Vision
Hans Vanderhallen, Coöperatie Hoogstraten:
“Vom logistischen Vermarktungsunternehmen zur offenen Wissensorganisation” Die Wiege von Hans Vanderhallen stand buchstäblich auf dem Versteigerungsgelände von Hoogstraten. Nachdem er für sein Studium und seinen Job als wissenschaftlicher Forscher anderswo gearbeitet hatte, kam er im Jahr 2000 zu seinen Anfängen zurück. Zwanzig Jahre später folgte er Gaston Opdekamp als Geschäftsführer der Coöperatie Hoogstraten. Mit der geruhsamen Einarbeitung war es vorbei, als zweieinhalb Monate nach seiner Einführung als Geschäftsführer die Corona-Pandemie mit aller Macht ausbrach. Im Interview legt er dar, wie er sich die Kooperative der Zukunft vorstellt. Wo liegen Ihre Anfänge? Ich wurde in Hoogstraten geboren und wuchs hier auch auf. Mein Vater begann hier als Angestellter und unsere Famile wohnte in der Conciergewohnung. Wenn ich meinen Vater sehen wollte, musste ich zur Versteigerung kommen. Als er zunächst stellvertretender Geschäftsführer und anschließend Geschäftsführer wurde, zogen wir ein paar hundert Meter weiter. Die Pferd- und Wagenepoche habe ich haarscharf verpasst, aber die Entwicklung des Versteigerungswesens habe ich miterlebt. Der Hobbygartenbau war hier sehr lebendig, und wie jeder andere Student in Noorderkempen habe ich Gurken sortiert. Erst später folgte der geschützte Anbau von Erdbeeren, aber auch von Tomaten und Paprikas. Ich wurde zum Diplomlandwirt ausgebildet und habe eine Zeitlang als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Schweinevirologie gearbeitet. Ich blieb immer in Hoogstraten wohnen, musste jedoch im ganzen Land umherreisen, um zu meiner Arbeit zu gelangen. Irgendwann saß ich mehr im Auto als dass ich arbeitete, und das wurde mir zuviel. Als ich mich für die Stelle als logistischer Manager bei der Hoogstaten-Versteigerung bewarb, war der Grund hierfür also keine ausgefeilte Karriereplanung. Allerdings fühlte ich mich Hoogstraten als Gemeinschaft immer sehr verbunden. Zunächst habe ich mich in den Vorgang der zentralen Paprikasortierung eingearbeitet. 2016 wurde ich stellver-
trender Geschäftsführer, sodass auch die Administration und Vermarktung mehr zu meinen Aufgabenbereichen gehörten. Ab 1. Januar 2020 fungiere ich als Geschäftsführer.
Die großen Gurkenmengen sind Vergangenheit. Woraus besteht derzeit das Produktsortiment? Hoogstraten hat einen besonderen Platz im Agrarsektor. Wir haben ein begrenztes Produktsortiment, wobei Erdbeeren, Tomaten und Paprikas die Top drei bilden. Die übrigen Produkte sind vom Volumen her etwas kleiner, aber nicht weniger wichtig. Übrigens ist das Produktsortiment unter anderem innerhalb der Tomatenkategorie sehr unterschiedlich, wir bieten diese in allen Duftnoten, Farben, Verpackungen und Geschmacksrichtungen an. Erdbeeren sind unser Paradepferd, mit ihnen hat sich Hoogstraten weltweit einen Namen gemacht. Dafür gibt es mehrere Gründe: Engagierte Produzenten, Qualität der Produkte, die Präsentation, spezielle Sortiernormen, unsere Marke und unser Verkaufssystem. Wie wichtig ist die Versteigerungsuhr für Hoogstraten? Die Uhr ist unsere Grundlage beim Erdbeerverkauf. Obwohl diese Verkaufsweise vielen Menschen als überholt erscheint, sprechen die Resultate immer wieder für sich. Langfristig glaube ich daher auch keines-
wegs an ein Aus für die Versteigerungsuhr, wenngleich sie sich verändern wird. Der kreative Umgang mit der Versteigerungsuhr sitzt uns im Blut. Vorverkauf, Gesamtparzellenverkauf; Jahr für Jahr kommen wir mit einer Reihe von Innovationen. Entscheidend ist hierbei die Zusammenarbeit mit unseren Kunden, denn jede Innovation ist nur dann erfolgreich, wenn unsere Kunden damit etwas anfangen können. Aber ich freue mich, dass wir die meisten von uns durchgeführten Veränderungen zu einem positiven Ergebnis geführt haben. Grundlegend bleibt weiterhin, dass morgens um halb neun die Erdbeeren an die Kunden verkauft werden, die zu diesem Zeitpunkt am meisten auszugeben bereit sind. Erdbeeren sind ja auch ein Produkt, das sich hervorragend für den Verkauf vor der Versteigerungsuhr eignet, unter anderem weil der Verbrauch enorm schnell auf Wetterbedingungen reagiert. Was nicht heißt, dass wir die Augen vor anderen Verkaufsmethoden verschließen. Wir sind flexibel und schauen uns an, welcher Produkttyp und welcher Produzent am besten zu welchem Kunden und zu welchem Verkaufssystem passt. So werden unsere Specialty-Tomaten zu 90 % via Vermittlung und Preisabsprachen verkauft. Auf diese Weise holen wir AGF Primeur • 2021
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