INTERNATIONALES STEUERRECHT
der AP die geltend gemachten Betriebsausgaben (Zinsen) steuerlich nicht anerkannt. In der Berufung führte die Berufungswerberin ua aus, dass seitens der FinVerw offensichtlich ein Irrtum bezüglich der Bezeichnung „Domizilgesellschaft“ und „Briefkastenfirma“ vorliege. „Domizilgesellschaften“ genießen nach Schweizer Kantonsteuerrecht dann Steuervorteile, wenn deren überwiegende Tätigkeit im Ausland stattfindet. Es liege somit eine tätige (aktive) Gesellschaft vor und keine „Briefkastenfirma“. Die Forderung der Behörde, die Besitzer der Inhaberaktien der Schweizer AG zu benennen, stelle eine Ermessensüberschreitung dar und sei zudem als unbilliges Verlangen zu werten.
2. Die UFS-Entscheidungsgründe Aufgrund der im Verwaltungsverfahren vorgelegten sonstigen Unterlagen6) kam der Berufungssenat zu dem Schluss, dass es sich bei der Schweizer AG um keine bloße „Briefkastenfirma“ gehandelt habe. In seiner Begründung verweist der UFS ua auf VwGH-Entscheidungen,7) wonach „Domizilgesellschaften“ (mit wirtschaftlichen Aktivitäten „offshore“) nicht als reine „Briefkastenfirma“ (ohne wirtschaftliche Aktivitäten) einzustufen seien. Demnach reicht nach Ansicht der Gerichte somit die Benennung einer Domizilgesellschaft als Empfänger aus. Nur bei Vorliegen einer reinen „Briefkastenfirma“ sei das Empfängerbenennungsverlangen zulässig. Die geltend gemachten Betriebsausgaben (Zinsen) hielten (nach Ansicht des UFS) auch einer – nach den allgemeinen Vorschriften des Ertragssteuerrechts – durchgeführten Überprüfung stand. Dafür reichten dem UFS die im Arbeitsbogen der AP befindlichen Lastschriftanzeigen bzw Belege iVm Auslandsüberweisungen, welche (nach Ansicht des UFS) „das tatsächliche Bestehen des Darlehensvertrages und den laufenden Zinsendienst durch die Beschwerdeführerin hinreichend belegen“. Auch hinsichtlich der Zinshöhe (Angemessenheitsprüfung der Höhe nach) äußerte sich der UFS mit den Worten „erscheint dem Berufungssenat nicht fremdunüblich“.
3. Kritische Anmerkungen Eine der schärfsten Bestimmungen, welche der Gesetzgeber der FinVerw im Kampf gegen „Steuervermeider“ eingeräumt hat, ist (war?) die Sanktion bei fehlender Empfängerbenennung iSd § 162 BAO.8) In mehreren (älteren) Erk9) hat der VwGH speziell bei Einschalten von Sitzgesellschaften10) unter Hinweis auf die §§ 162 und 167 BAO ausgeführt, dass mit der Namhaftmachung von Personen, die als Empfänger bezeichnet werden, der Abzug von Schulden noch nicht gesichert sei, wenn maßgebliche Gründe die Vermutung rechtfertigen, dass diese nicht die Empfänger seien, da Ziel des Abgabenverfahrens die Erforschung der materiellen Wahrheit und nicht die Herbeiführung eines formal verstandenen Aussageergebnisses sei. In der Folge wird nicht näher auf die – nach Ansicht der Verfasser – eher als „Haarspalterei“ zu bezeichnenden Unterschiede zwischen „Sitz- bzw Do-
mizilgesellschaften“ und „Briefkastenfirma“ (s dazu FN 11!) eingegangen.11) Dies würde den Umfang dieses Beitrags sprengen.12) Entscheidungswesentlich sind uE vielmehr jene Unterlagen, welche – nach dem Auffliegen diverser Schmiergeldaffären13) – von den in der Folge eingerichteten Compliance-Abteilungen14) der Unternehmen (vor Eintritt in die Geschäftsbeziehung) im Rahmen der entwickelten Dokumentationsprozesse aufliegen sollten (müssten). Ziel dieser Maßnahmen ist es, derartige dubiose Geschäftspraktiken15) durch bestimmte organisatorische Maßnahmen (s Abbildung auf der Folgeseite) hintanzuhalten. Es handelt sich somit nicht in erster Linie um eine steuerrechtliche Problemstellung, denn die Unternehmen müssen einerseits sicherstellen, dass nicht einer ihrer Mitarbeiter „am Kuchen mitnascht“, andererseits wird dem Thema (Tax-)Compliance16) heutzutage in zahlreichen Unternehmen große Aufmerksamkeit geschenkt, denn sowohl nationale als auch internationale Vorschriften schreiben die „Compliance“ den Unternehmen mittlerweile explizit vor.17)
6) Offenbar wurden diese Unterlagen erst im weiteren Verfahren nach Abschluss der AP vorgelegt – es handelte sich ua um alte Prospekte aus den 80er-Jahren. 7) VwGH 29. 9. 2004, 2001/13/0013, bzw VwGH 19. 12. 2007, 2005/13/0030. 8) Gem § 162 Abs 1 BAO kann (Ermessen!) die Behörde die genaue Bezeichnung der Gläubiger bzw Empfänger von Aufwendungen verlangen. § 162 Abs 2 BAO normiert bei fehlender Empfängerbenennung die Nichtanerkennung als zwingende Rechtsfolge. Siehe ua VwGH 27. 4. 1962, 1656/59. 9) Vgl bspw VwGH 13. 11. 1985, 84/13/0127. 10) Anderer Begriff für Domizilgesellschaft. Vgl auch http://de.wikipedia. org/wiki/Domizilgesellschaft bzw http://taxaid.ch/Was-sind-diesteuerlichen-Vorteile-einer-Domizilgesellschaft.php (Stand 8. 12. 2013). 11) In der Schweizer „Sonntagszeitung“ wurde am 8. 4. 2012 der Artikel „Tausende von illegalen Briefkastenfirmen“ publiziert. In diesem Artikel wird ua ausgeführt, dass „es sich in den allermeisten Fällen um Domizilgesellschaften – im Volksmund Briefkastenfirmen – handelt.“ Siehe www.sonntagszeitung.ch/wirtschaft/artikel-detailseite/ ?newsid=213268 (Stand 9. 12. 2014). 12) Sind Domizilgesellschaften die Einkünfte iSd § 2 EStG zuzurechnen und wenn ja, wo liegt der Ort der Geschäftsleitung iSd § 27 BAO? 13) Siehe http://derstandard.at/1277337368392/ Wirtschaftsskandale-schaden-Standort-Oesterreich (Stand 9. 12. 2014). 14) „Compliance“ ist in der betriebswirtschaftlichen Fachsprache der Begriff für die Einhaltung von Gesetzen und Richtlinien in Unternehmen, aber auch von freiwilligen Kodizes. Siehe auch http://de.wikipedia.org/wiki/Compliance_(BWL) (Stand 9. 12. 2014). 15) UA fallen eben genau derartige Zahlungen an Domizilgesellschaften zur Verschleierung von Korruption und (steuer-)strafrechtlichen Delikten darunter. 16) Vgl Heißner/Benecke, Compliance-Praxis im Wandel: von der reinen Kontrolle zum Integrity Management, BB 2013, 2923 ff; weiters Zöchling, Tax Controlling in der Praxis – wie man in Unternehmen die Steuern steuert, SWK-Spezial 2012. 17) Vgl 2. Frankfurter Compliance-Dialog – Tax Compliance – abgehalten am 26. 11. 2013. Siehe www.ruw.de/compliance-dialog/ Frankfurter-Compliance-Dialog-Programm.pdf (Stand 9. 12. 2014).
taxlex 2014
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