4 minute read

Lura & African Women All-Stars

Als Jugendliche wollte sie Tänzerin oder Schwimmlehrerin werden. Heute wird die 1975 in Lissabon geborene Lura als musikalische Ikone der Kapverden gefeiert

VON BARBARA ALHUTER

Rund 570 Kilometer vor der Westküste des afrikanischen Kontinents erstrecken sich die Kapverden –eine vulkanische Inselgruppe mit mildem, vom Nordostpassat geprägtem Klima und bekannt für ihre schönen Strände. Für anhaltende Faszination sorgt auch die kreolische portugiesisch-afrikanische Kultur, im Musikbereich betrifft dies vor allem starke Frauenstimmen: Die 2011 verstorbene Grammy Preisträgerin Cesária Évora war die wohl berühmteste Sängerin des Archipels. Die sogenannte barfüßige Diva galt als Königin der Morna, des populärsten kapverdischen Musikstils, vergleichbar mit dem portugiesischen Fado. Zu den Vertreter:innen der jüngeren Generation zählen die in Kuba geborene Mayra Andrade und die aus Lissabon stammende Maria de Lurdes Pina Assunção, besser bekannt als Lura. Beide haben kapverdische Eltern.

Lura lernte die Heimat ihrer Eltern erst im Alter von 21 Jahren kennen, war aber in Portugal von klein auf von der kapverdischen Kultur umgeben: »Die Kapverdier nehmen ihre Kultur mit, wohin sie auch gehen. Es gibt eine große kapverdische Gemeinschaft in Lissabon. Das Essen, der Rhythmus und die Musik waren also überall um mich herum, als ich aufwuchs«, schildert sie ihre Kindheit.

Heute gilt Lura als musikalische Sensation der Kapverden, doch ihre musikalische Karriere war keineswegs vorgezeichnet. Ihre ersten Schritte als Sängerin machte sie Anfang der 1990er-Jahre, als Juka – ein populärer Musiker aus São Tomé und Príncipe – sie als Backgroundsängerin engagierte. Schließlich nahmen sie ein Duett auf, das für Furore sorgte, und traten in Portugal und Angola auf.

Lura arbeitete bald mit Musikern wie Bonga, Paulo Flores und Paulinho Vieira und legte 1996 ihr Debütalbum »Nha vida« vor, dessen Titelsong ihr den internationalen Durchbruch bescherte. »Ich hatte ein bestimmtes Gefühl für mein Potential als Sängerin und das wuchs. […] Es war einfach etwas, das ich tun musste, ich habe es nicht in Frage gestellt«, erklärt die Künstlerin. Der Erfolg gab ihr recht. »Die Zukunft der kapverdischen Musik hat einen Namen und dieser Name lautet Lura. […] Eine Stimme, die wir bei freudigen und bei traurigen Gelegenheiten hören wollen. Eine Stimme, die uns tröstet und uns hinreißt«, rühmte sie der angolanische Schriftsteller José Eduardo Agualusa, und The Independent prophezeite: »Diese junge Frau [wird] die Stadien füllen!«

Um tiefer in die kapverdischen Traditionen und Klänge einzutauchen, lebte Lura mehrere Jahre in Praia City, wo sie u. a. das Album »Herança« (2015) produzierte, das schwungvolle, tanzbare, von Funaná-Rhythmen geprägte Stücke enthält. Zurück in Lissabon folgte das gefeierte Album »Alguem di Alguem« (2018). Luras Musik ist fest in der kapverdischen Kultur verwurzelt: Vor allem die Morna und Coladeira prägen ihre Lieder, die von Liebe, Sehnsucht, Verlust und dem Alltag auf den Inseln erzählen. Lura singt hauptsächlich in kapverdischem Kreolisch, einer Kreolsprache auf portugiesischer Grundlage, und nutzt ihre Bekanntheit für die kulturelle Vermittlung und Tradierung: »Selbst wenn die Leute die Sprache nicht verstehen, können sie die Nostalgie aus der Morna und die Freude aus der Funaná heraushören«, ist sie sich sicher. Auffallend ist, dass selbst Lieder mit melancholischen Texten Optimismus und Lebensfreude vermitteln. Den Grund dafür sieht Lura in der besonderen Mentalität der kapverdischen Bevölkerung: Die charismatische Sängerin verzaubert mit ihrer Musik und ihren mitreißenden Konzerten Menschen rund um den Globus, hat renommierte Preise wie den BBC Radio 3 Award for World Music gewonnen und mit Größen wie ihrer einstigen Mentorin Cesária Évora, Caetano Veloso, Richard Bona, Gotan Project und Angélique Kidjo gearbeitet. Ihr aktuelles Album »Multicolor«, das Lura Mitte März mit den African Women All-Stars – beispielsweise mit der aus dem westafrikanischen Mali stammenden Rokia Koné und der senegalesischen Sängerin, Gitarristin, Perkussionistin, Komponistin und Autorin Marema – im Wiener Konzerthaus präsentiert, zelebriert die kapverdische Kultur in all ihren Facetten und stilistischen Farben. Mit ihrer kraftvollen und samtigen Stimme singt Lura von starken Frauen und von Selbstbehauptung und hält ein Plädoyer für eine vielfältige, multikulturelle Gesellschaft. Auf »Multicolor« verbindet sie Morna, Batuku, Funaná und Coladeira mit anderen afrikanischen Einflüssen und zeitgenössischen populären Elementen aus aller Welt. Und damit ist sie in guter Gesellschaft, wie sie in einem Interview erläutert: »Die meisten kapverdischen Musiker:innen verbinden Einflüsse aus Afrika, Europa und den USA. Sie mischen all diese Klänge zu etwas Einzigartigem.«

Luras Fazit nach fast drei Jahrzehnten auf der Bühne ist eindeutig: »Meine Karriere ist eine ständige Überraschung, seit der Entdeckung meiner eigenen Stimme in meiner Teenagerzeit bis heute. Ich lebe von Tag zu Tag, aber eines kann ich nicht leugnen: Ich werde bis zum letzten Tag meines Lebens singen!«

______________________

15/03/25 Sa, 20.30 Uhr · Großer Saal

Lura & African Women All-Stars

»Multicolor«

Karten:

https://konzerthaus.at/konzert/eventid/61932

This article is from: