kobu

Page 1

12 von 60 Gerichten, die Du kochen solltest, wenn Du 60 wirst. Und was dabei zu bedenken ist.

1


Dank Danken möchte ich meiner Familie, meiner Frau Ger und unseren beiden lieblichen Kindern Carole und Luis. Sie machen einfach alles mit. Elvira Solèr und Matthias Althof vom Gasthaus am Brunnen in Valendas haben uns nicht nur auf unseren Erkundungstouren bewirtet, sie haben auch tatkräftig mitgewirkt. Sarah, Laura, Alexandra und Nadja, alle aus Valendas, haben uns beim Kochen unterstützt. Ausgezeichnete Produkte haben geliefert: Volg Valendas, Hofläden vonValendas, Stadtmetzgerei Ilanz, Metzgerei Kuhn Basel, Mercato orientale Genova, Sandro am Claraplatz Basel, Manor Basel, Schwarzenbach Kolonialwaren in Zürich. Matthias Ackermann, Oktober 2018 2


Der Raum Für die Durchführung eines richtigen Essens benötigst Du mindestens zwei Räume: den Essraum und die Küche. Die beiden Räume sollen unterschiedlich, aber aufeinander bezogen sein. Sie dürfen weder zu gross noch zu klein gewählt werden. Der Essraum soll in sich ruhen, die Gäste umfassen, ohne sie zu beengen. Die Gäste sollen jederzeit aufstehen und den Raum verlassen können - so werden sie es niemals tun. Sorge dafür, dass die Akustik des Raums so ausgelegt ist, dass Gespräche in kleineren Gruppen von 2 oder 3 Personen möglich sind und sich alle leise oder auch laut verständigen können. Ebenso muss es möglich sein, dass eine Person die ganze Gesellschaft ansprechen kann.

3


Die Küche muss genügend gross sein, dass neben dem eigentlichen Kochen auch das Aufbewahren und Vorbereiten der Zutaten, das Tranchieren von grossen Stücken und das Anrichten gut Platz findet. Gleichzeitig muss sie so kompakt sein, dass die Wege kurz bleiben. Der Raum muss sowohl auf Hektik als auch auf Konzentration gestimmt sein. In beiden Räumen braucht es einen grossen Tisch, der nicht breiter als 92 cm sein darf, damit sich alle wirklich gegenüber sitzen. Die Verbindung der Räume sollte nicht zu direkt gehalten sein. Ein kurzer Korridor oder eine kleine Treppe, die von der Küche nach oben in den Essraum führt, eignen sich dafür besonders gut. Erst auf dem kurzen Weg von der Küche in den Essraum erreichen die Speisen ihren vollkommenen Zustand.

4


Die Gäste Ohne Sorgfalt bei der Auswahl der Gäste und bei ihrer Kombination macht das Ganze keinen Sinn. Achte auf eine gute Mischung, sie ist interessanter als Homogenität. Das gilt für die Geschlechter, die Interessen, die Generationen. Unverträglichkeiten sind unerträglich. Eine Sitzordnung unterstützt die Idee zu Beginn. Du kannst sie im Laufe des Essens aufheben, damit neue Konstellationen entstehen. Die Kinder sitzen an einem eigenen Tisch in unmittelbarer Nähe der Erwachsenen. So sind sie Teil der Gemeinschaft, können sich aber auch jederzeit davon entfernen, ohne Lücken zu hinterlassen. Die Zahl der Gäste sollte 12 pro Essen nicht überschreiten, damit alle mit allen ins Gespräch kommen können. Mit 12 Einladungen kannst Du also 144 Gäste bewirten.

5


Die Zeit Für ein richtiges Essen müssen sich alle Zeit nehmen. Wichtig ist, dass Du zur vereinbarten Zeit bereit bist und das Essen beginnen kann. Die Gäste haben sich darauf eingestellt. Hunger und Warterei führen zu unnötigem Unmut. Gib am Anfang die Speisefolge bekannt, damit die Gäste eine Vorstellung bekommen, sich einteilen können und damit auch die Erwartung geschürt wird. Wenn Du den Spannungsbogen aufrechterhalten kannst, kann das Essen theoretisch beliebig lange dauern. Erfahrungsgemäss ist es sinnvoll, nach vier Stunden den Kaffee zu servieren und das Essen damit abzuschliessen. Angenehm ist es für die Gäste, wenn sie im selben Haus übernachten können.

6


Der Einkauf Gut kochen kannst Du nur, wenn Du die besten Nahrungsmittel verwendest, die Du kriegen kannst. Das gilt für die Kartoffeln und den Fisch, das Brot und die Butter, die Früchte, das Gemüse und für das Fleisch sowieso. Das Aussehen spielt dabei eine Nebenrolle, der Geschmack ist alles. Teste Deine Händler zuerst, im Ernstfall musst Du ihnen vertrauen können. Alles muss frisch sein, wenn es in die Küche kommt, und soll sofort verarbeitet werden. Konserven solltest Du nur verwenden, wenn sie eine spezifische Qualität aufweisen, wie es zum Beispiel Wein, Käse, Trockenfleisch oder Senf tun.

7


Die Ausrüstung Messer, Messer, scharfe Messer - und gute Pfannen für das Anbraten, das Dünsten, das Caramelisieren, das Pochieren, das Flambieren und das normale Kochen brauchst Du jedenfalls. Wenn immer möglich solltest Du Deine eigenen Werkzeuge verwenden können. Es erleichtert die Arbeit enorm, wenn Du Dich auf Dein Zestenmesser blind verlassen kannst.

8


Vorspeisen

9


Auberginen-Involtini mit Artischocken 2 Auberginen „Violetta di Firenze“ 12 Sardellen aus dem Glas, in dem sie in Olivenöl eingelegt waren. 36 Kapern aus dem Glas, in dem sie in Salz eingelegt waren. 1 Mozarella di buffala 12 kleine Artischocken Olivenöl

10

Diese einfache Vorspeise lebt vom Kontrast der beiden Hauptzutaten: den samtenen Auberginen und den kratzbürstigen Artischocken. Achte deshalb darauf, dass diese Charaktere nicht nur erhalten bleiben, sondern dass Du sie einzeln pflegst und auf dem Teller in spannungsreicher Beziehung zueinander setzt. Für die Auberginen-Involtini empfehle ich die Verarbeitung der Sorte „Violetta di Firenze“, eine Kugelförmige Aubergine von entzückender Farbe (Typ „métalisé“) und von fester, homogener Konsistenz. Diese Auberginen schneidest Du in 8mm dicke Scheiben auf. Wichtig ist, dass Du eine gleichmässige Dicke erreichst. Andernfalls kommt es zu harten, dehydrierten Stellen. Auberginen zu entwässern ist ein, allerdings nach wie vor verbreiteter, Unsinn. Die Auberginenscheiben werden einzeln in Olivenöl angebraten, bis sie durchgängig weich sind, gleichzeitig aber auch eine feste, braune Kruste aufweisen. Die Scheiben stappelst Du zwischen reichlich Haushaltspapier, mit leichtem Druck lässt sich so das überschüssige Öl entfernen. In die Mitte der Scheiben legst Du nun eine Sardelle und drei Kapern aus dem Salz. Kapern müssen so gross sein wie Hamsteraugen und in Salz aufbewahrt werden. Für dieses Rezept werden sie nur kurz gewässert, der hohe Salzanteil der Kapern und der Sardelle gibt den Auberginen einen unerwartet kräftigen Geschmack. Die Auberginenröllchen legst Du nun in eine Auflaufform, legst Mozarellascheiben darüber und erwärmst sie langsam und sorgfältig im Ofen. Der Mozarella soll sich aus freien Stücken mit den Auberginen vermählen. Harte Krusten sind hier unerwünscht.


Von den Artischoken wähle die kleinen, unscheinbaren, grünlichbraun-violetten. Schneide die harten Blätter ab, halbiere sie und entferne mit einem scharfen Löffel allenfalls vorhandene Haare im Innern. Dann halbierst Du sie nochmals und legst sie in Zitronenwasser. Vor der weiteren Verarbeitung trocknest Du sie ab, salzt sie und brätst sie in Olivenöl an. Das dauert seine Zeit. Falls nichts anderes zu tun ist, lohnt es sich dabei zu bleiben, die Viertel regelmässig zu wenden und dabei ihre Metamorphose vom unschuldigen Pflänzlein zur borstigen Köstlichkeit zu beobachten.

11


Steinpilz Savarin mit gebratenen Steinpilzen 800 g frische Steinpilze 2 KL gehackte Schalotten 40 g Butter 2 EL Majoranblätter 10 Eigelb 3 dl Rahm 40 g Butter (nochmals) 2 EL Majoranblätter (ebenfalls nochmals)

12

Die besten Steinpilze sind natürlich die selbst gefundenen. Wenn Du sie kaufen musst, weil Du gerade nicht in den Wald konntest, Deine Frau partout nicht mitkommen wollte, Du den todsicheren Platz doch wieder vergessen hast oder gerade einfach kein Pilzjahr zu sein scheint, kurz aus welchen Gründen auch immer, kaufe nur einwandfreie Ware, also weder ausgetrocknete noch feuchte und natürlich möglichst unbewohnte. Das Rezept stammt von Peter Brunner und bietet ein Duett: zum einen sind da die angebratenen Pilze, die kräftig ihren Geschmack behaupten, zum anderen der Savarin, in dem sich die Pilze verströmen in Ei und Rahm und Butter.


Die Pilze werden geputzt und abgerieben aber nie gewaschen. Die schönere Hälfte der Pilze schneidest Du in nicht zu feine, 5 mm dicke Scheiben. Den Rest würfelst Du fein. Diese Würfelchen kannst Du in Butter mit den Schalotten leicht anbraten. Gib Majoran dazu und mische das Ganze mit Eigelb und Rahm. Die Masse giesst Du in eine grosse, gut ausgebutterte Savarinform und garst sie im Wasserbad bei 140°C. Bis der Savarin fest ist, dauert es ungefähr eine Stunde. In einer gusseisernen Bratpfanne brätst Du die Knoblauchscheiben in der Butter an bis sie eine Haselnussartige Farbe angenommen haben. Den Knoblauch nimmst Du aus der Pfanne und salzt ihn leicht. In derselben Pfanne kannst Du nun die Steinpilze bei recht hoher Temperatur anbraten, mit Majoran, Salz und etwas Pfeffer abschmecken und die Knoblauchscheiben wieder dazu geben. Den Savarin schneidest Du auf und richtest ihn mit den gebratenen Pilzen auf direkte, unverblümte Art und Weise an.

13


Entenravioli mit gedämpftem Tardivo und Speck 6 Radicchio Rosso di Treviso tardivo 1 Zwiebel 100 g Speck luftgetrocknet Teig 300 g Mehl 3 Eier 5 EL Wasser 2 EL Öl Salz Füllung 1 grosse Entenbrust 2 Karotten 2 Stangen Sellerie

Den Teig für die Ravioli bereitest Du zu und lässt ihn 30 Minuten unter einer warmen Schüssel ruhen. Währenddessen kannst Du die Füllung vorbereiten. Dazu schneidest Du die Entenbrust mit dem Fett in Streifen, ebenso die Karotten und den Stangensellerie. Alles wird nun durch den Fleischwolf gedreht, die Masse wird gemischt und mit Salz und Pfeffer gewürzt. Der Geschmack soll ziemlich kräftig sein, damit die Ravioli als Ganzes eine starke Identität aufweisen. Den Teig wallst Du mit einer Nudelmaschine zu langen, dünnen Bahnen aus. Dann werden die Ravioli hergestellt. Ich verwende dazu ein Raviolibrett, auf das ich eine gut bemehlte Teigbahn lege. Dann drücke ich sorgfältig den Teig in die Mulden und setze einen Löffel Füllung hinein. Vorsicht: Fülle nicht zu stark, sonst platzen die Ravioli beim Kochen auf. Alle Stege bepinselst Du anschliessend mit Wasser, dann legst Du die zweite Bahn darauf und drückst sie sorgfältig an. Wichtig ist, dass keine Luft in den Ravioli verbleibt. Der Radicchio Rosso di Treviso tardivo ist eine wunderbare Angele-

14


genheit, die mit grossem Aufwand gezogen wird. Du kannst ihn als Salat, als Gemüse oder im Rositto verzehren. Er ist fein in der Konsistenz und zartbitter im Geschmack, er bringt also alles mit, was es für subtile Gerichte braucht. Nach dem Waschen werden die Blätter gut trocken geschleudert und dann in feine Streifen von 5 mm Breite geschnitten. Dabei trennst Du die untere (weisse) von der oberen (roten) Hälfte. Dünste nun etwas Zwiebeln an und gib die weisse Hälfte zu. Nach dem Dämpfen sollen die Blätter noch etwas Biss haben, weich sein und die Bitterstoffe voll entwickelt haben. Die kurz angebratenen Speckwürfel (Kantenlänge 3 mm) gibst Du ebenfalls in die Pfanne und lässt sie warm werden. Ganz am Schluss kommen die roten Spitzen dazu und werden vermischt. Das Gemüse richtest Du auf Suppentellern an. Die Ravioli in kochendes Salzwasser geben. Wenn sie an der Oberfläche schwimmen, kannst Du sie aus dem Wasser nehmen. Gut abtropfen lassen und auf dem Gemüse anrichten. Das schmeckt nicht nur fantastisch, es sieht auch gut aus - wie ein bleicher Vulkan, aus dem sich die dunkelrote Lava erhebt.

15


Fisch

16


Filets de Rougets et de tomates Glücklich sind die Tage, an denen Du frische Rougets kaufen kannst und glücklich ist der Mann, der einen anderen Mann kennt, der willens ist, ihm zuverlässig gute Tomaten zu verkaufen. Am Meer ist das –wie alles andere auch- natürlich etwas einfacher. Die Rougets sind köstlich, wenn sie frisch sind. Sie müssen fest im Fleisch sein, von wunderbar schimmernder roter Färbung, mit tiefschwarzen Augen und kräftig-geschmeidigen Schuppen. Sie müssen intakt sein, vor allem am Bauch. Fische solltest Du immer ganz kaufen, ungeschuppt und nicht ausgenommen, niemals filetiert. Ausgenommen von dieser Regel sind natürlich die ganz grossen Fische, von denen man in der Regel nur Stücke kauft.

6 Rougets mittlerer Grösse 1 kg Tomaten der Sorte Datterini Rosmarin Weisswein

Die Tomaten kannst Du waschen und anschliessend über Kreuz einschneiden. Wichtig ist dabei, dass die Schnitte nicht zu tief sind, damit das Tomatenfleisch nicht zu stark zerschnitten wird. Gib die Tomaten sehr kurz in sehr viel kochendes Wasser. Nach wenigen Sekunden lässt sich die Haut leicht ablösen. Tomaten abschrecken und die Haut entfernen. Die Tomaten halbierst Du anschliessend je nach

17


Grösse längs oder Du viertelst sie, ebenfalls längs. Die harten Teile und die Kerne werden anschliessend sorgfältig entfernt. Gib die Tomaten in eine glatte, flache Pfanne, salze und pfeffere sie, aber nicht zu stark . Die abgesiebte Tomatenflüssigkeit (ohne Kerne) und einen Rosmarinzweig gibst Du dazu und giesse etwas südlichen Weisswein an. Dafür eignet sich zum Beispiel der ausgezeichnete apulische Verdeca „Askos“ aus der Masseria Li Veli. Er wird im Valle d'Itria angebaut. Da dieses Gericht ausschliesslich auf den Eigengeschmack der Zutaten setzt, sind solche Details natürlich entscheidend und deshalb penibel auszuloten. Bei niedrigen Temperaturen werden die Tomaten nun nicht gekocht, sondern eher geschmolzen. Sie müssen weich sein, in Form und Biss indessen untadelig. Die Fische wirst Du also in der Küche vorsichtig ausnehmen und schuppen. Achte beim Schuppen darauf, dass die zarte rote Haut darunter nicht verletzt wird. Falls schon Gäste da sind, lass Dich nicht aus der Ruhe bringen. Sie sollen ruhig sehen, dass Kochen im Grunde genommen ein blutiges Handwerk ist und dass der Koch sich seinen Produkten mit Respekt, Sorgfalt und Zuneigung nähert. Ein Backblech salbst Du nun mit Olivenöl ein. Die Fische werden in der Bauchhöhle mit Meersalz und einem Rosmarinzweig gewürzt und dann mit gespreizten „Rippen“ auf das Blech gesetzt. Wenn alle Fische nebeneinander liegen, sieht das aus, wie wenn sie in einem kleinen Schwarm frei schwämmen. Mit dieser Methode brauchst Du die Fische nicht zu drehen (was mit Risiken verbunden ist) und zum Filettieren ist die Position geradezu ideal. Das Blech kommt in den vorgeheizten Ofen (200°C Umluftgrill). Nach einer Viertelstunde kannst Du davon ausgehen, dass die Fische servierbereit sind. Sie werden nun zügig und sorgfältig filetiert. Die Fischfilets legst Du auf die Tomaten. Die Wirkung dieses äusserst einfachen Gerichtes ist phänomenal und beginnt bei den Farben: das schimmernde, changierende Rot der Fischhaut schwebt über dem matten, tiefen Rot der Tomaten. Die süsse Säure der Tomaten unterstützt die nussige Meeresfrische des Fisches und gibt damit dem Flüchtigen einen verbindlichen Rückhalt.

18


Lachsfilet mit Dill, Risotto mit Zitronen und Kapern Mit dem Lachs, sagt man, ist es wie mit den Steinpilzen (siehe dort): Die selbst gefangenen schmecken unvergleichlich bessert als die gegen Geld erworbenen. Der Fischhändler Deines Vertrauens verlangt natürlich etwas Geld von Dir. Er erspart Dir aber auch lange, kalte Stunden des vergeblichen Wartens in den Stromschnellen des Yukon. Bei der Wahl achte ich darauf, dass der Lachs nicht zu fett ist.

1 Lachsfilet von ca. 2 kg viel Dill 100 g Butter 200 g Schalotten gehackt 500 g Risotto 1 Fl Weisswein 1 grosse Zitrone aus Amalfi 24 grosse Kapern aus dem Salz

Der Risotto bildet eine zunächst unerwartete Ergänzung zum Fisch, der fein und köstlich sein wird und den ich deshalb nicht direkt mit Säure traktieren möchte. Für den Risotto verwende ich anstelle der üblichen Bouillon ausschliesslich Weisswein. Die Schalotten dünste ich in etwas Butter und Olivenöl an. Dann gebe ich den Reis dazu und dünste weiter bis alles glasig wird. Ich lösche mit Weisswein ab und lasse weiterkochen, bis der Reis den Wein vollständig aufgenommen hat. So verfährst Du weiter, bis der Reis weich, aber noch bissfest ist, zwischendurch musst Du etwas salzen. Da der Geschmack des Weines bei diesem Verfahren recht dominant wird, verwende ich einen leichten, eleganten Wein wie etwa einen grünen Veltliner „Terrassen Smaragd“ der Domäne Wachau. Den Risotto schmeckst du ab und gibst die filetierten und gewürfelten Amalfi Zitronen sowie die etwas gewässerten und halbierten Kapern aus dem Salz dazu. Der

19


Reis soll herb sein mit kräftigen Geschmacksinseln, keinesfalls lieblich oder pomadig. Butterflocken oder gar Reibkäse verbieten sich an dieser Stelle kategorisch. Das ganze Lachsfilet legst Du mit der Haut nach unten auf ein Backblech. Die Butter wird mit dem fein gehackten Dill und etwas Salz zu einer Paste vermengt und dann auf den Fisch gleichmässig aufgetragen. Den Fisch kannst Du dann einfach im Ofen bei 180°C (Umluftgrill) braten. Beobachte den Garvorgang genau. durch das Ein- und Ausschalten der Grillschlange kann die sich bildende leichte Kruste kontrolliert werden. Der Fisch ist gar, wenn sich die Segmente des Fleisches leicht zu öffnen beginnen. Das ist bereits nach ca. 15 Minuten der Fall. Den Fisch kannst Du mit Alufolie abdecken und noch kurz stehen lassen, damit die Butter bis ins Innere des Fischfilets vordringen kann.

20


Wolfsbarsch mit Tomaten, Stangensellerie und Zitrone „Faites simple“ hat Auguste Escoffier 1903 seinen überraschten Zeitgenossen zugerufen und sie aufgefordert, auf schwere Saucen genauso zu verzichten wie auf komplizierte Zubereitungen und unendliche Speisefolgen. Diesen Rat sollten wir immer wieder beherzigen, auch und gerade beim aufwendigen Kochen. Dieses Gericht ist ein südlicher Traum, bei dem Dir, wenn Du nur genügend bei der Sache bist, ganz kurz der Duft einer warmen Pinie in die Nase steigt – und dies obwohl wir keinerlei pinienartige Zutaten verwenden.

3 Wolfsbarsche von ca. 900 g 1 kg Tomaten, ligurische oder sardische 500 g Stangensellerie Rosmarin Salz wenig Weisswein 1 Zitrone aus Amalfi

Die Tomaten, die hier zur Anwendung kommen sind mittelgrosse ligurische oder sardische, die gerade dabei sind, ihre Farbe von grün nach rot zu wechseln. Sie sind etwas hart und ich schäle sie nicht, damit dieser Eindruck erhalten bleibt. Die Tomatenwürfel mit einer Kantenlänge von 7 mm werden in Olivenöl sanft gedünstet unter der Zugabe von wenig Salz, Rosmarin und Weisswein. Sie müssen Biss und Farbe behalten aber dennoch gar sein. Der Stangensellerie wird gewaschen und in Scheiben von 4 mm geschnitten und in gleicher Art und Weise, aber in einer eigenen Pfanne gedünstet. Diese Massangaben sind keine unnötige, sondern durchaus nötige Schikanen. Es geht darum, die beiden Bestandteile in eine ausgewogene Proportion zueinander zu bringen. Da der Stangensellerie etwas kräftiger im Geschmack ist als die Tomate, wird er zurechtgestutzt.

21


Die Fische nimmst Du aus, schuppst sie aber nicht. Die Schuppen schützen das delikate Fischfleisch beim Grillieren vor zu grosser Hitze und dem Austrocknen. In die Bauchhöhle der Fische streust Du etwas Meersalz, dann legst Du die Fische auf ein Blech. In den auf 200°C (Umluftgrill) vorgeheizten Ofen schiebst Du das Blech im oberen Drittel ein. Nach spätestens 20 Minuten ist der Fisch bereit, bei Halbzeit solltest Du ihn sorgfältig umgedreht haben. In der Zwischenzeit gibst Du in einen Messbecher 1 dl Olivenöl, 1 dl Zitronensaft und etwas Meersalz. Den Stabmixer stellst Du auf den Boden des Bechers, lässt ihn auf höchster Stufe laufen und ziehst ihn langsam nach oben. So entsteht eine Art dünnflüssige Mayonaise, sehr leicht und grüngolden schimmernd. Wenn der Fisch bereit ist, die Filets aus dem Schuppenpanzer holen und gerecht teilen. In einen Suppenteller die Tomaten-Sellerie Mischung geben, das Fischfilet darauf legen und sorgfältig mit dem Grüngold überziehen. Dieses wird seitlich über den Fisch laufen und so auch das Gemüse mit einer frischen Note unterstützen.

22


Fleisch

23


Lammsattel mit Bohnen 1 Lammsattel von ca 2,5 kg 3 Knochlauchzehen frische Pfefferminze 1,5 kg apulische Spargelbohnen 1 Zwiebel

Auf der griechischen Insel Tinos wohnten wir in der Nähe einer Bäckerei, die uns mit ausgezeichnet frischem Brot versorgte. Zu Mariä Himmelfahrt war der Ofen heiss wie jeden Tag, doch die Menschen holten keine Brote, sondern brachten grosse Bleche mit grossen Stücken vom Lamm und der Bäcker briet sie ihnen. Solche Opfergaben machen natürlich Sinn und Freude. Den Sattel, also den ganz belassenen Rücken des Lamms nimmst Du rechtzeitig aus dem Kühlschrank, damit er Zimmertemperatur annehmen kann. Den Knoblauch schneidest Du in Stifte, die Du in Salz wendest. Dadurch wird der Knoblauch schneller gar und er gibt einen ebenso zarten wie intensiven Geschmack ab. Die Pfefferminze wird in Blätter oder kleine Blattgruppen zerteilt. Mit einem spitzen Messer stichst Du nun in regelmässigen Abständen in das Fleisch und bringst Knoblauchstifte oder Pfefferminzblätter ein. Dafür hat sich ein kleiner Löffel als nützlich erwiesen, mit dessen Stiel Du die Intarsien einfach in die kleinen Öffnungen schieben kannst. Anschliessend wird das Fleisch mit ausreichend Salz und Pfeffer eingerieben, mit der Fettschicht nach oben auf ein Backblech gelegt und 1 oder 2 Stunden abgedeckt stehen gelassen. Der Ofen wird auf 240°C vorgeheizt (Umluftgrill). Da die Fleischschicht relativ dünn ist, genügen ca. 15 Minuten, um eine Kerntemperatur von 55°C zu erreichen, das Äussere soll aber trotz der kurzen Zeit gut gebraten sein. Die

24


Temperatur kannst Du mit einem geeigneten Thermometer laufend überwachen. Den Lammsattel drehst Du während dieses Vorgangs nicht. Die untenliegenden Filets sollen keiner zu grossen Hitze ausgesetzt werden. Sie können nötigenfalls kurz vor dem Servieren rasch in einer Pfanne angebraten werden. Den Lammsattel lässt Du ca. 5 Minuten ruhen. Das Fleisch löst Du anschliessend auf beiden Seiten mit einem vertikalen und einem horizontalen Schnitt aus, ebenso die beiden Filets. Das Fleisch aufschneiden und mit wenig grobem Fleur de sel bestreuen. Die Spargelbohnen sind dünn, lang, sehr fein und von durchgängiger Konsistenz. Sie werden in Apulien mit Linguine gegessen. Ich koche sie kurz in Salzwasser bis sie gar, aber noch etwas fest sind. Das Wasser kann sehr salzig sein, da die Bohnen nur kurz darin verweilen. Dann spüle ich sie rasch mit kaltem Wasser ab, damit sie ihre prächtige grüne Farbe behalten. Vor dem Servieren schwenke ich sie in wenig Butter, in der ich eine gehackte Zwiebel angedämpft habe.

25


Rehrücken 2 Rehrücken am Knochen, je ca. 1,8 kg Salz, Pfeffer, Cinq-Épices (das ist eine asiatische Gewürzmischung mit echtem Sternanis, Szechuanpfeffer, Zimtkassie, Fenchel und Gewürznelke.) 50 g Butter 1 Rosmarinzwig Marinade 1 kg Wildknochen und Parren, möglichst klein gehackt (Die beiden Rehrücken ergeben kaum gerade 1 kg Knochen. Die folgenden Zutaten können deshalb entsprechend angepasst werden. Es lohnt sich gleich eine grössere Portion zuzubereiten und die nicht benötigte Menge einzufrieren.) 2 Zwiebel, gehackt 2 Schalotte, gehackt 1 Knoblauchzehe, gehackt 2 Karotte, gewürfelt 1 Stück Lauch, grob zerkleinert 3 Petersilenzweige 1 Thymianzweig 2 Lorbeerblätter 2 Gewürznelken 10 weisse Pfefferkörner 10 Wachholdeerbeeren 2 EL Rotweinessig 1 l Rotwein Salz Fond 4 EL Sonnenblumenöl Salz 3 EL Rotweinessig 1 l Rotwein 20 weisse Pfefferkörner, zerdrückt 20 Wachholderbeeren, zerdrückt 2 Lorbeerblätter 3 Champignons, halbiert ½ EL Preiselbeeren 1 l Wasser

26

Rehrücken an Wachholdersauce, Kürbispurée und Kürbiswürfel Vermutlich kann man einen guten Koch daran erkennen, dass es ihm gelingt in den dafür vorgesehenen Arealen des Kleinhirns eines Gastes eine komplexe Erinnerung zu hinterlassen. Peter Knogl, der Koch im Basler Cheval blanc ist das gelungen, als er uns seinen Rehrücken vorgesetzt hat. Du wirst gleich sehen, dass es sich dabei um ein eigentlich triviales Gericht und zugleich um eine höchst elaborierte Operation handelt. Wenn ich diesen Rehrücken zubereite, hilft mir die Erinnerung und zugleich ist mir klar, dass ich diese erlebte Knogelsche Perfektion nie erreichen werde. Ich vereinfache die Sache deshalb etwas, lasse zum Beispiel das Schweineblut weg, und schon kann ich damit leben, dass meine Version etwas plumper wirkt als das erinnerte Ereignis. Aus Respekt vor dem grossen Meister gebe ich hier aber das vollständige Rezept wieder. Marinade: Die beiden Rehrücken aus dem Knochen lösen, die Knochen kleinhacken. Die Knochen mit allen Zutaten mischen und 2 Tage marinieren, dann absieben und beiseite stellen. Die Knochen abtrocknen. Wildfond: Das Öl erhitzen und alle festen Bestandteile der Marinade gut anrösten und leicht salzen. Mit wenig Rotwein und etwas Rotweinessig ablöschen, einkochen lassen und dieses Vorgehen wiederholen bis ¾ des Rotweis aufgebraucht sind. Pfefferkörner, Wachholderbeeren, Lorbeerblätter, Champignons und Preiselbeeren beigeben. Mit dem Wasser, dem restlichen Rotwein und der Hälfte der abgeseihten Marinade aufkochen und etwa eine Stunde köcheln lassen. Schaum abschöpfen, Fond absieben und abkühlen lassen.


Wachholdersauce: Den Wildfonds erhitzen, mit dem Stärkemehl leicht binden und abkühlen lassen. Alle weiteren Zutaten bis und mit Sherryessig dazugeben und bei 70-80°C 1 Stunde ziehen lassen. Anschliessend den Fond aufkochen, durch ein feines Sieb passieren und schliesslich mit Rahm und Butter aufmixen. Kürbispüree: Den in grosse Stücke geschnittenen Kürbis auf etwas grobem Meersalz im Ofen bei 150°C 1 Stunde garen. In einem Topf die Schalotte in der Butter andünsten, den weich gegarten Kürbis dazugeben, mit Weisswein und Noilly Prat ablöschen und einkochen, bis die Flüssigkeit verdampft ist. Die Crème double dazu geben und köcheln lassen bis eine cremige Konsistenz erreicht ist. Die Masse mixen und durch ein feines Sieb streichen. Mit Salz, Pfeffer und Muskatnuss würzen. Gedünsteter Kürbis: Den Kürbis in gleichmässige Würfel von 1½ cm Kantenlänge schneiden, mit Butter und Salz in einen Vakuumierbeutel geben, vakuumieren und 1 Stunde bei 85°C ziehen lassen. Rehrücken: Den Rehrücken mit Salz, Pfeffer und Cinq-Épices würzen. Im auf 180°C vorgeheizten Ofen garen, bis die Kerntemperatur 53°C erreicht hat. Das dauert bei Knogl 6-7, bei mir 12-14 Minuten. In einer Pfanne die Butter mit dem Rosmarinzweig aufschäumen und das Fleisch rundherum anbraten. 3 Minuten ruhen lassen und gleichmässig aufschneiden.

Wachholdersauce 1 l Wildfond 1 TL Stärkemehl 50 g Entenleberparfait 100 g Schweineblut 20 Wachholderbeeren 1 TL weisse Pfefferkörner 1 Rosmarinzweig 1 El Preiselbeeren 1 EL Sherryessig 250 ml Rahm 100 g Butter Kürbispüree 800 g Muskatkürbis grobes Meersalz 100 g Butter 2 Schalotten 2 Spritzer Weisswein 2 Spritzer Noilly Prat 200 ml Crème double Salz, Pfeffer, Muskatnuss (Richtiger Pfeffer hat nur den Namen gemein mit den schwarzen Kügelchen, die uns beim Grossverteiler angedreht werden. Es lohnt sich verschiedene, ausgewählte Pfeffer zu verwenden. Eine gute Auswahl findet sich online unter schwarzenbach. ch oder schöner vor Ort an der Münstergasse 19 in Zürich. Mein Favorit ist der Voatsiperifery Pfeffer, schwarz bio aus Madagaskar, aber das nur nebenbei.)

27


Côte de Bœuf, Frittes légères, Zuchetta lagenaria siciliana 1 Côte de Boef, ca. 2,5 kg Salz, Pfeffer 50 g Butter Rosmarin 18 mittelgrosse, mehligkochende Kartoffeln der Sorten Agria, Lady Felicia oder Victoria Olivenöl Meersalz Zuchetta lagenaria siciliana Thymianblätter Olivenöl Salz

28

Die Côte de Bœuf ist das beste Stück des Rinds, noch besser sind nur die Côtes de Boeuf der besten Rinder und da sind die Unterschiede beträchtlich. Auch hier gilt: besser die halbe Menge eines doppelt so teuren Stücks. Wie lange die Stücke gelagert und an der Luft getrocknet sein sollen, das kann man halten wie man will. Wichtig sind die feinen Fettintarsien, die den Geschmack des Fleisches erst sichtbar und dann schmeckbar machen. Die kleinen, einrippigen Stücke kannst Du gut in der Pfanne oder auf dem Grill braten, die grossen, und von denen ist hier die Rede, gehören in den Ofen. 2,5 kg können es sein, da das Fleisch aber auch kalt aufgeschnitten ausgezeichnet schmeckt, brauchst Du Dir über Reste keine Sorgen zu machen. Kein Mensch möchte direkt aus dem Kühlschrank auf den Grill gelegt werden, also auch nicht das Rind. Deshalb legst Du das Fleisch rechtzeitig auf den Küchentisch, damit es die Temperatur der Umwelt bis ins Innere aufnehmen kann. Ich salze das Stück aussen mässig, aber frühzeitig, weil ich den Verzehr der Kruste für einen essenzielen Genuss halte. Das Fleisch lege ich auf ein Blech mit hohem Rand und schiebe es in den auf 220°C (Umluftgrill) vorgeheizten Ofen. Es wird gedreht, bis das Äussere einem Stück Holz gleicht, von Farbe und Textur. Dann wird die Ofentemperatur auf 80°C (Umluft) gesenkt. Um das Fleisch 2-3 Rosmarinzweige legen. Nach ca. 1 Stunde ist die Kerntemperatur von 52°C erreicht. Wenn Du den Ofen auf 60°C zurückstellst, kannst Du das Ganze noch eine weitere Stunde im Ofen lassen. Vor dem Servieren Temperatur nochmals erhöhen, das Fleisch aus dem Ofen nehmen und in einer Alufolie 15 Minuten liegen lassen. Während dieser Zeit kannst Du die Rosmarinzweige entfernen und den Bratensatz auflösen. Das Fleisch vom Knochen lösen und in dünne Scheiben schneiden. Meersalz gehört auf den Tisch.


Die Frittes légères sind köstliche Pommes frittes, die fast ohne Öl zubereitet werden und deshalb wunderbar leicht sind. Sepp Schellhorn heisst der Koch der sie, wenn nicht erfunden, so doch der Öffentlichkeit preisgegeben hat. Fritten schneiden und für eine Stunde in lauwarmes Wasser legen. In militärischer Ordnung in eine Form legen und Wasser dazugiessen (Höhe = fingerbreit). Wenig Öl darübergeben, salzen und einen Rosmarinzweig dazu geben. Im Ofen bei 200°C Umluft backen, bis sie knusprig sind. Das dauert etwa 30, genauer gesagt 35 Minuten. Die schlangenförmigen, nicht zu grossen Zucchetti waschen, längs halbieren mit etwas Olivenöl beträufeln, salzen und Thymianblätter darüberstreuen. Unter dem Grill ohne zu wenden bei nicht zu hohen Temperaturen gar werden lassen. Dabei nehmen die Schnittflächen die Farbe von dunklem Hönig an. In Stücke schneiden und etwas Zitronensaft darüber spritzen.

29


Desserts

30


Baba au Rhum Meinen ersten Baba habe ich als Baby zu mir genommen, genauer gesagt am 8. Dezember 1984 in Neapel. Vermutlich war es nicht im Gran Caffè Gambrinus, wo man das richtigerweise tun sollte, sondern an einem normalen Ort – meine einzige Erinnerung an diesen Ort ist der Umstand, dass die Kaffeetässchen dort in kochendem Wasser aufbewahrt wurden, damit sie jederzeit die richtige Betriebstemperatur hätten.

30 g frische Hefe 3,5 dl Milch 400 g Mehl 6 Eier 200 g Butter 50 g feiner Zucker Salz

Der Baba ist ein perfektes Gericht, einfach und kapriziös zugleich. Er wird mit den gewöhnlichsten Zutaten zubereitet, braucht wenig Arbeit aber Konzentration über drei Stunden. Einfach misslingen kann er eigentlich nicht. Er gelingt entweder göttlich oder stürzt vollständig ab. Er muss luftig sein und fest, leicht nach Hefe duftend und von klebrig süssem Saft getränkt. Es lohnt sich ihn für grössere Gesellschaften zuzubereiten, aber es ist auch riskant, denn es geht so:

und für den Sirup 3,5 dl Wasser 10 EL brauner Rum 100 g feiner Zucker

Vollrahm

31


Die Hefe löst Du mit einer Prise Zucker in lauwarmer, also nicht heisser Milch auf, die Mischung lässt Du 15 Minuten stehen. Dann gibst Du die Flüssigkeit zu den verklopften Eiern, vermengst dieses wiederum mit dem Mehl und arbeitest die Butter und den Zucker ein. Jetzt kannst Du das Ganze stehen lassen, bis sich das Volumen verdoppelt hat. Buttere zwei Ringformen aus und fülle sie bis zur Hälfte. Dann lass es nochmals auf das Doppelte aufgehen. Im auf 180 °C vorgeheizten Ofen kannst Du den Baba 40 Minuten backen. Er muss von kräftigem Braun sein und die Nadelprobe wird Dir beweisen, dass er fertig gebacken ist. Den Sirup kurz kochen und den kalt auf eine Platte gestürzten Baba damit tränken. Serviert wird der Baba mit oder ohne geschlagenem, süssen Rahm. Fruchtbeilagen lehne ich ab, sie konkurrenzieren das Zarte völlig unnötigerweise. Einzig die kleinen fragoline di bosco von den Hängen des Aspromonte eignen sich – wenn sie ganz ausgereift, aber noch nicht weich sind. Die Geschichte des Babas ist so komplex wie seine ganze Anmutung. Die Gründungslegenden reichen bis weit in die Vergangenheit und bis weit nach Osten. Namensstämme wie „Ali Baba“ oder „Babuschka“ legen davon beredtes Zeugnis ab. Nach Frankreich, genauer nach Nancy gebracht haben soll ihn der legendäre Polenkönig Stanislaus I. Leschinski. Er behauptete ihn dort erfunden zu haben, als er einen trockenen lothringischen Kouglof mit süssem Madeirawein wieder flott, beziehungsweise feucht gemacht haben will – ganz so, als hätten sich barocke Fürsten um trockene Kuchen gekümmert. Jedenfalls ist der später über Marie Antoinette und ihre Schwester Maria Carolina an den Hof von Neapel gelangt, wo ich ihn dann glücklicherweise auch angetroffen habe.

32


Zitronentorte Zitronen wachsen überall, gute ausschliesslich an der Amalfitanischen Küste. Sie zeichnen sich aus durch ihre schöne, grosse Form, die feste Schale mit einem bedeutenden weissen, nur wenig bitteren Anteil und einem festen, fruchtigen Fruchtfleisch. Und um dieses Fruchtfleisch geht es natürlich in erster Linie. Für die Herstellung der Torte benötigst Du etwa 5 Stunden, beginne also rechtzeitig. Zunächst stellst Du den Mürbeteig her. Dazu mischst Du das Mehl mit dem Zucker und gibst dann Butter, Eigelb, Zitronenschale und Salz dazu. Das wird kurz zum Teig geknetet, in eine Frischhaltefolie eingeschlagen und eine Stunde im Kühlschrank gelagert. Danach kannst Du den Teig auswallen und zwei Springformen damit auskleiden. Den Ofen solltest Du auf 180°C vorheizen. Die Eier und Zucker verquirlst Du, dann rührst Du die Zitronenschale und den Zitronensaft unter und arbeitest die Butter ein. Die Zitronenmasse verteilst Du auf die Teigböden und bäckst das Ganze anschliessend während ungefähr 30 Minuten. Nach dem Auskühlen kannst Du -falls Du Dich am Ort der Zitronenernte an der Amalfitanischen Küste befindesteinige frische Zitronenblätter auf den Kuchen legen und ihm mittels Puderzuckerbestäubung einen floralen Aspekt verpassen.

Mürbeteig 400 g Mehl 200g feiner Zucker 200 g weiche Butter, in Stücke geschnitten 4 Eigelb 4 TL abgeriebene Zitronenschale wenig Salz Füllung 150 g weiche Butter 6 Eier 300g feiner Zucker abgeriebene Schale von 4 Zitronen Saft einer Zitrone Floraler Aspekt Zitronenblätter Puderzucker

33


34


Cassata siciliana Vor noch nicht so langer Zeit war die italienische Küche in der Schweiz wenig bekannt und in vielen Teilen suspekt. Gleichsam als kulinarische Übersprungshandlung wurden gewisse Gerichte eingeschweizert – meist mit verheerenden Folgen. In kindlicher Erinnerung ist mir etwa eine farbenfrohe Eisbombe, die kindische Begierden weckte, nur um sie unerfüllt zurückzulassen. Ihr Name war Cassata, Kassandra hätte allerdings besser zu dieser süssen Verkündung kulinarischen Unheils gepasst. Auf Reise in Sizilien habe ich später diese Cassata vera entdeckt. Wie Zeus beim Frauenverführen vermag auch sie die unterschiedlichsten Gestalten anzunehmen: Mal ist sie Torte mit Marzipan, mal leichtes Gebäck mit Zuckerguss, mit Nüssen, Früchten, Schokolade. Mal ist sie kalt, dann wieder nicht. Bei Peter Brunner, der sich wiederum auf Alice Vollenweider bezieht, habe ich dann ein Rezept entdeckt, das mir gefällt - und auch den meisten Gästen. Das Resultat ist nahe genug an Kinderträumen und zugleich so vielschichtig, dass Du bis ins hohe Alter in kleinen Nischen immer neue Nuancen entdecken kannst. Die Basis ist Ricotta, was viele überrascht, der ganzen Sache aber eine unerhört feine Konsistenz verleiht und einen ebenso unerhört feinen Geschmack. Die richtige ist die Ricotta di pecora, tipo dolce, also vom Schaf und ungesalzen, dafür aber frisch. Das Schaf blöckt nur im Hintergrund. Im Vordergrund riechst Du sofort, was das Schaf

Füllung 500 g Ricotta 250 g Puderzucker 1 Prise Zimt 120 g kandierte Früchte je 5 cl Kirsch und Cointreau 100 g Nüsse (ich bevorzuge Mandeln) 80 g dunkle Schokolade Biskuit 15 g Butter 2 Eigelb 35 g Zucker 35 g Mehl 1 Eiweiss Überzug 100 g Schokolade 0.5 dl Rahm Vanillesauce ¼ l Milch ½ Vanilleschote 3 Eigelb 75 g Zucker Amaretto

35


tagsüber an der kräftigen sizilianischen Sonne alles gefressen hat: Zarte Distelknospen, die nach Bergamotte duften, rauchige Fliederflausen und honigsüsse Rosmarinblüten. Die Ricotta vermischst Du mit dem Puderzucker und dem Zimt. Die Masse kommt in den Kühlschrank um sich etwas zu beruhigen. Dann kannst Du den in die Form passenden Biskuitboden backen und zuschneiden. Die kandierten Früchte legst Du in den Schnaps ein, die Nüsse röstest Du und hackst sie fein mit der Schokolade. Die abgetropften Früchte und die anderen Zutaten gibst Du in die Ricottamasse. Diese wiederum kommt in eine Terrinenform und wird mit dem Biskuit abgedeckt. Dann ab in den Tiefkühler. Wenn die Cassata gefroren ist, kannst Du die Schokolade im Rahm schmelzen. Die Form kommt kurz in heisses Wasser, damit das Objekt der Begierde gestürzt werden kann. Der Überzug wird aufgetragen, die fertige Cassata kommt wieder in den Tiefkühler. Vor dem Servieren kannst Du sie einfach in nicht zu dünne Scheiben aufschneiden und auf dem Teller etwas weich und sanft werden lassen. Dazu servierst Du eine Vanillesauce, die Du schwach mit Amaretto parfümiert hast.

36


12 Essen im TĂźralihus, Valendas

37


Samstag, 14. Oktober 2017 Barbara Bitterli, Colette Gradwohl, Jörg Koch, Marco Färber, Paola Maranta, Quintus Miller, Ursula Hürzeler, Theresa Tschopp

38


Auberginen-Involtini mit Artischocken Dorade mit grünen sardischen Tomaten und Basilikum Rindshohrücken, Schalottensauce, Bohnen aus Lecce, Frittes légères Alpkäse Abate Birnen mit semifreddo di ricotta di pecora 39


Sonntag, 15. Oktober 2017 Barbara Lenherr, Carmen Lussi-Lorente Sangros, Christine Enzmann, Lorenzo Giuliani, Thomas Lussi, Reto Pfenninger

40


Ravioli mit Ricotta und Bündner Coppa Baudroie mit Datterini Tomaten und Kapern Kalbsrücken, Schlangenzuchetti und Risotto Alpkäse Baba au Rhum 41


Freitag, 20. Oktober 2017 Adrian Stern, Doris Fehr, Ingrid Rosebrock, Oliver Rosebrock, Leon Mรถhring, Stephan Mรถhring, Veronique Bertrand

42


Auberginen mit Mozarella, Chicorée tardivo di Trevisana grilliert Filets de Rougets et de tomates Geschmorte Lammschulter, Purée de Pommes de terre et de Sellerie, Wilde Zwiebeln Alpkäse Birnen mit Alpquark 43


Samstag, 21. Oktober 2017 Beat Rothen, Ben Rothen, Birgit Rothen, Dominique Jehle, Elisabeth Ackermann, Franz Jehle, Jean Jehle, Lukas Richterich, Sebastian Stich, Werner Baumann, Vreni Richterich

44


Gefßllte Artischocken, kleine Tomaten mit Artischockenstielen und Kapern, Cima di rapa Loup de mer mit Linsen, Tomaten und Speck Lammsattel mit Bohnen Alpkäse Poschierter Pfirsich 45


Sonntag, 22. Oktober 2017 Beatrice Stauffer, Christoph Ackermann, Claudio Gallasch, Gil Ackermann, Hans-Peter Thür, Margrit Thür, Sebastian Kölliker, Willi Rosebrock

46


Calamari, Zuchini, kleine Tomaten und Auberginen Baudroie mit Safran und Venere Reis Rehrücken an Wachholdersauce, Kürbispurée und Kürbiswürfel Alpkäse Sorbet de poires 47


Freitag, 27. Oktober Alma Vécsey, Christoph Schmidt, Dan Wiener, Dieter Righetti, Gregor Vécsey, Maria Thorgevsky, Marlen Righetti, Salome Bessenich, Susann Vécsey

48


Parmigiana aus Auberginen, Tomaten, Sardellen und Mozarella Lachsfilet mit Dill, Risotto mit Zitronen und Kapern Pata Negra Rücken, Kartoffeln und Löwenzahn Alpkäse Pfirsiche in Rotwein 49


Samstag, 28. Oktober Annette Helle, Barbara Hennig, Bettina Ginsberg, Daniele Marques, Dominique SalathĂŠ, Meinrad Morger, Patrick GmĂźr, Rosetta Anliker

50


Ravioli di Ricotta mit Speck, Datterini Tomaten Goldbrasse mit sauren Kürbiswürfeln Côte de Bœuf, Frittes légères, Zuchetta lagenaria siciliana Alpkäse Birnen in Weisswein 51


Sonntag, 29. Oktober Annette Spilmann, Beni Rigling, Elin Echsle, Esther Funk, Harald Echsle, Marcel Schmid, RenĂŠe Levi, Kaspar Zwicky, Karin Tschumi, Martina KĂśnig, Rolf Huber, Tizian Echsle

52


Artischocken ged채mpft und gebraten, Warme G채nseleber Wolfsbarsch mit Tomaten, Kapern und Zitrone Rindshohr체cken mit Risotto tardivo Alpk채se Eineiige Zwillinge (Flan caramel et Mousse au chocolat) 53


Freitag, 3. November Anne Marie Wagner, Erich Zwahlen, GĂźnter Weber, Lilli Zwahlen, Maria Weber, Steffi Baader, Ursula Baader

54


Steinpilz Savarin mit gebratenen Steinpilzen Filet de rouget, ligurische Tomaten, Rosmarin und Stangensellerie Kalbsnuss à l’italienne, Kartoffelstock und Kürbiswürfel Alpkäse Tulipes mit Ricotta und Mandeln, Birnen 55


Samstag, 4. November Carmen Baumgärtner, Christian Hönger, Elisabeth Boesch, Esther Baur, Fabian Baumann, Hanna Baumann, Maria Mohl, Martin Bösch, Matthias Baumgärtner,

56


Belugalinsen mit Eierschw채mmen und B체ndnerfleisch-Streifen Fischsuppe Rindskotelette mit Risotto, Zuchini und Zuchinibl체ten, Mozarella und Tomaten Alpk채se Zitronentorte 57


Sonntag, 5. November Barbara Arnold, Dieter Ackermann, Isabel Sidler, Ivana Chatton, Luca Selva, Margrit Horisberger, Peter Sidler, Toni Arnold

58


Eierschwämme mit Artischocken, frittierte Calamari Steinbutt schwarz-weiss Lammrücken mit Kartoffeln, wilden Zwiebeln und Auberginen Alpkäse Cassata siciliana 59


Freitag, 10. November Dorothee Huber, Heidi Fischer, Joe Schelbert, Marianne Winterhalter, Paul Huber, Roland Glas, Tom Osolin, Ursula Meier

60


Entenravioli mit gedämpftem Tardivo und Speck Filet de sôle, Vongole und Tomaten Lammgigot à l’anglaise, Kartoffeln und Bohnen Alpkäse Birnenkuchen, Clementinensorbet und Cassata 61


62


63


Quellen - div. Autoren: Il Cucchiaio d‘argento, 1950; deutsch: Der Silberlöffel, 2. Auflage, Hamburg 2013 - Christian Seiler: Übrig bleibt nichts! in Das Magazin, Nr. 41, 14. Oktober 2017 - Peter Brunner: Notizen auch Küche und Wirtschaft, Zürich 1996 - Gaston Lenôtre: Das grosse Buch der Patisserie, mit einem Vorwort von Paul Bocuse, deutsche Ausgabe, Hersching 1978 Paul Bocuse beschreibt in seinem Vorwort übrigens, wie Gaston Lenôtre 1957 (also im Jahr meiner Geburt) aus der Normandie nach Paris kommt, um dort sein Geschäft zu eröffnen. - Peter Knogl: Ma cuisine passionée, Aarau und München 2011 - August Escoffier, Le Guide Culinaire – Aide-mémoire de cuisine pratique, 1903; deutsch: Kochkunstführer, 15. Auflage, Hamburg 2016 64


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.