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Lisa Batiashvili im Porträt
Porträtkünstlerin Lisa Batiashvili spielt mit dem Concertgebouworkest sowie den Wiener Philharmonikern und stellt junge musikalische Talente vor, die sie mit ihrer Foundation unterstützt
VON DÁVID GAJDOS
Lisa Batiashvili musste lange über legen, ob sie die Einladung, mit dem Rotterdams Philharmonisch Orkest zu spielen, annehmen sollte. Es ging um ein Konzert im September 2014, ein halbes Jahr, nachdem Russ land die Krim annektierte. Am Pult sollte Valery Gergiev stehen, der die Annexion in einem offenen Brief begrüßte wie auch schon den russi schen Einmarsch in Georgien 2008, der aus heutiger Sicht fast wie eine Generalprobe für die Invasion in die Ukraine erscheint. Batiashvili lebte damals nicht mehr in ihrer georgischen Heimat, das sie mit ihrer Familie 1991 Richtung Deutsch land verließ. Der Grund, Georgien zu verlassen, war die russische Be drohung, die im Georgisch-Abchasi schen Krieg mündete. »Mein ganzes Leben lang hat mich diese Angst vor russischer Aggression mitverfolgt«, erzählte sie dem Bayerischen Rund funk im letzten Februar kurz nach dem russischen Angriff in der Ukrai ne. Lisa Batiashvili sympathisierte von Anfang an mit der Ukraine, spielte 2015 am Unabhängigkeitstag auf dem Maidan in Kiew; in Russ land trat sie aus Protest seit 2008 nicht auf. Mit Gergiev zusammen zuarbeiten schien also nur schwer vereinbar mit ihren Überzeugungen. Sie entschied sich am Ende dafür und nützte die Möglichkeit, auf diese völkerrechtswidrige Annexion hinzuweisen, indem sie bei ihrem Landsmann Igor Loboda ein »Requiem für die Ukraine« in Auftrag gab, das sie als Zugabe spielte. Gergiev habe sie danach mit Pokerface nach St. Petersburg eingeladen, um mit seinem Mariins ky-Orchester zu spielen, berichtete Batiashvili. Sie lehnte alle weiteren Angebote, mit ihm zu spielen, ab. Sie habe das Glück, mit anderen hervorragenden Musiker:innen arbeiten zu können, sagt sie. Ba tiashvili spielt seit über zwanzig Jahren mit den besten Orchestern der Welt, arbeitet eng mit Dirigen ten wie Daniel Barenboim oder Yannick Nézet-Séguin zusammen. Ihren Durchbruch hatte sie 1995, als sie mit 16 Jahren den zweiten Preis beim Sibelius-Wettbewerb in Helsinki gewann (wie zwanzig Jahre später ihr Portratkünstler-Kollege Emmanuel Tjeknavorian). Ent sprechend hat sie eine besondere Beziehung zu Sibelius’ Violinkonzert, das sie am 28. und 29. Mai mit den Wiener Philharmonikern unter Philippe Jordan spielen wird.
Ihre Porträtreihe wird Batiashvili am 19. Februar mit dem Concertgebouworkest, Paavo Järvi und Beethovens Violinkonzert eröffnen. Es wird ein langersehntes Wiedersehen mit dem Spitzenorchester aus den Nie derlanden, das nach der turbulenten Zeit nach der Entlassung von Daniele Gatti als Chefdirigent in Person des jungen Finnen Klaus Mäkelä einen neuen, vielverspre chenden Chef gefunden hat.
Den Abschluss ihres Porträts bildet am 18. Juni ein Konzert, an das sich so manche Besucher:innen vielleicht noch in Jahrzehnten erinnern wer den – und zwar als an das erste Mal, als sie Tsotne Zedginidze spielen ge hört haben: Der 13-jährige Georgier komponiert und spielt seit Jahren Klavier und wurde unter anderem von Daniel Barenboim als Jahr hunderttalent ausgerufen. Neben ihm werden an diesem Abend drei weitere Stipendiat:innen der Lisa Batiashvili Foundation auftreten: die Pianisten Giorgi Gigashvili und Sandro Nebieridze sowie die Gei gerin Anastasia Aghladze, die von der Foundation mit Meisterkursen, Beratung und Auftritten wie diesen auf ihre vielversprechenden Kar rieren vorbereitet werden. Dieses Line-up der Zukunft werden Julia Hagen, »Great Talent« des Wiener Konzerthauses, sowie Batiashvili selbst vervollständigen. Dass es ein außergewöhnlicher Abend wird, ist nicht zu bezweifeln.

WUSSTEN SIE, DASS …
… Lisa Batiashvili das erste Mal 1996, also nur wenige Monate nach ihrem Triumph beim SibeliusWettbewerb, im Wiener Konzerthaus auftrat? Sie spielte mit dem Wiener Kammerorchester im Mozart-Saal Mozarts Violinkonzert D-Dur K 218.
… die Lisa Batiashvili Foundation unter anderem von Daniel Barenboim, Alfred Brendel, Alan Gilbert und Jörg Widman unterstützt wird?
… Lisa Batiashvili mit dem gefeierten französischen Oboisten François Leleux verheiratet ist, der auch im Advisory Board ihrer Foundation sitzt? Den beiden wurden von Komponist:innen mehrere Doppelkonzerte gewidmet.
… Cookie, ein Cavalier King Charles Spaniel, ein wichtiges Mitglied der Batiashvili-Leleux-Familie ist und sogar hin und wieder als Fotomodell in Erscheinung tritt?
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So, 19/02/23, 19.30 Uhr · Großer Saal
Concertgebouworkest; Lisa Batiashvili: Violine; Paavo Järvi: Dirigent
Ludwig van Beethoven: Violinkonzert D-Dur; Sergej Prokofjew: Symphonie Nr. 5 B-Dur op. 100
Karten: konzerthaus.at/konzert/eventid/59986
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Nähere Informationen zur Porträtreihe unter lisabatiashvili-foundation.org