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mjam market breitet sich aus Nach einer ruhigen Testphase steht nun die Wien-Expansion an

14 Jahre dabei

Hartwig Kirner ist seit 2007 Geschäftsführer von Fairtrade Österreich. Davor war der studierte Betriebswirt bei internationalen Konzernen wie Coca-Cola, Gillette und Hewlett Packard tätig.

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„Die guten Zahlen sind kein Zufall“

Der geschätzte Gesamtumsatz mit Fairtrade-Produkten stieg im Krisenjahr 2020 um elf Prozent auf 390 Mio. Euro.

••• Von Paul Hafner

WIEN. „Ein zweistelliges Wachstum ist immer etwas Besonderes“, kommentiert Geschäftsführer Hartwig Kirner die Fairtrade-Bilanz 2020. Demnach stiegen die Umsätze mit Fairtrade-Produkten im vergangenen Jahr auf 390 Mio. € – ein Plus von elf Prozent, das jenes vom Vorjahr (5,4%) deutlich übertrifft. Auch bei den Erlösen steht ein saftiges Plus von 9,1% zu Buche. Kirner sieht in den „durchwegs positiven Zahlen“ Anlass für Zuversicht – und ging für medianet im Detail auf die Absatzentwicklungen ein.

Wachstumsführer Reis

Gerade zu Beginn der Pandemie habe sich gezeigt, dass man sich „in der Krise auf das Wesentliche besinnt – und Nahrungsmittel nehmen hier einen besonderen Stellenwert ein“, holt Kirner aus. Während es Produkte gebe, die „schon sehr etabliert sind und einen hohen Marktanteil haben“ – Kirner nennt als Beispiel Rosen mit über 33% und Bananen mit 27% –, erlebe man etwa beim Grundnahrungsmittel Reis „aktuell ein sehr dynamisches Wachstum“ – mit einem Absatzplus von 68% liegt Reis bei den Rohstoffen voran.

Drei neue Kakao-Partner

Beim zweitplatzierten Kakao, „wo wir 2020 ebenfalls mit 54 Prozent ein starkes Plus hatten“, erwartet Kirner „einen neuerlich sehr starken Anstieg, weil mit Manner, die ihr Engagement nun deutlich ausweiten, Ölz und Berglandmilch gleich drei große neue Partner im Kakaobereich gewonnen werden konnten“. Rosen (+28%), Baumwolle (+23%) und Rohkaffee (+10,5%) komplettieren die Wachstums-Top 5.

Eine im Vorjahr beim GallupInstitut in Auftrag gegebene Studie weist für das FairtradeSiegel eine Bekanntheit von 93% aus, drei von vier Menschen legen Wert laut selbiger Studie Wert auf fair gehandelte Lebensmittel – der Erfolg und die steigende Nachfrage nach Fairtrade-Produkten sei folglich „kein Zufall“, ist Kirner überzeugt.

Wie sich der Trend zu Regionalität mit jenem nach Fairtrade verträgt? „Sehr gut, denn Fairtrade zertifiziert fast nur Produkte, die in Österreich nicht wachsen“, sieht Kirner keine Konkurrenzsituation. Und: „Regionale Wertschöpfung und internationaler Fairtrade müssen kein Widerspruch sein.“ Es gebe „wohl nichts Regionaleres als das heimische Wirtshaus- oder Kaffeehaus. Dort ist der Kaffee nicht wegzudenken und muss dennoch von weit hergeholt werden.“

Gar nicht weit hergeholt sind die Kernaufgaben von Fairtrade, die Kirner weiterhin in der „Verbesserung der Lebensbedingungen von Bauernfamilien und Beschäftigten auf Plantagen in Afrika, Asien und Lateinamerika“ sieht.

Mitgliederzuwachs

Um dieses Ziel im Globalen Süden zu erreichen, sei es wichtig, „möglichst viele Kräfte in den nördlichen Konsumländern, wie Österreich eines ist, zu bündeln“. Entsprechend freut sich Kirner über die drei neuen Mitgliedsorganisationen Global 2000, Diakonie und Evangelische Frauenarbeit, die nicht nur Vernetzung und Wissensaustausch vorantreiben, sondern auch helfen sollen, „jeweils unterschiedliche Zielgruppen zu erreichen“.

Eine Befragung zeigt: 93 Prozent der Österreicher kennen das FairtradeSiegel, drei von vier Menschen legen Wert auf fair gehandelte Lebensmittel.

Hartwig Kirner

Geschäftsführer Fairtrade Österreich

Corona-Turbo für die Nachhaltigkeit

Laut McKinsey achten drei Viertel der österreichischen Verbraucher beim Einkauf auf nachhaltige Produkte.

WIEN. Faire und nachhaltige Produkte sind für die heimische Verbraucher während der Corona-Pandemie wichtiger geworden: Mehr als drei Viertel von ihnen (81%) achten beim Einkauf auf diese Faktoren. Fast die Hälfte (48%) will mehr für nachhaltige Produkte ausgeben als vor der Pandemie – das ist das Ergebnis einer Umfrage der Unternehmensberatung McKinsey & Company unter mehr als 5.000 Konsumenten in Deutschland, Österreich und der Schweiz, durchgeführt im Dezember 2020.

Einen Beitrag leisten

Jeder zweite Befragte in Österreich gibt an, neue Produkte bewusst auszuwählen, um den ökologischen Fußabdruck zu reduzieren und einen gesellschaftlichen Beitrag zu leisten. Elf Prozent sparen bewusst in anderen Bereichen, um sich nachhaltige Produkte leisten zu können.

„Für Konsumgüterhersteller und den Handel ergeben sich aus dem Thema Nachhaltigkeit viele Chancen. Unsere Befragung zeigt: Der Trend wird bleiben, und Entscheider sollten jetzt ihre Strategie mutig auf Nachhaltigkeit ausrichten. Es geht nicht mehr darum, Risiken zu minimieren, sondern um Differenzierung und Wachstum“, ist Sebastian Gatzer, McKinseyPartner und Experte für Nachhaltigkeit im Konsumgütersektor, überzeugt.

Der Umweltschutz spielt bei den Verbrauchern also eine wichtige Rolle, ebenso die soziale Fairness und die eigene Gesundheit: 76% der Befragten geben an, mehr für ein Produkt zu bezahlen, wenn die Menschen, die es herstellen, dafür fair bezahlt würden. Für 70% ist es wichtig, dass Produkte frei von umweltschädlichen Inhaltsstoffen wie Mikroplastik sind, 75% legen Wert darauf, dass bei der Produktion und beim Transport möglichst wenig CO2 ausgestoßen wird. 63% würden für Produkte auf Basis biologischer Inhaltsstoffe mehr bezahlen.

Bei frischen Lebensmitteln – allen voran Gemüse Obst, Fleisch und Fisch – spielt Nachhaltigkeit die größte Rolle: Über zwei Drittel der Befragten halten sie in diesen Kategorien für wichtig oder sehr wichtig, 25% sagen, dass Nachhaltigkeit seit der Corona-Pandemie für sie noch wichtiger geworden sei. Bei Snacks und Fertiggerichten findet nur rund ein Viertel der Befragten Nachhaltigkeit wichtig.

Je jünger die Konsumenten, desto mehr Wert legen sie auf Nachhaltigkeit. In der Generation Z, also bei den 15- bis 23-Jährigen, sind 58% bereit, tiefer in die Tasche zu greifen, fast jeder Fünfte von ihnen (18%) gibt an, sogar einen Preisaufschlag von mehr als 20% in Kauf zu nehmen. Bei den Frauen sind es 53%, bei den Männern 48%; ebenfalls 48% wünschen sich eine größere Auswahl an nachhaltigen Produkten. (red)

Es geht beim Thema Nachhaltigkeit nicht mehr darum, Risiken zu minimieren, sondern um Differenzierung und Wachstum.

Sebastian Gatzer McKinsey-Partner

Facts

Nicht nur eine Frage des Geldes

Die Bereitschaft, mehr Geld für nachhaltig vermarktete Produkte auszugeben, steigt mit zunehmendem Einkommen. Aber auch unter den Geringverdienern mit einem Haushaltsnettoeinkommen unter 2.000 € geben 50% der von McKinsey Befragten an, mehr für Nachhaltigkeit ausgeben zu wollen, bei den Befragten mit Einkommen über 4.000 € sind es 59%. Allerdings geben auch 61% der Befragten an, mehr nachhaltige Produkte kaufen zu wollen, wenn sie günstiger wären.

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