MFG - Das Magazin / Ausgabe 67

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Ö S T E R R E I C H S H U N D E TAG E 2 0 1 8

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MFG EDITORIAL

JOHANNES REICHL

AUFTAUEN!

M

ichael Duscher, Geschäftsführer der NÖ Kulturlandeshauptstadt St. Pölten GmbH, ist ein vifer Meister seines Faches. So hat er, natürlich nicht ganz zufällig, als Treffpunkt für unser Gespräch den Klangturm vorgeschlagen und bei mir damit ein regelrechtes Kopf- und Deutungskino angeworfen, das nun – ich warne Sie vor – auf Sie herunterprasseln wird. „Ich komme öfters her, ich liebe den Ausblick einfach“, schwärmt er beim Hinauffahren mit dem Panoramalift. Und es hat tatsächlich etwas, von gut 45 Metern Höhe auf die sich nach allen Seiten hin erstreckende Stadt hinabzublicken und bis ins Alpenvorland hinein. Dass einen ein gebürtiger Oberösterreicher darauf stoßen muss, sagt schon einiges über die (Selbst)Wahrnehmung der Stadt aus ebenso wie Duschers ganz persönliches St. Pöltner Erweckungserlebnis: „Ich war vor einigen Jahren beim Frequency Festival und bin zum ersten Mal in die barocke Innenstadt gekommen und war – überrascht!“ Und zwar positiv. „Und so wie mir geht es vielen!“ Freilich nicht nur den auswärtigen Gästen, sondern eben auch der indigenen Bevölkerung – denn Hand aufs Herz: Wer von Ihnen war schon einmal oben am Klangturm? Eben. Wobei der Klangturm ja geradezu ein Sinnbild für St. Pölten und einen Aspekt seiner teils durchwachsenen

Hauptstadtentwicklung ist. „Boulvard Of Broken Dreams“ nannte „Die Presse“ einmal den benachbarten Landhausboulevard, wo sich kein Geschäft länger als die Halbwertszeit einer zerfallenden Bierschaumkrone hielt. Aber was war dann der Klangturm? Tower of no power? Bis vor einigen Jahren war unten im Foyer zumindest noch eine Informationsstelle für Besucher des Viertels. Diese ist heute ebenso verwaist wie die Klangkugeln und Klangebenen im Gebäude, wo sich ehedem Audioartkünstler austoben durften, damit aber unter der Wahrnehmungsgrenze blieben. Die von Architekt Ernst Hoffmann ursprüngliche „Einschreibung“ eines klingenden Turmes wurde ohnedies gleich im Keim erstickt – das könne man den Beamten nicht zumuten. Am Ende des Tages mutierte der Klangturm, das ambitionierte neue Wahrzeichen der Landeshauptstadt, zum stummen Zeugen einer gescheiterten, zumindest eingefrorenen Utopie. Weil St. Pölten noch nicht bereit dafür war? Oder schlicht die Umsetzung schlecht? ABER – der Turm ist noch da, erhebt sich aus den Niederungen der Kleinstadt und gewährt einen herrlichen Ausblick auf einen breiten Horizont. Und so steht er gleich für mehrere Aspekte, die Duscher im Hinblick auf die Kulturhauptstadt-Ambitionen so vorschweben: 1. Bewusstseinsbildung

für die Schönheiten, die schon da sind, aber vielfach nicht wahrgenommen werden. 2. Deren etwaige (Wieder)Belebung „denn natürlich ist es kein Geheimnis, dass wir den Klangturm wieder bespielen möchten.“ 3. Einen damit zum Ausdruck kommenden Veränderungs- und Gestaltungswillen, der von einer neuen Flexibilität des Denkens, Mut, Dynamik und Selbstbewusstsein zeugt. Nicht die schlechtesten Voraussetzungen für die Bewerbung, wie Duscher überzeugt ist „denn die größten Chancen haben jene Städte, die das größte Veränderungspotenzial und den größten Veränderungswillen zeigen.“ Den Klangturm wieder zu beleben – als sprichwörtliches Leuchtturmprojekt – heißt also nicht weniger als die darin eingefrorene Utopie von damals wieder aufzutauen. Sie unter dem Segel der Kulturhauptstadtbewerbung, egal ob diese nun am Ende des Tages von Erfolg gekrönt sein mag oder nicht, konsequent fortzusetzen und zu Ende zu denken: St. Pölten als vollwertige Landeshauptstadt Niederösterreichs. St. Pölten, wie es Duscher als Ziel formuliert, „als Vorzeigeprojekt einer lebenswerten europäischen Mittelstadt.“ In diesem Sinne: Fahren Sie auf den Klangturm hinauf. Der Eintritt ist – wie oft wollte ich diesen Spruch schon vom Stapel lassen – gratis, aber nicht umsonst! Horizonterweiterung nicht ausgeschlossen!

Offenlegung nach §25 Medien-Gesetz: Medieninhaber (Verleger): NXP Veranstaltungsbetriebs GmbH, MFG - Das Magazin, Kelsengasse 9, 3100 St. Pölten. Unternehmensgegenstand: Freizeitwirtschaft, Tourismus, und Veranstaltungen. Herausgeber/Geschäftsführer: Bernard und René Voak. Grundlegende Blattlinie: Das fast unabhängige Magazin zur Förderung der Urbankultur in Niederösterreich. Redaktionsanschrift: MFG – Das Magazin, Kelsengasse 9, 3100 St. Pölten; Telefon: 02742/71400-330, Fax: 02742/71400-305; Internet: www.dasmfg.at, Email: office@dasmfg.at Chefredakteur: Johannes Reichl Chefredakteur-Stv.: Michael Müllner Chefin vom Dienst: Christina Bauer Redaktionsteam: Christina Bauer, Thomas Fröhlich, Sascha Harold, Dominik Leitner, Michael Müllner, Michael Reibnagel, Andreas Reichebner, Thomas Schöpf, Beate Steiner, Thomas Winkelmüller Kolumnisten: Thomas Fröhlich, Dominik Leitner, Michael Müllner, Tina Reichl, Roul Starka, Beate Steiner Kritiker: Helmuth Fahrngruber, Thomas Fröhlich, Wolfgang Hintermeier, David Meixner, Clemens Schumacher, Manuel Pernsteiner, Michael Reibnagel, Johannes Reichl, Christoph Schipp, Robert Stefan Karikatur: Andreas Reichebner Bildredaktion: Elias Kaltenberger, Matthias Köstler Cover: Mr. Shitakii Art Director & Layout: Mr. Shitakii Korrektur: Anne-Sophie Müllner Hersteller: NÖ Pressehaus Druck- und Verlagsgesellschaft mbH Herstellungs- und Verlagsort: St. Pölten Verlagspostamt: 3100 St. Pölten, P.b.b. Alle Rechte, auch die Übernahme von Beiträgen nach § 44 Abs. 1 und 2. Urheberrechtsgesetz, sind vorbehalten. Alle Angaben ohne Gewähr. Für den Inhalt bezahlter Beiträge ist der Medieninhaber nicht verantwortlich.


INHALT 1968 – DAMALS VOR 50 JAHREN – Seite 8

ARBEITSZEIT NEU – Seite 20

ALBARN KANN KEIN ZUFALL SEIN – Seite 42

LIBERTI RETTET DAS HÖFEFEST – Seite 56

JOTU JEU – Seite 64

30 JAHRE TABELLENFÜHRER VSE – Seite 70

3 Editorial 6 In was für einer Stadt leben wir

URBAN

7 Shortcuts Urban 8 Damals, vor 50 Jahren ... 1968 12 Was bleibt vom Mai 1968? 16 Endlich Diskurs um Architektur 20 Arbeitszeit – Bleibt alles anders? 26 Zum Jubiläum eine Abrechnung 30 Wertschöpfung der Eintagsfliegen

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34 Die Klenk & Meder-Story

KULTUR

40 Shortcuts Kultur 42 Damon Albarn kann kein Zufall sein 48 Die Minimal[l]isten 54 A schöne Leich 56 Lady Liberti rettet das Höfefest

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68 30 Jahre VSE 72 Skifahren im Hochsommer 74 Kritiken 75 Veranstaltungen 76 Außensicht 78 Karikatur

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62 Shortcuts Szene 64 Jotu Jeu arbeitet an einem Wunder

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IN WAS FÜR EINER STADT LEBEN WIR EIGENTLICH ...

. . . in der nach jahrelanger Bau-Euphorie die heimische Politik plötzlich die Notbremse gezogen und eine Bausperre verhängt hat. Der augenscheinliche Anlass: Das architektonische Erbe der Stadt droht den Bach runterzugehen. Künftig soll ein Gestaltungsbeirat entscheiden, ob erhaltenswerte Gebäude aus dem Stadtbild verschwinden und wenn ja, was an ihrer Stelle erscheinen soll. Bis sich dieses Gremium konstituiert hat, ist die Katastrale St. Pölten gesperrt für Neubauten – auch Häuslbauer werden überprüft, ob ihre Wohnträume dem architektonischen Schönheitsideal der Vielleicht-Kulturhauptstadt 2024 widersprechen. Bei den lange Zeit freundlich empfangenen Investoren und ImmoEntwicklern herrscht Katzenjammer: Sie befürchten finanzielle Nachteile wegen länger laufender Kredite und strengere und teurere Kriterien, die an ihre finanz- und flächen-optimierten Entwürfe gelegt werden.

. . . in der es in den letzten Jahren nur so plattformt, bürgerinitiativt und petitioniert, wie etwa Sonnenpark bleibt!, KulturhauptSTART, Smart Pölten, Plattform Pro St. Pölten, Petition „Frequency und Anrainer“ beweisen. Bemerkenswerterweise fühlt sich die Politik davon nicht mehr, wie ehedem, bedroht bis genervt, sondern sucht den Dialog, ja nimmt die Bürgerbewegungen sogar offensiv bei der Hand. So hat die NÖ Kulturlandeshauptstadt GmbH bereits zwei öffentliche KulturFOREN durchgeführt sowie die Initiative „KulturhauptSTART“ praktisch institutionell mit ins Boot geholt. Die Stadt wiederum hat mit Smart Pölten gemeinsam das Projekt „Stadtoase“ initiiert. Und mögen die Meinungen über Inhalt, Berechtigung und Ziele der diversen Initiativen auch auseinandergehen, so sind sie jedenfalls Zeichen eines – im positiven Sinne – aufmüpfigen Bürgertums und weiteres Indiz zunehmender Urbanität.

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T H E

G A M E

B E G I N

Cybersports I bowlIng I bIllard I bar 3100 st. pölten I ratzersdorfer see

FOTOS: SKN, PIXXS & OLIVERFOERSTNER-FOTOLIA.COM

. . . in der der SKN St. Pölten, in der Vorsaison noch Prügelknabe der Fußball-Bundesliga, heuer auf den Spuren der glorreichen VSE-Zeit wandelt. Denn fast auf den Tag genau vor 30 Jahren standen die Wölfe 1988 sensationell auf dem 1. Platz der Tabelle (s. S. 68) – der SKN rangiert aktuell immerhin auf Rang 2 und ist DAS Überraschungsteam der bisherigen Saison. 14 Punkte hat man nach sechs Runden am Konto – dafür benötigte man im Vorjahr 34 Runden! Die Trennung vom Sportdirektor sowie der neue Präsident haben jedenfalls Wirkung gezeigt, und natürlich der Trainerwechsel. Didi Kühbauer hat zwar keine Edelkicker wie dereinst „El Matador“ Weltmeister Mario Kempes in seinen Reihen, aber er hat ein sehr kompaktes, v. a. defensiv nur schwer zu knackendes Team geformt, das sich, wie VSETrainerlegende Thommy Parits fordert, jedenfalls mehr Zuschauer verdient! Also, ab in die SKN-Arena!


FOTOS: ZVG/CHRISTINA LEURER, RENÉ VOAK, PRCREATIVETEAM-FOTOLIA.COM

SHORTCUT URBAN KOLUMNE MICHAEL MÜLLNER

FÜRS LEBEN

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WINZERINNEN

anz ehrlich – es war überfällig, dass endlich auch Frauen St. Pölten so richtig einschenken, und 2019 ist es endlich soweit. Erstmals wird der Hauptstadtwein nämlich nicht von einem Winzer, sondern von Winzerinnen gekeltert, sogar von gleich vier weinaffinen Damen. Victoria Kugler vom Weingut Kugler am Neusiedler See, Viktoria Preiß von „Weinkultur Preiß“ aus dem Traisental, Michaela Riedmüller vom Weingut Riedmüller aus Carnuntum und Sabrina Veigel aus der Wachau sind die/das Frauenzimmer, und die Hauptstadtwein-

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Winzerinnen im kommenden Jahr. Die Frauenzimmer kreieren Weine mit dem Geschmack von vier Weinbaugebieten. „Wir lieben es, bei einem Glas Wein zu diskutieren – das verbindet uns und das gemeinsame Studium an der Fachhochschule in Eisenstadt.“ Traditionell ziert ein Schlüsselloch die Etiketten der Frauenzimmer-Weine. Ob auch der noch namenlose Hauptstadtwein 2019 über ein Schlüsselloch in die Weinwelt St. Pöltens blicken lässt – das haben die Frauenzimmer und Tourismuslady Eva Prischl als Auftraggeberin noch nicht verraten.

TURM FÄLLT

ahrzehnte war er von der Autobahn aus sichtbar – der Turm des VAZ St. Pölten. Nun ist er gefallen, um etwas Neuem, Besserem Platz zu machen, wird doch Niederösterreichs größtes Veranstaltungszentrum in mehreren Bauetappen bis Herbst 2019 „aufgemotzt“. So entsteht ein Vorbau mit Restaurant, Bistro, neuem Foyer & Ticketingbereich, neuen Garderoben sowie neuen Sanitäranlagen. Im Norden wiederum wird an die Halle B ein neuer Bühnenkasten angedockt, der internationale Großproduktionen ermöglichen soll sowie mit neuen Künstlergarderoben aufwartet. Daneben wird eine Lagerhalle realisiert. Das

VAZ soll nach dem Umbau wieder, wie es so schön heißt, state of the art sein. Insgesamt investiert die Stadt rund neun Millionen Euro in den Zubau, wobei – eine schöne Premiere im VAZ – sich erstmals auch das Land Niederösterreich finanziell einbringt.

Im Vorstellungsgespräch zeigt mir ein Bewerber unsicher sein Maturazeugnis. Den Fünfer in Mathe müsse er noch ausbessern, ist er zerknirscht. „Bald können Sie über diese Note lachen“, mache ich ihm Mut. Gerne würde ich seine Geschichte dazu hören, denn ein Fünfer bei der Mathe-Matura: been there, done that. Ich war an sich kein schlechter Schüler, aber Mathe hatte ich in der Achten zu leicht genommen. Den Fünfer bei der Schriftlichen kann ich gerade noch verstehen, ich war auch nicht der Einzige der zusätzlich mündlich ran durfte ... Nachhilfe, Strebern, selber Schuld. Aber den Fünfer bei der Zusatzprüfung, den verzeihe ich meiner Mathelehrerin auch knapp zwanzig Jahre später nicht. Danke für einen verschissenen Sommer und einen schalen Beigeschmack zum Abschluss meiner Schulzeit! Dennoch endet die Geschichte für mich versöhnlich. Zum Abschluss des mündlichen Prüfungstages stehen alle Prüflinge aufgefädelt vor der Kommission. Der Vorsitzende meint in meine Richtung: „schon komisch, lauter Einser und Zweier – nur das Missgeschick in Mathematik“. Ein Missgeschick, das einem idiotisch schweren Beispiel geschuldet war, will ich anmerken. Beim Verabschieden gehen alle Lehrer die Schülerreihe durch, schütteln Hände, führen Smalltalk. Und ich verweigere meiner Mathelehrerin die Hand! Das sorgt für Unruhe und ist wohl weder höflich noch taktisch-klug. Aber es macht mich bis heute stolz, dass ich meine Enttäuschung und meinen Zorn über die vermeintliche Ungerechtigkeit ausgedrückt habe. Und das prägt fürs Leben. Danke, Frau Professor!

MFG 09.18

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MFG URBAN

Synonym für eine Bewegung, für eine ganze Generation, für Aufbruchsstimmung, für eine unruhige Zeit, weltweit. Studenten protestierten gegen ein veraltetes Bildungssystem, junge Menschen gegen ein rückständiges Gesellschaftsbild und gegen den Krieg, auch in Österreich. Und ein bisserl auch in St. Pölten.

I

n weißen Slim-fit-Hosen und weißblau gestreiften Hemden sorgten vier junge Männer am Stefanitag 1968 für „Good Vibrations“ beim Fünf-Uhr-Tee der Katholischen Jugend in Böheimkirchen. „Wir haben die Beach Boys nachgesungen, ohne Noten“, erzählt Viktor Mayerhofer 50 Jahre danach nicht ohne Stolz: „Wir waren vier sehr gute Sänger und haben einen tollen Sound hinbekommen, trotz unserer bescheidenen Anlage.“ Top Secret nannten sich die vier jungen Männer, die in die ruhige Region rund um St. Pölten musikalisches 68er-Feeling brachten: Viktor Mayerhofer, späterer Musikschuldirektor in St. Pölten, damals 20-jähriger Musikstudent, spielte Saxophon, Klarinette und Cello, sein Bruder Walter Mayerhofer saß am Klavier, Hans Hofbauer war an der Gitarre, und am Schlagzeug gab einer den Rhythmus vor, der sehr berühmt werden sollte: Manfred Deix. Der 2016 verstorbene Karikaturist, Grafiker und Maler verzierte schon damals Wände mit seinen Zeichnungen, malte Cartoons für die Kirchenzeitung und agierte in Stiefletten und mit Koteletten als Bürgerschreck. „Einmal hat sich Manfred Paradeiser in den Mund unter seine breiten Baikeles gesteckt und ist als „Affe“ neben mir im Auto gesessen“, erinnert sich Viktor Mayerhofer. Gefunden hatten sich die vier Lookalikes der Beach Boys bereits 1966. Der optische Eindruck der amerika8

nischen Vorbilder war für Top Secret allerdings nicht so leicht zu kopieren im Österreich der 60er-Jahre: „Wir haben in Wien einen blau-weiß-gestreiften Regenschirm-Stoff gefunden, aus dem uns ein Schneider dann die Hemden genäht hat“, erklärt Viktor Mayerhofer das markante Bühnen-Outfit: „Heiß war’s und nicht angenehm zu tragen.“ Der regelmäßige Fünf-UhrTee der katholischen Ju-

gend in Böheimkirchen machte die vier Musiker schnell bekannt, „Surfin’ the USA“ wurde zu ihrer SignationNummer. „Um 18h ist der Dechant inspizieren gekommen – nachher ist das Licht ausgegangen, und es ist so richtig los gegangen.“ Nicht nur mit Beach-Boys-Nummern. „Wir hatten auch die Beatles drauf, und ein bisserl Jimi Hendrix, mit Verstärker im Cello. Natürlich haben wir nicht

Die angeheiterte Bäckerin ist regelmäßig gekommen und hat uns einen 50er spendiert, wenn wir für sie den Flohwalzer gespielt haben. VIKTOR MAYERHOFER, BANDLEADER VON TOP SECRET, JAHRGANG 1946


TEXT: BEATE STEINER | FOTOS: JOSEF VORLAUFER, ANNA PAILER, SIMON HÖLLERSCHMID, PRIVAT/ZVG

nur flotte Nummern gespielt sondern auch l’Amourhatscher.“ Sogar die Proben von Top Secret im elterlichen Wirtshaus „Zur blauen Weintraube“ von Manfred Deix hatten große Anziehungskraft auf die Einheimischen. „Die angeheiterte Bäckerin ist regelmäßig gekommen und hat uns einen 50er spendiert, wenn wir für sie den Flohwalzer gespielt haben.“ Meist mit dabei bei den Proben und Auftritten von Top Secret war auch ein junger Mann mit Schmollmund und Locken: Bernhard Paul, später Roncalli-Zirkusdirektor, war größter Bewunderer und bester Freund von Manfred Deix. „Er hat sich immer ans Schlagzeug gesetzt, wenn der Manfred aufs Klo gegangen ist“, verrät Viktor Mayerhofer. Ein anderer Fan unterstützte die Band beim mühsamen Transport des Equipments, bei dem die Musiker sogar das Klavier mitschleppen mussten: „Dafür durfte er dann ein Lied auf der Bühne singen.“ Ein elektrisierendes Gastspiel bei den damals schon berühmten „Top Secret“ hatte auch Edwin Prochaska, später Musikmanager, Konzertveranstalter, Kolumnist. „Der Edwin ist mit seinem Kontrabass aufgetreten und dann dem Mikrophon zu nahe gekommen – plötzlich ist er wie eine Rakete aufgestiegen von der Bühne im Gasthaus Hieger, im Saal gelandet und dort wild im Kreis gelaufen.“ Ursache des originellen Auftritts: Das Mikrophon hatte Didi Prochaska einen Stromschlag versetzt. Edwin Prochaska, Jahrgang 1950, war ab Mitte der 1960er-Jahre in der Szene. „Die war in St. Pölten überschaubar. Die Revolution hat hier nur in homöopathischen Dosen stattgefunden. Und auch nur gesellschaftlich, nicht politisch.“ Klassische Treffs für die jungen St. Pöltner waren der Fedrizzi in der Wiener Straße (das jetzige Café im Palais Wellenstein) aber auch das ehemalige

Das war die beste Zeit. Es hat alles geklappt, es gab keine politischen Wahnsinnigkeiten, keinen Krieg bei uns, alles ist aufwärtsgegangen. Wir hatten die Gnade der Geburt von Ort und Zeit. EDWIN PROCHASKA, MUSIKMANAGER, JAHRGANG 1950

Gasthaus Stern neben dem jetzigen Landestheater, oder das Hinterzimmer im Café Mikesa (das heutige Schau.Spiel). Abgegrenzt haben sich die Jugendlichen durch ihr Outfit – und durch die Musik. „Das war ein wichtiges Thema“, so Prochaska, „Dauernd ist jemand mit Sachen dahergekommen, die du noch nie gehört hast — von den Stones über Led Zeppelin bis zu Pink Floyd und Jimi Hendrix.“ Einer, der diese Sachen importiert hat, war Albin Wegerbauer, Lehrer, Musikmanager, Musiker. „Ich war dauernd in England. Wir haben uns drüben eingedeckt, nicht nur mit den neuesten Platten, auch mit Gewand.“ Mit Koffern voll topmodischer Kleidung ist Albin Wegerbauer damals im-

mer wieder von Swinging London nach Österreich geflogen. „Der Michl Dajc hatte damals ein Geschäft wo jetzt das Vino ist. Dort haben wir die Sachen verkauft. Dajc hat gut verdient.“ Und weil der gelernte Lehrer Albin Wegerbauer dauernd mit Engländern unterwegs war, hat er in erster Linie Englisch unterrichtet, etwa in der Tourismusschule oder in der HLW. „Da waren ausschließlich Mädels. Ich hab die erste Stunde nur Autogramme geschrieben.“ Immerhin rockte Musiker Albin Wegerbauer damals mit Malformation und Georg Danzer die österreichische Hitparade, mit „I steh auf di“ oder „Wann der Wiener Neger war“. Das war allerdings kurz nach 1968. 1968 spielte Albin Wegerbauer noch mit den Champs, vor allem Stonesund Beatles-Nummern, und vor allem in Krems. „Dort war für mich die Szene. Krems hatte einen ganz anderen Stil. St. Pölten war hinten damals, da gab es wenig. Im Kolpingheim war der Coke-Club, in den Stadtsälen der MFG 09.18

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MFG URBAN

Politisches Denken war angesagt, wir hatten ein Interesse an dem, was uns betroffen hat. ERNEST A. KIENZL, MULTI-KÜNSTLER, JAHRGANG 1951

5-Uhr-Tee, den hat man allerdings bald abgedreht. Und im Parkkino waren Matineen mit den Swing Boys.“ Diese legendäre Gruppe war übrigens auch Vorbild für Top Secret, so Viktor Mayerhofer, „vor allem wegen des wunderbaren technischen Equipments, das sie hatte.“ Künstler polarisierten in St. Pölten Rund um 1968 entstand auch EXP mit Bandleader Ernest A. Kienzl, jetzt Obmann des St. Pöltner Künstlerbundes. „Wir spielten Coverversionen von Pop und Rock und avantgardistische, freie Improvisationen.“ Aufgetreten ist der Künstler im Blumenhemd mit selbst geschneiderter Blumenhose in Pink und mit Schärpe. Veranstaltungsorte waren das Hippolythaus, die Musikschule und der blaue Saal der Stadtsäle. „Den haben wir schon gefüllt. Allerdings haben wir auch einmal Saalausräumen gespielt. Wir waren so laut, dass alle rausgelaufen sind.“ Geprobt

wurde am Riemerplatz, manchmal „so intensiv, dass die Polizei gekommen ist.“ Inspiration holten sich Ernest Kienzl und seine Freunde bei zahlreichen Festivals, etwa bei Pink Floyd am Ossiacher See oder bei Frank Zappa in Wien. Aus dem Engagement von Ernest Kienzl und seinem Freund Hermann Fischl sind später die St. Pöltner Restwochen entstanden. „Das waren Multimediaveranstaltungen mit Musik, Literatur und allem, was sich nicht gewehrt hat, aus dem Anspruch, dass St. Pölten zu wenig zeitgenössische Kunst hatte“, so Ernest Kienzl. Im Theater liefen Operetten und

REVOLUTION? Das Jahr 1968 ging in St. Pölten eher gemächlich vonstatten, wie der Blick in die St. Pöltner Zeitung von damals nahelegt. Drogen und eine sich wandelnde Sexualmoral waren aber auch im Provinzstädtchen Thema. 10

Opern. „Die Stadt war damals unter Kulturamtsdirektor Karl Gutkas gut verwaltet, das Publikum war eingekastelt.“ Auch jetzt ist wieder alles zugeordnet, empfindet Ernest Kienzl: „Jeder hat sein Publikum – da eckst nicht an.“ Damals, 1968, haben Ernest Kienzl und sein Kollegen sehr wohl angeeckt. „In der Schule gab es eine starke politische Stimmung. Politisches Denken war angesagt, wir hatten ein Interesse an dem, was uns betroffen hat und haben ein Schülerparlament gegründet.“ Das hat für Konflikte gesorgt. „Wir wurden in die Musicbox zu Andre Heller eingeladen. Da hat der Kollege öffentlich gesagt, dass der Klassenvorstand mickrig ist. Er hat dann Probleme in der Schule bekommen.“ St. Pölten im August 1968 So blieb also sogar die unscheinbare Stadt St. Pölten unter Bürgermeister Rudolf Singer von der weltweiten Aufbruchsstimmung und der Auflehnung gegen ein rückständiges Gesellschaftsbild nicht unberührt. Immerhin starteten die Niederösterreichischen Nachrichten ins 1968er-Jahr mit einem Zitat von Diözesanbischof Franz Zak. Der St. Pöltner Oberhirte klärt darin die Frage: „Ist die freie Liebe echte Liebe?“ Mit Eingemeindungen hoffte die Stadt, die 50.000 Einwohner-Grenze zu überspringen, und es gab schon 1968 erste Diskussionen über eine Landeshauptstadt – Landeshauptmann Andreas Maurer war nicht abgeneigt, die Stadt St. Pölten hoffte auf tausende Beamtenwohnungen und legte den Grundstein für das WifiGebäude. Mitte des Jahres streifte St. Pölten mit Österreich sogar ans Weltgeschehen, als nämlich in der


DAMALS, VOR 50 JAHREN . . .

Das Solidaritätsgefühl war größer Die Revolution fand also woanders

statt. Trotzdem wehte dank einiger Künstler ein Hauch 68er-Feeling auch durch die muffige Region St. Pölten. Für Edwin Prochaska jedenfalls waren die ausgehenden 1960er-Jahre eine entscheidende Zeit. „Damals bin ich zwischen die Gesellschaften geraten, da hat es mir gefallen. Ich war auf der Revolte-Seite, bin aber anders aufgewachsen. Das ergibt einen erweiterten Blickwinkel. So habe ich beide Seiten gelebt – von Underground-Hütten in London bis zur SeitenblickeGesellschaft.“ Edwin Prochaska ist überzeugt, dass er in eine absolute GlückskinderGeneration hineingeboren wurde: „Das war die beste Zeit. Es hat alles geklappt, es gab keine politischen Wahnsinnigkeiten, keinen Krieg bei uns, alles ist aufwärtsgegangen. Wir hatten die Gnade der Geburt von Ort und Zeit.“ Damals sei die Bereitschaft, auf die Barrikaden zu gehen, weit größer gewesen, „weil auch das Solidaritätsgefühl weit größer war. Jetzt ist die Solidarität nicht mehr da. Deshalb geht auch keiner mehr auf die Barrikaden – jeder ist sich selbst der nächste.“

Krems hatte einen ganz anderen Stil. St. Pölten war hinten damals, da gab es wenig. ALBIN WEGERBAUER, MUSIKER, JAHRGANG 1946

KOLUMNE BEATE STEINER

EINGEKASTELT Ich bin schwarz und du bist weiß – da brauch’ ma keinen Arbeitskreis. Nach diesem Motto funktioniert unsere Welt, auch unsere kleine, da in St. Pölten. Es lebt sich ja viel leichter in einem winzig kleinen Kastl mit eng vorgegebenen Grenzen, da ist alles klar und überschaubar. „Das Frequency macht Müll und Müll ist grauslich, also ist das Frequency grauslich“, ist doch klar. Andrerseits: „Das Frequency ist ein fröhliches Fest, das St. Pölten sympathisch macht. Was soll die Suderei mit dem Müll, ihr Spielverderber?“ Der olivfarbene Kerl, der die Handtasche gefladert hat, ist kein St. Pöltner, ist ein Fremder. „Ein Fremder ist ein Flüchtling – da muss ich mich doch vor olivfarbenen Kerln fürchten und beten, dass kein Flüchtling in mein schwarzes Kastl kommt.“ Andrerseits: „Niemand ist böse – willkommen in meinem weißen Kastl.“ Apropos Kastl: Handys werden aus den Schulen verbannt, dürfen nur mehr in der Pause genutzt werden – damit die Kids nicht face to face miteinander reden müssen. Im Unterricht könnten Smartphones zwar als Laptop-Ersatz oder digitales Buch fungieren oder als Fotoapparat beim Lehrausgang in den Schulgarten. Geht gar nicht. Solche phantasiegeschwängerten Ideen passen doch nicht ins Denk-Kastl der Ober-Lehrer. Die ziehen sich in ihre Meinungshüllen zurück, sind überzeugt davon, dass es nur einen richtigen Weg gibt – den ihren. Dabei ist die reale Welt außerhalb der schwarzen und weißen Kasterl bunt und vielfältig und bereichernd. Und: „Outsidethe-Box“-Denken lässt die eingerosteten Hirnwindungen fröhlich quietschen — das tut nicht weh!

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FOTOS: PORNTAP–FOTOLIA.COM

Nacht von 20. auf den 21. August die Panzer der Sowjets den Prager Frühling beendeten. Künstler Ernest A. Kienzl, damals 17 Jahre alt, erinnert sich noch genau an die Situation, als er von den Ereignissen im Nachbarland erfuhr: „Ich war mit meinen Eltern auf Urlaub in der Steiermark. Sie haben wirklich überlegt, ob wir nicht weiter weg fahren sollten.“ Albin Wegerbauer, Musiker, Lehrer, Musikmanager und fünf Jahre älter als Ernest Kienzl, war in diesen Tagen ziemlich nah am Geschehen. Er besuchte in dieser Zeit Verwandte seiner damaligen Frau in Prag: „Sie hatten eine Wohnung im Zentrum, wir hatten den Fernseher eingeschaltet. Als Bilder von Panzern gezeigt wurden, haben sie das kleine Schwarz-Weiß-Gerät angespuckt.“ Und die Kontrollen an der Grenze waren heftig: „Wachtürme, Uniformierte. Kofferraum auf, Motorhaube auf. Einmal sind wir fünf Stunden beim Zoll gestanden, weil ich Bilder der Verwandten mitgenommen hatte.“

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MFG URBAN

Erinnerungen, Erzählungen und Erkenntnisse von Menschen, die damals dabei waren.

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er die vor mehr als einem Vierteljahrhundert erschienene und von dem weit über die Landesgrenzen bekannten und geschätzten Historiker Karl Gutkas, mehr als vier Jahrzehnte lang Leiter des Kulturamtes der Stadt St. Pölten, edierte „Landeschronik Niederösterreich“ zur Hand nimmt, der findet im Kalender zum Jahr 1968 genau 31 Eintragungen. Bei den vier Ereignissen, welche den Monat Mai betreffen, geht es um die Eröffnung des Kongresshauses Baden, den Beschluss des Raumordnungsgesetzes, die Eröffnung der Landeskunstausstellung „Romantik und Realismus“ in Laxenburg und um den Prozessbeginn gegen den ehemaligen ÖVP-Politiker Viktor Müllner. Im Jahr 1968 gab es nur drei internationale Ereignisse, die einen Blick über die Landesgrenzen und eine Eintragung in die Landeschronik wert waren: die Unterzeichnung eines GasImportvertrages mit der Sowjet­union, Liese Prokops olympische FünfkampfSilbermedaille in Mexiko und der Einmarsch von Warschauer-Pakt-Truppen in die Tschechoslowakei. „Die Augen geöffnet“ 1968 war das Jahr der weltweiten Studentenproteste, Österreich spielte dabei nur eine kleine Nebenrolle. Im Vergleich zu den Ereignissen in den USA, in Frankreich, Deutschland und Italien seien die Proteste in Österreich „relativ harmlos“ gewesen, auf lange Sicht hätten sie aber „unglaublichen Einfluss auf das Leben“ gehabt, bilanziert Karl Vocelka, ehemaliger Vorstand des Instituts für Geschichte an der Universität Wien, 50 Jahre danach. Die Studentenproteste hätten „die Augen geöffnet“ und zu einem 12

„Perspektivenwechsel“ in gesellschaftspolitischen Belangen geführt. „Als ich 1965 mit dem Germanistik­ studium begonnen habe, hatten die meisten Professoren noch eine braune Vergangenheit. Aber wir sind ganz naiv und brav in den Hörsälen gesessen und haben ihnen zugehört. Zehn Jahre später hätten wir mit Tomaten und faulen Eiern geworfen.“ Der Autor Wilhelm Pevny, der in den 1970er-Jahren gemeinsam mit Peter Turrini u. a. die „Alpensaga“ für den ORF schrieb, war im Mai 1968 Sprachlehrer an der Berlitz-School im Quartier Latin in Paris, vis-a-vis der Sorbonne, die am 3. Mai 1968 besetzt worden war. „Wenn ich also in der Pause auf den Balkon getreten bin und eine Zigarette geraucht habe, habe ich sowohl auf die Sorbonne als auch auf die Kreuzung Boulevard Saint Michel/ Boulevard Saint Germain gesehen“, erzählt der heute in Retz lebende Schriftsteller. Im Mai 1968 sei der damals 23-Jährige von einem linksliberalen-humanistischen Zuschauer des Geschehens „fern jeder Gruppierung oder jedweden -ismusses“ zu einem engagierten Linken geworden. Kunst und Revolution Jubiläen und Gedenktage seien große „Aide-Memoires“, also Gedächtnishilfen und -stützen, an denen man den Soll-Zustand einer Gesellschaft mit dem Ist-Zustand vergleichen kann, so der Medienkünstler und -theoretiker Peter Weibel, Jahrgang 1944.

Er war einer der Organisatoren der Aktion „Kunst und Revolution“ am 7. Juni 1968 im Hörsaal I des Neuen Institutsgebäudes in Wien, die als „Uni-Ferkelei“ (eine Wortkreation des damaligen „Express“-Journalisten Michael Jeannée) auch heute noch bekannt ist. „Was waren die Versprechen und Ziele vor 50 Jahren und inwieweit hat man die erreicht? Was wir oft übersehen ist, dass 1968 nur ein

Die beiden [20er und 60er Jahre] waren politisch sowie künstlerisch die revolutionärsten Dekaden in Europa. PETER WEIBL


TEXT: REINHARD LINKE, FLORIAN MÜLLER | FOTOS: MUSEUM NIEDERÖSTERREICH/ZVG

Signaturjahr für ein ganzes Jahrzehnt, also die 60er-Jahre, war. Die 1960er kann man mit den 1920er-Jahren vergleichen. Die beiden waren politisch sowie künstlerisch die revolutionärsten Dekaden in Europa. Der entscheidende Punkt dabei ist, dass die 20er mit dem Aufstieg des Faschismus in einer Katastrophe geendet haben. Das Tolle ist, dass das in den 60erJahren nicht passiert ist“, so Weibel im Interview mit Sonja Harter. „Wie kaum ein anderes Nachkriegsjahrzehnt werden die 60er-Jahre gemeinhin als Einschnitt in die Politik, Gesellschaft, Wirtschaft, Technik und Kultur empfunden“, so der Kulturhis­

toriker und Publizist Hannes Etzlstorfer, Kurator der Ausstellung „Die 60er. Beatles, Pille und Revolte“, die 2010 auf der Schallaburg gezeigt wurde. Vieles – wie etwa die Studentenrevolte von 1968 oder die sogenannte 68er-Generation – sei als kontroversiell instrumentierter Mythos längst abgefeiert, alle Phänomene seien auf dieses Protestmoment ausgerichtet worden. „Zweifellos bescherten die 60er-Jahre der westlichen Welt ungeahnten Wohlstand. Dem Motto von Modernisierung, Automatisierung und Beschleunigung schien alles zu gehorchen. Vielleicht sahen viele Beobachter im Aufbegehren der Jungen

gerade deshalb eine solche Provokation, weil sie damit ausgerechnet in einer Periode des noch nie dagewesenen Wohlstandes die Legitimität der Gesellschaftsordnung so massiv und

DIE AUTOREN Dr. Reinhard Linke, Redakteur beim ORF Niederösterreich in St. Pölten, Autor mit den Schwerpunkten Geschichte und Kultur. Mag. Florian Müller, Pressesprecher des Museum Niederösterreich in St. Pölten, Journalist und Universitätslektor.

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MFG URBAN lautstark in Frage stellten“, so Etzlstorfer. Wie erlebte Wilhelm Pevny die Verhältnisse, die zu so einem Widerstand und einem Willen zur Veränderung bei jungen Menschen geführt haben? War der Staat damals wirklich so autoritär? „In Frankreich sicher noch mehr als in Österreich. Es waren ganz verkrustete, alte Strukturen, in Österreich und Deutschland kam noch der Umgang mit dem Nationalsozialismus dazu, wo die gleichen Leute wieder nach oben gespült wurden, sowohl in der Schule als auch im universitären Bereich oder im ORF, wo ich lange gearbeitet habe. Wir haben als junge Menschen das Gefühl gehabt, wir kommen nicht vorbei an denen. Die versuchen, uns zu unterdrücken und klein zu halten. Es war klar, dass das irgendwann einmal in die Luft fliegen muss“, so die Analyse Pevnys. Dass Wien nicht so im internationalen Mittelpunkt stand wie andere europäische Städte, führt der Historiker Vocelka auf die speziellen österreichischen Rahmenbedingungen zurück. In anderen Ländern seien die Studenten mit ihrer Protestbereitschaft nicht allein gewesen. In den USA gab es die schwarze Bürgerrechtsbewegung, in Frankreich und Italien verbanden sich die Studentenproteste mit Arbeitskämpfen. Diese Überschneidungen hätten in Österreich gefehlt – der Klassenkonflikt sei etwa durch die Sozialpartnerschaft „zugedeckt“ worden. Die relativ geringe Proteststimmung habe auch etwas mit tieferen historischen Strukturen zu tun: „Seit ewigen Zeiten, und seit dem Vormärz noch stärker, ist der Österreicher zum Untertanen erzogen worden, der nicht aufmüpfig sein darf. Dafür war es eh sehr aufmüpfig, was ’68 passiert ist“, meint Vocelka. Zeitzeugen-Forum „Ich habe ganz unrevolutionär in Deutschland einer Bimssteinfabrik gearbeitet und davon geträumt, von meinen schriftstellerischen Werken zu

ERZÄHLTE GESCHICHTE. Im Rahmen des Zeitzeugen-Forums im Haus der Geschichte plauderten Peter Turrini, Benedikt Vogl, Reinhard Linke, Rotraud A. Perner und Hannes Etzelstorfer (v.l.n.r.) über 1968. leben. Die Verlage haben aber gesagt, ich soll in der Bimssteinfabrik bleiben“, so Schriftsteller Peter Turrini im Zuge des Zeitzeugen-Forums im Museum Niederösterreich über „seinen“ Mai 1968 und seine Erfahrungen mit der Literaturbranche. Erst drei Jahre später sollte sein 1967 entstandenes erstes Theaterstück „Rozznjogd“ am Wiener Volkstheater uraufgeführt werden und ihn berühmt machen. Seinen ersten Gruppensex, mit vier Männern und vier Frauen in einem Berliner Bett, beschrieb der Schriftsteller als „misslungen – und schön“. Turrini ist überzeugt, dass es damals die Mauer des Schweigens von Eltern und Lehrern zu durchbrechen galt: „Jede Frage war eine Irritation, weil es um den Wiederaufbau ging.“ Schon damals war ihm aber auch klar, dass Otto Mühl nicht den richtigen Weg ging, er verließ daher dessen Kommune nach sechs Monaten: „Ich wollte meine Qualen an der Kunst und nicht an den Menschen abarbeiten.“ Auf Mitstreiter habe er nie gewartet: „Ich habe mich nie gefragt, warum die anderen nicht aufgebracht sind, sondern: Bin ich aufgebracht genug?“ Ohne die Revolution in Frage zu stellen, erinnerte Turrini daran, dass der revolutionäre Tatendrang leider vor dem Leben anderer Menschen nicht Halt machte und führte den deutschen Terrorismus an, der viele Tote zur Folge hatte. „Als niederösterreichische Landpomeranze in Wien hatte ich gerade mein Studium abgeschlossen und begonnen, als Volkswirtin in der Nationalbank zu arbeiten“, schilderte Rotraud A. Perner ihren Einstieg in die „Wiener Szene“, in der sich die Revolution abspielte. Sie kam in die Kreise, die das Café Savoy in Wien frequentierten, in dem Otto Mühl Hof hielt. Vieles, was damals passierte, kann sie

Es war klar, dass das irgendwann einmal in die Luft fliegen muss. WILHELM PEVNY

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heute analytisch verstehen, wenn auch nicht gutheißen. Zur sogenannten „Uni-Ferkelei“ meint sie: „Ich hätte nicht mitgemacht und hatte auch kein Verständnis dafür.“ Um zu schockieren und Aufsehen zu erregen, gäbe es andere Wege. Damals ging es aber vor allem darum, zu zertrümmern, was unwidersprochen akzeptiert wurde. Allgemein wäre die Bedeutung von vielen Themen und Ereignissen erst später klar geworden: „Was damals gefehlt hat, waren Erklärungen.“ Das Verdienst der 1968er-Bewegung sieht sie heute darin, dass sie die Strukturen der Macht aufzeigte, nämlich „Machtstrukturen in der Beziehung und in der Gesellschaft. Darüber zu reden war bis dahin ein Tabu. Wir wären also heute nicht so weit, hätte es 1968 nicht gegeben.“ Hannes Etzlstorfer war im Mai 1968 neun Jahre alt. Auf das Jahr 1968 angesprochen, erinnert er sich an im August 1968 durch Freistadt im Mühlviertel rollende Panzer und an das große Blumenbukett, das den eigentlich unübersehbaren Babybauch seiner älteren Schwester bei der Hochzeit kaschieren sollte. „Das UniHappening ‚Kunst und Revolution‘ im Juni im Audimax ist natürlich ein


WAS BLIEB VOM MAI 1968?

Die Reife einer Gesellschaft erkennt man am Umgang mit dem Widerspruch. ROTRAUD A. PERNER

Skandal als punktuelles Ereignis. Im Bogen, der Kokoschka und Schiele als Ausgangspunkt hat, ist es aber eine logische Weiterentwicklung“, bot Etzls­ torfer die entsprechenden Kontextualisierungen. Es musste damals alles ausgereizt werden, was die bürgerliche Moral brüskierte: Eine Picasso-Ausstellung in Wien hatte 1968 zur Folge, dass eine „Liga gegen entartete Kunst“ gegründet wurde, Picasso war für viele ein Feindbild. VALIE EXPORT erregte mit ihrem „Tapp- und Tastkino“ Aufsehen, und Etzlstorfer erzählte von einer Aktion eines Mannes, der an 32 Verlage Fragmente von Musils „Der Mann ohne Eigenschaften“ schickte und nur von einem eine positive Antwort bekam – und das war ein ErotikVerlag. „Was jemand 1968 gemacht hat, ist bis heute ein Reibebaum“, ist er sich sicher. Der Titel einer damaligen Radiosendung für Kinder ist symptomatisch für dieses Jahrzehnt: „Seid mucksmäuschenstill“.

Peter Turrini ergänzt: „Das Theater war zur Abonnentenhure verkommen, die Menschen konnten darinnen beruhigt einschlafen. Es ist kein Wunder, dass Peter Handke mit seiner ‚Publikumsbeschimpfung‘ die Leute aufrüttelte. Was heute eine ästhetische Gaudi ist, war damals eine Revolution: ‚Es gibt kein Theater mehr, Sie das Publikum, Anm. sind das Theater.‘“ Rotraud A. Perner: „Die Reife einer Gesellschaft erkennt man am Umgang mit dem Widerspruch.“ Was bleibt? Was blieb und bleibt von 1968? Die 68er seien in Österreich im Rückblick „erfolgreich gescheitert“, meint Karl Vocelka, zwar hätten sie eine gesellschaftspolitische Öffnung bewirkt­ die Grünen-Bewegung wäre ohne die 68er ebenso wenig vorstellbar gewesen wie die Demokratisierung der Universitäten in den 1970ern, oder die späte Aufarbeitung der Rolle Österreichs im Nationalsozialismus. Das

politische System, gegen das man angekämpft habe, sei aber dasselbe geblieben. „Nach 1968 hat man in Österreich weitergewurstelt wie vorher“, so der Historiker. Was würde an der heutigen Gesellschaft ohne 1968 ganz anders aussehen? „Die Beziehung zwischen Mann und Frau fällt mir als Erstes ein. Und dass es überhaupt ein soziales Bewusstsein gibt. Dass man sagt, der Gap zwischen Arm und Reich ist so groß, das war ja vorher kein Thema. Dass die Gerechtigkeit immer wieder noch eine Rolle spielt. Ich glaube, in ganz vielen Bereichen hat ’68 seine Spuren hinterlassen“, ist hingegen Autor Wilhelm Pevny überzeugt.

E R Z Ä H LT E G E S C H I C H T E Die nächste Veranstaltung der Gesprächsreihe „Erzählte Geschichte“ im Haus der Geschichte in St. Pölten ist am 16. Oktober. Zum Thema „100 Jahre Frauenwahlrecht in Österreich“ diskutieren die Publizistin Elfriede Hammerl, die Autorin und Schauspielerin Chris Lohner und der Wissenschaftliche Leiter des Hauses der Geschichte, Christian Rapp.

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Salzburg hat schon lange Jahre einen, Linz auch und sogar Amstetten und Wiener Neustadt kommen ohne ihn nicht mehr aus, sowie ca. 60 andere Städte in Österreich. Nur St. Pölten hat als einzige Landeshauptstadt noch keinen. Wen jetzt? Einen Jedermann, einen Nachtwächter oder einen Gestaltungsbeirat? Einen Gestaltungsbeirat und seit neuestem auch endlich einen Diskurs rund um die Architektur. in der Innenstadt, etwa zuletzt dem Ensemble rund um das alte Presshaus in der Linzerstraße, heftiger geführt, was denn nun bauhistorisch erhaltensund schützenswert sei. Damit kam in die Architekturdiskussion auch noch der Begriff der Schutzzonen dazu.

ABRISS. Die Abbrucharbeiten der Maderna-Villa, quasi „über Nacht“, sorgten vor eingen Jahren für Unmut bei Architekturinteressierten.

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nd das mutet seltsam an, denn in kaum einer anderen Stadt in Österreich wurde in den letzten Jahrzehnten so viel gebaut wie in St. Pölten. Bauen boomt in der Landeshauptstadt und der Wildwuchs architektonischen Gestaltungswillens ebenso. Das führte in einer Gruppe von Kulturleuten, Architekten und Künstlern rund um Architekturdoyen Norbert Steiner zu einem Meinungsaustausch. „Es ist diskutiert worden, wie und was in St. Pölten alles gebaut wurde. Dabei hat man festgestellt, dass St. Pölten die einzige Hauptstadt in Österreich ist, die keinen Gestaltungsbeirat, kein beratendes Gremium hat“, erzählt Steiner, der im Frühling diesen Jahres zusammen mit der Bundeskammer der Ziviltechniker und erfahrenen Architekten und Stadtplanern für die Stadt als Anregung und 16

zur Hilfestellung eine Veranstaltung zum Thema Gestaltungsbeirat organisierte. Das war die Initialzündung zur Einführung eines derartigen Gremiums auch für St. Pölten. Aufgrund einiger umstrittener Abbrucharbeiten in den letzten Jahren ist auch die berühmte Volksseele aufgewacht. Es war zwar kein Aufkochen, aber ein Erwärmen. Hat man in der Öffentlichkeit den „Über-Nacht“-Abbruch der Maderna-Villa 2011 noch mit leichtem Wehklagen akzeptiert, wurde die Diskussion nach Abrissen

Gestaltungsbeirat & Schutzzonen Von der Politik wurde mit einer Bausperre ab 9. Mai 2018 vorerst für zwei Jahre die Notbremse gezogen. „Es geht nicht darum, sich der Modernisierung zu verschließen, sondern darum, mit der Erhaltung alter schützenswerter Bausubstanz und gleichzeitig mit der Schaffung von Neuem und Modernem in entsprechender Qualität Akzente zu setzen. Projekte, die bereits eingereicht und bewilligt sind, sind von der neuen Regelung allerdings nicht betroffen. Hier sind wir auf das Einvernehmen mit den Bauherrn angewiesen“, so der SPÖBürgermeister Matthias Stadler, der einem Gestaltungsbeirat positiv gegenübersteht. Um ein Zuwiderlaufen der geplanten Schutzmaßnahmen für die historisch wertvolle Bausubstanz zu verhindern, stellt eine Bausperre gemäß § 35 NÖ Raumordnungsgesetz 2014 einen notwendigen Planungsrahmen dar, heißt es von Seiten der Stadt.

Der Gestaltungsbeirat ist als externer Begutachter des Orts- und Landschaftsbildes definiert und ein solches Ortsbild ist ja im Bauverfahren sehr wohl rechtlich zwingend. STADTPLANER JENS DE BUCK


TEXT: ANDREAS REICHEBNER | FOTOS: MATTHIAS KALTENBERGER

Nun ist die Politik gefragt Zurzeit arbeiten Stadtplaner Jens de Buck und sein Team an einem Konzept: „Wir bereiten die Grundlagen zu zwei eng in Zusammenhang stehenden Themen vor, Gestaltungsbeirat und Schutzzonenkonzept. Die letzten Wochen waren wir intensiv mit den anderen Städten in Österreich in Kontakt, von den dortigen Kollegen haben wir erfahren, welche Erfahrungen mit einem Gestaltungsbeirat und auch Schutzzonenausweisungen gemacht wurden. Wir vergleichen die unterschiedlichen Ansätze, um im nächsten Schritt dem Gemeinderat als Entscheidungsgremium einen entsprechenden Vorschlag zu unterbreiten.“ Durchschnittlich besteht das beratende Baugremium aus drei bis fünf Mitgliedern, die sich drei- bis viermal im Jahr treffen. „Die sollen nicht befangen sein, sie sollen nicht da wohnen und nicht da bauen, also wirklich externe Fachleute sein“, formuliert es Norbert Steiner. Ähnlich sieht es Vizebürgermeister Matthias Adl von der ÖVP: „Der Gestaltungsbeirat sollte ein guter Mix aus unabhängigen Fachleuten, die nicht unbedingt im St. Pöltner Leben involviert sind, sich mit dem Bauen für die Zukunft auskennen, aber doch auch über St. Pöltner Charakteristika Bescheid wissen, sein.“ Als das Besondere an St. Pölten sieht Adl „den bürgerlichen, urbanen Kern, der über Jahrhunderte gewach-

NEUBAUTEN. Beim frei finanzierten Wohnbau scheiden sich bisweilen die Geister – viele halten hier einen Gestaltungsbeirat für ein probates Planungsmittel. sen ist, wo aber nach dem Krieg schnell Wohnraum zur Verfügung gestellt werden musste und einige Bauten entstanden sind, über die man diskutieren muss, ob sie erhaltenswert sind.“ Ebenso denkt auch die FPÖ und deren Parteiobmann Klaus Otzelberger: „Wir erachten Schutzzonen im Bebauungsplan als sinnvoll, da so Häuser in schutzwürdigen Zonen vor dem Abriss bewahrt werden können. Ein Gestaltungsbeirat aus Fachexperten, der breit aufgestellt ist, ist dringend notwendig, um so zu definieren, was schutzwürdig ist.“ Für eine Schutzzonenausweisung, die später in die Bebauungspläne

KREUZUNGSPUNKTE. Am Siegfried-Ludwig-Platz entwickelte sich in den letzten Jahren ein modernes, harmonisches Ensemble.

übertragen werden, läuft aktuell die Grundlagenerhebung. Dafür hat man als Experten DI Herbert Liske aus Baden engageirt. „Erste Begehungen haben schon stattgefunden, DI Liske hat sehr viel Erfahrung, hat auch schon andere Städte in einem derartigen Prozess begleitet. Seitens des Landes gibt es Broschüren und Arbeitsmaterialien mit Ergebnissen dieser Prozesse in anderen Städten – daran orientieren wir uns“, so de Buck. Was ist eigentlich erhaltenswert? Ziel des Denkmalschutzes ist es, dafür zu sorgen, dass Denkmale dauerhaft erhalten und nicht verfälscht, beschädigt, beeinträchtigt oder zerstört werden, und dass Kulturgüter dauerhaft gesichert werden – das gilt für den Schutz von Kulturdenkmalen und kulturhistorisch relevanten Gesamtanlagen (Ensembleschutz). „Mit Gebäuden, die vor 1920 errichtet wurden, tut man sich leicht“, sagte Barbara Neubauer, die ehemalige Präsidentin des Bundesdenkmalamts in einem ORF-Interview. Solche Bauten werden eher problemlos als historische Bausubstanz anerkannt. Aber darüber hinaus gibt es gerade in der Nachkriegsarchitektur einiges, das erhaltenswürdig ist, quasi Zeitzeugen, die sowohl von der Bauweise als auch der gelungenen Umsetzung mit den damals zur Verfügung gestandenen Mitteln, einzigartig sind. MFG 09.18

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ENDLICH DISKURS UM ARCHITEKTUR

Ein Gestaltungsbeirat würde daher bestens mit definierten Schutzzonen harmonieren. „Der Beirat soll zur Entlastung der politischen Entscheidungsträger bei der bauqualitativen Verantwortung der Außenwirkung von Projekten führen“, wie Stadtplaner de Buck anmerkt. Norbert Steiner, selbst vier Jahre im Gestaltungsbeirat in Salzburg, bringt es salopp auf den Punkt: „Die Stadtplanung kann Bebauungspläne machen, sagen, wie hoch und wie dicht man da baut, welche Kanten man einhalten soll und so weiter, aber das garantiert noch keine gute Architektur. Das verhindert nicht orange Hütten in einer ruhigen und weißgrauen Umgebung, oder es stehen die Häuser viel zu eng, im schlimmsten Fall entsteht etwas X-Beliebiges, Schwaches, Mittelmäßiges, das nicht in die barocke Umgebung gehört. Das kann nur der Gestaltungsbeirat mit entsprechenden Empfehlungen verhindern oder verändern. Ein Gestaltungsbeirat ist aber nicht das große oberste Gericht, eher ein Beratungskollegium für die Architekten.“ Die rechtliche Einbindung des Gestaltungsbeirates wird über den Paragraph 56 der Bauordnung, dem Ortsbildparagraphen erfolgen. „Der Gestaltungsbeirat ist als externes unabhängiges Gremium Begutachter des Orts- und Landschaftsbildes für ein Projekt. Eine derartige Begutachtung der positiven Eingliederung eines Projektes in das Ortsbild ist ja im Bauverfahren sehr wohl rechtlich zwingend“, so de Buck, der aber auch begrüßt, „dass es in der Innenstadt, bei über viele Jahre hindurch leerstehenden Objekten zu einer Nachnutzung des Bestandes der Grundstücke in zentralster Lage kommt. Da sind wir bestrebt, Wohnen wieder verstärkt in die Innenstadt zurückzuführen.“ Bei wohnbaugeförderten Objekten

ERSTER EINDRUCK. Bei Betriebsbaugebieten wie hier an der Stattersdorferstraße, nicht selten korrespondierend mit Stadteinfahrten, gibt es viele bedenkliche Ansichten. ist es schon jahrelang Usus, getragen vom Land Niederösterreich, dass architektonische Planungen durch einen Wettbewerb hindurch müssen. Beim frei finanzierten Wohnbau, wo es keinen Wettbewerb gibt, wäre der Gestaltungsbeirat ein gutes Planungsmittel, um die Qualität der Bauten zu sichern und im besten Fall zu heben. „Eher kein Thema für den Gestaltungsbeirat werden wohl klassische Kleinprojekte wie Einfamilienhäuser in einfachen Siedlungsgebieten sein, anders bei möglichen Schutzzonen, da werden auch kleinere Bauprojekte einem solchen Gremium zugeführt werden müssen – sollte es eingerichtet werden“, reüssiert Jens de Buck noch zurückhaltend. Denn er weiß aus eigener Erfahrung, dass eine in der breiten Bevölkerungsschicht geführte, öffentliche Diskussion über Baukultur bis jetzt in St. Pölten nicht besonders ausgeprägt war. Zeit also, dass nun ein solch qualitätsförderndes Gremium eingefordert wurde – auch unter dem Gesichtspunkt einer Bewerbung der Stadt als europäische Kulturhauptstadt für das Jahr 2024.

Wir da in St. Pölten mit dem ehrwürdigen Prandtauer, da ist man der Innenstadt schon schuldig, dass man nicht irgendetwas baut. NORBERT STEINER

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Allein dem Prandtauer zuliebe „Wir in St. Pölten mit dem ehrwürdigen Prandtauer, da ist man der barocken Innenstadt schon schuldig, dass man nicht irgendetwas baut“, hat erst kürzlich Norbert Steiner bei seiner Rede anlässlich der Prandtauer-Preisverleihung an seine Person leger, aber äußerst treffend formuliert. Denn bei Betriebsbaugebieten, nicht selten korrespondierend mit Stadteinfahrten, gibt es viele haarsträubende Ansichten, so etwa das „Containerdorf“ an der Stattersdorferstraße. „Wir haben mit solchen Entwicklungen, insbesondere dieser Situation, keine allzu große Freude, aber im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten, die wir haben, können wir sie auch nicht verhindern. Im gewerblichen Bauland ist die Thematik des Orts- und Landschaftsbildes gegenüber den Wohnsiedlungsgebieten etwas untergeordnet“, gibt sich Jens de Buck sichtlich enttäuscht, „leider muss das Ergebnis nicht immer mit unseren Wert-, Qualitätsvorstellungen und Gestaltungsmaßstäben übereinstimmen.“ Bezüglich des Landschaftsbildes gibt es in diesem Fall ein Gutachten von externen Fachkräften, das die Akzeptanz bestätigt hat. Da kann man nur hoffen, dass die Mitglieder des Gestaltungbeirates, der vielleicht schon Ende des Jahres seine Arbeit aufnehmen wird, ein feineres Händchen haben werden.


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MFG URBAN ARBEITSZEITGESETZ NEU

BLEIBT ALLES ANDERS? Es war eines der beherrschenden Themen der politischen Debatte der letzten Monate – die Änderungen des Arbeitszeitgesetzes. Seit 1. September ist es in Kraft. Anbei noch einmal die Kernpunkte sowie ein kurzer Rundruf bei St. Pöltner Unternehmen.

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ls „Normalarbeitszeit“ gilt wie bislang der 8-Stunden-Tag bzw. die 40-Stunden-Woche (bzw. bei manchen Branchen 38,5 Stunden). Wird darüber hinaus gearbeitet, fallen Überstunden an, die am Monatsende entweder ausgezahlt oder als Zeitausgleich gutgeschrieben werden. Neu ist, dass die Höchstgrenze der zulässigen Arbeitszeit nach oben geschraubt wurde. Galten bisher maximal zehn Stunden pro Tag und eine maximale Wochenarbeitszeit von 50 Stunden, so sieht das neue Gesetz eine Maximalvariante von zwölf Stunden/Tag bzw. eine 60-StundenWoche vor. Dies ist allerdings, wie bisher, an zwei EU-Vorgaben gekoppelt: Pro Woche sind maximal 20 Überstunden zulässig. Und in einem Zeitraum von 17 Wochen darf die durchschnittliche Arbeitszeit 48 Wochenstunden nicht überschreiten. Nach Kritik festgeschrieben wurde im Gesetz ein Passus über die „Freiwilligkeit“. „Es steht den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern frei, Überstunden nach § 7 und § 8 Abs. 1 und 2 ohne Angabe von Gründen abzulehnen, wenn durch diese Überstunden die Tagesarbeitszeit von zehn Stunden oder die Wochenarbeitszeit von 50 Stunden überschritten wird. Sie dürfen deswegen nicht benachteiligt werden, insbesondere hinsichtlich des Entgelts, der Aufstiegsmöglichkeiten und der Versetzung. Werden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer deswegen gekündigt, können sie die Kündigung innerhalb einer Frist von zwei Wochen bei Gericht anfechten.“ Ein Zwölf-Stunden-Tag war im Übrigen auch schon bisher möglich, wenn das zur Verhinderung eines 20

Für Österreichs Arbeitnehmer beginnt eine neue Zeitrechnung – oder doch nicht? „unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Nachteils“ vorübergehend nötig war. Dazu bedurfte es allerdings der Zustimmung des Betriebsrats oder einer schriftlichen Vereinbarung sowie eines arbeitsmedizinischen Gutachtens. Im neuen Gesetz muss dieser drohende wirtschaftliche Nachteil nicht mehr nachgewiesen werden, sondern nur, ein „erhöhter Arbeitsbedarf“, für den es aber keiner Betriebsvereinbarung mehr bedarf. Bei „vorübergehend auftretendem besonderen Arbeitsbedarf“ sind zu-

dem Ausnahmen von der Sonn- und Feiertagsruhe an vier Tagen im Jahr möglich. Hierfür bleibt die Zustimmung des Betriebsrates bzw. eine Vereinbarung aufrecht. Ermöglicht wird auch die Arbeit an bis zu drei Sonntagen hintereinander. Im Bereich der Gleitzeit können mit dem neuen Gesetz leichter Gutstunden aufgebaut werden, weil jetzt an fünf Tagen bis maximal zwölf Stunden gearbeitet werden darf, wobei der sechste Tag aber frei sein muss. Bei angeordneten Überstunden


TEXT: JOHANNES REICHL | FOTO: HAYATI KAYHAN-FOTOLIA.COM

wird laut Gesetz auch bei Gleitzeit ein Zuschlag fällig, wobei die Praxis hier im Hinblick auf „Anordnung“ schon bislang sehr „frei“ interpretiert wurde. Explizite Neuerungen gibt es für den Tourismusbereich, wo die tägliche Ruhezeit für Arbeitnehmer von elf auf acht Stunden verkürzt werden kann, wenn diese in „geteilten Diensten“ arbeiten. Wie bisher sind Familienangehörige sowie leitende Angestellte von den Arbeitszeitbeschränkungen ausgenommen. Neu hinzu kommen Mitarbeiter, denen „maßgebliche selbstständige Entscheidungsbefugnisse“ übertragen werden. How STP? Dass das Thema ein hochgradigemotional aufgeladenes ist und mit einer gewissen Verunsicherung auf allen Seiten einhergeht, zeigt sich auch am Beispiel eines MFG-Rundmails an die größten St. Pöltner Betriebe. So blieb fast die Hälfte der befragten Unternehmen auch nach Urgieren eine Antwort auf die einfachen Fragen: „Hat das neue Arbeitszeitgesetz Auswirkungen auf Ihren Betrieb? Wird sich für Ihre Arbeitnehmer damit etwas ändern?“ schuldig. Einige meldeten sich zwar – was zumindest von Professionalität zeugt – zurück, gaben aber zur Auskunft, dass sie zu dem Thema lieber keine Auskunft geben möchten. Der Rest stand Rede Antwort, wobei sich bei diesen Betrieben herauslesen lässt, dass es zumindest auf absehbare Zeit zu gar keinen oder zumindest keinen „umwälzenden“ Veränderungen kommen dürfte. Gar keine Änderungen plant etwa die Stadt St. Pölten. Wie Rathaussprecher Martin Koutny ausführt „haben die neuen Arbeitszeitregelungen auf den Magistrat keine Auswirkungen.“ Auch für die Gebietskrankenkasse ändert sich laut Direktor Günther Steindl „durch das neue Arbeitszeitgesetz nichts, da wir ein gewerkschaftlich organisierter Betrieb sind und nicht vorhaben, unsere Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeit zu ändern.“

In dieselbe Kerbe schlägt FH-Geschäftsführer Gernot Kohl, weil „die Fachhochschule St. Pölten bietet ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bereits seit vielen Jahren ein sehr flexibles Gleitzeitmodell, das sowohl die Anforderungen der FH, als auch die teils sehr unterschiedlichen Bedürfnisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Lehre, Forschung und der Verwaltung bestmöglich abdeckt. Derzeit sind keine Änderungen unseres Arbeitszeitmodells geplant.“ Ähnlich stellt sich die Lage bei SUNPOR dar. So meint Geschäftsführer Roman Eberstaller: „Bei Sunpor wird es durch das neue Gesetz keine Veränderung der derzeitigen Arbeitszeiten geben. Die Notwendigkeit von etwaigen Überstunden wird, so wie auch bisher, immer gemeinsam mit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und Arbeitgeber abgestimmt.“ Auf den Aspekt der Gemeinsamkeit geht auch Thomas Salzer, Geschäftsführer der Salzer Papier GmbH ein und ortet defnitiv eine Erleichterung für die Industrie mit dem neuen Gesetz. „Im Bürobereich haben wir schon seit langem eine Gleitzeitvereinbarung, auch bisher konnten Mitarbeiter ganze Tage als Abbau der Gleitzeitstunden nehmen. In Zukunft können Mitarbeiter bei Bedarf oder nach ihrem Wunsch auch mehr als zehn Stunden pro Tag arbeiten, um etwas fertig zu bekommen, ohne gleich das Gesetz zu brechen. In der Produktion werde, ähnlich wie bei SUNPOR, viel weiterlaufen wie bisher. „In den Bereichen mit Schichtarbeit kommt es kaum zu Sonder-Überstunden, diese werden in Zukunft wie schon bisher nur in Sonderfällen und im Einvernehmen mit dem Mitarbeiter durchgeführt.“ Eine Verbesserung für seinen Betrieb ortet Geschäftsführer Helmut Schwarzl von GEBERIT. „Die Lieferfähigkeit ist mittlerweile in der Baubranche ein entscheidender Wettbewerbsfaktor. Gleichzeitig hat sich die Volatilität der Auftragseingänge in den letzten Jahren massiv erhöht. Wir sehen uns immer wieder mit kurzfristigen Auftragsspitzen konfrontiert,

auf die wir sehr flexibel reagieren müssen. Das neue Arbeitszeitgesetz bietet uns endlich den Rahmen, um mit dieser Entwicklung schrittzuhalten und die Kundenanforderungen bestmöglich zu erfüllen.“ Auch er betont, dass das Gesetz für die Arbeitnehmer keine Nachteile zum Status Quo bringen soll. „Für unsere Arbeitnehmer ändert sich de facto nichts, weil die Mehrarbeit auch in Zukunft, wie schon in der Vergangenheit, auf der Grundlage von Betriebsvereinbarungen oder auf freiwilliger Basis erfolgen wird. Unsere Mitarbeiter sind in der Regel sehr flexibel und in Einzelfällen auch bereit zwölf Stunden zu arbeiten, selbstverständlich ausschließlich freiwillig. Für uns ist die gesetzliche Möglichkeit eines kurzfristigen zwölf-Stunden-Tages wichtig, bleibt aber sicherlich die Ausnahme.“ Bei Siemens Niederösterreich ergibt sich, wie Direktor Franz Proksch ausführt, „auch nach Durchsprache mit den Mitarbeitern keine Änderung in der Arbeitsabwicklung, auch die Mitarbeiter begrüßen den wegfallenden administrativen Aufwand.“ Flexibel seien die Mitarbeiter schon bisher gewesen. „Arbeiten, die auch bisher am gleichen Tag zu erledigen waren – typisch sind Wartungs- oder Instandhaltungsarbeiten – um Fertigungslinien unserer Kunden rasch wieder zum Laufen zu bringen, wurden auch bisher erledigt, auch wenn es die bisherige 10-Stunden-Regel überschritten hat. Diese ArbeitszeitÜberschreitungen wurden jeweils an das Arbeitsinspektorat gemeldet, was jetzt entfallen kann. Die Verhinderung der Überschreitung der wöchentlichen Arbeitszeit von 48 Stunden innerhalb von 17 Wochen wird jetzt im internen ArbeitszeitMeldesystem entsprechend hervorgehoben.“ Beibt also alles anders? Die Antwort auf die Auswirkungen des neuen Arbeitszeitgesetzes wird wohl erst die Zeit geben. Während die Standesvertretungen schwarz-weiß malen, darf man auf gut österreichisch mutmaßen, dass die „Realität“ irgendwo dazwischen liegen wird. MFG 09.18

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MFG URBAN PRÄSIDENT DER INDUSTRIELLENVEREINIGUNG NÖ THOMAS SALZER

FLEXIBLE ARBEIT IST SICHERE ARBEIT Die Änderungen im Arbeitszeitgesetz entsprechen den Anforderungen der modernen Arbeitswelt – und helfen den Unternehmen, im internationalen Wettbewerb nicht ins Hintertreffen zu gelangen.

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uf der ganzen Welt wird immer weniger auf Lager produziert, Aufträge werden kurzfristig storniert, erteilt und abgearbeitet, um den Wünschen der Konsumenten Rechnung zu tragen. Auch Österreich kann sich vor kürzeren Produktionszyklen, Just-in-time-Lieferungen, Konjunkturschwankungen sowie individuellen Kundenwünschen nicht abkoppeln. Das neue Arbeitszeitgesetz, kurz AZG, das am 1. September in Kraft getreten ist, soll diesen neuen Anforderungen der Arbeitswelt gerecht werden. Anders als von manchen Arbeitnehmervertretungen behauptet, wird sich für die Beschäftigten dadurch aber nicht viel ändern. Der generelle 12-Stunden-Tag ist und bleibt ein Märchen. Acht Stunden sind die Regel. Das neue Gesetz hilft den Unternehmen lediglich, die Arbeitsstunden besser zu verteilen, ohne dass es insgesamt zu Mehrarbeit kommen muss. Zwar sind theoretisch Arbeitswochen im Ausmaß von 60 Stunden möglich, die durchschnittliche Wochenarbeitszeit darf über einen Zeitraum von 17 Wochen aber nicht höher als 48 Stunden sein. Das neue Arbeitszeitgesetz regelt vor allem zwei Aspekte neu. Das eine ist eine Änderung des Regimes bei der Gleitzeit. Hier sind nun zwölf statt zehn Stunden Arbeit am Tag möglich. Die geleisteten Stunden, die am Ende der Gleitzeitperiode nicht abgebaut wurden, müssen weiterhin mit Überstundenzuschlägen bezahlt werden, ebenso wie angeordnete Überstunden bei Gleitzeit. In Betrie22

ben mit Betriebsrat ist wie bisher eine Betriebsvereinbarung abzuschließen. Die zweite Änderung betrifft die Sonderüberstunden bei erhöhtem Arbeitsbedarf nach Paragraph 7 des Arbeitszeitgesetzes. Diese Sonderüberstunden waren bis vor kurzem sehr komplex zu erreichen, etwa durch ein Gutachten eines Arbeitsmediziners oder durch Betriebsvereinbarung. Kurzfristige, bedarfsorientierte Anpassungen waren daher kaum oder nur mit entsprechendem Administrationsaufwand möglich. Diese Sonderüberstunden stellen aber eine echte Ausnahme dar, kommen nicht regelmäßig vor und werden auch in Zukunft nicht in dieser Größe vorkommen. Sollte der Arbeitsbedarf nämlich über einen längeren Zeitraum hoch sein, dann wird daraus ja ein normaler Arbeitsbedarf und für ein eigenes Arbeitszeitmodell ist die Zustimmung des Betriebsrats notwendig. In der Industrie haben die meisten Unternehmen einen Betriebsrat, mit dem sie gut zusammenarbeiten. Auf Unternehmensebene herrscht viel eher eine Kultur des Miteinanders als im politischen Diskurs. Und in der Praxis muss der Chef überlegen, ob er dem Mitarbeiter überhaupt eine Überstunde zumuten darf oder ob es Gründe gibt, die dagegensprechen. Kinderbetreuungspflichten sind beispielsweise so ein Ablehnungsgrund, der nicht extra im Gesetz stehen muss, weil er mehrfach ausjudiziert ist. Ich kenne übrigens Fälle, wo sich Beschäftigte dezidiert für flexiblere Arbeitszeiten aussprechen, weil sie sich dann mit der Kinderbetreuung

leichter tun – etwa, wenn sie nur an bestimmten Tagen eine Kinderbetreuung haben und sich ihre Zeit daher lieber anders einteilen möchten. Auch für Pendlerinnen und Pendler kann das neue Arbeitszeitgesetz interessant sein, wenn sie sich dadurch die Arbeitswege von einem ganzen Tag sparen können. Und wer einmal gerne etwas länger im Büro bleiben möchte, um ein wichtiges Projekt abschließen zu können, hatte bis vor kurzem ein Problem, sobald die zehn Stunden pro Tag überschritten wurden. Auch hier verschafft das neue Arbeitszeitgesetz eine klarere Regelung. Es ist aus meiner Sicht auch unverständlich, dass der Gesetzgeber die freie Wirtschaft in der Vergangenheit stärker einschränkte als etwa den öffentlichen Dienst oder die Beschäftigten in Krankenanstalten, wo eine Tagesarbeitszeit von bis zu dreizehn Stunden schon lange möglich war. Hier wurde eindeutig mit zweierlei Maß gemessen. In den meisten Betrieben ist es ein Miteinander, auf dessen Basis über die Überstunden entschieden wird. Kein Unternehmen wird Erfolg haben, wenn man sich ständig über die Interessen der Beschäftigten hinwegsetzt. Schwarze Schafe, die sich nicht an die Regeln halten, sind natürlich ein Problem – das waren sie aber in der alten wie in der neuen Gesetzesform. Und man darf nicht von diesen wenigen schwarzen Schafen auf die Gesamtwirtschaft schließen und für die 99 Prozent fairen Unternehmen die Regeln so überschießend machen, dass der eigentliche Unternehmenszweck behindert wird.


GASTKOMMENTAR: THOMAS SALZER | FOTO: JOSEF BOLLWEIN

Das World Economic Forum kürte in seinem „Global Competitiveness Report 2016-2017“ die Arbeitsrechtsbestimmungen in Österreich zu den problematischsten Faktoren für Unternehmen in Österreich, da viele Regeln nicht mehr den Anforderungen unserer modernen Arbeitswelt entsprachen. In anderen europäischen Ländern funktionieren flexiblere Arbeitszeitregelungen schon seit längerer Zeit sehr gut. Schließlich ermöglicht die übergeordnete EU-Arbeitszeitrichtlinie große Spielräume für die nationale Gesetzgebung. Die EU-Vorgabe sieht keine tägliche Höchstarbeitszeit, sondern lediglich eine Min­ destruhezeit von elf Stunden vor. Daraus würde sich – theoretisch – sogar eine maximale tägliche Arbeitszeit von bis zu 13 Stunden ergeben, was in Schweden, Finnland und Norwegen bereits gelebte Praxis ist. Die skandina-

MÄRCHEN. Der generelle ZwölfStunden Tag ist und bleibt ein Märchen. Acht Stunden bleiben die Regel.

vischen Tarifverträge bieten außerdem mehr Spielraum, um die Arbeit mit Hilfe von längeren Durchrechnungszeiträumen flexibel einzuteilen, was in weiterer Folge häufig zu einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf führt. Dies wirkt sich auch auf die Frauenbeschäftigtenquote aus – wo Österreich im Vergleich zu Skandinavien durchaus noch Nachholbedarf hat. Österreich liegt bei den tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden bereits jetzt nur im europäischen Mittelfeld. Jährlich wird hierzulande im Schnitt 1.730 Stunden gearbeitet, der EUweite Durchschnitt liegt laut Eurofound bei 1.707 Stunden. Eine bloße Darstellung der Wochenarbeitszeit – wie es in öffentlichen Diskussionen immer wieder passiert – greift hier also zu kurz. Für ein Gesamtbild müsste man, um ganz korrekt zu sein, auch die überdurchschnittlich

hohe Anzahl an gesetzlichen Urlauben und Feiertagen berücksichtigen. Der Vorwurf, das neue Arbeitszeitgesetz sei im Schnelldurchlauf beschlossen worden, ist übrigens auch haltlos. Bereits im Jahr 2013 wurde im Regierungsprogramm die Anhebung der täglichen Arbeitszeithöchst­ grenze auf zwölf Stunden bei Gleitzeit verankert. Leider scheiterten die Gespräche im Jahr 2014, nachdem die Arbeitnehmervertreter im Gegenzug eine sechste Urlaubswoche verlangt hatten. Diese Forderung stand in keiner Relation zu einer moderneren Arbeitszeit, denn der Mehrurlaub würde den Unternehmen 300 bis 400 Millionen Euro kosten – und damit sogar Arbeitsplätze gefährden! Zudem war das neue Arbeitszeitgesetz – und zwar ohne Überstundenzuschläge – ein fixer Bestandteil im „Plan A“ des ehemaligen Bundeskanzlers Christian Kern. Dieser kündigte an, dass das Parlament über das neue Arbeitszeitgesetz abstimmen werde, wenn sich die Sozialpartner nicht bis zum Sommer 2017 einig werden. Trotz langer Verhandlungen und Zustimmung der Wirtschaft zum Mindestlohn kam es zu keiner Einigung und zu Neuwahlen – der Rest der Geschichte ist bekannt. Man sollte der Bundesregierung nicht vorwerfen, dass sie ihre Arbeit macht und Entscheidungen trifft, nachdem es nach so langer Zeit zu keiner Einigung gekommen war. Das wichtigste Argument, das – auch aus Arbeitnehmersicht – für modernere Arbeitszeiten spricht, ist folgendes: Es geht nicht um eine generelle Arbeitszeitverlängerung, die Normalarbeitszeit bleibt gleich. Es gibt daher keinen Lohnraub oder Überstundenklau. Es geht um zeitgemäße, praktikable und einvernehmliche Regelungen auf betrieblicher Ebene. Wir wollen die Stunden nur im Bedarfsfall anders verteilen können, um Aufträge annehmen und abarbeiten zu können. Im internationalen Wettbewerb, in dem wir uns definitiv befinden, bedeutet flexible Arbeit nämlich vor allem eines: sichere Arbeit. MFG 09.18

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MFG URBAN AKNÖ-PRÄSIDENT MARKUS WIESER

12-STUNDEN-TAG: ZURÜCK INS VORIGE JAHRHUNDERT Der 12-Stunden-Tag ist ein Angriff auf Gesundheit, Familien und Einkommen der arbeitenden Menschen.

V

or 100 Jahren ist der Acht-Stunden-Tag in Österreich gesetzlich eingeführt worden. Es hat Jahrzehnte gebraucht, um diese Leistung für die arbeitenden Menschen zu erkämpfen. Dieser Achtstunden-Tag ist nämlich nicht von selbst gekommen, er ist gegen härteste Widerstände erzwungen worden. Weil die Mehrheit im Land, die arbeitenden Menschen nämlich diesen Achtstunden-Tag unbedingt wollten. Deshalb haben sie diese extrem wichtige Erleichterung gemeinsam mit ihren Gewerkschaften auch durchsetzen können. Und warum wollten sie diesen Acht-Stunden-Tag? Weil die Menschen nicht durch die Arbeit kaputt und krank werden wollten. Weil sie nicht zwölf Stunden lang für einen mickrigen Lohn schuften wollten, weil sie ihre Kinder nicht so lange alleine lassen wollten und weil sie ein Leben abseits der Arbeit haben wollten. An diesen Wünschen hat sich bis heute nichts geändert. Auch heute noch wollen die Menschen eine Arbeit, von der man gut leben kann, eine Arbeit, die nicht krank und kaputt macht, eine Arbeit, die man mit Familie vereinbaren kann und einen Arbeitsplatz, der ein Leben abseits der Arbeit erlaubt. Allein gegen den Chef: ein unfaires Match Das wollen die Menschen. Aber die ÖVP-FPÖ-Mehrheit im Parlament hat genau das Gegenteil beschlossen. Statt der gesetzlich vereinbarten acht Stunden soll ab 1. September bis zu zwölf Stunden gearbeitet werden 24

können, pro Woche bis zu 60 Stunden. „Auf freiwilliger Basis“, wie es so schön heißt. Was bisher die Ausnahme und an bestimmte Voraussetzungen geknüpft war, soll nun zur Regel werden. Und dass von Freiwilligkeit gesprochen wird, ist ein Schlag ins Gesicht jeder und jedes Beschäftigten. Denn wir alle wissen, wie es wirklich läuft: Will der Chef oder die Chefin Überstunden und die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sagen nein, dann haben sie Nachteile zu erleiden. Dazu kommt: Die Vertreter der arbeitenden Menschen, also Betriebsrat, Gewerkschaft und Arbeiterkammer, sollen durch das 12-Stunden-Tag-Gesetz ausgeschaltet werden. Das Match jeder Arbeitnehmerin, jedes Arbeitnehmers heißt dann: ich allein gegen die Chefetage. Und das ist ein unfaires Match. Warum eigentlich das Gesetz, wenn eh alles gleich bleibt? „Keiner muss mehr arbeiten, wenn er nicht will“, hören wir öfter von Regierungsvertretern. „Und wie bisher werden natürlich alle Überstunden ausbezahlt“. Wenn das so wäre: Warum macht man dann ein neues Gesetz? Weil es eben nicht so ist. Es soll nicht alles gleich gut für die Beschäftigten bleiben und es sollen Überstundenzuschläge eben nicht ausbezahlt werden. Ich persönlich bin überzeugt, dass die Wirtschaft dieses 12-StundentagGesetz gar nicht braucht. Es ist bisher auch noch kein einziger Auftrag liegen geblieben, weil die Beschäftigten nicht lange genug gearbeitet haben. Denn, natürlich gibt es auch heute

den 12-Stunden-Tage und manchmal 60-Stunden-Wochen. Aber unter klar definierten Voraussetzungen. Dazu zählen Auftragsspitzen oder die termingerechte Fertigung, die bei Normalarbeitszeit nicht gewährleistet wäre. Schon jetzt also leisten die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer oftmals zusätzliche Arbeitsstunden. Aber sie bekommen eine faire und eine vollständige Abgeltung, die in Kollektivverträgen oder in Betriebsvereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat geregelt ist. Wo es keinen Betriebsrat gibt, muss ein arbeitsmedizinisches Gutachten eingeholt werden. Genau diese klaren Absicherungen für die Beschäftigten sollen nun fallen. Sie werden von der Industrie als bürokratische und finanzielle Hürden verstanden. Nicht als Notwendigkeiten für ein faires Miteinander. Flexibilisierung darf keine Einbahnstraße sein Flexibilisierung ist gut und schön. Sie darf aber keine Einbahnstraße sein. Genau diese Einbahnstraße hat die Regierung aber errichtet. Die Meinung und die Wünsche der Beschäftigten sind ihr dabei egal. Die Demonstration der 120.000 gegen den 12Stundentag im Juni war eine der größten Kundgebungen der Zweiten Republik. Sie war ein starkes und deutliches Nein zum 12-StundenTag. Die Regierung hat dieses Nein der 120.000 aber bislang einfach ignoriert. Der frühere ÖGB-Präsident Anton Benya hat einmal gemeint: „Wir messen jede Regierung danach, was sie


GASTKOMMENTAR: MARKUS WIESER | FOTO: VYNHALEK

WIR SIND DAGEGEN. Dieser 12-Stunden-Tag kostet die arbeitenden Menschen Geld, schadet der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und macht krank.

bereit ist für die arbeitenden Menschen zu leisten“. Das ist auch für uns der Maßstab, mit dem wir eine Regierung bewerten. Und wenn man das für die jetzige Bundesregierung tut, dann muss man feststellen: Diese Regierung muss man an dem messen, was sie noch alles gegen die Interessen der arbeitenden Menschen tut. Statt auf Dialog und Interessensausgleich zu setzen, werden die Programme der Industriellenvereinigung und der Immobilienwirtschaft Schritt für Schritt umgesetzt. Und zwar ohne jeden sozialpartnerschaftlichen Dialog. Lohnraub durch 12-Stunden-Tag Dadurch kommen handfeste Nachteile wie der 12-Stunden-Tag heraus. Denn der 12-Stunden-Tag ist ja nicht nur falsch, weil ihn die Chefetage einfach anordnen kann. Die Beschäftigten werden auch noch um die Überstundenzulage geprellt. Auch wenn das Gegenteil behauptet wird. Ein Unternehmen hat seinen 150

Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Wiener Zentrale im August eine neue Gleitzeitvereinbarung zur Unterschrift vorgelegt, wonach aus bisherigen Überstunden normale zuschlagsfreie Stunden werden, die nur als Gleitzeit freigenommen werden können. Dabei spricht das Unternehmen von Überstunden nur mehr bei „Überschreiten der täglichen Normalarbeitszeit von 12 Stunden“. Im Unternehmen gibt es keinen Betriebsrat und die eingeschüchterten Beschäftigten fürchten natürlich Sanktionen, wenn sie diesen Vertrag nicht unterzeichnen. Zwölf Stunden Normalarbeitszeit, keine Bezahlung der Überstundenzuschläge. Das ist glatter Lohnraub. So schaut das neue Gesetz aus. Soweit zu „es ändert sich nichts an der Überstundenbezahlung“ und „auf Basis der Freiwilligkeit“. Wir sind damit wieder dort gelandet, wo wir vor mehr als 100 Jahren waren. Der 8-Stunden-Tag ist für viele Beschäftigte damit Geschichte.

Nachteile für Familien Es kommt aber noch schlimmer: Der 12-Stunden-Tag bringt für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht nur großflächigen Lohnraub, er bringt auch erhebliche Nachteile für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Schon jetzt sind die Kinderbetreuungsmöglichkeiten in Nieder­österreich viel zu wenig an die Notwendigkeiten der Berufstätigen ausgerichtet. Nur 0,3 Prozent der Kindergärten in Niederösterreich haben zwölf Stunden und länger geöffnet. Kinderbetreuung ist mit überlangen Arbeitstagen unter den gegebenen Öffnungszeiten der Einrichtungen schon jetzt nur schwer möglich. Wie soll das bei einem 12-Stunden-Tag funktionieren? Trotzdem stellt sich die zuständige Ministerin auch noch hin und behauptet, ein Ausbau der Einrichtungen für 3- bis 6-Jährige wäre nicht erforderlich, weil der Bedarf gedeckt sei. Das ist weltfremd und eine gegen die Interessen der arbeitenden Menschen gerichtete Politik. 12-Stunden-Tag schadet der Gesundheit Der 12-Stunden-Tag ist auch ein Angriff auf die Gesundheit der Beschäftigten. Überlange Arbeitstage machen krank. Zu diesem Ergebnis kommen sämtliche Studien, die der Arbeiterkammer Niederösterreich vorliegen. In der 12. Stunde ist das Unfallrisiko um 70 Prozent höher als zu Beginn der Arbeit. Auch die Leistungsfähigkeit reduziert sich nach acht bis neun Stunden deutlich. Unregelmäßige Arbeitszeiten und regelmäßige 12-Stunden Dienste wirken sich außerdem negativ auf die Erholung, Schlafqualität, Herz-Kreislaufsystem oder den Stützapparat aus. Schon ein regelmäßiger 9-Stunden-Schichtbetrieb hat deutlich mehr Krankenstände als bei einer Normalarbeitszeit zur Folge, weil die Beschäftigten so viel größeren Belastungen ausgesetzt werden. Deshalb waren wir von Anfang an gegen diesen 12-Stunden-Tag. Er kostet die arbeitenden Menschen Geld, schadet der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und macht krank. MFG 09.18

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MFG URBAN

ZUM JUBILÄUM EINE ABRECHNUNG Seit zehn Jahren sorgt das Musikfestival „Frequency“ jährlich für Stimmung im St. Pöltner Sommerloch. Neben zehntausenden Gästen aus Nah und Fern sind auch „die Anrainer“ jedes Jahr mit Emotion dabei. Eine Abrechnung zum zehnten Geburtstag.

A

ls ich erfuhr, dass das Frequency vom Salzburgring nach St. Pölten wechselt, dachte ich anfangs an einen dummen Scherz. Doch schon rasch zeigte sich, dass das Frequency tatsächlich nach St. Pölten passt. Es funktioniert und ist stimmig. Dennoch kommt wie das Amen im Gebet rund um das Festival jedes Jahr die gleiche Diskussion auf: Was am Festival alles falsch läuft, warum es fehl am Platz ist. Nach zehn Jahren erlaube ich mir meinen persönlichen Schlussstrich unter die Diskussion. Zuerst die Vorwarnung. Ich bin nicht völlig ahnungslos. Vor Jahren habe ich im Auftrag der Organisatoren diese bei der behördlichen Einreichung unterstützt. Aus dieser Zeit kenne ich manche Hintergründe und handelnde Personen. Beruflich bin ich in einem Betrieb tätig, der während der Festivaltage auch Festivalbesucher begrüßt. Und ich bin Anrainer, wohne wenige Gehminuten von den Hauptbühnen entfernt. Zudem weiß ich aus vielen Gesprächen, wie unterschiedlich Betroffene das Geschehen wahrnehmen. Ich bin also vielfach beeinflusst. Genau deshalb vertrete ich meine Meinung auch hier. Lärm und Müll Natürlich ist ein Open-Air-Konzertareal in der Nähe von Wohngebieten eine interessante Frage an zurechnungsfähige Stadtentwickler. Aber das VAZ steht – als Veranstaltungszentrum mit dafür vorgesehenem Freigelände – nun mal dort, wo es steht. Genauso die Wohngebiete. Es scheint mir absurd, dass sich Anrainer über den Lärm beklagen, den Veranstaltungen mit sich 26

bringen. Natürlich gehen mir WISA, Volksfest und Frequency auf die Nerven, wenn ich des nächtens mit Bässen beglückt werde. Aber ich kann mich darüber genauso wenig aufregen, wie über den Lärm der „neuen“ Güterzugumfahrung. Wir sind nun mal nicht allein, schon gar nicht in der Stadt. Fragen Sie mal die Innenstadtbewohner. Selbst am Land droht Gefahr – wenn der Nachbar im Hühnerstall an der Grundstücksgrenze plötzlich auch einen Hahn hält. An der Lärmdiskussion zeigt sich, wie breit das Problem ist. Bei günstiger Windlage finden sich auch in mehreren Kilometern Entfernung noch betroffene Anrainer, während manch unmittelbarer Nachbar den Lärm als „kleinstes Problem“ sieht. Viel schlimmer sei ohnehin der Müll. Schon immer war das mit den Festivals verbundene Campen ein Beweis dafür, wie dumm und grindig wir Menschen sein können. Ich versteh jeden, der beim kritischen Durchschreiten des Campingplatzes am Fortbestand der Menschheit zweifelt. Glücklicherweise haben schon die alten Griechen gewusst, dass „diese Jugend“ unweigerlich zum Untergang der Gesellschaft führen wird. Irgendwie haben wir es dennoch bis heute geschafft. Was für uns Außenstehende offenbar schwer zu begreifen ist, bringt der Veranstalter mit seinem Werbespruch auf den Punkt: „Wie Urlaub. Nur ganz anders.“ Ein großer Teil der Frequency-Gäste ist nun mal jung. Und nicht vorrangig wegen der Bands hier. Das sieht man oft daran, wie überraschend luftig es bei den Bühnen ist, während am Campingplatz der Partybär steppt.

Die p.t. Gäste kommen um sich aus dem Alltag auszuklinken. Sie trinken zu viel und feiern zu hart. Regeln sind für Spießer. Und das sind sie eh das ganze restliche Jahr. Man braucht das nicht sympathisch finden. Aber es hilft, es zu akzeptieren. Leise und sauber Es ist heuchlerisch und lebensfremd, dem Veranstalter vorzuwerfen, dass er zu wenig „Awareness“ schafft, dass er zu wenig Regeln aufstellt. Wie soll denn bitte der Herr Jenner mit seinem Team an vier Veranstaltungstagen den nötigen Selbstrespekt in seine Gäste einimpfen, den Mama und Papa schon bisher nicht erfolgreich einprogrammiert haben? Tatsächlich haben viele Kids das Gefühl, im Ticketpreis ist das Campen inkludiert, also können wir auch machen, was wir wollen. Es ist ein mühsamer Prozess, hier das Publikum in Richtung Green-Camping und Sauberkeit zu erziehen. Bei lebensnaher Betrachtung sollte aber augenscheinlich sein,


TEXT: MICHAEL MÜLLNER | FOTOS: HEIMO SPINDLER

Danke, Frequency! Auch wenn du mich zeitweise wirklich ankotzt.

dass es dem Veranstalter natürlich am liebsten wäre, er hätte saubere Gäste. Könnte er derart auf sie einwirken, er würde es tun. Und sich Unsummen an Reinigungskosten sparen – samt der blöden Nachrede. Doch das ist nun mal das Grundproblem beim Frequency. Man kann nicht ein bisserl schwanger sein. Eine Lektion, die auch viele Lokalpolitiker erst lernen mussten. Gut erinnere ich mich an Diskussionen im Gemeinderat: „Ja zum Frequency, aber nein zum Müll an der Traisen. Die sollen halt wo anders campen.“ Das ist entweder ahnungslos oder verlogen. Denn das Frequency funktioniert in St. Pölten eben gerade deshalb, weil es mitten in der Stadt stattfindet. Das relativ kompakte Gelände mit der Traisen als chilligem Kontrastpunkt zu den Bühnen im VAZ ist der springende Punkt. Fällt der weg, kann man das Ding auch auf jede andere x-beliebige Wiese stellen – was manche ja wollen. Ich bin überzeugt, dass jeder am eigenen Leib ausmessen

muss, wie sehr er sich beeinträchtigt fühlt. Es gibt Menschen, die wirklich ein massives Problem mit den Auswirkungen des Festivals haben. Zugleich gibt es genügend Menschen, die unter denselben Auswirkungen „leiden“ und darin gar kein Problem sehen. Es handelt sich um subjektive Empfindungen, die sich weder in richtig noch falsch einordnen lassen. Viel und lustig Auch das ist im Übrigen keine Erfindung der Festivalmacher. Unsere Rechtsordnung hat vorgesorgt, es gibt umfangreiche Genehmigungsverfahren und behördliche Auflagen. Es spricht Bände, dass manche meinen, es sei die Schuld des Bürgermeisters oder des Rathauses, dass das Festival stattfindet. Dabei wird übersehen, dass die Behörde unter Anwendung von Gesetzen Veranstaltungen zu beurteilen hat – und wenn alles passt, dann sind diese zu genehmigen. Die besser informierten Kritiker werden an der Stelle einwenden, dass der Ge-

meinderat so unschuldig dann doch nicht ist. Natürlich kooperieren Stadt und Veranstalter umfangreich, etwa wenn die (ohnehin unsägliche) Lustbarkeitsabgabe wieder an den Veranstalter in Form einer Förderung zurückfließt. Dieser partnerschaftliche Zugang ist Grundvoraussetzung für eine Veranstaltung dieser Größenordnung. Es ist eine bewusste, strategische Entscheidung, dass man dieses Festival in St. Pölten haben möchte. Auch wenn manche Damen und Herren das vielleicht noch nicht so recht wahrhaben möchten oder die Argumente dahinter durchschauen. Das Festival bringt 50.000 Besucher pro Tag. Abgesehen vom Lärm, Verkehrsaufkommen und Dreck, bleibt natürlich auch noch Wertschöpfung in der Stadt. Je nach Fantasie kann man diese Millionenbeiträge einstellig oder dreistellig machen. Konkrete Zahlen liegen nicht vor, was aber in Wahrheit egal ist. Wenn man eine teure Studie für den konkreten Anlassfall machen würde, MFG 09.18

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MFG URBAN

ZUM JUBILÄUM EINE ABRECHNUNG

KOLUMNE TINA REICHL

SOMMER

FOTO: TINA REICHL/ZVG

Die zwei neuen Gartenliegen schauen mich vorwurfsvoll an. Die Regentropfen laufen an ihren nicht mehr ganz so weißen Bezügen herab und fragen mich: „Warum bist du den ganzen Sommer nicht auf uns gelegen?“ Und jetzt frage ich mich das ebenso. War es nicht heiß genug? Nein! Hattest du keine Zeit? Hm. Zu Ferienbeginn möchte man ja alles so richtig auskosten, man kauft sich die NÖ Card, um 300 Ausflugsziele in die acht Ferienwochen zu packen, oder bucht eine Kreuzfahrt, auf der man jeden Tag eine andere wunderschöne Destination erkunden kann. Man plant Ausflüge, Grillfeste, Sommerpartys, Fußball- und Tenniscamps für das Kind, besucht Sommeropern, hüpft dazwischen kurz zum Heurigen, in die City, in den See und dazwischen kommt man heim und räumt zusammen. Insgeheim wartet man aber auf diesen verregneten Tag, und wenn er kommt, dann muss man halt leider alle Unternehmungen witterungsbedingt absagen. Wie schade! Man bleibt bis 12 Uhr im Pyjama und sieht nach, wo die letzten drei verpackten Woman herumliegen, die man ja noch nicht lesen konnte. Falls dieser Tag allerdings nicht kommt – wie in diesem Sommer, dann hat man Glück, wenn man einen 8-jährigen Sohn hat. Denn auf die Anfrage einer Mutter, ob Max mit seinem Freund ins Kaltbad mitfahren möchte, antwortet das weise Kind im kühlen Kinderzimmer nach kurzer Pause: „Nein danke. Ich bin zufrieden. Ich spiel jetzt lieber Lego.“ Und hier begann mein Urlaub: am Boden im dunklen Zimmer sitzend, Lego nach Farben sortierend, und draußen den Tag vorbeiziehen lassend. Und wenn er noch so sonnig war!

dann hätte man eine konkrete Zahl. Die Kritiker würden sie dennoch als zu hoch, die Fans als zu niedrig einstufen. Begnügen wir uns also mit dem Hausverstand. Festivalbesucher geben hunderte Euros für ihren Besuch aus. Dabei fällt ein gewisser Betrag natürlich für die lokale Wirtschaft ab. Der Einkauf im Supermarkt, der Besuch im Kaffeehaus, das Tanken vor der Heimfahrt. Dazu ausgebuchte Beherbergungsbetriebe in der ganzen Region und temporäre Beschäftigungseffekte. On top noch die überregionale Bekanntheit durch intensive mediale Berichterstattung. Insbesondere in der ganz jungen Zielgruppe wird St. Pölten mit dem Besuch einer coolen Veranstaltung verbunden, wird man als attraktive Urlaubsdestination gesehen. Das belebt Schulen, Ausbildungsstätten und den Arbeitsmarkt. In konkreten Zahlen? Keine Ahnung. Aber wer den Effekt kleinredet oder gänzlich ignoriert, der liegt sicher falsch. Man kann natürlich viele Kritikpunkte am Festival finden. Wie jedes Jahr wurde auch heuer erkannt, was sich verändert hat, was man in Zukunft besser machen muss. Die Stadt wächst, Flächen ändern sich, es wird nicht leichter. Zudem war das Fes­ tival heuer besonders gut besucht. Und auch der Veranstalter hat sein „Baby“ in den letzten zehn Jahren heranreifen lassen. Das Angebot an

Einkaufsmöglichkeiten, Gastronomie und Bespaßung für die Gäste ist massiv gewachsen, viele verlassen das eigentliche Festival-Areal gar nicht mehr. Mit mehr Qualität wird versucht, das Durchschnittsalter zu steigern. All diese Bemühungen stehen im Einklang mit der Tatsache, dass die Festivalzukunft nur eine grünere, eine respektvollere sein kann. Es ist aber eine Illusion zu glauben, dass man als Veranstalter diese Utopie einfach so verordnen kann. Besonders wenig hilfreich sind dabei die eifrigen Besserwisser, die wenige Stunden nach Festivalende Müllfotos hochladen und pathetische Reden schwingen. Sie untergraben das Vertrauen darin, dass hier vernünftige Beteiligte hart daran arbeiten, einen möglichst guten Job zu machen: eine sichere Veranstaltung umzusetzen und danach eine rasche und vollständige Reinigung zu gewährleisten. Natürlich ist der Campingplatz nach dem Festival völlig verdreckt. Aber er wird gesäubert – und dabei nehmen die Reinigungskräfte auch jenen Müll mit, den wir Anrainer das ganze Jahr über dort gelassen haben. Denn letzten Endes sind die „Freaqs“ am Festival ja wir selber. Vielleicht etwas jünger, etwas ausgelassener, etwas gedankenloser. Aber sicher nicht hoffnungsloser, als wir selbst. Danke, Frequency! Auch wenn du mich zeitweise wirklich ankotzt.

MITTEN IN DER STADT. Das relativ kompakte Gelände mit der Traisen als chilligem Kontrastpunkt zu den Bühnen im VAZ ist der springende Punkt.

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MFG URBAN

DIE WERTSCHÖPFUNG DER EINTAGSFLIEGEN Der Tourismus boomt, nicht zuletzt in der Wachau. Besonders Reisebusse und die Kabinenschifffahrt treiben die Besucherzahlen in die Höhe. Doch wo viel Licht, da auch viel Schatten. Wie kam es zur Idee einer „Eintrittsgebühr“ in die Wachau?

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um Höhepunkt der Sommersaison war sie plötzlich geboren, die Idee einer Tourismusabgabe, quasi ein „Eintrittsgeld“ in die Wachau. Den Anfang nahm die Diskussion in Melk, wo die Stadtfinanzen im Argen liegen und man zusätzliche Touristen-Euros gut gebrauchen könnte. Hintergrund ist ein akuter Streit zwischen Stadt und Stift, das jährlich eine halbe Million Besucher anzieht. Rund 600.000 Euro an Lustbarkeitsabgabe schreibt die Gemeinde dem Stift jährlich vor. Das Gesprächsklima ist deshalb schwer gestört und eine dringend nötige Einigung auf einen BrückenNeubau nicht in Sicht. Kurz gesagt: Das Stift möchte, dass seine Besucher die Brücke kostenlos nutzen können. Die Gemeinde hingegen möchte eine Maut einheben, da die Brücke primär wegen Schifffahrts-Touristen errichtet wird. Während die einen nicht verstehen, warum die Gemeindebürger den Touristen eine Brücke zahlen sollen, bemerken die anderen, dass man eine Kuh nicht mehrmals melken kann. Lenkung und Schöpfung Melk hat zwar mittlerweile einen neuen Bürgermeister, die Diskussion aber ist geblieben und hat auch andere Gemeinden erreicht. Touristen bringen zwar Geld, zugleich werden aber auch Investitionen in Infrastruktur nötig, die kleine Gemeinden nur schwer aufbringen können. Niederösterreichs Tourismus-Landesrätin Petra Bohuslav war demnach bemüht das Thema rasch wieder einzufangen: Simple „Touristenmaut“ scheint bei ihr nicht hoch im Kurs zu stehen, jedoch wurde die Donau Tourismus GmbH beauftragt Lösungen zu finden. Laut Geschäftsführer Bernhard 30

Schröder wurde dazu ein „moderierter Prozess“ aufgesetzt, der im September startet. Begonnen wird mit einer Erhebung der Probleme aus Sicht der Gemeinden. Zudem werden erfolgreiche Lösungen anderer Regionen analysiert – belastend hohe Touristenzahlen sind ja kein Unikum der Wachau. Auch ausgewählte Partner und Unternehmen sollen eingebunden werden, um möglichst praktikable Lösungen zu finden. Ein Ansatz ist etwa die bessere Abstimmung der Fahrpläne von Kreuzfahrtschiffen, damit nicht auf einem Schlag eine zu große Anzahl an Tagesgästen einen Ort sprichwörtlich überrennt. Gerade diese Problematik der hohen Gästefrequenz wurde auch im Vorjahr in einem „Dialogforum“ intensiv diskutiert. Im Spätherbst sollen valide Daten einer Besucherzählung vorliegen, daraus wird dann, ausgehend von Dürnstein, ein auf die ganze Region abgestimmtes Konzept erarbeitet, so Schröder. Dürnstein ist wohl überhaupt das Paradebeispiel, wenn man über den Tourismus in der Wachau spricht. An dem geschichtsträchtigen Ort mit seinem mittelalterlichen Kern kommt kein Wachau-Tourist vorbei. Bei knapp 200 Einwohnern im Ortskern fällt es natürlich ins Gewicht, wenn binnen weniger Stunden mehrere Schiffe anlegen und tausend Besucher entladen. Gerade diese Schnell-Durchgangs-Touristen sehen viele kritisch: „Eintagsfliegen“ lassen kaum Geld da, ärgern sich Einwohner und Gewerbetreibende. Die öffentliche Infrastruktur benutzen sie natürlich trotzdem. Um dieses Thema besser diskutieren zu können wurde im Jahr 2016 eine Studie durchgeführt, die positive

Wertschöpfungseffekte der Kabinenschifffahrt im Donauraum nachweisen sollte. Seither ist man um einige Fakten schlauer. Alt und reich Der typische Tourist auf einer DonauKreuzfahrt ist alt und vermögend. Konkret durchschnittlich 67 Jahre, knapp die Hälfte der Befragten verdient monatlich mehr als 4.000 Euro. Sehr viele sind auch das erste Mal im Donauraum unterwegs. Und es stellte sich heraus, dass jene Gäste, die in Zentraleuropa leben, es durchaus für wahrscheinlich erachten, die im Schnelldurchgang besuchten Orte neuerlich (in Ruhe) zu besuchen. Folge-Besuche sind also wahrscheinlich, anders als bei Gästen aus Amerika oder Asien, die einen neuerlichen Besuch weniger wahrscheinlich betrachteten. Die Kabinenkreuzfahrt als Einstiegsdroge in den entschleunigten Wachau-Urlaub, sozusagen.


TEXT: MICHAEL MÜLLNER | FOTO: JAKWERTH

Es ist also ein Luxusproblem, das manche Gemeinden derzeit beschäftigt. Sie befinden sich in der glücklichen Lage, dass Naturschönheiten und Kulturdenkmäler Gäste aus Nah und Fern anlocken. Doch auch die Münzen der Besucher haben zwei Seiten. Neben dem Umsatz, den sie bringen, verursachen sie auch Kosten – nicht zuletzt bei öffentlicher Infrastruktur. Projekte, für die viele kleine Gemeinden keinen budgetären Spielraum sehen, weshalb aufeinander abgestimmte, regionale Lösungen naheliegend scheinen. Und die Wachau ist mit einer Grundfrage derzeit nicht alleine, nämlich wie man eine vernünftige Gesamtrechnung anstellt, wenn es um die lieben Gäste geht. Hallstatt überlegt etwa die Zahl der Bustouristen zu kontingentieren.

Auch an Zahlen liefert die Studie beeindruckende Ergebnisse. Mehr als 110 Millionen Euro Nettoumsatz erzeugt die Kabinenschifffahrt zwischen Regensburg und Wien. Dazu kommen „sehr hohe Umsätze mit regionaler Wirkung, die aber aufgrund mangelnder Informationslage nicht quantifizierbar sind.“ Kreuzfahrtschiffe kaufen lokal Getränke und Speisen für ihre Gäste, diese buchen Ausflugspakete bei regionalen Reiseveranstaltern, zahlen Gebühren und geben vor Ort Geld für Souvenirs oder im Kaffeehaus aus. Dazu kommen noch Werbemaßnahmen der Tourismusbranche, die auch den betroffenen Regionen zugutekommen. Und generell geht im Donauraum der Trend zu neuen Schiffen mit weniger Passagieren – Größe und Qualität der Kabinen steigen, wodurch die Zukunft der DonauKabinenschifffahrt eher dem Motto „Klasse, statt Masse“ folgen wird. Und es gibt ja noch ganz andere

Touristen. Busreisen sind etwa ein weiteres großes Feld, auch hierbei sind Lenkungsmaßnahmen zunehmend ein Thema. Gerne vergessen wird aber auf den Ausflugstourismus. Einnahme Ausflug Was wäre die Wachau ohne die Ausflügler, die Mini-Touristen, die aus Wien, St. Pölten oder einer anderen Provinz in die beliebte Weinregion fahren? Im April gab das Land Niederösterreich die Ergebnisse einer „Ausflugsstudie“ bekannt. Rund 60 Prozent der Wertschöpfung des heimischen Tourismus entsteht durch Tagesausflüge. In Niederösterreich wurden rund 40 Millionen Tagesausflüge unternommen, jeder Gast gab durchschnittlich 36 Euro aus, macht rund 1,4 Milliarden Wertschöpfung pro Jahr. Nur auf die Destination Donau entfielen rund 21 Prozent dieser Ausflüge – was einer Wertschöpfung von 8,6 Millionen Euro entspricht.

Zukunftsfaktor Tourismus Das kroatische Dubrovnik etwa ist ein Hotspot für Kreuzfahrtschiffe, mittlerweile limitierte man die Zahl der Tagesgäste aber auf 8.000 – die schmalen Gassen sind dennoch verstopft, viele Einheimische leiden unter gesunkener Lebensqualität oder ziehen gleich aus der Altstadt weg. Die Kommune selbst verdient an den Liegegebühren jedoch prächtig. Branchenkenner berichten auch von einem massiven Wandel am Markt der Mega-Kreuzfahrtschiffe: mehr Angebot, günstigere Preise. Auf den schwimmenden Städten herrscht das All-Inclusive-Prinzip, womit die Eintagsfliegen tatsächlich kaum Geld in den Häfen und Städten ausgeben, die sie für wenige Stunden besuchen. Ein Trend, der der Donau-Schifffahrt offenbar halbwegs erspart bleibt. Zurück nach Niederösterreich. Gerade für kleine Gemeinden, die aufgrund hausgemachter Probleme an Bevölkerungsrückgang und Überalterung leiden, kann nachhaltiger Tourismus ein Zukunftsfaktor sein. Eine simple Abgabe zum Touristen-Schröpfen wird dafür wohl kein hilfreicher Beitrag sein. Bis zum Frühjahr sollen erste Erkenntnisse und Maßnahmen aus dem Diskussionsprozess vorliegen. Schon in der Sommersaison 2019 wird sich zeigen, ob die Ideen greifen. MFG 09.18

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MFG ADVERTORIAL

FOTO: WEINFRANZ.AT

ES DIRNDLT IN OBER-GRAFENDORF

Mit 80 Ausstellern, viel Live-Musik und erlesenen Genüssen aus der Region feiert das Pielachtal im Mostviertel vom 28. bis 30. September bereits zum dreizehnten Mal seinen Dirndlkirtag. Schauplatz ist heuer Ober-Grafendorf.

Einer der Höhepunkte ist dabei ohne jeden Zweifel die Krönung der neuen „Dirndlkönigin“, die alle zwei Jahre auserwählt wird. Sie vertritt das Pielachtal zwei Jahre lang als DirndlBotschafterin bei diversen Anlässen und hat eine Reihe von Voraussetzungen zu erfüllen: Sie muss im Pielachtal wohnen, einen Bezug zur Landwirtschaft und zur Mostviertel-Kulinarik aufweisen, über den Dirndlstrauch und das Pielachtal Bescheid wissen und zudem noch redegewandt sowie sicher im Auftreten sein. Die diesjährige Krönungszeremonie ist am Sonntag, 30. September um 12 Uhr und wird mit Spannung erwartet.

Fruchtiges, Fesches und Wärmendes. Kulinarisch verwöhnt der Dirndlkirtag mit typischen Pielachtaler Dirndl-Spezialitäten, die man bei rund 80 Ausstellern am Standlmarkt kaufen und verkosten kann. Die fruchtige Palette der Kornelkirsche – wie die Dirndl auch heißt – reicht von Säften und Edelbränden über Marmeladen, Schokolade, Torten bis zu würzig einge-

legten „Pielachtaler Oliven“. Außerdem gibt es Dirndltrachten, Dirndlschmuck sowie wärmende Dirndlkernkissen im Standl-Sortiment.

Traditionelles und Neues. Zum Auftakt des Dirndlkirtages ist für Freitag, 28. September am Kirchenplatz von Ober-Grafendorf ein musikalischer Abend mit True Colors und danach eine „Warm-up-Disco“ auf der Hauptbühne geplant. Am Samstag, 29. September stehen Dirndlmodenschauen und Geschichten aus dem Dirndltal mit Loisi Secnicka und Christian Haydn, musikalisch umrahmt von verschiedenen Darbietungen, auf dem Programm. In der Pielachtalhalle unterhält ab 15 Uhr ORF NÖ – Radio 4/4 mit den Edlseern und Styrina. Um 17 Uhr verlegen die Edlseer ihre Show auf die Hauptbühne. Auftakt zum Sonntagsprogramm ist die Heilige Messe mit Erntedankfest und ein Frühschoppen mit Marmeladen- und Sirupprämierung. Nach dem Frühschoppen mit Paloma & Karl am Kir-

Tipp: Die Anreise mit der Mariazellerbahn inkludiert den Eintritt zum Dirndlkirtag und die Teilnahme an einem Gewinnspiel. 32

chenplatz wird auf der Hauptbühne die neue Dirndlkönigin gekrönt. Weitere Programmpunkte des Sonntagnachmittags sind eine Dirndlmodenschau, die Ziehung der Gewinner einer NÖVOG-Verlosung und eines NÖN-Gewinnspiels sowie eine VW-Käfer-Präsentation.

Jung und älter. Selbstredend gibt es auch jede Menge Programm für die jüngeren Gäste. Die können am WIFKI Kinderbauernhof etwa Strohballen schlichten, in einer riesigen Sandkiste spielen oder basteln. Außerdem gibt es Kinderschminken und Märchenstunden. Die Erwachsenen dürfen sich neben den genannten Highlights auch auf verschiedene Gesangs- und Tanzdarbietungen aus der Region freuen. In diesem Sinne, nichts wie hin zum Dirndlkirtag – am authentischsten im Übrigen, wenn man mit der Mariazellerbahn anreist. Da ist der Eintritt zudem inkludiert und man nimmt am großen NÖVOG-Gewinnspiel teil! www.pielachtal.info


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MFG URBAN

1973. Fuhrpark

1968. Herbert Klenk und Helmut Meder

VON EINER KLEINEN ELEKTRIKERFIRMA ZUM BIG PLAYER

KLENK & MEDER-STORY

DIE

1977. Eröffnung

Von einer Vision zweier junger Elektriker, im 68er-Jahr in einer Garage in St. Georgen Wirklichkeit geworden, bis hin zu einem der größten Familienunternehmen in der Elektrotechnikbranche in Österreich – die 50-jährige Geschichte der Firma Klenk & Meder ist schon eine besonders erfolgreiche. Das hätten Herbert Klenk sen. und Helmut Meder damals wohl kaum zu träumen gewagt. 1978. Klenk & Meder Zentrale

2018. Klenk & Meder Zentrale


TEXT: ANDREAS REICHEBNER | FOTOS: ELIAS KALTENBERGER, KLENK & MEDER

S

o entwickelte sich aus einem Zwei-Mann-Betrieb in einem halben Jahrhundert mit der Klenk & Meder GmbH ein Konzern, der mittlerweile 750 Menschen, zählt man die Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter hinzu, gar über 900 Leute beschäftigt. Und trotzdem sind die Unternehmenskultur und die Prinzipien, die Firmengründer Herbert Klenk sen. zeit seines Lebens hoch gehalten hat, gleich geblieben. „Flexibilität und Handschlagqualität waren für ihn wichtig und seine Türe war stets offen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, formuliert es Geschäftsführer Herbert Klenk jun. bei der Pressekonferenz anlässlich des Firmenjubiläums. „Seine Leute haben zu ihm ohne Termingesuch kommen können, ob es sich um private oder auch berufliche Probleme gedreht hat, er hatte immer ein offenes Ohr“, stößt dessen Bruder Wolfgang, als Prokurist im Unternehmen vorwiegend mit rechtlichen Angelegenheiten und Personalfragen betraut, ins gleiche Horn, wenn es darum geht seinen Vater zu beschreiben. Humanistische Unternehmenskultur gleich geblieben Diese Unternehmenskultur, die sich in einem der vielen humanistischen Sager von Herbert Klenk sen. wie „Unser Kapital sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ ausdrückt, wird noch aktiv gelebt, obwohl sich der Personalstand verzigfacht hat und man nun riesige und prestigeträchtige Projekte wie den Hauptbahnhof Wien, das Goldene Quartier im ersten Bezirk in Wien, den Millennium Tower, den Raiffeisen EOD Tower, den Flughafen Wien, die WU Wien, das Regierungsviertel in St. Pölten und die Landeskliniken Mödling, Baden und Neunkirchen äußerst erfolgreich abwickelt. Das ist nicht nur durch die Aussagen von Herbert und Wolfgang Klenk immanent, sondern auch wenn man mit den Menschen im Unternehmen spricht – der Gedanke einer großen Familie ist im Betrieb deutlich zu spüren. „Mein Bruder Herbert geht jeden Tag in der Früh durch die Firma und ist für unsere Leute direkt ansprechbar, er hat da immer die Finger am Puls“, erzählt Wolfgang

Klenk, dessen Tür „natürlich auch immer offen steht.“ Gemeinsam mit dem dritten Bruder Alexander, der als Elektromonteur im Projektgeschäft arbeitet, sind die drei Begünstigte in der Klenk Privatstiftung und Geschäftsführer der BeteiligungsGmbH. Seit 1999 ohne den Firmenmitbegründer Meder Dafür hat der Papa Kommerzialrat Herbert Klenk, der 1999 die Anteile seines damaligen Firmenpartners und Mitbegründers Helmut Meder auf dessen Wunsch übernommen hat, gesorgt. „Der Herbert ist der Kaufmann mit Übersicht und steht seit 2003 als

Karriere mit Lehre ist bei Klenk & Meder keine leere Worthülse. GESCHÄFTSFÜHRER HERBERT KLENK

Geschäftsführer an der Spitze. Wir besprechen zwar alles gemeinsam, aber am Ende muss einer das entscheidende Sagen haben. Über meinen Schreibtisch geht jede Ausschreibung und rechtliche Angelegenheit, der Alexander ist eher ein lockerer Typ, ihm macht es Spaß im Projektgeschäft zu arbeiten“, so Wolfgang Klenk. Eine sehr gute Mischung, weil auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter diesen Geist verspüren, und ein Mitgrund an der unglaublichen Entwicklung von Klenk & Meder. Dass die Menschen im Unternehmen zählen, beweist die

geringe Fluktuation. Und auch, wenn wer eine andere Herausforderung sucht – „Reisende soll man nicht aufhalten“, war auch ein Spruch vom Senior – steht engagierten Mitarbeitern die Tür zur Rückkehr in die Firma immer offen. So erlangt man neben der innerbetrieblichen Fachkompetenz und des Know-how-Erwerbes – Klenk & Meder setzt auf eine professionelle und praxisorientierte Ausbildung – auch zusätzliches Fachwissen. Zurzeit bildet man 90 Lehrlinge u. a. auch in der eigenen Lehrlingsakademie aus. „Wir würden aber viel mehr aufnehmen“, so Herbert Klenk, „denn engagierte und gut geschulte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind an unserem ständigen Aufbau beteiligt, jede und jeder leistet einen wichtigen Beitrag.“ Karriere mit Lehre ist im Klenk & Meder Unternehmen keine leere Worthülse, viele ehemalige Lehrlinge sind nun Leiter von Niederlassungen und Technikabteilungen, in Topbereichen führend. Selbst Herbert Klenk, nunmehr Geschäftsführer, hat in der Firma Elektrotechnik gelernt, ist durch fast alle Abteilungen gegangen. „Den letzten Schliff habe ich dann von meinem Vater bekommen“, sagt er sichtlich stolz. Im letzten Jahr sechs Millionen Meter Kabel verlegt Stolz darf man auch im fünfzigsten Jahr auf das Knacken der 100 Millionen Euro Umsatzmarke, mit 101 Millionen Euro war man im Geschäftsjahr 2017/18 sehr erfolgreich, die fünf Standorte in Österreich – St. Pölten, Krems, Purgstall, Wiener Neudorf, Wieselburg – und München, die 750 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die über 1.000 vom Unternehmen ausgebildeten Lehrlinge und die eine Million produktiven Stunden, wobei man etwa auch sechs Millionen Meter Kabel verlegt hat, sein. Teams von Klenk & Meder arbeiten in entfernten Gegenden wie Kasachstan genauso wie an hochgelegenen Baustellen, wie dem Terzerhaus auf 1.626 Metern Höhe auf der Gemeindealpe. Kein Projekt ist zu groß, auf dem Austria Campus in Wien waren zeitweise sogar 250 K&M-Monteure beschäftigt. MFG 09.18

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MFG URBAN zu und das ist in der Wirtschaft nicht üblich.“ Deshalb ist auch Lohndumping kein Thema im Unternehmen. „Wir passen da sehr auf, auch bei unseren Leiharbeitern. Das ist eine eiserne Regel bei uns, wer seine Leistung bringt, der wird auch gut bezahlt“, lässt Wolfgang Klenk den Geist seines Vaters aufleben. Auch die neue Regelung des 12-Stunden-Tages ist seiner Meinung nach „überbewertet, jedes Unternehmen sollte danach trachten, seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht zu viel zuzumuten. Wenn es notwendig ist, dann gibt es zwischen dem Betriebsrat und der Geschäftsführung eine gute Kommunikation und eine Betriebsvereinbarung“, so Klenk weiter. Die Digitalisierung wird ohnedies schon gelebt, innovative Daten- und Netzwerktechnik, Mess-, Steuerungsund Regelungstechnik im Bereich der Gebäudeautomation, Raumautomation und Industriemontage sind wie smarte Wohnsysteme längst im Portfolio des Unternehmens. Das war bei der Firmengründung noch lange kein Gegenstand der Betrachtung, viel hat sich in den letzten Jahrzehnten geändert, vor allem bei Verträgen. „Unsere Firma ist mit dem KONSUM und dem Bauunternehmen Julius Eberhardt, beide gute Kunden von uns, damals mitgewachsen. Mein

Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind unser größtes Kapital. FIRMENGRÜNDER HERBERT KLENK SEN.

Ebenso stolz ist man, dass man einem weiteren wichtigen Prinzip von Herbert Klenk sen.: „Wer hakelt, hat auch sein Geld zu bekommen“, absolut treu geblieben ist. Wie es der ehemalige, leider schon verstorbene Prokurist Rudolf Enne bei einer Ansprache in der Firma einmal so treffend formulierte: „Ich bin schon 40 Jahre hier und habe jeden Monat pünktlich mein Gehalt bekommen, das trifft nicht für alle Unternehmen 36

FAMILIENUNTERNEHMEN. Obwohl im Bereich der Digitalisierung schon längst im 21. Jahrhundert angekommen, versteht sich der Klenk & Meder-Konzern als „große Familie“.


DIE KLENK & MEDER-STORY

Unserer Familie sind Luxusgüter nicht so wichtig. Uns geht es nicht schlecht, aber wir leben eher bescheiden, sind bodenständig geblieben. WOLFGANG KLENK, PROKURIST

Vater und der Julius Eberhardt haben einen Vertrag mit 2-3 Seiten aufgesetzt und dann ist der in die Schreibtischlade gekommen, da wäre das Nachschauen ein Vertragsbruch gewesen, man hat das quasi per Handschlag erledigt. Kürzlich habe ich einen Vertrag mit über 30 Seiten durchschauen müssen, ein jeder will alle Risiken abwälzen“, erzählt Wolfgang Klenk. „Dem Unternehmen muss es gut gehen.“ – auch diese Devise vom Vater halten die drei Brüder hoch. „Uns geht es natürlich nicht schlecht, aber ich denke, wir leben alle drei eher bescheiden“, so Wolfgang. Große Villen, Yachten oder Ähnliches sind und waren kein Thema in der Familie Klenk, eher ganz normale Häuser und Reihenhäuser und die Liebe zur Familie – Herbert hat mit seiner Frau Regina

zwei Söhne - Herbert und Paul, Wolfgang hat mit seiner Frau Elvira einen Sohn Dorian. Alexander lebt mit Freundin Lisa in einer Wohnung. „Unserem Vater waren Luxusgüter auch nicht wichtig, außer sein Mercedes 500, den hat er sich geleistet und den Genuss einer Pfeife und den Messwein vom Herzinger.“ Wichtig war hingegen immer ein Familienhund, eine Tradition, die in der Familie von Herbert und Wolfgang Klenk weitergeführt wird – dort bellen zurzeit Balu und Merlin im trauten Heim. Bodenständigkeit, zu der auch Mutter Luise gehörig beigetragen hat, kann man das nennen – ein sympathischer Gestus in Verbindung mit einem großen St. Pöltner Elektrotechnik-Konzern, der sich 2001 durch die Übernahme des Installationsbetriebes

Maroscheck auch zu einem veritablen Gesamtanbieter im Bereich der Gebäudetechnik entwickelte. Rund 250 „gelb-rote“ (die Farben der Firma) Autos sind unterwegs, „um das Leben der Menschen einfacher zu machen“, wie Geschäftsführer Herbert Klenk seinen Impetus und dem des modernen K&M-Unternehmens definiert. Wie hat Herbert Klenk sen. immer gesagt: „Ihr müsst mich mal aus dem Büro tragen.“ Im September 2016 traf dies ein, er war in seinem Büro gestorben. Zwei Jahre vor dem großen Jubiläum, er wäre aber nicht minder stolz auf sein Unternehmen, seine Söhne und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, und die Bilanz, die von der Klenk & Meder GmbH nach 50 Jahren gezogen wurde. MFG 09.18

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MFG ADVERTORIAL

Im September ist das VAZ wieder Schauplatz der AK-Berufsinfo Messe. Wir sprachen mit AK-Präsident Markus Wieser über Karriere mit Lehre & aktuelle Bildungstrends. Lehre hatte – gegenüber weiterbildenden Schulen – in Vergangenheit einen gesellschaftlich „minderen“ Beigeschmack. Ein Aspekt, der sich in den letzten Jahren zu drehen scheint. Was macht Lehre attraktiv? Die Chancen am Arbeitsmarkt – Stichwort Facharbeitermangel – sind mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung deutlich höher. Das Thema „eigenes Geld verdienen“ spielt auch eine wesentliche Rolle. Denn eine Lehre ermöglicht ein gutes Einkommen und bietet zudem beste Zukunftsperspektiven. Welche Tendenzen gibt es bei der Messe, die ja sowohl weiterführende Bildungsmöglichkeiten nach der Grundschule als auch den Einstieg ins Berufsleben thematisiert? In den letzten Jahren konnten wir auch eine Trendumkehr feststellen, von Schule zur Lehre. Das liegt aber auch an dem praxisbezogenen Einblick unserer Austeller bei der Messe „Zukunft. Arbeit.Leben“. Das Ziel ist, dass die persönlichen Stärken zu den passenden Ausbildungen führen. Auch gilt es, die verschiedenen Möglichkeiten der Lehrberufe bekannter zu machen. Es gibt mehr als 200 Lehrberufe und eine enorm große Vielfalt. Viele Betriebe beklagen einen Lehrlingsmangel – obwohl es Angebote gibt, finden sich nicht genug Interessenten. Warum? Eine der Hauptursachen liegt sicher im Bereich der rechtzeitigen Berufsorientierung in der Pflichtschule. In diesem Zusammenhang haben die NÖ Sozialpartner (AK/WK) ein österreichweit einzigartiges Vorzeigeprojekt gestartet, nämlich einen eigenen Lehrgang an der pädagogischen Hochschule zum Thema „Berufsorientierung“, wofür auch die Finanzierung übernommen wird. Wenn die Lehrkräfte mit der Vielfalt der Berufe besser 38

LEH RE? SCH ULE? WAS NU N?

EINTR ITT

FREI

A K- BE RU FS IN FO M ES SE ELTERN BERUFS- UND BILDUNG SINFOS FÜR SCHÜLER /INNEN UND

22. SEPT. 2018 akyoung.at

VAZ ST. PÖLTEN 9 – 14 UHR

facebook.com/akyoung.noe


FOTOS: ZVG/AKNOE

vertraut sind, können sie dieses Wissen in weiterer Folge auch an die Schülerinnen und Schüler weitergeben.

Von Betrieben wird oft bemängelt, dass manche Jugendliche zu schlecht ausgebildet sind, was etwa sprachliche Kenntnisse, Grundkenntnisse der Mathematik etc. betrifft. Welche Mindestanforderungen müssen heute Jugendliche einbringen? Die klassischen Hilfsarbeiterjobs gibt es de facto nicht mehr. Zu jedem Beruf gehören entsprechende Anforderungen und Qualifikationen. Die Arbeiterkammer bringt sich hier in großem Maße ein. In diesem Zusammenhang erwähnt sei die Mitwirkung bei dem Erstellen und Begutachtungen von Lehrplänen und Berufsbildern. Die Messe gibt es schon über zwei Jahrzehnte, inwiefern hat sich die „Jugend in der Arbeitswelt“ gewandelt ? Zwei wesentliche Elemente sind im Vergleich der letzten Jahrzehnte hervor zu streichen. Wir haben einen zusätzlichen Elterntag eingeführt am Wochenende, wo Mütter und Väter mit ihren Kindern die Messe besuchen können. Denn gerade die Eltern spielen bei der Berufswahl eine große Rolle, und bei der Messe lernen sie verschiedenste Berufe und Ausbildungsmöglichkeiten vor Ort und hautnah kennen. Dazu kommen in den letzten Jahren immer mehr erfolgreiche und staatlich ausgezeichnete Unternehmen, die sich bei der Messe präsentieren und den Jugendlichen einen besseren Einblick in die Berufswelt geben. Das ist eine echte win-winSituation für alle Beteiligten. Die Unternehmen lernen ihre potenziellen Fachkräfte direkt vor Ort kennen, und die Jugendlichen können sich ein Bild von ihrem vielleicht künftigen Lehrbetrieb machen.

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AKNÖ Präsident Markus Wieser macht mit den Jugendlichen auf der AK-Berufs-Infomesse im VAZ St. Pölten Nägel mit Köpfen.

Welche Rolle spielt der technologische Wandel? Viele Experten befürchten auf Sicht einen radikalen Arbeitsplatzverlust in produzierenden Segmenten – Roboter werden viele Aufgaben übernehmen. Es wird viel Neues entstehen. Vieles, von dem wir heute noch gar nichts wissen. Aber eines ist klar: Der digitale und technologische Fortschritt muss allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu Gute kommen. Es ist daher entscheidend, alle mitzunehmen auf dem Weg in die Zukunft und keine Ängste zu schüren. Denn Angst ist kein guter Ratgeber. Wo Angst regiert, hat Vernunft Sendepause.

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Leben

all


SHORTCUT KULTUR

FOTOS: GUUKA-FOTOLIA.COM, HELMUT WIMMER, MICHAEL ADAM

BLÄTTERWIRBEL

KOLUMNE THOMAS FRÖHLICH

BLÄTTER UND HÖFE Na, wenn das jetzt einmal kein ordentlicher Sommer war. Jene, die im Winter üblicherweise lautstark die Kälte beklagen, raunzten im August zwar im schwitzenden Wettstreit darum, wer von ihnen die Hitze noch weniger ausstehen konnte – der Schreiber dieser Zeilen hingegen gibt zu: Ihm hat‘s ‘taugt. Doch trotz schwindender Temperaturen besteht auch für den dräuenden Herbst Grund zur Vorfreude: Nach einigen beklemmend höfefestlosen Jahren dürfen wir uns am 29. September wieder eine klasse Riege an Veranstaltungen in St. Pöltens pittoresken Innenhöfen zu Gemüte führen. Das Höfefest 2018 erfolgt diesmal erstmalig unter der Regie von Patrizia Liberti, der ich jetzt schon den virtuellen goldenen MFG-Orden für besondere Verdienste um die Stadt überreiche. Im Oktober wirbelt‘s dann wieder anständig. Zum 13. Mal geht nämlich das ziemlich einzigartige Literatur- und Theaterfestival Blätterwirbel unter der Ägide des Landestheaters dortselbst sowie im Stadtmuseum, Cinema Paradiso, in der Landesbibliothek und auf St. Pöltens Straßen über die Bühne. Hervorgegangen ist das Ganze aus dem von Künstlerinnen, Kunstvermittlern und einfach Menschen mit vielen und guten Ideen 2006 erarbeiteten Kulturentwicklungsplan: nicht zuletzt im Hinblick auf die angestrebte KulturhauptstadtWerdung zwei recht wesentliche Veranstaltungen, die auch über einen g‘scheiten USP (Unique Selling Point, ehschowissen) verfügen. Und dass diesmal speziell im Stadtmuseum ausgiebig kinderund jugendfreundlich gewirbelt wird, ist jetzt einmal eine zusätzliche Empfehlung wert.

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er Blätterwirbel treibt wieder Literatur vom Feinsten durch die St. Pöltner Straßen und hinein in die Köpfe und Herzen seiner literatur­ interessierten Bürger. Im Stadtmuseum, cinema paradiso, Landestheater

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& Co. sind dabei neben Größen wie Josef Winkler, Erich Hackl oder Felix Mitterer auch heimische „Literaturgewächse“ am Start. Selbst schon ein Star im deutschsprachigen Literaturbetrieb kommt etwa Milena Michiko Flašar zu einer Lesung in ihre Heimatstadt und liest aus ihrem aktuellen Buch „Herr Kato spielt Familie” (21.10. Stadtmuseum). Die Literarische Gesellschaft St. Pölten stellt ihr neues etcetera zum Thema „Höhle” vor, aus dem niemand Geringerer als Robert Schindel auszugsweise lesen wird (10.10. Stadtmuseum), und Thomas Fröhlich lädt u. a. wieder „zum schaurig-schönen Halloween-Abend“ ins Cinema Paradiso am 31. Oktober. Diesmal spricht Gerald Axelrod über Mary Shelleys Frankenstein, im Anschluss wird James Whales Filmklassiker „Frankensteins Braut“ (1935) „in dunkel schillerndem Schwarzweiß“ mit Boris Karloff und Elsa Lanchester gezeigt. Der Herbst hat ebenso – im wahrsten Sinne des Wortes – auch seine schönen Seiten!

ES HERBSTELT KRIMIS IN DER ALTSTADT

lles hat mit einem Zufall begonnen“, erzählt Philipp Marouschek. Der kulturaffine Jurist, der lange Zeit in Berlin gelebt hat, wollte eine Lesung für Andreas Gruber organisieren. „Erstens, weil er ganz großartige Bücher schreibt, die es regelmäßig auf die Spiegel-Bestseller-Liste schaffen. Zweitens, weil er zwischen Wien und St. Pölten wohnt, und drittens, weil ich mir dachte, so eine Lesung würde Spaß machen und meiner Geburtsstadt durchaus guttun – wo man sich doch gerade als Kulturhauptstadt 2024 bewirbt.“ Aus der Idee ist der 1. St. Pöltner Krimi-Herbst geworden, mit neun Krimi-Kapazundern von Glauser-Preisträger Roland Spranger über Zoe Beck bis Max Pentow. Sie lesen aus ihren Büchern im NV Project Space in der Rathausgasse, von 4. bis 13. Oktober, jeweils um 19 Uhr. Alle Infos gibt es unter www.krimi-herbst.at


MFG ADVERTORIAL

FESTSPIELHAUS ST. PÖLTEN / BÜHNE IM HOF

! É L O N E M ¡CAR CARMEN-Schwerpunkt im Festspielhaus! Wenn Tanz-Legende Carlos Acosta höchstpersönlich als Escamillo am Parkett begeistert und sich der französische Star-Choreograf José Montalvo an eine der bekanntesten Frauenfiguren der Literaturgeschichte wagt, ist Sevilla im Herbst nur einen Katzensprung entfernt!

Tanz-Superstar Carlos Acosta bestreitet mit seiner jungen kubanischen Compagnie den Saisonauftakt am 22. September. Höhepunkt des vierteiligen Festabends ist Acostas „Carmen“, in der die TanzLegende selbst die Rolle des Escamillo interpretiert. Das TonkünstlerOrchester sorgt live für andalusische Klänge aus dem Orchestergraben! José Montalvo ist dem Publikum mit seinem Sensationserfolg „Y Olé!“ noch in bester Erinnerung. Nun präsentiert er in seinem „Carmen(s)“ am 13. Oktober gleich mehrere Freiheitsheld-innen. In einem Mix aus Tanz, HipHop, Flamenco und LiveMusik ersetzen Fröhlichkeit und Lebenslust Tragik und Frauenmord. Die Folk- und Bluessängerin Lizz Wright entführt zwischen den beiden Carmen-Abenden am 28. September eine Nacht lang in die amerikanischen Südstaaten.

FRAUENPOWER PUR

„Beide sind Frauen. Die eine stammt von der grünen Insel, die andere aus der grünen Mark. Die eine wird im Wall Street Journal als ‚…one of the true glories of Irish music today‘ bezeichnet, die andere würde mit ihrer spitzen Zunge selbst Wall Street-Kapazundern das Fürchten lehren“, bringt Pressesprecher Dieter Regenfelder den Saisonauftakt perfekt auf den Punkt.

„CARMEN(S)“ VON JOSÉ MONTALVO © PATRICK BERGER

Infos und Tickets unter www.festspielhaus.at |

/festspielhaus |

/FestspielhausSTP

FOTOS: KATRIN BERGER, FRANZISKA SCHRÖDINGER, WELTENKLANG/ZVG

Poetry-Slamerin Lisa Eckhart, die am 14. September gastiert, ist DIE Entdeckung und Senkrechtstarterin der deutschsprachigen Kabarettszene. Ihre „spitze“ Zunge kommt dabei in elegantestem, larmoyantem Schönbrunner Deutsch daher, ihre Wortspiele haben es aber bitterböse in sich und springen einen aus dem Hinterhalt an. Und während man eben noch über die anderen Looser lacht, bleibt einem plötzlich das Lachen im Hals stecken, weil man mitbekommt, dass man selbst im Zentrum der Zielscheibe steht. Eckharts Sprache ist treffsicher, auf dass es mit der fidelen Selbstgefälligkeit vorbei ist.

Ein sphärisches Gegenprogramm bietet, wenn man so möchte, dahingegen das Konzert von Karan Casey am 19. September. Die Dame zählt mit über 600.000 verkauften Tonträgern zu den erfolgreichsten und berühmtesten Stimmen der grünen Insel. Ihre Lieder sind eingängig und voller Harmonie und verströmen diese ganz besondere Art von Zuversicht und Friedlichkeit, die einen die Welt mit optimistischeren Augen betrachten lässt – eine Wohltat! www.buehneimhof.at

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MFG KULTUR

DAMON ALBARN KANN KEIN ZUFALL SEIN

Die Szene wirkt wie die Anfangssequenz aus einem Film des Neorealismo. Nach Norden hin laufen gut 200 Meter lang die nüchternen Verwaltungsgebäude der Neuen Herrengasse auf einen imaginären Fluchtpunkt zu, aus dem sich irgendwann ein schwarzer Punkt löst, der langsam und größer werdend auf uns zukommt, bis schließlich Michael Duscher, Geschäftsführer der NÖ Kulturlandeshauptstadt St. Pölten GmbH, in schwarzem Anzug vor uns stehen bleibt und vom Fahrrad steigt. 42


TEXT: JOHANNES REICHL | FOTOS: ELIAS KALTENBERGER

B

ei einem deutungsschwanger aufgeladenen Thema wie der Kulturhauptstadt, über die wir plaudern möchten, drängt sich da natürlich sofort eine wunderbare Symbolik auf – Duscher, der sein Büro im Rathaus hat, kommt ins Regierungsviertel (ein kein sehr häufiger Weg für Einheimische) und verknüpft damit Altstadt mit Regierungsviertel, Historie mit Gegenwart, offizielles St. Pölten mit offiziellem Land, was er als Kopf der NÖ Kulturlandeshauptstadt St. Pölten GmbH mit ihren jeweils 50% Gesellschaftern Stadt St. Pölten und Land Niederösterreich quasi auch in persona repräsentiert und damit einhergehend auch für eine neue Form kooperativer Zusammenarbeit zwischen den Körperschaften steht. Und selbstverständlich hat er auch den Klangturm nicht zufällig als Treffpunkt für unser Gespräch ausgewählt (s. auch S. 3), „denn natürlich möchten wir diesen in Zukunft wieder bespielen!“ Zudem gewährt er von seiner Plattform auf 45m Höhe aus einen herrlichen Blick auf St. Pölten und bis weit hinein ins Umland, was auch für eine neue Perspektive steht, die über den Tellerrand hinausgeht. Die Handlungsfelder Womit wir schon zu einem der großen Handlungsfelder kommen, die man in den letzten Monaten herausdestilliert hat und die Eingang in die Bewerbung finden. „St. Pölten bewirbt sich als Kulturhauptstadtregion! Es gibt ein unglaublich mit Kultur aufgeladenes Umfeld, das Teil der Bewerbung werden soll.“ Duscher führt diesbezüglich die „üblichen Verdächtigen“ wie Grafenegg, Krems, Göttweig, Schallaburg, Melk oder Lilienfeld an. Diese Region gelte es als kulturtouristische Marke zu etablieren und zu vermarkten, „mit der Kulturhauptstadt St. Pölten als Zentrum.“ Anknüpfungspunkte – die freilich in weiterer Folge erst von einer künstlerischen Leitung herausgearbeitet werden müssten – würden sich zuhauf anbieten: „Etwa barockes Melk – barockes St. Pölten, Klangraum Krems – Klangturm St. Pölten, die Traisen als verbindendes Element.“ Zugleich – das ist der über den Mo-

tor Kultur ausgelöste und erhoffte Nachhaltigkeitseffekt – geht es damit um die Entwicklung einer starken Region an sich also auch um Fragen der Verkehrsanbindung in diesem Raum, der Vernetzung der Gemeinden untereinander, der regionalen Zusammenarbeit und Arbeitsteilung etc. Das Thema „urbaner und ländlicher Raum“ wird ebenso eine gewichtige Rolle im Rahmen der Bewerbung spielen. „Wir erleben global ein sehr starkes Land-Stadt-Gefälle, ja eine zunehmende Verödung des ländlichen Raumes. Die Frage wird sein, wie man diesem Prozess entgegenwirken kann, welche positiven Wechselwirkungen man fördern und erzielen kann. Was kann das Land für die Stadt tun, was umgekehrt die Stadt für den ländlichen Raum – das wollen wir sehr stark ins Zentrum der Auseinandersetzung rücken und mögliche neue Wege gehen und aufzeigen.“ St. Pölten soll in diesem Sinne – wie auch in anderen Kontexten – Duscher zufolge eine Art, „Vorzeigemodell für eine lebenswerte europäische Mittelstadt werden. Zu diesem Zwecke müssen wir von Europa, von anderen lernen, umgekehrt soll aber auch Europa von St. Pölten lernen können.“ Duscher schweben daher, im Übrigen schon während des Bewerbungsprozesses und nicht etwa erst im Kulturhauptstadtjahr, „Versuchslabore und Experimentierfelder in St. Pölten vor, wo wir neue Ansätze ausprobieren, wo es etwa um die Stadt der Zukunft geht.“ Im Sinne eines open sourceAnsatzes sollen diese Projekte transparent vonstattengehen und jederzeit verfolgt werden können „weshalb die Kulturhauptstadt nicht nur vorort, sondern auch virtuell stattfinden wird. Unser Wissen und unsere Erfahrungen sollen für alle in Europa abrufbar und nachvollziehbar sein.“ Einen weiteren Schwerpunkt bildet „Öffentlicher Raum. Da geht es etwa um die Verbindungen und Wege innerhalb der Stadt, um Plätze, um Verweilbarkeit.“ Duscher führt als Beispiele „Evergreens“ wie die Achse Altstadt – Regierungsviertel, Domplatz oder das Glanzstoff-Areal „als spannende Räume an, über die wir jetzt nachden-

ZUR PERSON Michael Duscher, 50, scheint the right man at the right place at the right time zu sein. Als Geschäftsführer der NÖ Kulturlandeshauptstadt St. Pölten GmbH, welche die Bewerbung vorbereitet und in Folge die Kulturhauptstadt abwickeln wird, scheint er dank seiner bisherigen Berufsstationen geradezu prädestiniert. So war Duscher im Marketing von Lauda Air tätig, zehn Jahre arbeitete er bei der Österreich-Werbung mit Schwerpunkt „Internationales Marketing“, vier Jahre als Prokurist und Marketingleiter des MuseumsQuartiers Wien, wo er u.a. fürs Standortmarketing sowie die Programmierung der Außenflächen zuständig war, und zuletzt als Geschäftsführer der NÖ Festival & Kino GmbH. Als Gitarrist der Band Villalog kennt er zudem auch die Seite der Künstler.

ken müssen.“ Ein großes Anliegen sei dabei u. a. die Schaffung konsumfreier Zonen sowie Orte der Erholung, wie sich St. Pölten überhaupt – womit man auf die Markoebene der gesamten Bewerbung kommt – noch stärker von einer Nutzstadt, „wo man etwa studiert und arbeitet, dann aber wieder nachhause fährt, hin zu einer Stadt des Aufenthalts und des Verweilens entwickeln soll.“ Dazu bedürfe es vieler – teilweise schon heute funktionierender – Mosaiksteine, wobei einer ganz konkret MFG 09.18

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MFG KULTUR

St. Pölten soll ein Vorzeigemodell für eine lebenswerte europäische Mittelstadt werden. MICHAEL DUSCHER

in Kunst im öffentlichen Raum zu finden ist. Duscher schweben diesbezüglich „Interventionen oder temporäre Bespielungen vor, weil das gut zu St. Pölten passt und hier noch Freiräume bestehen.“ Außerdem könne damit wohl auch der „vorhandene Phantomschmerz der St. Pöltner in Sachen Bildender Kunst“ gelindert werden. Bleibt als letzter und im Grunde genommen entscheidender Anspruch, „Kultur für möglichst alle“ zu ermöglichen. Es geht dabei um niederschwellige Zugänge zu Kunst und Kultur, gebündelte Kommunikation 44

„des schon jetzt breiten Angebotes“ sowie noch besserer Vermittlung, wobei man diesbezüglich v. a. auch Kinder und Jugendliche noch stärker ins Visier nehmen möchte. „Es war etwa spannend zu beobachten, dass in den Gesprächen mit den künstlerischen Leitern praktisch alle eine Art kulturelles Erweckungserlebnis in ihrer Kindheit hatten. Umso später man hingegen mit Kunst und Kultur in Kontakt kommt, umso weniger weiß man damit anzufangen.“ Golden Nuggets

Herausgearbeitet, ja geradezu heraus geschürft wie Golden Nuggets aus einem breiten Fluss aus Ideen, bestehenden Grundlagen, Wünschen, Erwartungen etc., hat man all diese Ansätze in nicht weniger „als bislang 149 Gesprächen“ mit Stakeholdern aus den Bereichen Politik, Wirtschaft, Kultur und Verwaltung, im Rahmen von zwei öffentlichen Kulturforen (das dritte findet am 26.9. im Festspielhaus zum Thema „Europa“ statt), im Austausch mit der hiesigen Künstlerschaft und freien Szene, auf der KulturTOUR sowie diversen Diskussionsforen. Eine schnöde Beschäftigungstherapie oder gar Alibihandlung, um quasi den in der Ausschreibung geforderten Partizipationsprozess abzuhaken – wie manche unken – war dies nicht, wie Duscher betont, sondern „das ist ein notwendiger dynamischer und lebendiger Prozess, aus dem sich letztlich ganz konkret unsere Handlungsfelder herauskristallisiert haben bzw. der uns darin bestärkt hat, dass wir uns auf dem richtigen Weg befinden.“ Wobei für Duscher bereits der Weg ein Ziel ist. „Schon der Prozess als solcher hat etwas bewirkt und macht sozusagen etwas mit der Stadt, weil sich die Leute mit St. Pölten aktiv auseinandersetzen, auch mit der Frage, wie die Kulturhauptstadt sein könnte, welche Errungenschaften sie bringen soll, was man erreichen will oder auch, was man von der Stadt und als Stadt überhaupt zeigen möchte. Da ist eine unglaubliche Dynamik spürbar und das ist ein ganz relevanter Faktor für die Bewerbung, denn den Zuschlag bekamen zuletzt jene Städte, die das größte Veränderungspotenzial sowie den größten Veränderungswillen zeigten.“ St. Pölten als hungrige Stadt im Aufbruch sei also geradezu prädestiniert, wobei Duscher mit manch Aha-Erlebnis insofern konfrontiert war, dass das vermeintlich Selbstverständliche bislang noch gar nicht so selbstverständlich war. „So sind etwa die künstlerischen Leiter der diversen Kulturhäuser erst im Zuge unserer Gespräche zum allerersten Mal überhaupt alle an einem Tisch vereint gesessen.“ Eines der Treffen bugsierte


DAMON ALBARN KANN KEIN ZUFALL SEIN

der Manager zudem bewusst auf den SKW83, der Heimstatt von Sonnenpark und Lames, was nicht minder für manch Überraschungseffekt sorgte: „Da waren Statements zu hören wie ‚Das könnte ja genauso gut in Berlin sein.‘“ Gerade die aktive Integration und der offene Dialog mit der freien Szene sei von Beginn an ein ehrliches Anliegen gewesen, „weil das lebensnotwendig für so eine Bewerbung ist.“ Man ging sogar soweit, dass man die Plattform KulturhauptSTART, die sich als erste organisiert und lange vor den offiziellen Körperschaften für eine Bewerbung St. Pöltens als Kulturhauptstadt stark gemacht hatte, quasi in freudiger Umarmung mit ins Boot geholt hat. „Es wird ja an verschiedenen Dossiers gearbeitet, und da sitzt nicht nur immer ein Vertreter von Stadt und Land drinnen, sondern auch einer von KulturhauptSTART“, so Duscher, der bekennt: „Wir haben keine verschlossenen Türen!“ In stetem Austausch steht man logischerweise auch mit Verwaltung und Politik. „Das Gesprächsklima ist sehr positiv. Ohne Politik ginge ja gar nichts, und ich bin ehrlich froh, dass da alle in eine Richtung ziehen und uns unterstützen.“ Wie auch immer geartete politische Interventionen, was man wie einbringen oder berücksichtigen solle im Rahmen der Bewerbung, gibt es laut Duscher keine.

„Nein, wir arbeiten sehr unabhängig.“ Umgekehrt würde auch hier das Kulturhauptstadtprojekt sozusagen die Reihen schließen und Stadt und Land näher zusammenrücken lassen. „Die Bewerbung macht schon jetzt viel mit Stadt und Land, weil ja in allen Gremien beide Seiten vertreten sind und ganz selbstverständlich miteinander arbeiten. Diese Gemeinsamkeit ist sicher eine der großen Stärken unserer Bewerbung!“, ist Duscher überzeugt. Wenn man nach Vorarlberg oder Oberösterreich blickt, wo die Bewerberstädte bislang eine Bewerbung ohne Landessanktus- und gelder hochziehen, weiß man, worauf Duscher hinauswill. So meinte etwa der in der Jury sitzende Ulrich Fuchs im Mai auf die Frage, ob er eine Kulturhauptstadt Bad Ischl ohne Landesgelder für denkbar halte: „Das kann ich mir gar nicht vorstellen. Das wäre ein Unikum in der Geschichte der europäischen Kulturhauptstädte.“ Dass Duscher aufgrund der zahlreichen Protagonisten mit teils sehr unterschiedlichen, bisweilen auch durchaus egozentrischen Erwartungen, wie ein Dompteur behutsam alle bei Laune halten muss, stört ihn nicht weiter „zumal wir bislang nirgends auf Ablehnung stoßen. Alle ziehen mit und spüren, dass das eine große Sache ist.“ Ebenso nimmt er den Umstand, dass die Kulturhauptstadt aktuell bei

WEITER HORIZONT. Vom Klangturm aus hat man einen herrlichen Bilck auf die Stadt und ins Umland, das Teil einer Kulturhauptstadtregion St. Pölten werden soll.

SO GEHT’S WEITER Bis Ende des Jahres muss ein sogenanntes Bitbook abgegeben werden, das in groben Zügen die Ansätze der Bewerbung umreißt. Dieses wird im Jänner vor einer EU-Jury präsentiert, die entscheidet, welche Städte auf die Shortlist kommen und „weiterbattlen“ dürfen. In Folge wird – inklusive einer Kulturstrategie bis 2030 – bis November 2019 die finale Bewerbung aufbereitet, die in eine zweiten Präsentation mündet. Danach entscheidet die Jury, welche Stadt den Zuschlag als Europäische Kulturhauptstadt 2024 bekommt. Die Chancen für St. Pölten stehen dabei – nicht zuletzt dank des klaren Bekenntnisses von Stadt und Land, die alleine für die Bewerbung drei Millionen Euro in die Hand nehmen – nicht schlecht. Aus Vorarlberg gehen die Städte Dornbirn, Hohenems, Feldkirch und die Region Bregenzerwald gemeinsam an den Start. Eine Unterstützung des Landes ist dort aber ebenso ausständig wie beim Bewerber Bad Ischl, das mit mehreren SalzkammergutGemeinden antritt. In den Ring dürfte zudem noch Klagenfurt.

jedem Thema aufpoppt, auch solchen, die gar nichts damit zu tun haben, und damit in der Wahrnehmung als Projektionsfläche für – frei nach Gunkl – „eh alles“ herhalten muss, nicht weiter schlimm. „Man kann das ja auch positiv sehen, weil es trotzdem mit Ideen einhergeht, mit der Vorstellung, wie etwas sein könnte.“ Duscher stellt aber unmissverständlich klar, dass die Kulturhauptstadt GmbH nicht die Politik als solche ersetzt. „Unsere Kommunikation ist da ziemlich klar. Wir denken über Kulturinfrastruktur nach, über Kulturpotenziale, über Verbindungen und Vernetzungen, versuchen auch eine Geografie möglicher Spielorte zu schaffen und natürlich geht’s um die Programmierung.“ Es werde aber klar differenzieren, wer wofür zuständig ist – kommen etwa Fragen des Verkehrsplanung, Straßen etc. ins Spiel, lägen die Kompetenzen und Entscheidungsbefugnisse anderswo. Sehr wohl sei aber wichtig, dass man die Projekte in einem ganzheitMFG 09.18

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MFG KULTUR

DAMON ALBARN KANN KEIN ZUFALL SEIN

Den Zuschlag bekamen zuletzt jene Städte, die das größte Veränderungspotenzial sowie den größten Veränderungswillen zeigten. MICHAEL DUSCHER

man Damon Albarn in der ZEIT, in dem dieser meinte: „Diese Idee mit den sogenannten Partnerstädten mag einem vielleicht lachhaft und antiquiert erscheinen, aber ich finde sie nach wie vor großartig. Diese Art von kulturellem Austausch hält Europa zusammen, wenn uns diese Gemeinsamkeiten abhandenkommen, fliegt uns die EU um die Ohren.“ „Das ist eine ganz starke Aussage und passt perfekt zu dem, was wir vorhaben und unser Anliegen ist!“, so Duscher! Und nach einer kurzen Pause fügt er zum Abschluss schmunzelnd hinzu: „Albarn war ja heuer am Frequency Festival in St. Pölten – vielleicht hängt ja alles irgendwie zusammen?!“ Ein gutes Omen also?

M I T T E N D R I N S T AT T NUR DABEI Das nächste KulturFORUM #3, wo jeder Bürger mit dabei sein und sich einbringen kann, findet am 26. September 2018 im Festspielhaus St. Pölten statt. Diesmaliger Schwerpunkt: „Europa“. www.st-poelten2024.eu

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lichen Kontext denke und begreift, wo dann eben verschiedene Protagonisten involviert sind. „Wir können also etwa nicht sagen, wir reden über die Anbindung Altstadt-, Regierungsviertel, dann über Wege, dann über den Domplatz und am Schluss über Verkehrslösungen, sondern das muss man klarerweise schon alles von Beginn an mitdenken.“ Bleibt zuletzt noch die Frage nach Europa, der auch das nächste KulturFORUM gewidmet ist. Diesbezüglich meint Duscher etwas kryptisch „dass wir Nachbarschaft wirklich leben und Gastfreundschaft so radikal wie möglich umsetzen möchten“ und verweist dann auf ein kürzlich erschienenes Interview von Blur- und Gorillaz Front-

Danach schwingt sich Duscher wieder in den Sattel und radelt back in town – vom Regierungsviertel in die Innenstadt. 2024 vielleicht schon verabschiedet von einem Klangturm, der diesen Namen verdient, auf attraktiven Wegen, die die beiden Stadtteile nicht nur verbunden, sondern fusioniert haben, vorbei an flanierenden Besuchern aus ganz Europa, hinweg über einen genialen Domplatz, auf dem Autos nur stören würden, und durch eine City voller Lebendigkeit, die 2018 die richtigen Weichen für die Kulturhauptstadt St. Pölten gestellt hat.

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DIE MINIMAL[L]ISTEN Warum immer größer, wenn es auch kleiner geht? In der Fuhrmannsgasse 15 befindet sich seit März 2018 St. Pöltens kleinstes Einkaufszentrum – mit einem Produktmix, den es in der Form hierzulande wahrscheinlich noch nie gegeben hat. Thomas Fröhlich wollte auf einen Sprung vorbeischauen … und dann wurden Stunden daraus.

W

as haben „Cthulhus Ruf“, CBD und ein so genanntes „Stadtregal“ gemeinsam? Antwort: All das gibt es in der St. Pöltner Minimal[l], dem kleinsten Einkaufszentrum der Stadt. Gleich neben dem EGON, das seit einiger Zeit wieder seinem Ruf als eine der coolsten Örtlichkeiten St. Pöltens gerecht wird, betritt man eine Art Doppel-Wohnzimmer, in dem der Blick erst einmal über jede Menge Brettspiele gleitet, die nicht nur das Herz von Rollenspielern vor Freude hüpfen lässt. Im Nebenraum dann werden therapeutische Hanfprodukte sowie veganes Allerlei angeboten – und dann sind da noch diese (einstweilen noch leeren) Regale, die demnächst mit Produkten bespielt werden sollen. „Im Grunde sind es drei Geschäfte, die hier gemeinschaftlich betrieben werden“, klärt Julian Diendorfer auf. Er selbst, zumeist von einem schön steampunkigen Zylinder behütet, ist gemeinsam mit Clemens Lasslesberger

für JuPet, das Geschäft für Brettspiele, Pen&Paper-Rollenspiele sowie Würfel- und Kartenspiele verantwortlich. Was sofort auffällt: Hier geht’s nicht um den schnellen Konsum, sondern um einen freundlichen und respektvollen Umgang miteinander. Spiele kann man also nicht nur kaufen, man darf und soll sich auch vor Ort beraten lassen und nach Lust und Laune mitspielen. „Wir haben an vier Tagen bis 21 Uhr geöffnet“, meint Clemens, und Julian ergänzt: „Aber wenn gespielt wird, kann‘s auch einmal halb drei Uhr nachts werden.“ Klar: Spiele mit dem Titel „Villen des Wahnsinns“ (Lovecraft-Afficionados dürfen da gleich einmal hemmungslos jubeln) wollen vielleicht eher in nächtlichem Setting ausprobiert werden. Und Cle-

Wir bieten Dinge an, die es eben nicht in den Großkaufhäusern vor den Toren der Stadt gibt. OLIVER KARNER

TEAMWORK. Wenn‘s drauf ankommt, springen Paul Purgina, Julian Diendorfer und Gernot Kulhanek (v.l.n.r.) für einander auch über die unterschiedlichen Produktzonen hinweg ein. 48


TEXT: THOMAS FRÖHLICH | FOTOS: ELIAS KALTENBERGER, EXQUISINE-FOTOLIA.COM

KOLUMNE ROUL STARKA

NOSTALGIE

mens und Julian sind echte SpieleNerds. Als Koch kam Julian in der ganzen Welt herum – „und überall bin ich auf Brettspieler gestoßen, aus denen auch oft gute Freunde wurden.“ Er beschloss, seine große Leidenschaft zum Beruf zu machen – und das vorläufige Endergebnis heißt nun JuPet. „Der Unterschied zu Online-Spielen?“ Clemens erklärt: „In der virtuellen Welt geht’s mitunter sehr tief zu. Da sind die wüstesten Beschimpfungen an der Tagesordnung. Wenn du aber deinem Mit- oder auch Gegenspieler gegenüber sitzt, verhältst du dich anders.“ Klar: Hier wird nicht aus der Anonymität heraus agiert – dein Gegenüber hat ein Gesicht, einen Namen und eine Geschichte. Gesicht und Geschichte sind auch fürs Vegon, den zweiten Laden der Minimal[l], elementar. Gernot Kulhanek, eigentlich Sozialpädagoge, hat das Einkaufszentrum gleichsam aus der Taufe gehoben: „Begonnen

hat‘s als Sozialprojekt mit arbeitslosen, traumatisierten Jugendlichen. Da gab‘s zum Beispiel einen, der hatte Angststörungen und konnte den Mund nicht aufmachen. Wollte aber Verkäufer werden. Hier, im Vegon, hat er gleichsam seine Sprache wieder gefunden. Der hat jetzt einen ganz regulären Job. Hat also geklappt.“ Und Gernot umreißt seinen nächsten Plan: das Stadtregal. „Das ist eine Non-Profit-Variante. Du kommst zu uns, hast, sagen wir, selbst gemachten Honig. Du stellst den in ein Regal und erzählst uns, den Betreibern, ein bissl was über dein Produkt. Am nächsten Tag kommt jemand rein, der das haben will. Wir geben ihm die Infos und sagen ihm, über wieviel Geld sich der Produzent vielleicht freuen tät‘. Aber wie gesagt, die Geldhöhe ist kein Muss.“ Gernot sieht sich da eher in einer Vermittlerrolle: „Es ist eine gemeinschaftliche Gegenbewegung zu ‚Geiz ist geil‘. Es geht da vielleicht

Es kann natürlich sein, dass die heutige Themenwahl eine Alterserscheinung ist – ein Anliegen ist sie allemal. Passend schreib ich zunächst mit der Hand. Gestern im St. Pöltner Bad: Meine Frau und ich wollen beim neuen Imbiss einen Kaffee trinken, alle Tische sind besetzt. Wir gehen zu einem Tisch, an dem zwei tüchtige, junge Männer sitzen, und fragen: „Grüß Gott, da ist alles besetzt, dürften wir uns bitte zu euch dazusetzen?“ Der Erste, sein Eis weiter laut schlürfend: „Hä?“ Der Zweite schleckt sein Eis noch lauter und glotzt auf sein Handy. Neuer Anlauf: „Ja, also, wenn es euch nichts ausmacht, würden wir uns gern dazusetzen, an eurem Tisch sind noch zwei Stühle frei!“ Der Zweite, kräftig und handytippend: „Wos? Ah so, najo, jo.“ Mit Blickkontakt schaut‘s schlecht aus, wir lächeln, bedanken uns höflich – und denken das Gleiche. Die Buben, Männer um die 25 wohlgemerkt, schlecken weiter ihr Eis, das meiste bleibt in ihren Mundwinkeln picken, weil es ja keine Mama abwischt. Sie kratzen sich grunzend im Schritt – und verlassen den Tisch grußlos. Das gute Kraut in den Wurstsemmeln im damaligen Kaltbad, Menschen, die beim Betreten und Verlassen eines Raumes laut und höflich grüßen, Blickkontakt, wenn dich wer anspricht, der Humor selbst … Vergangenheit. Vom ‚Plastik‘ in unserem Benehmen und in unserer Sprache bis zum Plastik in unseren Weltmeeren ist es nur ein kleiner Schritt. Was bleibt, sind grottenschlechte Witze mit grammatikalischem Würgereflex, rosa eingefärbt auf Facebook.

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MFG KULTUR

DIE MINIMAL[L]ISTEN

GEMEINSCHAFTLICHES AUFTRETEN. Marketingchef Oliver Karner, Spielenerd Clemens Lasslesberger und Hanf-Spezialist Hubert Hausmann ziehen an einem Strang.

sogar um eine Art der Großzügigkeit. Jemand, der mehr Geld zur Verfügung hat, wird vielleicht mehr für das Honigglasl zahlen als jemand, der nur wenig hat. Kriegen tut‘s dann der Produzent. Oder der findet selber wieder etwas in unserem Regal, das er gerne hätte“ Und es seien eben keine gesichtslosen Produkte; jedes verfüge über ein Gesicht und eine Geschichte. Derlei Stadtregale gebe es in vielen Städten wie etwa Berlin. „Und dort funktionieren die ganz prächtig.“ Der Schreiber dieser Zeilen gibt zu, dass er sich das nicht so ganz vorstellen kann, hofft aber inständig, dass dies nur an seiner temporären Fantasielosigkeit in Zeiten des Raubtierkapitalismus liegt. Auf jeden Fall kam in die Räumlichkeiten des Vegon dann das JuPet hinzu. Und als dritte Säule gesellte sich dann Hempcare, der Laden für Premium-CBD-Produkte, zu den Obgenannten. CBD? Das hat doch was mit Cannabis zu tun, oder? Und wie ist das jetzt mit dem Hanf? „Nein, du kriegst bei uns keine ‚Haschgiftspritzen!“, meint Paul Purgina, einen österreichischen Politiker der etwas einfältigeren Art zitierend, und lacht recht ansteckend. „Cannabis ist eine ‚leiwaunde‘ Pflanze, nicht zuletzt in medizinischtherapeutischer Hinsicht. CBD – oder Cannabidiol – wird aus der Nutzhanfpflanze gewonnen, ist de facto nicht 50

berauschend, aber gut gegen Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Übelkeit, ja auch gegen Angstzustände. Wir zählen auch einige ältere Menschen zu unseren Kunden.“ Und sein Kompagnon Hubert Hausmann ergänzt: „Grad Hanf könnte medizinisch regional und dezentral angebaut und vertrieben werden. Wächst ja überall gut.“ Aber das sei halt nicht unbedingt im Sinne einiger Konzerne. Aber durchaus im Sinne der Minimal[l]. Denn zu deren Philosophie zählt Nachhaltigkeit ganz stark.

„Und wir bieten Dinge an, die es eben nicht in den Großkaufhäusern vor den Toren der Stadt gibt“, ist der fürs Marketing der Minimal[l] zuständige Oliver Karner überzeugt. Ihr gemeinschaftliches Auftreten habe zudem den Vorteil, dass jeder für jeden einspringen könne, wenn einer einmal keine Zeit habe. „Wir bringen uns ganz bewusst in die gesellschaftliche Kultur ein“, meint Julian abschließend. „Kommt rein, nehmt euch Zeit! Ihr kriegt nicht nur Produkte, sondern Inspiration!“

„Haschgiftspritzen“ kriegst du keine bei uns! PAUL PURGINA


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„UM DIE WETTE“ VON EUGÈNE LABICHE Landestheater Niederösterreich

16. OKTOBER

ERZÄHLTE GESCHICHTE I 1918-2018: DAS JAHRHUNDERT DER FRAUEN Museum Niederösterreich

19. OKTOBER

THE KING’S SINGERS I GOLD Festspielhaus St. Pölten

28. OKTOBER

SANDRA KREISLER & ROGER STEIN I GLÜCK Bühne im Hof

Das neue Wahrzeichen Hamburgs: Die „Elphi“ mit ihrem grandiosen Konzertsaal, den bald auch die Freunde der Kultur St. Pölten besichtigen. Diesmal ist etwas gelungen, was nicht so selbstverständlich ist. Zunächst: Das Tonkünstler-Orchester hat im kommenden Jahr im Zuge seiner Deutschlandtournee ein Gastspiel in der Elbphilharmonie in Hamburg, welche bereits liebevoll „Elphi“ genannt wird. Damit reiht sich das niederösterreichische Vorzeigeorchester einmal mehr in die Riege der besten und gefragtesten Klangkörper der Welt ein, denn die Elbphilharmonie, welche einen unglaublichen Hype ausgelöst hat und auf Jahre hinaus ausgebucht ist, hat sich von Beginn weg in die Reihe der ersten Konzerthäuser Europas gehievt. Wer dort spielt, zählt zu den Besten! Und damit kommen wir zum zweiten Aspekt, der ebenfalls nicht selbstverständlich ist. Während man nämlich allseits die Berichte von jahrelangen Warteschlangen hört, um eine begehrte Karte für ein Konzert in der Elbphilharmonie zu ergattern, während die Preise am Schwarzmarkt für ein Konzerterlebnis in der El-

phi in astronomische Höhen klettern, ist es uns seitens der Freunde der Kultur St. Pölten gelungen, unser Tonkünstler-Orchester sozusagen nach Hamburg begleiten zu dürfen! Tatsächlich hat uns das Orchester, wofür ich herzlich danke, exklusiv 70 Karten für sein Konzert am 16. März 2019 in Hamburg zur Verfügung gestellt! Unter der Leitung seines Chefdirigenten Yutako Sado wird das Tonkünstler-Orchester Gustav Mahlers 5. Symphonie cis-Moll sowie Tschaikowskis Klavierkonzert Nr. 1 b-Moll zu Gehör bringen. Am Klavier wird die begnadete Pianistin Soryang wirken. Die Information ist unseren Mitgliedern bereits zugegangen und wenn sich genügend InteressentInnen für eine gemeinsame Reise melden, werden wir uns bemühen ein Gesamtpaket mit Flug und Hotel zu schnüren. Es zeigt sich in jedem Fall einmal mehr, welche großartigen Vorteile man mit der Mitgliedschaft in unserem Verein Freunde der Kultur

MITGLIED WERDEN und die zahlreichen Vereinsvorteile (Exklusivveranstaltungen, Previews, Künstlertreffen, Exkursionen, Ermäßigungen uvm.) genießen. Anmeldung und Infos unter T +43 2742 90 80 90-941, F +43 2742 90 80 94, freunde@kultur-stp.at

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21. NOVEMBER

PREVIEW NÖ KULTURPREISTRÄGER 2018 DER BILDENDEN KUNST NÖDOK

30. NOVEMBER

CIRQUE ALFONSE I TABARNAK Festspielhaus St. Pölten

10. JÄNNER

„LILIOM“ VON FERENC MOLNÁR Landestheater Niederösterreich

St. Pölten genießt. Ich freue mich daher schon riesig auf ein ganz besonderes Erlebnis im kommenden Jahr, nicht minder aber auf die zahlreichen tollen Veranstaltungen, die ab Herbst wieder auf uns warten. Ihr

Lothar Fiedler

(Präsident Freunde der Kultur St. Pölten)

INFORMATIONEN

www.freundederkultur-stp.at, Tel.: 0 2742 90 80 90-941


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MFG KULTUR

A SCHÖNE

LEICH

Einmal mehr entführt das Stadtmuseum auf einen kulturgeschichtlichen Trip der Sonderklasse. Diesmal geht’s ab 12. September ums Sterben in St. Pölten, und das ist bis 5000 v. Christus dokumentiert.

MIT ALLEN EHREN. Aufbahrung Prof. Karl Schneck im Feuerwehrdepot 1926.

U

ntrennbar sind Leben und Tod verbunden. Über die Medien werden wir durch Kriegs- und Unfallberichte, Mitteilungen über Verbrechen oder Nachrichten über das Ableben bekannter Persönlichkeiten ständig mit dem Tode konfrontiert. In unserer heutigen westlichen Kultur wird die Tatsache der Vergänglichkeit und des Endes stark verdrängt. Sind wir unvermeidlicherweise dennoch betroffen, so fällt uns der Umgang damit meist schwer. Wie aber gingen Menschen in den vergangenen Jahrtausenden mit dem Tod um? Da jede Kultur ihre charakteristischen Trauer- und Beisetzungsrituale besaß, zählen v. a. Gräber zu den wichtigsten Quellen. Jede Gesellschaft pflegte einen speziellen Umgang mit der Endlichkeit des Lebens, der durch archäologische Befunde nachvollziehbar wird. So können Aussagen zu Bestattungsritualen und Jenseitsvorstellungen getroffen werden, ebenso erzählen die gewonnenen Informationen aber auch von Lebensumständen, sozialen Hierarchien und persönlichen Schicksalen. Vergessene Bestattungsrituale Durch die rege Bautätigkeit im Gemeindegebiet von St. Pölten fanden in den letzten Jahrzehnten zahlreiche archäologische Untersuchungen statt, die viele längst vergessene 54


TEXT: THOMAS PULLE & ROLAND RISY | FOTOS: THEO FÜCHSEL, STADTARCHIV ST. PÖLTEN

Bestattungsareale von der Steinzeit bis heute aufgedeckt und damit wieder ins Bewusstsein gebracht haben. 16 Gräberfelder, mehrere Gräbergruppen, Einzelgräber und Siedlungsbestattungen bezeugen, dass St. Pölten seit Anbeginn der Sesshaftwerdung der Menschheit ideale Lebensbedingungen bot. Die ältesten bekannten Gräber datieren um 5000 v. Chr. und wurden in Ratzersdorf gefunden. Drei große frühbronzezeitliche Gräberfelder sind inzwischen bekannt, aber auch aus den nachfolgenden Perioden kennen wir Bestattungsareale. Zu den Highlights der Ausstellung zählt mit Sicherheit das eisenzeitliche Grab eines mit ca. 35 Jahren verstorbenen Mannes aus Pottenbrunn, dem sein Schwert beigegeben wurde. Aus der Römerzeit sind bisher im Stadtgebiet vier Gräberfelder mit einem breiten Spektrum an Grabtypen nachgewiesen worden. Die Ausstellung präsentiert auch Befunde aus den aktuellen Grabungen der letzten Jahre. Zu erwähnen sind neu entdeckte Gräberfelder bzw. Grabgruppen aus der Mittelbronzezeit in Pottenbrunn oder aus der Spätbronzezeit nördlich des St. Pöltner Bahnhofes. Zahlreiche Bestattungen aus der Völkerwanderungszeit innerhalb des ehemals verbauten Areals der Römerstadt zählen zu den wichtigsten Ergebnissen der letzten Jahre. Im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses stand aber in den letzten Jahren die Freilegung eines mittelalterlichen/ frühneuzeitlichen Friedhofs am Domplatz von St. Pölten – mit mehr als 18.700 dokumentierten und anthropologisch untersuchten Bestattungen in ihrer Dimension europaweit unerreicht! Erstmalig werden in dieser Ausstellung im größeren Umfang Befunde vorgestellt, die einen Einblick in die Bestattungskultur und medizinische Versorgung dieser Zeit gestatten. Hervorzuheben ist ein erst heuer entdecktes Waffengrab aus dem 9./10. Jahrhundert n. Chr., das in der Ausstellung präsentiert wird. Die spannenden archäologischen Befunde werden durch Objekte, Dokumente und Fotografien aus Stadtarchiv und Stadtmuseum ergänzt. Erstmals zu sehen ist z. B. der marmorne Stein aus dem Jahr 1702 mit beeindruckender Grabinschrift für den St. Pöltner Stadtrichter Georg Probst, der sich sich ehemals auf dem Domplatz befand! Vergessene Friedhöfe Auch die weitgehend vergessenen Friedhöfe des 19. Jahrhunderts, wie etwa der „Barbarafriedhof“ im Bereich des heutigen Europaplatzes, können wieder in Erinnerung gerufen werden. Das Portal der ehemaligen Friedhofskapelle, die 1939 abgebrochen wurde, wurde später in den Innenhof des Stadtmuseums transferiert und ist dort zu sehen. Prominente St. Pöltner der Biedermeierzeit, wie der 1805 bei Ulm vernichtend geschlagene General Mack von Leiberich, wurden am Barbarafriedhof begraben. Sein restaurierter Grabstein von 1828 wird in der Schau präsentiert. Neben dem Grab von Mack wird ein original erhaltener josephinischer „Sparsarg“ gezeigt. Unter Joseph II. fand man auch für Bestattungen ungewöhnliche Lösungen! Zu den absoluten Highlights der Ausstellung zählt eine – extra für die Ausstellung aufwändig restaurierte – Lei-

LEICHENWAGEN ANNO DAZUMAL. Auto der Städtischen Leichenbestattung St. Pölten 1927.

chenkutsche, die, ehemals von vier Pferden gezogen, für besondere Bestattungen Verwendung fand. Dieser Themenkomplex der „schönen Leich“ wird durch ein wunderschön gestaltetes Bahrtuch und beeindruckende originale Gewänder der St. Pöltner Bestatter aus dem frühen 20. Jahrhundert ergänzt. Wer weiß heute noch, dass an der Mariazeller Straße ab 1791 ein eigener Militärfriedhof bestand und dass der erste jüdische Friedhof der Stadt – ab 1859 – am heutigen Pernerstorferplatz angelegt wurde! Auch die St. Pöltner Jugendstilkünstler waren diesem Thema gegenüber sehr aufgeschlossen. Wilhelm Frass schuf gemeinsam mit seinem Bruder Rudolf das Grabmonument der Familie Dr. Schmid, wohl eines der schönsten Gräber auf dem Hauptfriedhof. Entwürfe zu diesem Kunstwerk werden ebenso gezeigt wie diverse Arbeiten von Ernst Stöhr, der eine besondere Affinität zum Thema Tod hatte. Eindrucksvolle Fotodokumente alter St. Pöltner Friedhöfe und besonderer „Leichenbegängnisse“ zeigen, dass sich unsere Einstellung und unser Blick auf das Thema Tod, Begräbnis und Bestattung gewandelt haben.

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MFG KULTUR

Es war einmal das Höfefest, das als St. Pöltens intimstes, abwechslungsreichstes, ja bestes Fest gehandelt wurde, bis … ja bis es vor drei Jahren in den Pause-Modus mit unsicherem Fortgang gesetzt wurde. Wars das jetzt, lautete alsbald die bange Frage? Papperlapapp, dachte sich Patrizia Liberti und drückt als neue Leiterin des Höfefestes am 29. September wieder die Playtaste, denn, wie sie meint: „Drei Jahre sind Pause genug!“ Was hat Sie dazu bewogen, das Höfefest zu übernehmen und wieder aufleben zu lassen? Darf ich beim DU bleiben? Also die Beweggründe waren sicherlich, dass für meinen Geschmack und als langjährige Höfefest-Konsumentin drei Jahre Denk- und Schaffenspause genug waren. Anfangs hat es mich noch gewundert, dass sich niemand um das Höfefest angenommen hat oder annehmen wollte. Heute bin ich froh drüber, dass es mir geblieben ist, obwohl es unvorstellbar viel Arbeit ist, die wir in einem relativ kleinen Team bewerkstelligen. Auch wenn mich manche fragen, warum ich mir das antue, überwiegt letztendlich doch die Freude daran und die schlaflosen Nächte hole ich dann nach dem 29. September nach. Bisweilen wurde auch gemunkelt, es scheitere schlicht an der Finanzierung? Ja, es gab immer wieder auch Gerüchte, das Höfefest würde eingestellt werden, weil die Finanzierung nicht gesichert sei. Es war auch für mich nicht einfach Geld für das Höfefest aufzustellen. „Ohne Geld keine Musik“, wie ein österreichisches Sprichwort so treffend sagt. Kunst- und Kulturarbeit kostet Geld. Und dass das Höfefest bisher beziehungsweise all die Jahre zuvor so gut funktioniert hat, ist eigentlich nur und ausschließlich darauf zurückzuführen, dass eine Handvoll Menschen unglaublich viel Energie und Leidenschaft in die Umsetzung gesteckt haben, ohne entsprechend entlohnt zu werden. Aber zu oft und zu laut darf ich das gar nicht sagen, denn sonst heißt es wieder: Geht ja. Warum was ändern!? Liebe Geldgeber und Förderer, lasst euch sagen, wir brauchen euch. Das Höfefest braucht euch mehr denn je. Punkt. Ab wann war es dann für dich klar – okay, ich muss es machen?

Liebe Geldgeber und Förderer, lasst euch sagen, wir brauchen euch. Das Höfefest braucht euch mehr denn je. Punkt. PATRIZIA LIBERTI

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Es hat mich ganz klar persönlich gereizt, ein Fest wie das Höfefest weiter am Leben zu erhalten. Ich habe also quasi von der Konsumentenseite auf die Produktionsseite gewechselt. Es wäre ewig schade gewesen, hätte sich das Höfefest für immer zur Ruhe gesetzt. Das hätte sich die Höfefest-Gründerin Michaela Steiner sicherlich auch nicht gewünscht. Sie war es letztendlich auch, die mich ein bisserl nach vorne geschubst hat, um endlich eine Entscheidung zu treffen. Und es war gut so, sonst hätte ich vielleicht noch ein Jahr überlegt, ob ich es mache. Das Schöne am Programmieren vom Höfefest war oder ist, dass ich einfach ohne Vorgaben machen durfte, was ich wollte. Ideen


TEXT: JOHANNES REICHL | FOTOS: LUKAS BECK, CHRISTOPH HAIDERER, PATRICK STAUDINGER, RAFAELA PRÖLL, MATTEO MOLINA, ZVG

einbringen, diskutieren und umsetzen konnte, ohne dass jemand sagt „Na, das machen wir so nicht.“ Und diese Ideen sind sofort auf offene Ohren gestoßen. Und dann sind da noch die Höfebesitzerinnen und Höfebesitzer, ob privat oder als Verein: Ich sage schon jetzt Danke an dieser Stelle für die Unterstützung und das Vertrauen. Ohne sie wäre das Höfefest nicht möglich. Danke auch an alle Sponsoren, Unterstützer, Partner und Förderer und ein großes Dankeschön an all meine Helferinnen und Helfer. Das Höfefest hat drei Jahre pausiert. Glaubst du, ist dadurch eine Lücke entstanden oder wird man ohne zu schauen an alte Zeiten anschließen können? Ich bin überzeugt, das Höfefest hat gefehlt und es war schön mitzuerleben, dass sich ganz viele Leute wirklich darüber gefreut haben, als die Neuaufnahme bekannt wurde. Die Version 2018 wird sicherlich wieder ein wenig überschaubarer ausfallen, was die Locations, nicht aber was die Acts betrifft. Die sind großartig, da stehe ich voll dahinter. Es ist eine gute Mischung aus junger Musik, toller Literatur, Local-Heroes und liebgewonnenen Goldies geworden.

S AV E T H E D AT E : D A S O R I G I N A L I S T Z U R Ü C K . H Ö F E F E S T S T. P Ö L T E N

BUNTER REIGEN. Nach drei Jahren Pause öffnen sich wieder die Höfe der Innenstadt für ein abwechslungsreiches Programm Marke „deluxe“.

Wird das Höfefest überhaupt more of the same bieten oder hast du es verändert? Der Charme des Höfefestes macht sicherlich die Ursprungs­ idee aus: in schönen, teils privaten Höfen, auf Plätzen und anderen Locations – außerhalb der üblichen Spielorte – qualitativ hochwertige Kunst und Kultur zu zeigen und sich genau darauf zu konzentrieren. Das Höfefest war bekannt für ein Kleinkunstfestival mit hoher Qualität. Und das bleibt es. Worin schlägt sich deine Handschrift nieder? Gute Frage. Vorbeikommen und selbst beurteilen ist glaube ich die beste Antwort. Ich habe versucht, Initiativen, die es schon gibt und die mir persönlich am Herzen liegen, fürs Höfefest zu adaptieren, sie vielleicht ein wenig auffälliger und frecher zu gestalten – wie zum Beispiel dieses Jahr der „Poetry Slam Train“ seine erste Fahrt aufnehmen wird. Wir starten um 14.30 Uhr vom Bahnhofsplatz, fahren mit dem Bummelzug ohne vorgegebene Strecke durch die Stadt, stoppen dann vor den Höfen und auf den Plätzen, um zu slammen, und am Schluss wird dann um 16.30 Uhr die Preisverleihung im Löwenhof stattfinden. Dort werden nochmal die Siegerbeiträge vorgetragen. Genau dort auch, also im Löwenhof, findet auch eine Silent Disco statt. Kopfhörer aufsetzen und abtanzen. Es gibt dieses Jahr keine speziellen Themen-Höfe oder einen Hof-Fahrplan. Für mich ist wichtig, dass jeder Hof besucht wird und das Publikum sich durch die Stadt treiben lassen kann und hier und dort dann immer wieder auf Musik, Literatur, Straßentheater, Pauken und Trompeten trifft. Und wenn im Rathaus-Hof die Österreichischen Beatbox-Champions Mout-o-Matic 50 Minuten tanzbares Programm liefern, dann soll dort älteres auf jüngeres Publikum treffen und Spaß haben – ohne Vorgaben, ohne Ein-

Samstag, 29. 9. 2018, ab 14 Uhr Mit dabei sind Fainschmitz, Christian Dolezal und Karl Stirner mit einer Christine Nöstlinger Lesung, Mouth-o-Matic, Martin Prinz, Christopher Just, FSHW und viele viele mehr ... wie Florian Kmet, The Harlequin’s Glance, New Ohr Linz, The Su’sis, 3 knaben schwarz, Mr. & Mrs. Curtis, Soulitaire, Theatro Piccolo, Irrwisch, 2. Kassa bitte ... mehr wird jetzt aber nicht mehr verraten. NEU im Programm: Poetry Slam Train: zehn Poetry-Slammer geben jeweils fünf Minuten Gas für die schnellste Verbindung in die Herzen des Publikums. Eine Fahrt jenseits aller Normen und Haltestellen. Die Reiseleitung übernehmen Marlies Eder & Andi Pianka. Anmeldung für Slammer – und alle, die es bis dahin noch werden wollen – bis 22.9.2018 unter poetry@hoefefest.at KulTOUR-TIPP: Kulturspaziergang oder: ein innerstädtischer Wandelgang. St. Pölten Surround Tour – Einmal fremd durch die Stadt gehen. Mit Dominik Scheuch, Landschaftsarchitekt und Stadtplaner Höfe, Plätze und Spielorte: Adam-Hof, Siegel-Wöss-Hof, Urbanek-Hof, Rathaus-Hof, Löwenhof, Fuhrmannshof, Supperiör-Hof, Stadtmuseum-Hof, Steingötter-Hof, Bühne im Hof, Rathausplatz, Riemerplatz, Linzer Straße, Sparkassen-Haus, Cinema Paradiso, Kunst:WERK

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MFG KULTUR

LADY LIBERTI RETTET DAS HÖFEFEST

INTIM. Das Höfefest gewährt Einblicke in zahlreiche, vielfach private Höfe und Locations, die dem Stadtbesucher für gewöhnlich verschlossen bleiben. Egal wo, man ist immer mittendrin statt nur dabei und geht auf Tuchfühlung mit den Künstlern.

schränkungen, einfach nur, weil sie gerade vorbeigeschlendert sind oder es sich fix vorgenommen haben. Neugierig sein hilft. Es gibt diesmal auch einen Höfefest-Rundgang durch die Stadt mit Einblicken in die Höfe mit einem der engagiertesten und humorigsten „professionellen“ Spaziergänger, die ich kenne: Dominik Scheuch geht mit jedem fremd durch die Stadt, der ab 15 Uhr Zeit für eine „SurroundTour“ hat. Worauf beziehen sich denn die Pauken & Trompeten. Auf die grandiose Rückkehr, auf die Programmierung? Die Pauken und Trompeten beziehen sich auf die Musik und sind auch zum Wachrütteln gedacht, als Ausruf, dass das Höfefest zurück ist. Ich habe tolle Künstler gefunden, die auf den Plätzen spielen werden und unter anderem mit Pauken unterwegs sind. Und ja, die Aussage bezieht sich im Großen und Ganzen auf eine allgemeine Rückkehr des Höfefestes. Drei Jahre sind – wie gesagt – Pause genug. Gibt es so etwas wie persönliche Favorites – wie hast du das Programm zusammengestellt? Ja, die persönlichen Favoriten gibt es natürlich. Lass mich kurz überlegen ... ich glaube es sind so an die 27! Wie gesagt, ich habe versucht, eine ausgewogene Mischung zu finden, damit für jeden etwas dabei ist oder dabei sein kann. Literatur Hot Spot ist dieses Jahr das Sparkassen-Haus. Das Höfefest war sphärisch immer eher ein Fest für ältere Kulturafficionados – wird das auch weiterhin die Hauptzielgruppe sein? Ach, papperlapapp. Wo steht denn das? Ich kann mich nicht daran erinnern, dass ein Höfefest spährisch oder nicht spährisch eher älteres Publikum angesprochen haben soll. Ganz im Gegenteil. Durch die vielen Programm58

punkte und die gute Mischung war immer für jeden etwas dabei. Ziel vom Höfefest ist ja auch, dass sich das Publikum inspirieren lässt und Neues entdecken soll. Eine Besonderheit war immer die Intimität bei gleichzeitig durchaus gutem Besuch. Wird man diesen Spagat auch heuer wieder versuchen? Ja, dabei bleiben wir. Intime Höfe wie der Adam-Hof oder der Siegel-Wöss-Hof sind auch wieder mit dabei. Neu hinzu gekommen ist der Hof vom Supperiör. Der Hof der Bühne im Hof ist mit dabei, ebenso der Löwenhof, Stadtmuseum, Rathaus-Hof, Fuhrmannshof, Urbanek-Hof und und und. Mal sehen, wie es dieses Jahr läuft. Für 2019 hätte ich schon Ausbaupläne, für die ich aber noch Geld aufstellen muss, um alles umzusetzen. Was gedenkst du gegen den Regen zu machen, einen der treuesten Fans des Festivals? Der natürliche Feind des Höfefestes ist der Regen. Ja, da hilft jetzt nur tief durchzuatmen und sich darauf vorzubereiten. Das Wetterthema begleitet mich seit Monaten. Ich schau mir jeden Tag die Wettervorhersagen an, obwohl es noch gut ein Monat bis zum Höfefest ist. Aber wie sagt meine Schwester so treffend: „Liberti, chill deine Basis.“ Und das mache ich jetzt auch, denn das Wetter kann ich nicht beeinflussen. Aber ganz klar, ich würde es mir sehr wünschen, wenn der Auftakt vom Höfefest 2018 mit Sonnenschein belohnt und begleitet wird. Aber eines ist fix: Auch 2018 ist das Höfefest regenfest, und hoffentlich kein REGENfest. Daumen drücken!

Auch 2018 ist das Höfefest regenfest, und hoffentlich kein REGENfest. PATRIZIA LIBERTI


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KREATIVWETTBEWERB

JUNGSEIN IN NÖ Das Niederösterreichische Kulturforum lädt herzlich zum Kreativwettbewerb „Jungsein in Niederösterreich“ ein – ein Kreativwettbewerb für alle Niederösterreicherinnen und Nieder­ österreicher im Alter von 16 bis 30 Jahren, die mit Musik, Lyrik, Prosa, Fotografien oder Bild­ werken etwas zu ihrer Kindheit, Jugend oder einfach zu ihrem jungen Leben in Nieder­ österreich zu sagen haben. Schon 1976 hat der damalige Landeshaupt­ mann-Stv. Hans Czettel die Aktion ,,jung sein in nö“ ins Leben gerufen. Mit dieser lnitiative hatte die Jugend zum ersten Mal die Gelegenheit, sich selbst zu präsentieren, ihre Forderungen an die Zukunft und an die Verantwortlichen auf Gemeinde- und Landes­ ebene zu stellen. lhre Kritik sollte endlich an­ gehört werden. Die Aktion – durchgeführt von dem Verein „jung sein in nö“ – erfuhr 1976 außerordentlich hohen Zuspruch. Mit dabei war schon damals einer der Macher des NÖ 60

Kulturforums, Gotthard Fellerer, der namhafte Künstlerinnen und Künstler aus Niederöster­ reich, darunter u. a. Robert Hammerstiel, Ru­ dolf Hausner und Kurt lngerl gebeten hatte, einen Beitrag zur Mappe ,,Aufbruch“ zur Ver­ fügung zu stellen, deren Verkaufserlös den Aktionen des Vereins zugutekommen sollte. 2004 rief das NÖ Kulturforum den Kreativ­ wettbewerb ,,Hocknstad“ ins Leben, dessen Ergebnisse in einer gleichnamigen Publika­ tion mit CD präsentiert wurden. Der ehema­ lige Bundespräsident Dr. Heinz Fischer lobte in seinem Vorwort im Buch den Ansatz, dem Thema ,,Arbeitslosigkeit“ mit Mitteln der Kunst zu begegnen: „Der Ansatz […] ist beste­ chend und auch logisch, reflektiert Kunst doch stets das Bewusstsein einer Gesellschaft, trägt umgekehrt aber auch zu diesem Bewusstsein bei.“ Anlässlich des 100-jährigen Bestehens der Republik Österreich ist es für das NÖ Kul­ turforum heuer wieder an der Zeit, einen

Kreativwettbewerb zum Thema ,,Jungsein in Niederösterreich“ auszurufen. Erwartet wer­ den Einreichungen, die genauso Bestands­ aufnahme wie auch Wünsche für die Zukunft reflektieren können. Was zeichnet das Land Niederösterreich für junge Menschen aus? Welche Erlebnisse oder Begegnungen verbin­ det man als junger Mensch mit der Heimat? Wie sehen junge Menschen ihre Zukunft? Wer mitmachen möchte, hat ab September die Möglichkeit, seinen Beitrag aus dem Bereich der Bildenden Kunst, Musik oder Literatur an kulturforum@aon.at zu senden. Einsendeschluss ist der 31. Dezember. Die ausgezeichneten Projekte dürfen sich über großzügige Geldpreise freuen: Vergeben wer­ den € 1.000 (1. Preis), € 600 (2. Preis) und € 400 (3. Preis). Der Gesamtwert der Preise beläuft sich auf € 6.000. Ein Großteil der Ar­ beiten soll im Frühjahr 2019 in einer eigenen Publikation gewürdigt werden.


KULTUR VOR DER HAUSTÜR – NÖ KULTURFORUM

ROBERT HAMMERSTIEL-AUSSTELLUNG IN DER MODERNEN GALERIE IN KREMS Bereits jetzt laufen in Kooperation des NÖ Kul­ turforums mit dem Kulturamt der Stadt Krems die Vorbereitungen für eine Ausstellung über den Ternitzer Künstler Robert Hammerstiel in der Modernen Galerie im Stadtmuseum Krems, die im Jahr 2019 stattfinden wird. Der neue Kulturamtsleiter Mag. Gregor Krem­ ser hat den Vorschlag von Kulturforums-Ob­ mann Ewald Sacher interessiert aufgegriffen. Prof. Gotthard Fellerer wird als Kurator fungie­ ren. Die Jubiläumsausstellung zum 85. Geburtstag Hammerstiels im Herrenhaus in Ternitz, in der v. a. seine Holzschnitte ausgestellt wurden, hatte schon überaus großen Anklang gefun­ den. 2019 wird dieser herausragende nieder­ österreichische Maler und Grafiker somit auch in der Stadt Krems präsentiert.

Robert Hammerstiel (m.) anlässlich seines 85. Geburtstages bei der Jubiläumsausstellung.

JOSEF JAHRMANNS „MENSCHENBILDER” BEI LANG&HAAR IN GFÖHL „Menschenbilder“ lautet der Titel einer Aus­ stellung des NÖ Kulturforums bei Lang&Haar in Gföhl. Der langjährige Bürgermeister von Loosdorf, Josef Jahrmann, ist neben seiner vielseitigen politischen und musikalischen Tätigkeit auch ein international prämierter Fotokünstler. Aktuell sind Fotos von ihm bei Lang&Haar zu sehen. Auf Initiative des Ob­ mannes des NÖ Kulturforums, Prof. Ewald

Sacher, und des Gföhler Stadtrates Günter Steindl hat sich im Frisöratelier Lang in der Kir­ chengasse in Gföhl, Bezirk Krems, eine Galerie etabliert, die vom NÖ Kulturforum laufend be­ spielt wird. Der Start erfolgte im Jänner mit Ka­ rikaturen von Wolfgang Peranek. Nunmehr ist die zweite Ausstellung, die bis Ende des Jahres läuft, den Fotoarbeiten von Josef Jahrmann gewidmet.

Galerie Lang&Haar in Gföhl zeigt „Menschenbilder” von Josef Jahrmann (2. von links).

AKTION DES NÖ KULTURFORUMS

100 KULTURPAKETE

Eine besondere Aktion hat das NÖ Kulturfo­ rum gesetzt: 100 NÖ Kulturpakete wurden an die verschiedensten Museen, Schulen, Auslandsvertretungen und Kulturvermittler versandt. Ihr Inhalt: Publikationen des NÖ Kultur­ forums, Künstler- und Ausstellungskata­ loge aus der Serie „Aus Freude – Impulse zur Kreativität”, Ausgaben des Kulturma­ gazins BravDa und anderes, womit die vielfältige Tätigkeit des NÖ Kulturforums in den letzten Jahren dokumentiert wird. Zahlreiche positive Reaktionen und Dank­ schreiben aus dem In- und Ausland sind beim NÖ Kulturforum eingelangt. Sehr zur Freude und Genugtuung des Initiators Prof. Gotthard Fellerer und des Obmannes des NÖ Kulturforums Prof. Ewald Sacher: „Man sieht, dass unsere Kulturarbeit doch auch Anerkennung findet! Das motiviert zum Weitermachen!” MFG 09.18

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SHORTCUT SZENE

FOTOS: CARINA ANTL, PUBLIC DOMAIN, FESTSPIELHAUS/ZVG

KOLUMNE DOMINIK LEITNER

KULTURHAUPTSACHE 2024 Wenn man die Arbeit für die Bewerbung zur Kulturhauptstadt 2024 mitverfolgt, hat man das Gefühl, die Landeshauptstadt aus dem kulturellen Winterschlaf erwachen zu sehen. Eine lebendige Kulturszene gab es in St. Pölten schon immer, doch erst die Bewerbung sorgt dafür, dass es auch von Seiten der Politik ein deutliches Bekenntnis zur Kultur gibt. Dabei hat St. Pölten ungeahntes Potential. Die Stadt, die wohl am häufigsten mit „Ja, da bin ich bislang nur mit dem Zug durchgefahren“ kommentiert wird, ist für viele noch ein recht unbeschriebenes Blatt. Hier könnte man mit einem kulturellen Paukenschlag für Aufsehen sorgen. Nachdem die Hoteliers im ersten Halbjahr 2018 über einen neuen Nächtigungsrekord jubeln, sollte sich die Stadt der Aufgabe bewusst sein, diese Touristen mit einem kulturellen Angebot bei Laune zu halten. Da würde sich die in der NDU Summer School als Idee eingebrachte „Touristen-App“ sehr gut anbieten. Denn darin könnte man für alle (und nicht nur für die Besucher der Stadt) einen Sammelpunkt für alle kulturellen Veranstaltungen, ob Konzerte, Vernissagen, Theateraufführungen, Lesungen, Tanz, schaffen – und dabei auch den kleinen Gruppen abseits der Hochkultur des Festspielhauses etwas Aufmerksamkeit zukommen lassen. Denn wer erst einmal richtig in die Kulturwelt St. Pöltens eingetaucht ist, weiß, welches großartige Angebot es in der Stadt bereits heute gibt. Es bleibt also nur zu hoffen, dass das Bekenntnis zur Kultur bestehen bleibt – egal wie die Kulturhauptstadt-Entscheidung schluss­ endlich ausgehen wird.

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MELTING POT XII

otgesagte leben länger! Am 15. Dezember feiert der Melting Pot seine „Wiederauferstehung“. Den Grund fürs Revival erläutert VAZ-Geschäftsführer René Voak so: „Mich erstaunt immer wieder, welche Künstler und Formate aus unserem Haus hervorgegangen sind oder erste größere Schritte gemacht haben, wenn man etwa an Camo & Krooked, die erste abendfüllende Show von Thommy Ten & Amélie van Tass etc. denkt. Es ist – auch im Hinblick auf St. Pöltens

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Ambitionen als europäische Kulturhauptstadt – einfach an der Zeit, den Nachwuchskünstlern wieder eine große Plattform in St. Pölten zu geben.“ Ab 1. Oktober sind nicht nur Tickets für das Event erhältlich, sondern ab dann können sich v. a. Bands, DJs & Co. aus der Region auf www.meltingpot.at bewerben und dem onlineVoting stellen. Zu den local heroes gesellt sich am 15. Dezember im Übrigen mit JOSH. & Band – „Cordula Grün“ lässt grüßen – auch ein cooler Gastact!

#KAWUMM!

as ist einmal ein Motto, und zwar jenes des diesjährigen Jugendklub, der von 1. bis 4. November wieder im Festspielhaus über die Bühne geht. Wobei man heuer bereits das 10-jährige Jubiläum feiert, für das Mastermind Lena Arends ein „bombastisches Workshop-Programm aus den Bereichen Tanz, Musik, Theater, Bühnenbild, Illustration, Texten und Parkour & Freerunning“ verspricht. Eingeladen sind alle zwischen zirka 14-20 Jahren. Eine gemeinsame Abschlussvorstellung auf der Festspielhaus-Bühne steht selbstredend ebenfalls am Programm! Infos und Anmeldung unter www.festspielhaus.at/jugendklub


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MFG SZENE

TEXT: MICHAEL REIBNAGEL | FOTOS: ELIAS KALTENBERGER

JOTU JEU ARBEITET AN EINEM WUNDER

Johannes Unterweger ist in der St. Pöltner Musiklandschaft kein Unbekannter. So war er bereits in zahlreichen Formationen als Sänger, Gitarrist oder auch Bassist tätig. Jetzt startet er mit seinem Soloprojekt „Jotu Jeu“ durch.

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ffiziell hat die musikalische Reise des Johannes Unterweger bereits 2002 begonnen. Damals im Alter von 15 Jahren wurden mit dem Fried Freak Orchestra die Bühnen der Region bespielt. Kurze Zeit darauf folgten weitere Formationen, die in St. Pölten und darüber hinaus einen gewissen Kultstatus genießen: Adrenaline Kings, Strap Handle mit BarRock Wirt Stefan Weiss oder Hacklstrumpf mit Bruder Paulus Unterweger sind dabei nur ein paar Stationen. All diese Bands haben Johannes zu dem Musiker gemacht, der er heute ist und gelten somit als wichtige Meilensteine in seinem Leben. Begonnen hat aber alles schon mit dem legendären Summerton Studio von Papa Martin Unterweger in Ratzersdorf. „Wir haben als Kinder immer im Garten gespielt, während drinnen aufgenommen wurde“, erzählt Johannes. Somit verwundert es kaum, dass dieser Weg eingeschlagen wurde. 64

Aktuell hat ihn dieser zum Soloprojekt Jotu Jeu geführt, von dem gerade das erste Album „Working On A Wonder“ erschienen ist. Darauf verschmelzen, wie bei den meisten Dingen, die Johannes Unterweger macht, die verschiedensten Musikstile zu einem großen Ganzen. Viel Blues, aber auch Funk, Soul und Rock kann man raushören. Im Endeffekt bleibt die Musik von Jotu Jeu aber doch etwas, was man so noch nicht gehört hat. Auch bei der Umsetzung der Stücke gibt es unterschiedliche Herangehensweisen. „Manchmal braucht ein Lied nur die Gitarre. Manche verlangen aber nach einem kompletten Bandarrangement“, erklärt Johannes, „ich weiß schon recht bald, in welche Richtung es gehen soll.“ Auch das Songwriting klingt für Außenstehende vielleicht etwas ungewöhnlich: Die Lieder entstehen eigentlich fast alle vor dem Fernseher. Die Texte handeln dabei meist von ganz

banalen Dingen und drehen sich immer um Situationen aus dem richtigen Leben beziehungsweise sind davon beeinflusst. Musikalische Ideen kommen manchmal aber auch im Schlaf. Die Musik ist immer der erste Teil – einzelne Textfetzen sind dabei jedoch schon vorhanden. Der Gesamttext entsteht dann ganz geplant und strukturiert vor dem Computer. „Da setz ich mich bewusst hin und sag mir, das mach ich jetzt …“ Manchmal dauert es nur einen Tag bis ein Lied fertig ist, manchmal aber auch mehrere Wochen .Aufgenommen wurde, wie sollte es anders sein, in Ratzersdorf. Für Johannes, der eigentlich immer mit Bands aufgetreten ist, waren die ersten Soloauftritte dann doch etwas Neues und mit einer gewissen Nervosität verbunden. „Es ist doch was anderes als mit einer Band. Jeder Fehler fällt viel mehr auf.“ Damit live aber auch die Lieder mit Band perfekt umgesetzt werden, spielt Jotu Jeu diese gemeinsam mit Paulus Unterweger und Ari Tiihonen, alias The Cheesy Trees. Wer jetzt mehr von Jotu Jeu hören will sollte sich auf jeden Fall „Working On A Wonder“ zu Gemüte führen oder – noch besser – ein Konzert besuchen.

SUMMERTON. „Working On A Wonder“ wurde im Studio des Vaters aufgenommen.



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PERFEKT FÜR KIDS & FAMILIEN! HAPPY BOWLING-TARIF. Unschlagbare 3 Euro pro Bowlingspiel! Mit dem Happy Bowling-Tarif sparen Schüler, Lehrlinge, Studenten, Präsenz- und Zivildiener von Montag bis Mittwoch (ausgenommen an und vor Feiertagen). Für Sporteinheiten von Schulklassen gibt es auch Sondertarife!

UNSERE APPETIT-ANREGER!

FAMILY SUNDAY. Sonntags gibt es für Kinder bis 14 Jahre ein familienfreundliches Special: Zahlen auf einer Bahn zwei Erwachsene den regulären Preis, so bowlen bis zu vier Kinder um 2 Euro pro Spiel und Kind!

Genießen Sie bei NXP Bowling täglich, auch in den Nachtstunden, köstliche Burger und vielfältiges Fingerfood. Bei NXP Bowling bieten wir täglich ab 14:00 Uhr Bowling- und Billard-Action sowie eine umfangreiche Speisekarte an.

KINDERGEBURTSTAGSPARTY NXP Bowling bietet für Kinder bis 14 Jahre eigene Kindergeburtstagspackages mit Bowling, Schuhen, Getränken und Snacks an. Details zur Reservierung erfährst du auf www. nxp-bowling.at oder ab 14 Uhr unter 02742/78899. Happy Birthday!

X-MAS MIT PARTYSTIMMUNG Weihnachten steht (fast) vor der Tür, Zeit zum Planen! Weihnachtsfeiern bei NXP Bowling sorgen bei jeder Gruppe für beste Stimmung: Mit Köstlichkeiten vom All-You-CanEat-Buffet machen gesellige Spiele mit den Kollegen noch mehr Spaß!

PARTY BOWLING PACKAGE! Mit diesem Package ganz einfach zur PartyAction! Unser Tipp für jeden Anlass: Zwei Stunden VIP-Bowling auf einer Bahn für bis zu acht Personen inklusive Leihgebühr für Bowlingschuhe, einer exklusiven „Grand Fingerfood Bowl“ und wahlweise einer Flasche Prosecco oder eine Bierwanne mit sieben Flaschen Bier. Pauschalpreis 99 Euro, täglich buchbar! Bei acht Spielern macht das nur 12,38 Euro pro Person. Strike up your life!

NIEDERÖSTERREICH CARD Inhaber einer Niederösterreich Card erhalten ein Bowlingspiel gratis! Wir kooperieren in der Saison vom 1. April 2018 bis 31. März 2019 mit der Niederösterreich Card. Bitte beachten Sie, dass pro korrekt eingelöster Karte nur ein Spiel gratis ist. Weitere Spiele werden zum regulären Tarif berechnet. Die Leihgebühr für Bowlingschuhe beträgt 3 Euro. Da für Kinder unter sechs Jahren keine Niederösterreich Card erworben werden kann, bieten wir pro eingelöster Karte ein Freispiel für ein Kind bis zu 5 Jahren an. Bitte beachten Sie, dass bei der Einlösung der Niederösterreich Card ein gültiger Lichtbildausweis vorzuweisen ist. Informationen zur Karte finden Sie auf www.niederoesterreich-card.at!

ÖFFNUNGSZEITEN Täglich geöffnet ab 14:00 Uhr! Montag bis Mittwoch: 14:00 bis 23:30 Uhr Donnerstag: 14:00 bis 00:30 Uhr Freitag: 14:00 bis 02:00 Uhr Samstag: 14:00 bis 02:00 Uhr Sonntag: 14:00 bis 23:00 Uhr Vor Feiertagen bis 02:00 Uhr geöffnet!

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15. DEZEMBER 2018

VAZ ST. PÖLTEN


MFG SPORT

30 JAHRE ST. PÖLTNER FUSSBALLWUNDER VSE „Es ist so klar wie a Eis und Schnee, da regiert der VSE!“, schallte es zwischen der HandelMazzetti-Straße und dem Spratzerner Kirchenweg weit über den Hammerpark hinweg, dass der Traisenpavillon noch bebte, ehe ihn die Rapidler verwüsteten.1988 war der St. Pöltner Voith Platz der Nabel der österreichischen Fußballwelt. Die Fans pilgerten in Scharen auf den Bauschutt-Haufen und feierten „El Matador“ und Co. nur zum Essen von „Kelly’s“. Der Renner war damals aber die Knacker um 20 Schilling. Der „Wolfburger“ wurde erst später erfunden.

K

eine Handys, kein Social Media, keine TV-Livespiele und maximal drei Legionäre pro Klub. Die Securitys hießen Ordner, trugen meist neonfarbige Westen und waren Respektspersonen. Selbst jener, den sie „Öli“ nannten, der Jahre später beim SKN St. Pölten vom Parkplatzeinweiser zum VIP-Klub-Ordner aufstieg und LH Erwin Pröll wissen ließ: „Wenn’s was brauchen. Da bin i der Chef ...“ Begrüßt wurde das Publikum am Voith Platz von Sprecher Fritz „The Voice“ Dibidanzl stets auf das „AllerAllerherzlichste“, vor allem die „liebe, liebe Jugend.“ Die zahlte 70 Schilling Eintritt für „Ermäßigte“. Der 68

Vollpreis für die überdeckte Tribüne betrug 140 Schilling. Mit dem (pipileicht zu fälschenden) Schülerausweis war man sogar um 10 Schilling mit von der Partie – als der VSE St. Pölten dieser Tage, vor 30 Jahren, mehrere Wochen an der Spitze der österreichischen Bundesliga thronte. Aber Vorsicht – ohne Kontroll-Kupon war die Eintrittskarte ungültig! „Die Eintrittskarte ist bis zum Ende des Spieles aufzubewahren und über Verlangen vorzuweisen“, stand auf dem dünnen Papierwisch. Die Abos waren schon aus Karton, per Zange wurde das entsprechende Spiel weggelocht oder mit dem Kuli weggekreuzt. Chips gab’s auf den Karten noch keine, sondern

Rosamunde Direkt hinter dem Nord-Tor spielte oft einer mit der „Quetschn“ – am liebsten „Ro-sa-munde – shalah lalalah lalah!“ Die Fans begrüßten ihre Nummer 1, Michael Paal, lautstark mit „Mi-cha-el! Mi-cha-el!“-Rufen und den gegnerischen Keeper noch inbrünstiger mit „Ei-er-goalie! Eier-goalie!“ Wenn es gut lief, und es lief fast immer gut, erhoben sich die „VSE-Senioren“ und stimmten „Olé, Olé, Olé, Olé – immer wieder VSE“ an. Zwischendurch ertönte aus den Lautsprechern: „Kabel-TV, Kabel-TV, der Hit mit Satellit! Auch Thomas Parits sieht Kabel-TV.“ Die Fans bekundeten dann: „Everybody loves Thommy Parits, Thommy Parits! Du bist ja unser Held.“ Der burgenländische Erfolgscoach hatte sich zum Glück für die „Wölfe“ zuvor mit Austria-Legende Joschi Walter über keine Vertragsverlängerung mehr einigen können und wechselte deshalb nach St. Pölten. In der RegionalligaZeit war übrigens noch ein gewisser Antonin Panenka der beworbene Kabel-TV-Seher gewesen. „An-tonin! An-tonin!“ El Matador Der Dreh- und Angelpunkt des St. Pöltner Fußballwunders hieß Mario „El Matador“ Kempes – der argentinische Weltmeister und WM-Torschützenkönig von 1978 – der 1987 mit 33 Jahren bei den „Wölfen“ in der 2. Liga anheuerte. Das ist in etwa


TEXT: THOMAS SCHÖPF | FOTOS: HELMUT LACKINGER, ARCHIV THOMAS SCHÖPF

PRÄSI. Helmut Meder galt auch bei den Spielern als „Macher“ und „Anpacker“. so, als hätte sich Cristiano Ronaldo (33) im Sommer nicht für Juventus sondern für den Kapfenberger SV entschieden. Kempes stand freilich vorher bei der Vienna unter Trainer Ernst Dokupil am Abstellgleis. Der ehemalige VSE-Präsident Helmut Meder erinnert sich: „900.000 Schilling hat der Mario gekostet. Den Transfer haben wir mit seinem Freund und kurzzeitigen VSE-Trainer Pepi Schulz und einer Dolmetscherin im Stüberl in der Prandtauerhalle abgewickelt. Viele haben mir abgeraten. Er hatte einen ganz schönen Bauch. Aber unter Trainer Parits ist er wieder aufgeblüht.“ Parits und Hubert Baumgartner (erst VSE-Tormann, dann Tormanntrainer und Trainer) sprachen mit Kempes Spanisch. „Wir Spieler unterhielten uns auf Englisch mit ihm“, erzählt Paal. „Es gab kein einziges Spiel, in dem er sich runtergelassen hat. Beeindruckend war, dass er uns Wald- und Wiesenkicker nie spüren hat lassen, dass er besser ist. Im Fußball habe ich viele Leute kennengelernt, die geglaubt haben sie sind etwas Besseres, waren aber nix. Kempes war nicht nur besser, er war Weltklasse“, sagt Paal, der heute am Magistrat St. Pölten arbeitet. Scherbs Karriere-Highlight Der spätere LandesligaBomber und SKN-Erfolgstrainer Martin Scherb (der-

zeit ÖFB-U19- und U15-Teamchef) scherzt sogar, dass eine Begegnung mit Kempes sein „Karriere-Highlight“ war. Scherb schoss als Teenager beim SC St. Pölten alles kurz und klein und wurde von Parits auf die „Rennbahn“ – wo heute das Regierungsviertel steht – zum VSE-Probetraining eingeladen. „Beim Schusstraining hat Kempes direkt vor mir einen Ball knapp vorbei geschossen, danach ich meinen, und das auch noch weit hinter das Tor. Als ich weglaufen wollte, um ihn zu holen, dreht er sich um, deutete, und sagte ,Warte Junge, Mario holt Ball‘. Der Weltstar zum Jungspund.“ 104 Bierfässer Kempes leitete den Erfolgslauf in der Saison 1988/1989 auch höchstpersönlich mit seinem Goldtor zum 1:0-Heimsieg im ersten BundesligaSpiel des VSE gegen Rapid ein. 104 Fässer Egger-Bier (à 50 Liter) leerten die Fußballfans an jenem heißen JuliTag am Voith Platz. Am Ende des Grunddurchgangs (22 Spiele) hatte Kempes als Regisseur neun Treffer auf seinem Konto. Der Drei-Mann-Sturm Ernst Ogris (RIP), Franz Zach und

Slobodan Brankovic („Heut’ gemma wieder Branko-Schauen“) schrieb 21 Mal an. Dokupils Vienna zerlegten sie nach einem 0:0 zur Pause noch mit 6:1! „Drei Stürmer, das war revolutionär“, erinnert sich Paal. „Für mich war das normal“, sagt Parits, „das habe ich auch anderswo spielen lassen und hat hier am besten gepasst. Mindestens ebenso wichtig waren natürlich auch die Abwehrriegel wie der Poldi Rotter.“ Pendant Hans-Peter Frühwirth war für den späteren VSEler Frenkie Schinkels der härteste Gegenspieler und Mitspieler, den er je hatte. „Der hat dich einfach immer umgerannt“, so Schinkels, „sogar im Training!“ In der „Kronen Zeitung“ wurde der VSE das ein oder andere Mal als „FC Kempes“ betitelt. Einmal zeichnete der ORF seine gesamte „Sport am Montag“-Sendung beim Egger-Werk auf und widmete dem St. Pöltner Fußballwunder 50 Sendeminuten. Mit von der Partie damals im Braustüberl auch Flankengott Rudi Steinbauer, alias „Turbo-Rudi“, der nach wie vor in St. Pölten lebt. RTL stattete Kempes in dessen Wiener Wohnung einen Be-

VSE-HELDEN. Sprintkanone Slobodan Brankovic (l.), Weltmeister„El Matador“ Mario Kempes (m.) und Trainer-Legende Thommy Parits (r.). MFG 09.18

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MFG SPORT such ab, ließ sich vom „El Matador“ bekochen und drehte eine Reportage über den ehemaligen Valencia-Star. VSE war Fanmagnet Nicht zuletzt wegen des riesigen Erfolgs war der VSE nach dem FC Tirol unter Trainer Ernst Happel (mit Hansi Müller, Peter Pacult und Co.) eine Zeit lang Österreichs größter Zuschauermagnet. Während zu Rapid in der Zeit nicht einmal 4.000 Besucher ins Hanappi Stadion kamen, pilgerten nach der Aufstiegssaison durchschnittlich fast 7.500 Fans zu den VSE-Heimspielen. Bei der Flutlichtpremiere gegen die Austria Mitte September 1988 waren es 12.500 – Rekord! Obwohl drei Tage vorher gegen Tirol auch schon 10.000 da waren. „An dem Tag haben wir über eine Million Schilling eingenommen. Hauptsächlich in kleinen Scheinen“, lacht Meder, „Herr Totzer und Frau Gruber vom Sekretariat sind dann gleich mit mehreren Aktentaschen voller Geld mitten durch die Leute rüber zur Sparkasse.“ Dabei standen die Fans am ursprünglich ebenerdigen Voith Platz auf Bauschutt. „Immer wenn ich irgendwo bei einer Baustelle vorbeigefahren bin, habe ich den LKW-Fahrern einen Hunderter gesteckt und

30 JAHRE ST. PÖLTNER FUSSBALLWUNDER VSE

hab sie gebeten, den Schutt zum Voith Platz zu führen“, erzählt Meder. Den legendären Graben ließ er anlegen, damit die „Leute nicht wie Affen am Zaun hängen mussten, wie wir es aus Steyr kannten.“ Reiselustig waren die VSE-Fans auch. Zum Spitzenspiel bei der Austria fuhren über 5.000 hin und das Horr Stadion war im August 1988 gegen St. Pölten mit 12.000 Besuchern ausverkauft! Das gelang den „Violetten“ danach 11 Jahre lang nicht mehr. „Die Fans waren ein Wahnsinn“, sagt auch Didi Ramusch, der von 1989 bis 1994 die rechte Außenbahn beackerte, „ich habe nur schöne Erinnerungen. Der Funke ist immer wieder übergesprungen.“ Heute arbeitet der bald 49-Jährige auf der PVA in St. Pölten. „Meine Frau hat mir versprochen, dass sie mich meine gesamte Karriere lang überallhin begleitet. Ich musste ihr dafür versprechen, dass wir danach in St. Pölten bleiben“, erzählt Ramusch und scherzt, „als Kärntner musst du das einmal verkraften. Aber mittlerweile komme ich ganz gut zu Recht.“ Für Meder waren Ramusch (um 2,5 Mio. Schilling von Austria Klagenfurt) und Paal (um zwei Millionen von Sturm, wo er sich mit Otto Konrad matchte), „meine besten Transfers.“

RÜCKHALT. Michael Paal war von 1989 bis 1995 eine verlässliche Nummer 1 bei den Wölfen, absolvierte für den VSE 108 Bundesliga-Spiele. 70

THE VOICE. Fritz Dibidanzl war als Platzsprecher eine VSE-Institution.

Die beiden schwärmen im Gespräch mit dem MFG ebenso über den „Macher“ und „Anpacker“ Meder. Paal hält außerdem noch fest: „Er hatte auch noch große Ahnung vom Fußball. Das gibt’s bei den Präsidenten heutzutage ja gar nicht mehr.“ Parits meint rückblickend sogar: „Es deprimiert mich fast ein wenig, wenn ich sehe, wie wenig Zuschauer der SKN in dem schönen Stadion hat. Aber vielleicht dauert es einfach noch. Derzeit sind sie ja auf einem guten Weg.“ Bei der VSE-Trainerlegende ist gar nicht so sehr der Erfolgslauf vom Herbst 1988 hängen geblieben: „Richtig schön war, dass wir es zwei Mal hintereinander ins Meister-Playoff geschafft haben. Und im zweiten Jahr auch schon junge Spieler wie Martin Prikop, Reinhard Waltenberger, Hannes Weber und Thomas Scherzer einbauen haben können.“ Danach sah Parits den Plafond erreicht und bat Meder um eine Vertragsauflösung. „Ich bin täglich von Siegendorf durchs Helenental nach St. Pölten gependelt, 250 Kilometer. Die A21 hat es noch nicht gegeben. Und ich bin schon zwei Mal mit dem Auto nur recht knapp einem Unfall entronnen.“ Ihm folgte ausgerechnet Dokupil als Trainer. Kempes war im Nu beim Kremser SC. Dokupil hielt sich gerade zwei Monate im Sattel und wurde von Baumgartner abgelöst, unter dem der VSE auch noch schöne Erfolge feierte. An den Erfolgslauf mit Kempes konnten die „Wölfe“ aber nie wieder auch nur annähernd anknüpfen.


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MFG SPORT

SKIFAHREN IM HOCHSOMMER „Skifahren ohne Schnee? Für viele unvorstellbar, für uns nicht mehr wegzudenken“, sagt einer, der es wissen muss: Sebastian Posch, Schüler des Sportleistungszentrums St. Pölten, das seit 2017 auch eine Sparte „Grasski“ führt.

D

er Grasskilauf wurde anno da­ zumal im schwäbischen Geislin­ gen/Steige bei Stuttgart erfunden, um den Skirennläufern auch in den Sommermonaten optimale Trainings­ bedingungen zu ermöglichen. Trotz Anerkennung als eigene Sportart im Jahr 1978 und starker Ähnlichkeit zum alpinen Winterpendant, ist Gras­ ski aber bis heute eher „exotisch“ geblieben. Freilich nicht so sehr, dass nicht der Landesskiverband Nieder­ österreich ein eigenes Referat Gras­ ski führen würde. „Durch die beiden Vereine BSV Voith St. Pölten und WSV Traisen Ski haben wir mit dem Trainingszentrum Schwarzenbach die besten Voraussetzungen zum perma­ nenten Grasskitraining!“, verrät Lei­ ter Reinhard Zickbauer, dessen Ath­ leten schon großartige internationale 72

Erfolge einfahren konnten. So finden sich darunter die Weltmeister Klaus Spinka, Christian Balek und Ingrid Hirschhofer sowie die Juniorenwelt­ meister Sascha Posch und Daniela Krückel. Um auch in Zukunft dieses Level halten zu können, wurde im September 2017 im Sportleistungs­ zentrum St. Pölten (SLZ) – quasi mit­ ten im Flachland – die neue Sparte „Grasski“ etabliert! „Das SLZ ist ein absoluter Mei­ lenstein“, unterstreicht NÖ-Nach­ wuchstrainer und Ausbildungsleiter Hannes Posch. „Derzeit sind wir in

Niederösterreich sehr gut mit dem Nachwuchs im Grasskifahren aufge­ stellt. Insgesamt neun Athleten waren heuer international erfolgreich.“ Um weiterhin für Nachwuchs zu sorgen, sei es auch wichtig, in der Breite mög­ lichst viele Jugendliche an Bord zu holen. „Ab Herbst werden zwei wei­ tere Athleten im SLZ St. Pölten in der Sparte Grasski starten. Vom Landes­ skiverband Niederösterreich werden zweimal wöchentlich Trainings er­ möglicht, wo man auch jederzeit ‚hi­ neinschnuppern‘ kann“, freut sich der Nachwuchscoach auf weitere Interes­ sierte. Als erster Schüler trat 2017 der heute 16-jährige Böheimkirchner Se­ bastian Posch (siehe Bild) in die SLZSparte „Grasski“ ein. Den Unterschied

Mein bisher größter Erfolg war der österreichische Meistertitel in der Super-Kombination. SEBASTIAN POSCH


TEXT: CHRISTINA BAUER | FOTOS: ROBERT HETFLEISCH

Das SLZ Sparte Grasski ist ein absoluter Meilenstein! HANNES POSCH

zum alpinen Schifahren umreißt er so: „Von der Technik und der Ausrüstung her ist alles gleich. Lediglich die Skier sind kürzer und mit Rollen gebaut.“ Sebastian Posch ist seit seiner Kind­ heit begeisterter Skifahrer. Ab dem zehnten Lebensjahr besuchte er die Michaela Dorfmeister Skimittel­ schule in Lilienfeld. Sein damaliger Trainer Klaus Spinka war vielfacher Weltmeister im Grasski und legte da­ her im Sommer viel Wert auf diese Sportart. Dadurch wurde Sebastians Leidenschaft für die doch eher „au­ ßergewöhnliche“ Sportart geweckt, und er blieb sozusagen „picken“. Nach Abschluss der Skimittelschule schrieb er sich im SLZ St. Pölten ein, um die Sommersportart weiter zu be­ treiben. Dort ist intensives Training an der Tagesordnung: Neben den 23 Unterrichtsstunden trainiert Seba­

stian dreimal wöchentlich vormittags – davon zweimal mit seinem Spar­ tentrainer Hannes Posch und einmal mit der ganzen Klasse. Dazu kommen wöchentlich fünf Nachmittags-Trai­ ningseinheiten, wobei hier der Fokus auf Ausdauer-, Kraft-, Schnelligkeit-, Sprungkraft- und Grasskitraining ge­ legt wird. Durch seine Ausdauer und seinen Ehrgeiz hat Sebastian schon erste Erfolge eingeheimst. „Mein bis­ her größter war der österreichische Meistertitel in der Super-Kombina­ tion. In Zukunft möchte ich gerne an die Weltelite anschließen und würde mich über Top 10 Platzierungen bei der nächsten Junioren-Weltmeister­ schaft freuen!“ Warum Grasski in der Skination Österreich dennoch bis heute ein Min­ derheitenprogramm geblieben ist, er­ klärt sich Sebastian so. „Grasski kann

Musikinstrumente Reparaturen Noten

nicht in der ‚Masse‘ wie alpines Ski­ fahren ausgeübt werden. Man kann nicht rutschen, und durch das Brem­ sen zum Hang hin wird viel Auslauf und Platz benötigt. In ganz Österreich gibt es derzeit auch nur fünf Gebiete, wo diese Sportart bestrieben werden kann. Zudem sind die Ski Handar­ beit und keine Massenprodukt, wes­ halb man sie auch nicht einfach so im Sportgeschäft bekommt.“ In Niederösterreich steht der Gras­ skielite und dem Nachwuchs lediglich ein Hügel zur Verfügung. „Etwas ab­ seits, nämlich in Schwarzenbach bei St. Veit, konnten wir einen kleinen Hang mit Lift für unsere Trainingsein­ heiten in Beschlag nehmen, dort wer­ den neben dem Training auch einmal jährlich internationale Rennen abge­ halten“, erklärt Hannes Posch. Alles eben ein bisserl „exotisch“. Und so passt es ganz gut, dass sich das vermeintlich flache St. Pölten und nicht ein hochalpines Dorf gerade zur Grasski-Hochburg entwickelt.

FUHR MANN SHOF

#SANKTPÖLTENMITTE 14.September

Musikalische Innenstadt mit Titus Probst

TITUS PROBST

Der ist Künstler mit vielen Facetten und einem Kofferraum voll analoger Synthesizer

VOAK & BRANDSTETTER

Young&Lost

29.September

Höfefest mit Fainschmitz und FreifachMusik

Music Center Jörgerstrasse 43 | 3108 St. Pölten Tel. & Fax: 0 27 42 / 257 227

22.September

FAINSCHMITZ

GYPSY SWING / CHANSON JAZZ / POP / PUNK

5-6 Oktober Beislfest

MFG 09.18

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MFG KRITIKEN ZUM HÖREN Manshee | mikeSnare | Thomas Fröhlich | Dr. Schramek | Rob.STP | Dr. Ray B. (von links nach rechts)

SLUFF

Das Debütalbum von Sluff ist ein Trip durch weiche Wolken und starke Gefühle. Das Wiener Trio präsentiert entgegen seiner Slacker-Ästhetik eine wohl durchdachte Indie-Rock-Platte. Von Dreampop zu Kraut- und Indie-Rock bis zu Shoegaze reichen die soundästhetischen Stilelemente, und man scheut vor großen Popmomenten ebensowenig zurück wie vor Hymnen zum Mitsingen und Mittanzen. Am 19. Oktober live im Egon.

„SAPERAVI“ FEAT. 33A NIAZ DIASAMIDZE

Während in seiner Heimat Georgien bereits Nationalheiligtum, ist Diasamidze hierzulande außerhalb der Diaspora noch kaum bekannt. Schade, denn der Mann aus Tbilisi schmiedet wunderbare Songs zwischen georgischem Folk und Pop (in georgisch und -voilà!- französisch!). Um diesen Troubadour und Panduri-Spieler Diasamidze kennen zu lernen, sei „Saperavi“ aus dem Jahre 2011 empfohlen.

ANTHOLOGY 1995-2010

HOPE

PRINCE

FOURWARD

Ihm selbst, der im Dauerclinch mit der Musikindustrie lag, hätte es wohl nicht wirklich behagt – für Fans, die schwer an die teils abenteuerlich vertriebenen Alben und Songs kamen, ist es aber ein „Segen“: Sony hat fürs erste 23 Alben, insgesamt 300 Songs, von Prince aus der Schaffensperiode 1995 bis 2010 online gestellt. Außerdem hat man gleich eine Anthology mit 37 Songs aus diesem Zeitraum herausgebracht.

Die mittlerweile zu Fixgrößen in der Szene avancierten Jungs aus dem Westen Niederösterreichs mäandern in letzter Zeit durch die Drum&Bass Label Landschaft von Shogun über Eatbrain und nun zu Elevate Records. Mit „Hope“ knüpfen sie an Hits wie „Amigo“ oder den Remix von „Alone“ der Upbeats an. Im Vordergrund steht nicht komplexe cutting-edge Produktion sondern easy-listening dancefloor Geschredder.

DEMO

MALA HERBA

Beim letzten Parque del Sol sorgte Mala Herba alias Zosia Holubowska abends für offene Münder und ebensolche Ohren: Mit einer stimmigen Mischung aus melancholischer Darkwave, knackigen Beats und einer Stimme, die an Siouxsie and the Banshees zu deren düsteren Bestzeiten gemahnt, eroberte sie mit ihrer „synth witchcraft“ die Herzen. Ihr Album gab‘s nur auf Tape (!) – downloadbar ist es aber glücklicherweise auf Bandcamp.

RAINIER FOG

ALICE IN CHAINS

Nach langer fünfjähriger „Pause“ gibt es endlich wieder neue Musik der einstigen Grunge-Helden rund um Jerry Cantrell. Auf Rainier Fog dominieren harte, schwere Gitarrenriffs aus der Feder. Den Gesang, der perfekt mit der Musik harmoniert, liefert einmal mehr William DuVall, welcher nun wohl endgültig als perfekter Nachfolger für den 2002 verstorbenen Layne Staley gilt. Für Fans erdiger Gitarrenmusik definitiv ein Must-have.

ZUM SCHAUEN

ZUM SPIELEN

ZUM LESEN

Manshee | C. Schuhmacher

Christoph Schipp

H. Fahrngruber | W. Hintermeier

DON’T WORRY

MADDEN NFL 19

GUS VAN SANT

ELECTRONIC ARTS

FERDINAND VON SCHIRACH

John Callahan liebt das wilde Leben, schräge Witze und Alkohol. Nach einer nächtlichen Sauftour und einem schweren Autounfall landet er im Rollstuhl. Nur widerwillig und dank seiner Freunde begibt er sich auf Entzug. Dabei entdeckt er sein Zeichentalent – und wendet es für bissige, respektlose Cartoons an. Bewegendes und humorvolles Drama.

Spielerisch macht Madden auch in diesem Jahr wieder ordentlich Laune. Fans der Reihe können sich auf viele kleine Verbesserungen zum Vorgänger freuen, während Anfänger mit einem ausführlichen Tutorial verwöhnt werden. Dabei ist Madden NFL 19 seiner Linie treu geblieben und präsentiert ein Football-Erlebnis, das viel von seiner Atmosphäre gut präsentiert.

Bislang rechtschaffene Menschen begehen kaltblütig Verbrechen, wofür sie die Gesellschaft mit Kerker bestraft. Ferdinand von Schirachs Schilderung einiger realer grausamer Morde in Kurzgeschichten lassen einen erschaudern. Das Eis eines klaglosen unbescholtenen Lebenswandels über den abgründigen Tiefen menschlicher Grausamkeit ist dünn und brüchig.

DAS SCHÖNSTE MÄDCHEN DER WELT

YAKUZA KIWAMI 2

ALS DIE OMMA DEN HUREN NOCH...

Roxy ist neu in der Klasse – und für Cyril Liebe auf den ersten Blick. Doch es wäre alles viel einfacher, wäre da nicht seine große Nase, die ganz gehörig am Selbstvertrauen des Teenagers nagt. Auf der gemeinsamen Klassenfahrt tritt der Hobby-Rapper deswegen bloß mit Maske auf – und kann damit auch Roxy begeis­ tern.

Yakuza Kiwami 2 ist ein Juwel unter den Remakes. Wenn man mit Open-World, dem Yakuza-Thema und dem actionlastigen Gameplay etwas anfangen kann, sollte man hier seine Freude haben. Fans der alten Teile werden viel Neues entdecken, während neu hinzukommende Spieler auf dem riesigen, japanischen Spielplatz genauso auf ihre Kosten kommen werden.

... Taubensuppe kochte. Die Omma war in einem Puff im Ruhrpott Wirtschafterin und betreibt mit ihrer Freundin Mitzi, die dort als Hure gearbeitet hat, ganz solide eine Pension. Als Mitzi völlig unerwartet stirbt, schlägt die Omma in Berlin bei ihrer Enkelin, die Seidenschlüpfer entwirft, auf –und bringt deren fast schon bürgerliches Leben ganz schön durcheinander.

ARON LEHMANN

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SEGA

STRAFE

ANNA BASENER

FOTOS: ZVG

ON DEBRIS


MFG VERANSTALTUNGEN HIGHLIGHT VAZ St. Pölten

Foto: ÖSTERREICHS HUNDETAGE/zVg

„ÖSTERREICHS HUNDETAGE“ HUNDE MESSE & HUNDESPORT 24. & 25. NOVEMBER Erstmals finden „Österreichs Hundetage“, HUNDE MESSE & HUNDESPORT – die Publikums- und Verkaufsmesse – statt. Neben den vielen Ausstellern liegt ein Schwerpunkte beim Thema „Hundesport“, und so werden viele Freizeitbeschäftigungen & Sportmöglichkeiten mit dem Hund präsentiert und live vorgeführt, und auch Sportzubehör für alle Arten von Hundesport angeboten! „Österreichs Hundetage“ bieten perfekte und vielfältigste Einkaufs- und Informationsmöglichkeiten – UND JEDE MENGE ACTION – beim Agility Turnier und bei den vielen weiteren Vorführungen!

DER GUTE MENSCH VON SEZUAN

BASS MARKET VOL. 2

LANDSTREICH PLUS

LAZARUS

Premiere 15. SEPTEMBER Drei Götter beschließen sich auf den Weg zur Erde zu machen und begegnen in Sezuan der armen Prostituierten Shen Te. Sie bietet den Fremden ein Dach über dem Kopf an. Zum Dank schenken sie ihr das Startkapital für einen kleinen Tabakladen. Shen Te verliebt sich dann in den arbeitslosen Flieger Sun, für den sie sich in Schulden stürzt.

21. SEPTEMBER Bass Market geht in die zweite Runde! Fans von Bassline House, Bass House, Garage House, Techhouse, Techno oder ähnlichem werden hier definitiv auf ihre Kosten kommen. Mit dabei Blackwell, Clemontone, Maka, Origins, RezR, Rude Since 93 und Simon Lima. Einlass ist ab 22 Uhr, Tickets können an der Abendkassa erworben werden.

21. SEPTEMBER Vielleicht haben Sie die steirischpolnischen Musikkabarettisten schon vor Jahren lieben gelernt – mittlerweile streichen sie als „Landstreich plus“ wieder durch die Lande. Mit dabei der Weltakkordeonist Krzysztof Dobrek, der Musikkabarettist Christoph Spörk, am Kontrabass Gerhard Draxler – und die Geigerin und Sängerin Johanna Kugler.

Premiere 27. SEPTEMBER Die Handlung schließt an Nicolas Roegs Film „Der Mann, der vom Himmel fiel“ von 1976 an, in dem David Bowie den Außerirdischen Thomas Jerome Newton spielt, der auf die Erde kommt, um Wasser für seinen ausgetrockneten Heimatplaneten zu beschaffen. Viele Jahre sitzt Newton auf dem ihm so fremden Planeten fest.

LANDESTHEATER

| THEATER

WAREHOUSE

| PARTY

STP METALWEEKEND

INSIEME

29. – 30. SEPTEMBER Ende September startet im Frei:raum das Metalweekend. Mit dabei sind u.a. Aeons Of Ashes, ANDERWELT, Distaste, FALLING FOR AN EMPIRE, Harakiri for the sky, Insanity Alert, Mortal Strike, Richthammer, UGF und Warcult. Tickets sind über oeticket.com, NTRY Ticketing oder im neuen Metal-Local Battle Axe Vienna erhältlich.

5. OKTOBER ITALO POP NON STOP „Italienurlaub pur“ – so lautete die Lobeshymne in der „Krone Bunt“ und auch das Urteil der begeisterten Premieren-Besucher. Erinnerungen an laue Nächte, kühlen Prosecco oder einfach nur Vorfreude auf die nächsten Tage an der Oberen Adria. „Italienische Nacht“, so bezeichnen die vier Künstler ihr neues Programm.

| PARTY

FREI:RAUM

VAZ ST. PÖLTEN

MUNDWERK-CREW

19. OKTOBER Feine Elektrobeats angereichert mit stimmiger Blasmusik – die Tanzmusik der neuen Stunde! Die Musiker des erfolgreichen österreichischen Quintetts Erwin & Edwin sind Pioniere des Elektrobrass und begeisterten mit ihren energiegeladenen Auftritten bereits auf Festival Bühnen wie dem FM4 Frequency und dem Urban Art Forms.

25. OKTOBER Die MundwerkCrew steht für GänsehautMomente statt Gangsta-Rap: In ihrem Hybrid aus Funk und Hip-Hop lassen die MCs Tobias Klauser und Sebastian Riepp den clever getexteten Wortfluss zum reißenden Strom zwischen Anglizismen, Deutsch„Rapertoire“ und bayerischem Dialekt ansteigen: „I bin a Weiss-Blauer“ schallt es.

| KONZERT

FESTSPIELHAUS

| MUSICAL

MUSIKTHEATER LINZ

| THEATER

| KONZERT

ERWIN & EDWIN

CINEMA PARADISO

BÜHNE IM HOF

| KONZERT

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MFG

AUSSENSICHT

EIN NEUER BISCHOF – WAS WOHL DIE HERDE DAZU SAGT? Ohne Transparenz wird eine Institution schwächer, nicht stärker.

Die Besitztümer der Diözesen sind der letzte reale Machtfaktor der Bischöfe.

Die katholische Kirche –­ meine Kirche, um das gleich gesagt zu haben – ist eine feudale Organisation. Sämtliche Entscheidungen werden hier an der Spitze getroffen – der Papst legt fest, was die Lehre besagt, besetzt die vatikanischen Behörden und, vor allem, er allein ernennt Bischöfe. Die wiederum sind nur dem Papst verantwortlich dafür, wie sie die Diözesen führen, wen sie als Priester einsetzen, wie sie mit dem Kirchenvermögen umgehen. Der einfache Christ hat dabei wenig mitzureden, auch die einzelnen Priester und die anderen Bischöfe im Land, nicht einmal der Kardinal, können den Fehler eines Bischofs gegen seinen Willen korrigieren. Diese Organisation hat der Kirche über Jahrhunderte enorme Stabilität verschafft: Zentralismus, gepaart mit einer starken Stellung des Mannes vor Ort war das Erfolgsrezept, das sie durch all die Wirren vom Mittelalter an bis nach den Weltkriegen zur größten Institution der Erde gemacht hat. Egal wie groß das Chaos rundherum, wie reich oder arm das Land rund um sie herum war: Die Kirche war ein Hort der Stabilität. Nur: Es ist ein wenig aus der Zeit gefallen, sich so zu organisieren. Ohne jede Form von Mitbestimmung durch die Basis, ohne Transparenz zu existieren, macht eine Institution in Zeiten, in denen Menschen auf allen Ebenen mobiler geworden sind, nicht stärker, sondern schwächer. Der neue St. Pöltner Bischof Alois Schwarz könnte diese Lektion gelernt haben. In der Diözese Gurk-Klagenfurt, der er die vergangenen 17 Jahre lang vorgestanden ist, wiegen die Verdachtsmomente gegen ihn schwer: Günstlingswirtschaft, dubiose Rechnungen, der Einsatz von Spionen gegen Kritiker werden Schwarz Recherchen von „News“ zufolge zur Last gelegt. Wirtschaftsprüfer sind am Werk, Schwarz selbst hat dem Vatikan seine Sicht der Dinge übermittelt. Die negative Sicht der Dinge wäre jetzt: Was haben sie uns da für einen vorgesetzt. Die positive: Da ist jemand, der aus seinen Fehlern lernen kann. Die Geschichte von Saulus zu Paulus zu bemühen wäre übertrieben – aber viel mehr als Hoffnung, dass Schwarz es in St. Pölten besser macht als in Kärnten, bleibt einem Gläubigen eben nicht. 76

JAKOB WINTER

Aufgewachsen in St. Pölten, emigriert nach Wien, Redakteur beim „profil“.

Die obersten Hirten der Kirche hatten es schon einmal leichter. Vorbei sind die Zeiten, in denen die Männer Gottes als unfehlbar galten. Und so ist auch Alois Schwarz nicht zu beneiden, der jüngst den vakanten Bischofssitz der Diözese St. Pölten übernahm. Zwar sinkt die Zahl der Katholiken in Niederösterreich weniger rasant als anderswo. Doch die Bindung der Bevölkerung zur Kirche wird brüchig. Höchstens jeder zehnte Gläubige besucht noch Gottesdienste, die kirchliche Trauung gerät in Städten zum Auslaufmodell und das Priesteramt zählt unter Burschen nicht eben zu den beliebtesten Karrierezielen. Der Riss, der sich durch die gesamte Gesellschaft zieht, macht auch vor den Katholiken nicht Halt. Auf der einen Seite stehen die Verfechter der christlichen Soziallehre, die sich in der Caritas und anderen Hilfsorganisation engagieren. Auf der anderen Seite wächst die Gruppe jener, die der Kirche ihren humanistischen Flüchtlingskurs übelnehmen. Da lehnt sich ein Bischof lieber nicht allzu weit hinaus. Ungemach droht auch aus den eigenen Reihen: Eine besonders kritische Gruppe an Geistlichen schloss sich zur Priesterinitiative zusammen und mahnt liberale Reformen ein – vom Ende des Zölibats (es verbietet Priestern die Heirat) bis hin zu mehr Transparenz bei den Finanzen der Kirche. So verständlich diese Forderungen sind: Die Bischöfe scheuen Vermögenstransparenz wie der Teufel das Weihwasser. Denn die Besitztümer der Diözesen sind ihr letzter realer Machtfaktor. Wäre bekannt, auf welchen Schätzen sie sitzen, hätten sie wohl eine Debatte am Hals, wie diese Mittel am besten einzusetzen sind. Deshalb ist Schweigen das oberste Gebot. Seit einigen Jahren sind immerhin die laufenden Budgets öffentlich. Der Bischof von St. Pölten verfügt über einen Jahresetat von 56 Millionen Euro. Und zumindest eine besonders wichtige Besitzung ist bekannt: Die Regionalzeitung NÖN steht zu 80 Prozent im Eigentum der Diözese. Welche Grundstücke, Immobilien und Kunstwerke sie sonst noch ihr Eigen nennt, bleibt wohl auch unter Schwarz ein gut gehütetes Geheimnis.

FOTOS: LUIZA PUIU, SEBASTIAN REICH

GEORG RENNER

Der Wilhelmsburger arbeitet als Journalist bei der „Kleinen Zeitung“.


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ARBEITSZEITGESETZ NEU: Das neue Arbeitszeitgesetz sieht ab sofort auch 12-Stunden-Tage vor, allerdings nur, wenn der Arbeitnehmer die angeordneten ร berstunden auch wirklich freiwillig leisten mรถchte.

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