlerisch nutzt. Vom 12. bis zum 28. Mai findet eine Ausstellung mit Kunst aus Pflanzenfarben am Campus II statt. Mit dem Preisgeld pflegt das Team nicht


Kurz & Knapp 45

nur den Garten weiter, es soll auch ein Kinderbuch mit dem Titel „Der Färberlin“ entstehen. Außerdem möchten die Wissenschaftler die therapeutische Wirksamkeit von Farberzeugung und -gewinnung erforschen. Wir gratulieren herzlich!  n

Symposium zur Zukunft der Schauspielausbildung

spiel-Ausbildung künftig aussehen sollte und kann. Was sollen die Studenten erlernen und erleben? Alle Interessierten können sich unter tagungshaus@ alanus.edu // 02222.9321-1717 für die Veranstaltung anmelden (15,– Euro // 10,– Euro für Studierende).  n

BONNER ORTE. ANDERS. SEHEN. – Ringvorlesung Architektur

und zukünftige architektonische Aufgaben an Bonner Orten referieren. Die Studenten und Besucher werden von Projekten außerhalb Bonns inspiriert: Wie können Bonner Orte am Beispiel städtebaulicher Projekte anderer Städte weiterentwickelt und genutzt werden? Die Ringvorlesung findet an vier Terminen im Frühjahrssemester statt. Sie wird in Kooperation mit dem Bonner General-Anzeiger durchgeführt.  n

Bildhauerei-Studenten auf Exkursionen

Das Fachgebiet Schauspiel veranstaltet in Kooperation mit Sören Fenner, Vorstand von art but fair e. V., dem Schauspieler Shenja Lacher und Jakob Arnold, Vorstand des Jungen Ensemble-Netzwerkes, am Samstag, 29. April ab 10  Uhr das bundesweit erste Symposium zur Zukunft der Schauspielausbildung. Die Schauspielstudenten von heute werden das Theater von morgen prägen und formen. Aber wie? Die Veranstalter stellen die Frage, wie die Schau-

öffentlich wirken

Was passiert, wenn man Bonner Orte wie das Frankenbad oder den Rheinpavillon mit anderem Blick betrachtet? Oder in der Straßenbahnlinie 18 zwischen Köln und Bonn mitfährt und dabei über Architektur und Stadtplanung diskutiert? In der Ringvorlesung „BONNER ORTE. ANDERS. SEHEN.“ werden Lehrende des Fachbereichs Architektur gemeinsam mit externen Experten vor Ort über aktuelle

Unterwegs in den Steinbrüchen Norwegens, im brasilianischen Vitória nahe Rio de Janeiro oder in Süddeutschland: Exkursionen führen die Bildhauerei-Studenten im Frühjahrssemester in die Ferne. Gleich zu Beginn des Bildhauerei-Studiums steht jedem Studenten das Studien-

projekt „Norwegen“ bevor: Neun Wochen, von April bis Juni, leben und arbeiten sie mitten im Wald in Åsgård, etwa 100 km nördlich von Oslo. Sie werden umfassend in die praktische Arbeit am Stein eingeführt. Außerdem unternehmen die Studenten Ausflüge in die großen „Larvikit“-Steinbrüche von Thorlundh. Im Projekt „Culture Under Construction“ werden die Studenten im März nach Vitória aufbrechen. Zusammen mit Studenten der Universidade Federal do Espirito Santo entwickeln sie vor Ort künstlerische Arbeiten. Vermutlich werden sich einige Studenten künstlerisch mit den jüngsten politischen Geschehen auseinandersetzen. Anfang Februar eskalierte in Vitorìa und anderen brasilianischen Städten die Gewalt, da die Polizei streikte. Die Lage wurde mittlerweile von der Armee unter Kontrolle gebracht. In Süddeutschland findet von Mai bis Juni das Projekt „Landschaft und Skulptur“ in der Laufenmühle, Welzheim, statt. Etwa einen Monat lang führen die Studenten des zweiten Studienjahres künstlerische Interventionen in der Natur und im städtischen Raum durch.  n

4. Fachtagung für Kommmunikation in gemeinwohlorientiertem Kontext

Haltung zeigen – Farbe bekennen in der Kommunikation 3. + 4. November 2017 in Bochum Diese Tagung informiert über die Kommunikationsinstrumente von heute und vermittelt das Rüstzeug für die täglichen Aufgaben in der Öffentlichkeitsarbeit. Langjährige Profis lassen Sie teilhaben an ihren Erfahrungen. In Workshops können Sie lernen, wie Sie die verschiedenen Techniken an Ihre Bedürfnisse adaptieren können.

Anmeldungen unter www.oeffentlich-wirken.de


Terminvorschau 46

April 31. März bis 2. April Augen.Blick.Mal k Tage der offenen Tür, Campus I und II 3. April bis 7. April „Culture under construction“ k Exkur­ sion nach Brasilien mit Bildhauerei-­ Studenten, Fachbereich Bildende Kunst 3. April bis 12. April Märchen-Tournee „Vater Rhein erzählt…“ k Aufführung in verschiedenen Ein­ richtungen der Region, Fachgebiet Eurythmie

24. April bis 22. Juni Norwegen Steinsymposium k Exkursion von Bildhauerei-Studenten und Gästen 25. April GrenzWertig – Im Gespräch zwischen Köln und Bonn k Vortrag von WillemJan Beeren und Peter Köddermann, im Rahmen der ­öffentlichen Ringvorlesung „BONNER ORTE. ANDERS. SEHEN.“, Straßenbahnlinie 18 von Bonn nach Köln, Fachbereich Architektur in Kooperation mit dem Bonner GeneralAnzeiger 25. April bis 23. Mai Start „Speakers‘ Corner“ k Offene Werkstatt für Stimme & Präsenz am Dienstag, Alanus Werkhaus

4. April Alte Bäder – neu genutzt k Vortrag mit Hans-Uwe Flunkert und Jan van der Velden Volkmann im Rahmen der öffentlichen Ringvorlesung „BONNER ORTE. ANDERS. SEHEN.“, Frankenbad Bonn, Fachbereich Architektur in K ­ ooperation mit dem Bonner General-Anzeiger

27. April Boys‘ Day k Schnuppern in die ­Studiengänge Kindheitspädagogik, Eurythmie, Schaupsiel und Malerei, Campus I und II

8. April Interdisziplinäre Performance k ­Performance-Projekt, ­Fachbereiche Darstellende Kunst und Bildende Kunst, Campus I

29. April Zur Zukunft der Schauspielausbildung. Neue Berufsfelder erschließen k Symposium mit prominenten Vertretern der Szene, Fachgebiet Schauspiel, Campus I

28. April bis April 2018 Ein Jahr für die Kunst k Künstlerische Fortbildung, Alanus Werkhaus

3. bis 12. April Eurythmieprojekt mit Gegenständen k Fachgebiet Eurythmie 10. bis 13 April Osterwerkstatt k Ferienkurse für ­Kinder, Jugendliche und Erwachsene, Alanus Werkhaus 12. bis 30. April „shuffle“ k Ausstellung des Fach­ bereichs Bildende Kunst, Künstlerforum Bonn 21. April The Beatles „Das Weiße Album“ k Eine musikalische Zeitreise in das Jahr 1968, Aufführung von Schauspiel­ studenten, Volksbühne Köln

Mai 2. Mai bis 14. Juli Kunstkompass k Interdisziplinärer ­Orientierungskurs für Menschen in ­Veränderungssituationen am Alanus Werkhaus 3. Mai bis 18. Oktober Kunst to go k Offenes Malatelier am Mittwoch am Alanus Werkhaus

9. Mai Nachhaltigkeit in der Bank für Sozialwirtschaft k Vortrag im Rahmen der Ringvorlesung „Social Banking“, Fachbereich Wirtschaft, Campus II 11. Mai Nachhaltigkeitsmanagement bei der Kreissparkasse Köln: Motivation, Chancen und Umsetzung k Vortrag im R ­ ahmen der Ringvorlesung „Social Banking“, Fachbereich ­Wirtschaft, Campus II 12. bis 28. Mai Ausstellung mit Kunst aus Pflanzen­ farben k Foyer, Campus II 15. Mai bis 18. Juni Exkursion mit Bildhauerei-Studenten des zweiten Studienjahres, künstlerische Intervention in der Natur und im städtischen Raum k Fachbereich Bildende Kunst 16. Mai Impact Banking – Bankgeschäft mit ­positiver gesellschaftlicher Wirkung k Georg Schürmann, G ­ eschäftsführer ­Triodos Bank, Frankfurt am Main, ­Vortrag im Rahmen der Ringvorlesung „Social Banking“, Fachbereich Wirtschaft, Campus II 18. Mai Gemeinsam nachhaltig Wirtschaften – im Partnernetzwerk der Bürgeraktien­ gesellschaft Regionalwert AG Rheinland, Köln k Dorle Gothe, Vorstand, Regionalwert AG Rheinland, Vortrag im R ­ ahmen der Ringvorlesung „Social Banking“, Fachbereich Wirtschaft, Campus II 19. bis 20. Mai Drin Sein – Symposium für Eurythmie in sozialen Arbeitsfeldern IX k Fachgebiet Eurythmie, Glashaus, Campus I 30. Mai Immovielien – Immobilien von Vielen für Viele k Vortrag von Oliver Brügge und Henry Beierlorzer, im Rahmen der ­öffentlichen Ringvorlesung „BONNER ORTE. ANDERS. SEHEN.“, Montag Stiftung, Bonn, Fachbereich Architektur in Kooperation mit dem Bonner ­General-Anzeiger


Terminvorschau 47

Juni

Juli

Impressum Herausgeber Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft

6. bis 9. Juni Hospitationswoche k In den Studienalltag eintauchen, das Studium und den Campus kennenlernen, Campus I und II 9. Juni lit.Alanus – 1. Poesie-Symposium k Eurythmie trifft zeitgenössische Literatur und Lyrik, Fachgebiet Eurythmie 16. bis 17. Juni Bachelor Abschluss 2017 k Aufführung des Abschlussjahrgangs, Fachgebiet Eurythmie, LVR LandesMuseum Bonn 21. Juni Rheinufergeschichten k Vortrag von Thomas Sieverts und Benedikt Stahl, im Rahmen der öffentlichen Ringvorlesung „BONNER ORTE. ANDERS. SEHEN.“, Rheinpavillon, Bonn, Fachbereich Architektur in Kooperation mit dem Bonner General-Anzeiger 30. Juni bis 2. Juli Humanisierung der Wissenschaft k Tagung, Fachbereich Bildungswissenschaften, Campus II 30. Juni bis 2. Juli Rundgang und Bachelor-AbschlussAusstellung k Fachbereich Bildende Kunst, Campus I 30. Juni bis 3. Juli Weißt du, wer ich bin? k Aufführung von Studenten der Eurythmie, Fachgebiet Eurythmie, Großer Saal, Campus I

17. bis 28 Juli Sommerferienkurse k für Kinder, ­Jugendliche und Erwachsene, Alanus Werkhaus

Anschrift Villestraße 3 – 53347 Alfter Tel. 0 22 22 . 93 21-0 – info@alanus.edu www.alanus.edu Träger Alanus Hochschule gemeinnützige GmbH Geschäftsführung Dirk Vianden, Dr. Julia Wedel

Aug. 26. August Aufführung des Gastprojekts „eurythmy in progess“ k Fachgebiet Eurythmie, Stadthalle Bad Godesberg

Sept.

Redaktionsleitung Dr. Julia Wedel (Alanus Hochschule) Elisabeth Höhnen (Alanus Werkhaus) Redaktion Felix Cornelsen (FC), Maria Gambino (MG), Susanne Krause (SK), Karin Scherer (KS), Sandra Stempel (SST), Stefanie Teßner (ST), Dr. Julia Wedel (JWD) Weitere Autoren dieser Ausgabe Prof. Dr. Paula Bleckmann, Prof. Dr. Stefanie Greubel, Prof. Dr. Jacob Hörisch, Cornelia Jach­mann, Prof. Dr. Roland Kaehlbrandt, Prof. Dr. Sabine Koch, Prof. Ulrich Maiwald, Prof. Dr. Jost Schieren Lektorat Stefanie Teßner Korrektorat Carina Hilt (www.texthetik.de)

2. bis 3. September Die Kölner Bildungsmesse k Messestand Weiterbildungszentrum Alanus Werkhaus, Gürzenich, Martin­ straße 29 – 37, 50667 Köln 4. September bis 6. Dezember Teamleitung in sozialen Einrichtungen und Schulen k Berufliche Qualifizierung für Führungskräfte, Alanus Werkhaus 28. September bis Juni 2018 Psychosoziale Beratung k Berufliche Fortbildung, Alanus Werkhaus

Okt.

Gestaltung Dirk Drevermann Anzeigen Bettina Vogel V.i.S.d.P. Dr. Julia Wedel

Fotos und Abbildungen Alanus Hochschule (S. 6, 9, 11, 13, 16, 17, 20, 21, 22, 23, 34, 35, 38, 39, 40, 44, 45); Richard Berners / Haus LebensWert e. V. (S. 24, 25 u.); Nola Bunke (S. 36); Fachgebiet Eurythmie (Titelbild); Omar El Fayoumy (S. 41 l.); Charlotte Fischer (S. 10, 26, 27, 30, 31); Gerrit Maybaum (S. 20, 44); Carina Klein (S. 25 o.); Fotolia.com/ Janis Smits (S. 15); Fotolia.com/leremy (S. 14); Fotolia.de/Piotr Adamowicz (S. 28); Fotolia.de/ Jan Sommer (S. 29); Fotolia.com/Tomsickova (S. 43); meinespielzeugkiste.de (S. 41 r.); Wulpekula Schneider (S. 34); Britta Schüßling (S. 11, 32, 33); Lena Skrebs (S. 41 mitt.); Ruben Tsan­garis (S. 18, 19); Shutterstock.com (S. 8)

Erscheinungsweise 2-mal jährlich Druck und Auflage Media Cologne GmbH, 4.000 Exemplare

23. Oktober bis März 2018 Studienvorbereitung / Mappenkurs am Alanus Werkhaus

Nähere Informationen, weitere Veranstaltungen und Aktualisierungen finden Sie unter k www.alanus.edu/veranstaltungen. Oder besuchen Sie die Weiter­ bildungseinrichtung unter k www.alanus.edu/werkhaus.

In diesem Magazin wird aus Gründen der einfacheren Lesbarkeit auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachform verzichtet. Sämtliche Bezeichnungen von Personengruppen gelten gleichgestellt sowohl für die männliche als auch für die weibliche Form. Für den Inhalt der einzelnen Artikel sind die jeweils benannten Autoren verantwortlich. Nachdruck – auch auszugsweise – nur mit Genehmigung der Alanus Hochschule.

Alfter, April 2017


Alanus [aːlaːnʊs]: Die Alanus Hochschule und das Alanus Werkhaus beziehen sich in ihrem Namen auf den Universalgelehrten Alanus ab Insulis (ca. 1120 bis 1202), der den Beinamen „doctor universalis“ trug. Er lehrte die Sieben Freien Künste in Paris und Montpellier. Alanus ab Insulis vertrat die Vorstellung, dass Studieren die Bildung des Menschen zum Menschen durch Interdisziplinarität bedeutet und über ein reines Fachstudium hinausgeht. Angelehnt an Alanus ab Insulis ist ein wichtiger Teil des Konzepts der Alanus Hochschule und des Werkhauses die ­Gemeinschaft und Begegnung von Kunst und Wissenschaft.

Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft Villestraße 3 – 53347 Alfter Tel. 0 22 22 . 93 21-0 – info@alanus.edu www.alanus.edu Weiterbildungszentrum Alanus Werkhaus Johannishof – 53347 Alfter Tel. 0 22 22 . 93 21-17 13 – werkhaus@alanus.edu www.alanus.edu/werkhaus

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kompensiert Id-Nr. 1762808 www.bvdm-online.de

Universalis Das Alanus Magazin  |  Ausgabe 09


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