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Alternative: Unsere Welt als Klangcollage

Unsere Welt als Klangcollage

Der Komponist, Multiinstrumentalist, Sänger und Musikproduzent Cosmo Sheldrake aus London, der aus Naturgeräuschen Indie-Pop kreiert und damit die Welt verzaubert, kommt erstmals ins Wiener Konzerthaus

VON ANTONIA WECHNER

Hinter der Musik von Cosmo Sheldrake verbirgt sich ein Zauber. Zwischen Klavier-, Banjo- und Didgeridoo-Klängen und einer wunderschön warmen Bass-Stimme treten immer wieder Klangfarben hervor, die nicht ganz zuordenbar sind, sich jedoch fast organisch anhören. Erst ein Blick hinter die Kulissen verrät, woher diese Klangfarben kommen: Cosmo Sheldrake arbeitet mit aufgenommenen Klängen und Geräuschen aus der Natur und seiner Umgebung, die er weiterverarbeitet und in einen collageartigen Kompositionsprozess integriert. Dabei kann das Geräusch einer Rolltreppe zur rhythmischen Basis werden, das Singen einer Nachtigall zur Melodie und tieffrequente Walgesänge zum Bass.

Die Gesamtheit der klingenden Umgebung bildet somit das musikalische Material des in London aufgewachsenen Künstlers, der –ausgestattet mit einem Aufnahmegerät – immer auf der Suche nach neuen klanglichen Texturen ist. Wie in einem musikalischen Tagebuch hält er Klänge und Geräusche fest, die eigene Geschichten erzählen. Auf der Bühne greift er mithilfe von Synthesizern auf diese Klangsammlung zu und lädt uns ein, die Welt so zu hören, wie er es tut.

Was einerseits eine Zelebration der Klänge dieser Erde ist, macht andererseits darauf aufmerksam, dass immer mehr von dieser klanglichen Schönheit verloren geht. 2020 veröffentlichte Cosmo Sheldrake ein Album mit dem Titel »Wake Up Calls«, auf dem er Aufnahmen von bedrohten Vogelarten in Großbritannien verarbeitete.

In ähnlicher Weise schenkt der Musiker auf dem 2023 erschienenen Album »Wild Wet World« sein Ohr der Klanglandschaft des Ozeans – ein Lebensraum, der ebenfalls stark unter den Umweltveränderungen leidet. Musik sieht Cosmo Sheldrake als geeignetes Mittel, um auf die zunehmende Bedrohung dieser Ökosysteme hinzuweisen: »Kunst hat die Fähigkeit, kraftvoller zu kommunizieren. Wenn es um Fakten geht, kann der Mensch nur eine bestimmte Menge ertragen. Aber [Musik] verwandelt diese in eine emotionale Erfahrung, mit der man sich auf eine andere Art und Weise identifizieren kann.«

Einen Beitrag zur Erhaltung der biologischen Vielfalt auf unserer Erde leistet der Musiker auch viel direkter: Für die meisten seiner Alben gibt es gesonderte Tantiemenvereinbarungen, um bestimmte Prozentsätze der Veröffentlichungsrechte an Umweltund Naturschutzorganisationen abzutreten. So unterstützt der Musiker mit seinem neuesten Album »Eye to the Ear« (2024) u. a. die Royal Society for the Protection of Birds (RSPB), mit »Wild Wet World« (2023) Organisationen, die sich dem Schutz der Meere verschrieben haben.

Wo das Sehen aufhört, beginnt die akustische Dimension. Jeder Ort in der Natur hat seine eigene Stimme, seinen eigenen polyphonen Sound: Sehen trennt, hören verbindet.

COSMO SHELDRAKE

In einem Interview erzählt Cosmo Sheldrake: »Wenn man einem sterbenden Korallenriff den Klang eines gesunden Korallenriffs vorspielt, ermutigt das die Fische, zurückzukehren, und das Korallenriff kann wieder ins Gleichgewicht kommen« – eine Methode, die in der Wissenschaft Acoustic Enrichment genannt wird. Dass Klang eine solche Kraft haben kann, lässt einen Cosmo Sheldrakes Musik glauben.

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Di, 28/05/24, 19.30 Uhr · Großer Saal

Cosmo Sheldrake

Karten: https://konzerthaus.at/konzert/eventid/61487

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