
2 minute read
Kolumne
from BR April 2018
by WEBER VERLAG
Fortschritt ... eine Sache nach der wir alle streben.
Schreiten wir wirklich voran oder verlieren wir uns in unserer eigenen Handlungsweise?
Als Kind schon lernen wir täglich: essen, sprechen, aufrecht gehen, unsere Motorik auf Vordermann bringen. Dazu gilt es selbstverständlich noch einen gesitteten Umgang mit einigen mehr oder weniger zwangsgesteuerten biologisch bedingten Vorgängen zu erlernen. Wer dies geschafft hat, könnte eigentlich getrost auf die Pubertät warten und sich sukzessive der Reproduktion und der Weitergabe des bis dato Erlernten widmen. So ähnlich wie es andere Tiere ja auch machen. Bei diesen kommt allerdings erschwerend noch die Nahrungsbeschaffung dazu.
Diese, auch für uns elementare Aufgabe, ist dank dem stetigen Streben nach Fortschritt zur Nebensache geworden. Viktualienjagd im Grossmarkt fordert unsere Sinne nicht überaus. Um dieser doch eine dauerhaft anhaltende Spannung zu ver-
Alexandra Otter Brienz
leihen, werden allerdings regelmässig nach vorgegebenen wissenschaftlichen Erkenntnissen, ausgewählte Produkte in den Regalen örtlich versetzt.
Dank diesem Fortschritt haben wir genug Zeit uns den elementaren Themen des irdischen Daseins hinzugeben. Darunter fällt zweifelsohne die Bildung! Was Erzählungen zufolge früher nach Zucht und Ordnung durch die Schulstuben pfiff, haucht mittlerweile etwas gemächlicher den jugendlichen Gesichtern entgegen. Am besten mit einer Prise Individualismus. An diesen sollten sich unsere Nachkommen allerdings nicht zu arg gewöhnen. Denn da gibt es später noch einige Ernüchterungen zu erleben. Das Angebot an Berufen wiederum ist heute so vielfältig wie noch nie. Dessen Ausübung ist aber dann doch ziemlich abgesteckt. Da stösst jeder recht kurzfristig auf das eine oder andere Reglement, Rähmchengesetz oder Verordnung. Wir haben uns eben weiterentwickelt – und die Bäume und Höhlen ja nicht nur verlassen, weil es gut aussieht!
Wir zwangsgesteuerten Individualisten können unsere Freizeit nach eigenem Gusto gestalten und aus
einer überaus reichhaltigen Palette an Angeboten auswählen. Dies selbstverständlich auch nur unter gewissen Vorbehalten. In einer Gesellschaft, die es ja nicht vorhat, irgendwelchen untergegangenen Hochkulturen nachzueifern, gilt es das eine oder andere zu beachten. Handlungen wie die einst zu Unrecht verbreiteten «Gartenfiirleni» oder «Abgähnds» in einem örtlichen Fliessgewässer zu entsorgen, werden heute zu Recht geahndet! Widersacher werden durch von uns selbst gewählte, vereidigte Organe zu irgendeiner Instanz gebracht und in die Schranken gewiesen. Ich frage mich manchmal, ob wir uns ent- oder verwickeln…? Man sollte sich nicht zu viele Gedanken machen über Dinge, die man nicht ändern kann, heisst es landläufig. Wirklich? Ich jedenfalls kann mich nicht daran erinnern, dass ich in der Schule gehört hätte, dass mit dem Echo des Urknalls auch noch dicke Bücher zurückflogen. Ergo bin ich der Mei-
nung, dass das schon unser Werk ist! … dies sind nicht meine Worte – sie stammen von einem lieben Menschen, der sich immer viele Gedanken über das Leben machte. Ich habe seine Ansichten immer geteilt und verdanke ihm sehr viel.