ÖJZ 9/2011

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[GESELLSCHAFTSRECHT] Für den OGH war offenbar gerade dieses Unterbleiben einer Kapitalerhöhung ein entscheidendes Kriterium der verdeckten Sacheinlage, wie sich aus einer Folgeentscheidung ergibt.74) In diesem Fall wurden zwei Betriebe in eine kurz davor gegründete GmbH eingebracht, wobei ebenfalls hohe unbare Entnahmen in die Einbringungsbilanz gebucht wurden. Diese Einbringung erfolgte jedoch unter Beachtung der Hälfteklausel gem § 6 a Abs 1 GmbHG, weshalb eine Kapitalerhöhung um E 20.000,– durchgeführt wurde, wobei der Gesellschafter neben den (mit E 10.000,– bewerteten) Unternehmen auch eine Bareinlage (in Höhe von ebenfalls E 10.000,–) leistete.75) Der OGH nahm in diesem Fall keine verdeckte Sacheinlage an, da aufgrund der Einlage im Wege der Kapitalerhöhung der sachliche Zusammenhang mit der Bareinlagenleistung anlässlich der Gründung fehle.76) Zusammenfassend kann nach dem OGH folglich auch dann eine verdeckte Sacheinlage vorliegen, wenn im sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Bargründung eine Einbringung durchgeführt wird, in deren Zuge es nicht zu einer Gewährung von neuen Anteilen kommt. Wird die Sacheinbringung hingegen offengelegt und die Einbringung unter Beachtung der Hälfteklausel durchgeführt, so soll keine verdeckte Sacheinlage vorliegen.77)

7. Cash Pooling Durch Cash-Pool-Vereinbarungen wird die gesamte Liquidität eines Konzerns in einer Gesellschaft gebündelt, regelmäßig in der Konzernmutter. Bildlich gesprochen führt dies zu einer gemeinsamen Kasse im Konzern. Aus dieser Kasse wird der jeweilige Finanzierungsbedarf der Konzerngesellschaften zentral gedeckt. Der ökonomische Sinn hinter der Einrichtung eines Cash Pools liegt in der konzernweiten Optimierung des Finanzergebnisses, weil im Idealfall die Liquiditätsbedürfnisse der einen Gesellschaft durch den Cash-Überschuss der anderen gedeckt werden. So entfallen zusätzliche Kosten einer externen Finanzierung (Unterschied zwischen Soll- und Habenzinsen).78) Bei einem effektiven Cash Pooling werden die Salden der Töchter arbeitstäglich mit dem Cash-PoolKonto der Mutter saldiert.79) Hatte eine Tochter nun einen negativen Saldo zu verbuchen, so kommt es durch den Saldenausgleich zu einem Darlehen der Mutter an die Konzerntochter. Wird bei der Konzerntochter in dieser Konstellation eine Barkapitalerhöhung durchgeführt, kann eine verdeckte Sacheinlage vorliegen, wenn die aufgebrachten Barmittel ebenfalls in den Cash Pool einbezogen und somit umgehend wieder an die Muttergesellschaft zurückgeleitet werden. Durch den Saldenausgleich kann es dann nämlich zur verdeckten Einbringung einer (sacheinlagepflichtigen) Darlehensforderung kommen.80)

fende Geschäftsbeziehung zwischen Gesellschaft und Gesellschafter, ist nach überwiegender Meinung eine (einen Umgehungszusammenhang begründende) Abrede nicht zu vermuten.81) Dahinter steht die Wertung, dass es auf ein generelles Verbot, entgeltliche Sachleistungen an die eigene Gesellschaft zu erbringen, hinausliefe, wenn für solche Fälle keine Ausnahme gemacht würde.82) Diese Ausnahme ist für den Umgehungsschutz der Nachgründung bereits in § 46 Abs 4 AktG niedergelegt.83) Zu betonen ist jedoch erstens, dass eine exakte Abgrenzung des gewöhnlichen Umsatzgeschäfts bislang noch nicht gelungen ist,84) und zweitens, dass eine verdeckte Sacheinlage selbst unter den Voraussetzungen eines gewöhnlichen Umsatzgeschäfts angenommen wird, sofern das Bestehen einer Abrede nachgewiesen werden kann.85)

C. Heilung Soweit ersichtlich ist man sich einig, dass vor der Insolvenz der Gesellschaft eine Heilung der verdeckten Sacheinlage jedenfalls offenstehen muss. Vor Eintragung der Gesellschaft in das Firmenbuch ist eine Heilung durch die Nachholung der Sachgründungsverpflichtungen, insb die Aufnahme der Sacheinlage in die Satzung, noch möglich.86) Für die Zeit nach erfolgter Eintragung sind die Heilungsmöglichkeiten noch ungeklärt.87) Vertreten wird einerseits die Heilbarkeit durch eine nachträgliche Satzungsänderung. Auch in diesem Fall müsste die Einla-

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8. Keine Ausnahme für gewöhnliche Umsatzgeschäfte Wird nach einer Bargründung/-kapitalerhöhung zwischen Gesellschaft und Gesellschafter ein vom Unternehmensgegenstand gedecktes Geschäft vorgenommen, das zum normalen Unternehmensbetrieb gehört (sog „gewöhnliches Umsatzgeschäft“) und besteht eine lauÖJZ [2011] 09

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eine gemischte Sacheinlage handelt es sich deswegen nicht, weil keine Anrechnung auf eine Einlageschuld stattfindet, eine Einlage aber genau dieses Synallagma zwischen Gesellschaftsanteilen und Gegenleistung voraussetzt; vgl dazu Koppensteiner/Rüffler, GmbHG-Kommentar3 § 6 Rz 22 mwN. Das bedeutet freilich noch nicht, dass die Wirksamkeit der Einbringung bis zur Übergabe zwangsläufig auch von der Einhaltung der Notariatsaktpflicht abhinge; dazu Reich-Rohrwig, GmbH-Recht I2 (1997) Rz 1/392. OGH 23. 10. 2003, 6 Ob 196/03 x ecolex 2004, 95 (Konwitschka). Wegen der unbaren Entnahmen lag gesellschaftsrechtlich somit eine gemischte Sacheinlage vor, wie Pilgerstorfer, wbl 2004, 353 richtig folgert. Zustimmend Koppensteiner/Rüffler, GmbHG-Kommentar3 § 6 Rz 24; mE zu Unrecht kritisch J. P. Gruber, Unbare Entnahmen und verdeckte Sacheinlagen, GesRZ 2004, 315 (317); Pilgerstorfer, wbl 2004, 353. Vgl Anm Konwitschka zu OGH 23. 10. 2003, 6 Ob 196/03 x ecolex 2004/95. Vgl Reich-Rohrwig, Grundsatzfragen der Kapitalerhaltung (2004) 192 f mwN; Meusburger, Kapitalaufbringungsvorschriften und Cash-Pooling: Ein Überblick über diskutierte Gestaltungsvarianten und die Lösungsansätze des deutschen MoMiG, GesRZ 2008, 216 (216) mwN. Schmidt/Riegler, Das Verbot der Einlagenrückgewähr beim CashPooling, RWZ 2007, 97 (98). Vgl BGH 20. 7. 2009, II ZR 273/07; 16. 1. 2006, II ZR 76/04; ausführlich Meusburger, GesRZ 2008, 216 (217) mwN. Koppensteiner/Rüffler, GmbHG-Kommentar3 § 6 Rz 24 mwN; näher Luschin, RdW 2004, 715 (716 mwN); Winner in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG § 150 Rz 18; vgl auch Ettel in Doralt/Nowotny/ Kalss, AktG § 20 Rz 35; Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG17 § 19 Rz 30 b mwN; Ulmer in Ulmer, GmbHG I (2005) § 5 Rz 171 a, nach dem in diesem Fall auch bei Vorliegen des sachlichen und zeitlichen Zusammenhangs keine Beweislastumkehr eintritt; vorsichtiger jedoch BGH 20. 11. 2006, II ZR 176/05 ZIP 2007, 178. Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht3 (1997) 1120 mwN. Vgl Geist in Jabornegg/Strasser, AktG4 § 46 Rz 5 f. Heidinger in Spindler/Stilz, Kommentar zum dAktG § 27 Rz 122, 142 mwN. BGH 20. 11. 2006, II ZR 176/05 ZIP 2007, 178 (181 f) mwN. Heidinger in Jabornegg/Strasser, AktG4 § 20 Rz 27 mwN. Winner, RdW 2010, 467 (468).

Ü Michael Taufner Ü Verdeckte Sacheinlagen: Fallstricke für die Beratungspraxis

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