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SO DENKT DIE POLITIK

DIE MEDIENFÖRDERUNG:

Österreichische Medien wurden 2020 mit 67 Millionen Euro gefördert. Woher kommen diese Mittel, und wer bekommt sie anhand welcher Kriterien? Der Börsianer hat bei den heimischen Parlamentsparteien nachgefragt, was sie vom aktuellen Fördersystem halten und ob es Verbesserungspotenzial gibt.

TEXT JAKOB DUMFARTH

Medien werden in Österreich entweder durch die Presseförderung, die Corona-Sonderförderung oder Inserate gefördert. 2020 flossen nach einer Analyse des Medienhauses Wien rund 67 Millionen Euro an die Verlage. Mehr als die Hälfte dieses Betrags, also 33,6 Millionen Euro, stammen aus Inseraten für Print und Online, während lediglich neun Millionen Euro aus dem Fördertopf der Presseförderung kommen. Dieser Umstand wird oft kritisiert, da Inserate relativ unkontrolliert geschalten werden können und diese den Großteil der Förderungen darstellen, so die Kritiker. Mittel aus der Presseförderung können hingegen nur ausbezahlt werden, wenn die Kriterien aus dem Presseförderungsgesetz 2004 erfüllt werden. Es stellt sich weiters die Frage, ob Qualität und Innovation gerecht gefördert werden. Der Börsianer hat bei den österreichischen Parlamentsparteien nachgefragt, was sie vom derzeitigen System der Presseförderung halten und welche Verbesserungsvorschläge sie haben.

Axel Melchior Generalsekretär und Mediensprecher ÖVP

Wie stehen Sie zum aktuellen System der Medienförderung? – Bei der aktuellen Form der Medienförderung handelt es sich um ein über Jahrzehnte gewachsenes System, das unter Beteiligung aller Stakeholder ausgearbeitet wurde.

Wie könnte man Qualität, Innovation oder Nachhaltigkeit in Me-

dien gezielter fördern und belohnen? – Eine Qualitätsdebatte zu führen ist mit Sicherheit nicht zielführend, denn dabei handelt es sich lediglich um eine subjektive Kategorie. Wichtig ist, dass digitale sowie innovative Inhalte und Infrastruktur gefördert werden. Die von der Bundesregierung ausgearbeitete Digitalisierungsförderung für Medien wird zurzeit vonseiten der Europäischen Union notifiziert.

Sollte es die Möglichkeit geben, die Förderung bei Verstößen zu

streichen? – Wichtig ist, dass die Pressefreiheit zu keinem Zeitpunkt beschränkt oder hinterfragt werden darf, denn bei ihr handelt es sich um ein unantastbares Gut jeder liberalen Demokratie. Bei gewissen Verstößen, die bereits allesamt im Gesetz enthalten sind, soll es aus Sicht der Volkspartei weiterhin zeitlich begrenzte Konsequenzen geben.

Haben Sie konkrete Ideen, um die Unabhängigkeit der Medien wei-

ter zu stärken? – Um die Unabhängigkeit österreichischer Medien sicherzustellen, sehen wir sowohl eine unabhängige Finanzierung als auch innovative Förderprojekte als bedeutend an. Als Volkspartei setzen wir uns zudem für ein Ökosystem ein, in dem die übermächtigen Konkurrenten unserer heimischen Medien, wie Facebook oder Google, effizient in die Schranken gewiesen werden.

FAIR UND TRANSPARENT?

Jörg Leichtfried Mediensprecher SPÖ Christian Hafenecker Mediensprecher FPÖ

Wie stehen Sie zum aktuellen System der Medienförderung? – Die derzeitige Presseförderung ist veraltet. Wir brauchen eine Anpassung an digitale Entwicklungen. Entscheidend ist der Content und nicht die Vertriebsform - qualitative Kriterien und faire Arbeitsbedingungen für Journalisten. Insgesamt braucht es eine Erhöhung der Presseförderung.

Wie könnte man Qualität, Innovation oder Nachhaltigkeit in Medi-

en gezielter fördern und belohnen? – Das Ziel muss sein, die Medienförderung insgesamt stärker auf Innovation, Forschung und Entwicklung auszurichten. Ein Vorbild könnte die Wiener Medieninitiative sein.

Sollte es die Möglichkeit geben, die Förderung bei Verstößen zu strei-

chen? – Die Medienförderung soll technologieneutral und modular unter Berücksichtigung von Qualitätskriterien aufgebaut werden, wobei auch die Mitgliedschaft im Presserat berücksichtigt werden sollte; demokratiefeindliche Medien sollten jedenfalls keine Förderungen erhalten.

Haben Sie konkrete Ideen, um die Unabhängigkeit der Medien weiter

zu stärken? – Die Unabhängigkeit der Medien ist untrennbar mit Demokratie und Rechtsstaat verbunden. Es braucht dringend ein Medienfreiheits- und Transparenzpaket, um Medien in ihrer unabhängigen Berichterstattung zu unterstützen. Eine besondere Verantwortung hat die Politik auch beim ORF. Aufgabe der Politik ist es, optimale Rahmenbedingungen für einen unabhängigen ORF zu gestalten. Das beginnt bei der unabhängigen Finanzierung des ORF durch Gebühren und geht bis zu einem transparenten Bestellprozess für den ORF-Generaldirektor. Wie stehen Sie zum aktuellen System der Medienförderung? – Das aktuelle System der Medienförderung ist höchst irrational. Allein das Missverhältnis zwischen Presseförderung und Inseraten der öffentlichen Hand kann man nur als absurd bezeichnen. Insgesamt muss daher die gesamte Medienförderung gänzlich neu aufgestellt werden.

Wie könnte man Qualität, Innovation oder Nachhaltigkeit in Medien

gezielter fördern und belohnen? – Von „Belohnung“ bei öffentlicher Medienförderung sollte keine Rede sein. Denn wo Belohnung ist, ist auch Strafe, also Kürzung oder Entzug, nicht weit. Sicherlich notwendig sind aus freiheitlicher Sicht Qualitätskriterien. Sie sollten etwa den journalistischen Nachwuchs im Fokus haben, Stichwort Lehrredaktionen.

Sollte es die Möglichkeit geben, die Förderung bei Verstößen zu re-

duzieren oder streichen? – Das derzeitige Gesetz sieht die Aussetzung der Förderung im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung eines Mediums wegen Verhetzung oder nach den Bestimmungen des Verbotsgesetzes für das betreffende Kalenderjahr vor. Der Presserat ist ein privater Verein, dessen Entscheidungen keine Auswirkungen auf die staatliche Förderwürdigkeit haben sollten. Im Vordergrund der Medienförderung muss die Vielfalt stehen, ohne Ansehen der inhaltlichen Ausrichtung.

Haben Sie konkrete Ideen, um die Unabhängigkeit der Medien weiter zu stärken? – Die Verteilung von Inseraten der öffentlichen Hand sollte mittels eines Budgetplans transparent erfolgen. Dadurch würde klargestellt werden, welches Medium wie viel bekommt.

67

Millionen Euro flossen 2020 in die Medienförderung. Neun Millionen Euro davon kommen aus der staatlichen Presseförderung.

Eva Blimlinger Mediensprecherin Grüne Henrike Brandstötter Mediensprecherin NEOS

Wie stehen Sie zum aktuellen System der Medienförderung? –

Die Medienförderung ist in Österreich äußerst unübersichtlich, und deswegen haben wir im Regierungsprogramm die Prüfung aller medienrelevanten Gesetze mit dem Ziel einer Harmonisierung und Vereinfachung vereinbart. Sie ist teilweise unfair, weil sie zum Beispiel den nichtkommerziellen Rundfunk gegenüber dem kommerziellen Rundfunk klar benachteiligt.

Wie könnte man Qualität, Innovation oder Nachhaltigkeit in Me-

dien gezielter fördern und belohnen? – Was wir als ersten Schritt geschafft haben, ist etwa, dass in Hinkunft bei der Förderung von digitaler Transformation die Anzahl der nach Kollektivvertrag beschäftigten Journalisten relevant ist. Qualität lässt sich zum Beispiel durch die Sicherung von Arbeitsplätzen von Journalisten, durch die Zeichenzahl bei für das Medium recherchierten oder originär verfassten Artikeln, durch die Mitgliedschaft im Presserat oder anderen vergleichbaren Gremien fördern – fördern ja, aber belohnen?

Sollte es die Möglichkeit geben, die Förderung bei Verstößen, wie

etwa die Verurteilung durch den Presserat, zu streichen? – Dem Grunde nach durchaus, aber da gibt es selbstverständlich Hürden und Fallen in einem Medienmarkt, der durch starke Konkurrenz geprägt ist. Außerdem ist hier die Frage, inwiefern es sinnvoll und auch im Sinne der Pressefreiheit ist, dass eine Selbstkontrolle der Medien, und nur die darf es sein, staatlich durch Entzug von Förderung sanktioniert wird – ich würde daher eher Nein sagen.

Haben Sie konkrete Ideen, um die Unabhängigkeit der Medien

weiter zu stärken? – Da gibt es einige, aber dafür ist hier leider zu wenig Platz. Wie stehen Sie zum aktuellen System der Medienförderung? – Das aktuelle System basiert auf veralteten sowie falschen Kriterien und belohnt vor allem bestehende Strukturen – und nicht den digitalen Wandel. Eine Förderung von rein digitalen Medien fehlt komplett, dafür spielen antiquierte Messgrößen wie die Druckauflage immer noch eine Rolle. Wer Bäume abholzt und Papier bedruckt, wird belohnt, sinnvolle und nachvollziehbare Qualitätskriterien fehlen dafür komplett. Wer – vor allem in einer Zeit voller Fake-News – echten Qualitätsjournalismus möchte, der muss das System grundlegend auf neue Beine stellen. Von der Regierung kommen jedoch keinerlei Signale in diese Richtung.

Wie könnte man Qualität, Innovation oder Nachhaltigkeit in Medien

gezielter fördern und belohnen? – Wir brauchen ein neues System, das andere Kriterien heranzieht, beispielsweise die Mitgliedschaft im Presserat, ein Redaktionsstatut, faire Bezahlung der Journalistinnen und Journalisten und eine adäquate Anzahl davon auch in den Redaktionen, qualitätssichernde Weiterbildung. Wer auf diese und viele weitere Qualitätskriterien verzichtet, muss auch auf staatliche Förderungen verzichten.

Sollte es die Möglichkeit geben, die Förderung bei Verstößen zu strei-

chen? – Ich fordere dies vehement. Der Umgang mit der Terrornacht in Wien im November 2020 hat gezeigt, wie wichtig eine Verurteilung durch den Presserat ist. Diese sollte nicht zahnlos sein, sondern Konsequenzen nach sich ziehen.

Haben Sie konkrete Ideen, um die Unabhängigkeit der Medien weiter

zu stärken? – Wir müssen den unfassbar hohen Ausgaben für Regierungsinserate auf einem deutlich niedrigeren Niveau deckeln – und im Gegenzug die Presseförderung erhöhen. Das Ziel muss sein: transparente Kriterien, weniger Inserate, Förderungen für Qualitätsmedien und zukunftsorientierte Medienprodukte.

CORONAFÖRDERUNGEN.

(FINANZ-)STRAFRECHTLICHE FALLEN IM FÖRDERDSCHUNGEL

MIT EINEM FUSS IM KRIMINAL?

Die Auswahl an Förderinstrumenten in den Jahren 2020 und 2021 war und ist reichhaltig. Alles begann im März 2020 mit der Kurzarbeit. Große Teile der Lohnzahlungen konnten kurzfristig auf das AMS überwälzt werden. Doch mit der kurzfristigen Liquiditätsbeschaffung gingen umfangreiche Informationspflichten einher: Anzahl der Mitarbeitenden, der Ausfallsstunden und Normalarbeitsstunden mussten vorab gemeldet werden. Für Ausfallsbonus und Umsatzersatz mussten Umsatzaus- fälle dargelegt werden. Für den Fixkostenzuschuss galt es zusätzlich, die Fixkosten in den jeweiligen Zeiträumen zu errechnen, wobei nur bestimmte Betriebsausgaben als Fixkosten anerkannt wurden. Kurz: Unternehmen konnten auf viele Arten Unterstützung erlangen, mussten hierfür aber zahlreiche Daten richtig ermitteln und dem jeweiligen Förderer wahrheitsgemäß bekanntgeben. Dass hierbei Fehler passieren, noch dazu angesichts einer nie dagewesenen Krise, liegt auf der Hand. Im schlimmsten Fall können solche Fehler aber sogar strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

BEI VORSATZ: STRAFBARKEIT WEGEN BETRUGS

Bloße Berechnungsfehler und damit einhergehende falsche Angaben bei der Beantragung von Covid-Förderungen können zwar zur Rückforderung und zu Vertragsstrafen führen, bleiben aber ohne strafrechtliche Bedeutung. Brenzlig wird es, sobald der Verdacht im Raum steht, dass die falschen Angaben vorsätzlich erstattet wurden. Einen Betrug begeht, wer jemanden vorsätzlich über Tatsachen täuscht und ihn dabei zu einer Handlung verleitet, die diesen am Vermögen schädigt und den Täuschenden bereichert. Werden Förderungen unter Erstattung vorsätzlich unrichtiger Angaben beantragt, die ansonsten nicht oder in einem geringeren Umfang genehmigt werden würden, ist der Betrug mit Auszahlung der Förderung vollendet. Als Geschädigte kommen hier vor allem die COFAG, die die meisten Förderungen auszahlt, und das AMS in Betracht. Die Finanzpolizei führt bereits Schwerpunkt- kontrollen im Bereich der Kurzarbeit durch, wobei davon auszugehen ist, dass mittelfristig auch andere Förderinstrumente zunehmend ins Visier der Ermittler rücken. Entsteht im Zuge der Überprüfung von Förderungen der Verdacht, dass strafrechtlich relevantes Verhalten vorlag, informiert die Abgabenbehörde die Staatsanwaltschaft, die ein Strafverfahren einleitet. Betrug wird mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen bestraft. Beträgt der Schaden mehr als EUR 5000 wird eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren verhängt; bei einem Schaden über EUR 300.000 sind es bis zu zehn Jahre.

Sie haben Bedenken bezüglich Ihrer Berechnung bzw. benötigen Unterstützung bei der Korrektur allfälliger Fehler und Sanierung möglicherweise strafbaren Verhaltens? Kommen Sie gerne auf uns zu!

BDO Austria GmbH

QBC 4 – Am Belvedere 4 1100 Wien +43 5 70 375 1000 bdo.at

Andreas Reisinger

andreas.reisinger@bdo.at

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Jennifer Lindbauer

jennifer.lindbauer@bdo.at

AUSWEG AUS DER STRAFBARKEIT

Die Bestrafung kann verhindert werden, wenn der Schaden im Wege der tätigen Reue vollständig wiedergutgemacht wird, bevor die Behörde vom Verschulden der Täterin bzw. des Täters erfahren hat. Hierzu muss zunächst errechnet werden, um exakt welchen Betrag zu viel Förderung bezogen wurde. Dieser Betrag muss an den jeweiligen Geschädigten zurückbezahlt werden. Die vom Finanzminister im Juli angekündigte „Amnestie für Wirtschaftshilfen“ wurde nun umgesetzt: Seit 1.8.2021 besteht die Möglichkeit, bei der COFAG eine Korrekturmeldung einzubringen, um Fehler zu sanieren. Eine korrekte Rückzahlung der zu viel bezogenen Förderungen bleibt aber weiter zur Beseitigung der Strafbarkeit notwendig.